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Wenn es um südwestdeutsche Autoren oder Kleriker des 15. Jahrhunderts geht, stellt ein Blick in die leider nicht online verfügbare Wiener Universitätsmatrikel eine naheliegende Recherchemöglichkeit dar, die man immer nutzen sollte. Zu den verantwortungslosen Forschern, die darauf verzichtet haben, zähle auch ich, denn erst durch Frau Krämers Schreiber-Datenbank erfuhr ich, dass der von mir im ²VL 11 (Nachtragsband) behandelte Jörg Hochmut in Wien immatrikuliert war.

Ich werfe also einen dicken fetten Stein aus dem Glashaus, wenn ich mich darüber aufrege, dass in dem von Rainer Wedler verantworteten Artikel "Lobenzweig, Hans, von Riedlingen" (²VL 5, 1985, Sp. 881-884) sowohl der 1978 publizierte Hinweis von Rolf Schwenk auf die Wiener Immatrikulation Lobenzweigs im Sommersemester 1445

https://books.google.de/books?id=48QmAAAAMAAJ&q=lobenzweig

übergangen wurde als auch keine eigene Recherche erfolgte.

Thomas Maisel vom Universitätsarchiv Wien teilte mir zu Lobenzweig mit:

"Der Eintrag im Sommersemester 1445 lautet:

Johannes Lobenczweig de Ruedling p. [das "e" nach dem "u" steht im Original über dem "u"]
(Zitierweise: MUW 1445 I A 80 [steht für Matricula Universitatis Wiennensis, Sommersemester 1445, Österrr. akad. Nation, dort der 80. Eintrag]).

Die Abkrürzung "p." steht für pauper, d.h. er musste keine Immatrikulationstaxe entrichten.

Ich konnte seinen Namen in keiner anderen zeitgenössischen Quelle im Uni-Archiv finden (Acta Facultatis Artium, Jurid. Fakultätsmatrikel, Acta Facultatis Medicae und Acta Facultatis Theologicae). Er hat also in Wien keinen akademischen Grad erworben. Dies trifft auch auf ca. 75% aller Namen in der Hauptmatrikel zu."

Auf Nachfrage ergänzte er seine Auskunft:

Der "Eintrag von Hans Lobenzweig befindet ich in der gedruckten Matrikeledition auf Seite 241. (Die Matrikel der Universität Wien. Im Auftrag des Akademischen Senats herausgegeben vom Archiv der Universität Wien [=Publikationen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, VI. Reihe: Quellen zur Geschichte der Universität Wien, 1. Abteilung]: 1377-1450, bearb. v. Franz GALL, etc. [Graz-Köln 1956]).

Im Register wird Lobenzweig bei folgender Ortsangabe gelistet (S. 603 f.):
"Riedlingen (Württemberg, Donaukreis oder Baden, Bez. Lörrach) oder Rüdlingen (Schweiz, Kanton Schaffhausen)".

Die Österreichische Nation an der Universität Wien sollte alle Studenten aus habsburgischen österreichischen Ländern umfassen, auch Salzburg, und darüber hinaus Churwalchen sowie alle Regionen südlich der Alpen.

Bei der Eintragung in die Rektorsmatrikel wurden die Namen nach akademischen Nationen gruppiert. Manchmal gibt es da Überraschungen, da eine Herkunftsangabe eigentlich nicht zu der Nation passt, bei der ein Eintrag vorgenommen wurde. Wahrscheinlich wurden auch die habsburgischen Vorlande zur österr. Nation gerechnet, obwohl diese in der 1384 vorgenommenen Einteilung (im Privileg Hzg. Albrechts III. für die Univ. Wien) explizit nicht erwähnt werden. So wurde zwei Zeilen über Lobenzweig ein Student aus Villingen ebenfalls bei der Österr. Nation eingetragen."

Nachdem Schmitt 1966 für die Donaustadt Riedlingen plädiert hatte, erstaunt es, dass Wedler im ²VL ohne Begründung von dem Donauwörther Ortsteil Riedlingen ausgeht. Denkbar wären neben dem Schweizer Rüdlingen auch Reutlingen, Riedling bei Straubing (von Schmitt 1966 genannt) und das allerdings sehr kleine Rudling bei Ferschnitz. Eine eindeutige Zuweisung ist nicht möglich, aber bei Riedlingen an der Donau könnte man sich am ehesten geistige Anregungen vorstellen.

Den ersten Hinweis auf den Übersetzer Lobenzweig gab Paul Joachimsohn

http://www.mgh-bibliothek.de/etc/zeitschriftenmagazin/WVLG_NF_05_1896.pdf (S. 125f.)

Von Lobenzweig sind zwei Übersetzungen bekannt, die gemeinsam im Wiener Cod. 2949 (datiert 1452) überliefert werden.

http://www.handschriftencensus.de/11199
http://manuscripta.at/?ID=4829

Das 'Buch vom Leben der Meister' ist eine Übersetzung des 'Liber de vita et moribus philosophorum poetarumque veterum' früher zugeschrieben an Walter Burley. Wedler hat den Text Lobenzweigs in seiner Heidelberger Dissertation von 1969 ediert (Walter Burleys usw., S. 206-464).

Vom 'Traumbuch' kennt man noch eine weitere Handschrift, Cgm 427.

http://www.handschriftencensus.de/6133

Lobenzweig nennt sich selbst Meister, was doch auf einen akademischen Abschluss deuten könnte.

Das Traumbuch ist eine Übersetzung von Paschalis von Rom: 'Liber thesauri occulti' (²VL 11, Sp. 925)

https://en.wikipedia.org/wiki/Pascalis_Romanus

Wolfram Schmitt: Das Traumbuch des Hans Lobenzweig. In: Archiv für Kulturgeschichte 48 (1966) S. 181-218 edierte den Text nach der Wiener Handschrift mit Varianten aus Cgm 427. Der Editionsteil (S. 201-215) ist gemeinfrei und steht auf Wikimedia Commons zur Verfügung:

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lobenzweig_traumbuch_text.pdf

Lobenzweig-GND
http://beacon.findbuch.de/seealso/pnd-aks?format=sources&id=104124148

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