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Leider sind die biographischen Artikel im Marburger Frühhumanismus-Repertorium nicht selten schlecht recherchiert.

http://mrfh.de/0039

Über Wilhelm von Hirnkofen, der 1478 Enea Silvio Piccolominis 'De miseriis curialium' ins Deutsche übertrug und im gleichen Jahr seine erfolgreiche Schrift "von bewarung und beraitung der wein", eine Kompilation des 'Liber de vinis' Arnolds de Villanova und des 'Tractatus de vino et eius proprietate' Gottfrieds von Franken, dem Nürnberger Rat widmete, liest man dort:

"Geboren wurde Wilhelm um die Mitte des 15. Jahrhunderts und wuchs nach eigenen Angaben in Ulm auf. Um 1478 war er als Berittener im Dienst der Stadt Nürnberg tätig, 1479-88 ist er eben dort als Jurist urkundlich bezeugt. Seine Anstellung als Stadthauptmann ist hingegen nach Worstbrock nicht ausreichend belegt. Zwischen 1488 und 1491 war Wilhelm Landvogt in Höchstadt/Aisch, wo er auch starb."

Von der genannten Literatur sind kostenfrei online:

Joachimsohn: Frühhumanismus in Schwaben, WVjh 1896, S. 114-116
http://www.mgh-bibliothek.de/etc/zeitschriftenmagazin/WVLG_NF_05_1896.pdf

Herrmann: Reception des Humanismus in Nürnberg, 1898, S. 54-58 (im MRFH mit zwei bibliographischen Fehlern: Hermann und Rezeption)
https://archive.org/stream/diereceptiondes00herrgoog#page/n70/mode/2up

Hamm, MVGN 1989, S. 111
http://periodika.digitale-sammlungen.de/mvgn/Blatt_bsb00000992,00000.html

Schneider, Deichsler 1991, S. 31
http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:bvb:20-opus-35483

In der Vorrede seiner Villanova-Bearbeitung nennt sich Wilhelm von Hirn(n)kofen genannt Renwart. Als seinen verstorbenen Vater nennt er Jorig von Hirnkofen, der seinen Beinamen "Rennwart" bei Eroberung der Nürnberger Burg empfangen habe (also wohl beim Überfall durch Ludwig VII. von Bayern-Ingolstadt 1420). Er habe etwa 30 Jahre der Stadt Ulm gedient und sei dort auch gestorben.

Digitalisat der Esslinger Erstausgabe:
http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00035103/image_7

Der Artikel über Wilhelm von Hirnkofen im Nürnberger Künstlerlexcikon 2 (2007), S. 662 hätte nicht übergangen werden dürfen.

https://books.google.de/books?id=hoRcf4LFZUcC&pg=PA662

Der dort genannte Aufsatz Ursula Timann: Ruprecht Heller, Bürgermeister von Wasserburg und seine Frau Barbara. Die Familien Heller und von Hirnkoffen und die "Schlacht bei Pavia" in Stockholm. In: Heimat am Inn (Wasserburg) 14/15 (1994/95), S. 107-148 liegt mir nicht vor.

Wilhelm erscheint nach dieser Quelle erstmals 1468 als Siegler von Lauinger Urfehdeurkunden, war Landvogt von Höchstädt (nicht: Höchstadt!) und starb 1494/1502.

Wilhelms Vater finde ich in Burgermeisters Thesaurus
https://books.google.de/books?id=RfpdAAAAcAAJ&pg=PA549
als "von Hirnkhofen, oder Herikofer, genannt Rennwart, Jörg zu Ulm gesessen" zu 1433/44. 1456 ist Georg von Hirnkofen Vogt zu Leipheim:
http://de.wikisource.org/wiki/Topographia_Sueviae:_Leipheim

Im gleichen Jahr erklärte er Dinkelsbühl die Fehde:
https://books.google.de/books?id=XowNAAAAQAAJ&pg=PA36

1462 September 6 siegelt er in einer Lauinger Urfehdeurkunde als "Jörg Hirnkouer", JHVD 1968
http://www.nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:384-uba003557-0124-8
Letztmals 1468 August 29 (ebd., Nr. 330)

Beleg in den RTA:
Google Books

Primbs teilte in der Archivalischen Zeitschrift NF 8 (1899), S. 263 als Siegel eines Hans Hirnkofer 1409 ein "Ochsengewaff mit Grind" mit. Das gleiche Siegel habe 1425 ein Georg genannt Rennewart geführt.
https://archive.org/stream/archivalischeze05haupgoog#page/n540/mode/2up

Eine ansprechende Vermutung stammt von Paul Joachimsohn: Der Ulmer Städtehauptmann ca. 1440 Jörg Rennwart sei mit dem Vater von Wilhelm von Hirnkofen identisch.

https://www.google.de/search?tbm=bks&hl=de&q=%22j%C3%B6rg+rennwart%22

Nach welchem Ort Hirnkofen sich die Familie nannte, ist unklar. Weder die niederbayerischen Hirnkofen noch Irnkofen bei Regensburg sind aus meiner Sicht angesichts der schwäbischen Belege wahrscheinlich.

Belege für Wilhelm

1468 Mai 16 siegelt erstmals in Lauinger Urfehde, JHVD 1968
http://www.nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:384-uba003557-0126-0
nochmals 1474 Mai 12 (ebd., Nr. 363).

1474 Wilhalm von Hirnkoven genannt Rennwart, zu Lauingen gesessen
https://books.google.de/books?id=phFTAAAAcAAJ&pg=PA494

1487 Februar 15 Wilhalm von Hyrnkhoven, Landvogt zu Höchstädt, bei Oblinger, Höchstädter Urkunden im JHVD 1901
http://www.nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:384-uba003514-0015-6
Letzter Beleg ebd. 1493 Juni 28 (ebd. Nr. 180).

1489 Januar 8 Statthalter für Herzog Georg von Bayern und Graf Joachim von Öttingen RTA Mittl. Reihe 3 (1972), S. 577.

1494 wird als Höchstädter Landvogt mit dem Schloss Baumgarten belehnt, Lausser im JHVD 1992
http://www.nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:384-uba003581-0161-7

1494 Mai 5 Schwager der Elisabeth Raminn (wg. Gütern zu Merdingen)
http://www.regesta-imperii.de/id/1494-05-05_2_0_14_1_0_3011_3004
ebenso 1495 Sept. 28
http://www.regesta-imperii.de/id/1495-09-28_7_0_14_1_0_2489_2484

1495 kauft Güter zu Rieder, Lausser im JHVD 1986
http://www.nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:384-uba003575-0028-5

1495 kauft Güter zu Windhausen, die sein Sohn 1533 an Raimund Fugger verkaufte (ebd.)
http://www.nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:384-uba003575-0029-3
1533 trifft zu (nicht 1553, wie Lausser 1992 schrieb)
https://books.google.de/books?id=lg4rAQAAIAAJ&q=windhausen+hirnkofen

1495 war Wilhelm also noch am Leben.

Den jüngeren Wilhelm (siehe unten) betreffen die folgenden Belege:

1540 Darlehen von 6000 Gulden an Ottheinrich, JHVD 1903
http://www.nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:384-uba003516-0116-8

1545/46 Geldgeber JHVD 1902
http://www.nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:384-uba003515-0103-9

Georg der Jüngere

1491 der Jüngere genannt Rennwart
https://books.google.de/books?id=Aq1KAAAAcAAJ&pg=PA604
Diener 1501
https://books.google.de/books?id=Mhs3AAAAYAAJ&pg=PA83
Müllners Annalen
https://books.google.de/books?id=5fXiAAAAMAAJ&q=%22genannt+rennwarth%22
Pfleger zu Hilpoltstein, gestorben 1530, verheiratet mit Margaretha Spengler
https://books.google.de/books?id=zoP9ScDM0KUC&pg=PA387
https://books.google.de/books?id=-RtBAAAAcAAJ&pg=PA24
1510 März 11 Jorig von Hirnkofen gen. Reuwart Pfleger zum Hiltpoltstein
nach http://www.gda.bayern.de/findmitteldatenbank/
1527
https://books.google.de/books?id=BGQLAAAAQAAJ&pg=PA305

Dr. Diepolt/Theobald genannt Rennwart
markgräflicher Kanzler, Stadtpfarrer von Hof, Jurist der Reichsstadt Regensburg
https://books.google.de/books?id=7-k6AQAAIAAJ&pg=PA367 (Gefangennahme als Kanzler 1508)
https://books.google.de/books?id=G3YKAAAAIAAJ&pg=PA180 (1509 Kanzler)
https://books.google.de/books?id=q_c8u1QhMvcC&pg=PA115&lpg=PA115 (1517)
https://books.google.de/books?id=-I9mAAAAMAAJ&q=%22gen+rennwart%22 (Heimkofen)
https://books.google.de/books?id=twiJAAAAMAAJ&q=heimkofen (Heimkofen)
https://books.google.de/books?id=zBvZAAAAMAAJ&q=%22genannt+rennwart%22 (Gutachten)
https://books.google.de/books?id=hxloAAAAMAAJ&q=%22genannt+rennwart%22 (Kist zur Pfarrei Hof)
http://www.hospitalkirche-hof.de/Download/Pfarrbeschreibung1915.pdf (Pfarrer Hof)
https://books.google.de/books?id=ButDAAAAcAAJ&pg=PA419 (ca. 1521 in Regensburg)

Dr. jur. Johannes
Seine Schwester heiratete Georg von Hornstein, er selbst eine uneheliche Tochter des Grafen Hugo von Montfort. Er wurde von der Stadt Lauingen gefoltert. Im Rahmen des deswegen geführten Prozesses 1536/43 tritt auch sein Bruder Wilhelm (ca. 53 Jahre), Hofmeister der Grafen von Ortenberg in Österreich auf.
https://archive.org/stream/DieVonHornsteinUndVonHertensteinErlebnisse#page/n313/mode/2up
1493 imm. Ingolstadt
https://books.google.de/books?id=lqRbAAAAcAAJ&pg=PA53

Zur Herrschaft derer von Hirnkofen in der Markgrafschaft Burgau:
"Die Brüder Hirnkofen appellieren gegen das Urteil, da ihnen in den Ortschaften Rieder, Windhausen und Baumgarten die Obrigkeit und die hohe und niedere Gerichtsbarkeit zustehen würden" (Münchner RKG-Akten
https://www.google.de/search?q=hirnkofen+rieder+windhausen&tbm=bks )

Urfehde des Michael Hirnkover (ca. 1537?)
http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg171/0108

Aufgrund des auf Jörg zurückgehenden Beinamens Rennwart darf man wohl Jörg d. J., Wilhelm d. J. und die Doktoren Johann und Theobald als Söhne des Übersetzers Wilhelm ansetzen.

Die ständische Einordnung der Familie ist angesichts der fehlenden Belege vor 1400 schwierig. Sie gehört eher an den unteren Rand des niederen Adels.

Nachtrag 8. März 2015: Frau Timann hat mir liebenswürdigerweise ein Exemplar des Jahrbuchs Heimat am Inn 1994/95 übersandt. Wie zu erwarten ergeben sich aus ihrem gründlichen Beitrag etliche Ergänzungen.

Timann geht vom Allianzwappen auf dem Gemälde der Schlacht von Pavia im Nationalmuseum aus. Barbara Hirnkoffer (Wappen: Hirnschale mit Hörnern) war mit dem noch in der Objektdatenbank

http://collection.nationalmuseum.se/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=17222&viewType=detailView

irrtümlich als Maler angesehenen Rupert Heller dem Jüngeren zu Wasserburg, der zeitweilig auch als Bürgermeister amtierte, verheiratet und starb am 24. November 1553. Eine Einordnung ins Stemma der Familie gelingt jedoch nicht.

Timann kann weitere Belege zu Wilhelms von Hirnkofen Tätigkeit als Anwalt bzw. Rechtsberater in Nürnberg 1478-1483 beibringen (S. 123-125). Am 16. November 1502 war er bereits tot.

Nach dem Stemma S. 134 waren die von mir genannten Geschwister Dr. jur. Theobald (gestorben 1522), Dr, jur. Johannes (gestorben nicht vor 1537) und Wilhelm der Jüngere Söhne des Übersetzers Wilhelm.

1502 vertrat Dr. Theobald auch seine Brüder Christoph, Hans, Wilhelm, Sebald und Sigmund (S. 125). Daher ist es schlüssig, Georg nicht als Sohn Wilhelm des Älteren anzusehen. Den jüngeren Georg sieht Timann in dem 1477 in Ingolstadt immatrikulierten "Georg Hirnkofer de Hirnkofen alias Renbart", der 1490 in Nürnberg und später in Hilpoltstein erscheint (S. 129).

Die Lauinger Belege eines Jörg 1462/69 bezieht Timann auf einen älteren Bruder Wilhelms, während ich mir auch vorstellen könnte, dass sich die Belege für einen Jörg von 1420 bis 1469 auf Wilhelms Vater beziehen. Der wohl um 1460 geborene Jörg der Jüngere müsste dann aber im hohen Alter gezeugt worden sein. Um diese Konsequenz zu vermeiden, könnte man die Belege bis 1444 auf Jörgs/Wilhelms Vater, die ab 1456 auf einen Bruder Jörg (II) zu beziehen. 1490 bat Georg von Hirnkoffen den Nürnberger Rat in einer Fürschrift für seinen gleichnamigen Sohn. 1493 setzte sich der Abt von Königsbronn Elias Seng für den Sohn Georg seiner Schwester ein (S. 143 Anm. 94). Diese Belege erweisen, dass zwischen dem Jörg I. (spätestens 1478 tot) und Jörg III. (gestorben 1530) ein weiterer Jörg II. einzuschieben ist, der 1490 noch lebte.

Laut Totenschild im Martinsmünster zu Lauingen starb am 2. Juni 1559 Wilhelm von Hirnkofen als letzter seines Geschlechts (Abbildung Timann S. 131). Da das Wappenargument Timanns gegen die Identifizierung mit Wilhelm dem Jüngeren (oben bis 1546 im Raum Lauingen belegt) nicht zwingend ist, tendiere ich nicht dazu, in diesem Familienmitglied den Sohn Georgs (III.) zu sehen.

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