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Bei Openjur ist noch nichts online, daher hier nach ZUM 2012, 574 ff. der Volltext vom Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. März 2012 – 11 U 66/11.

I. Die Klägerin macht Ansprüche wegen behaupteter Urheberrechtsverletzung an einem wissenschaftlichen Werk geltend.

Die Klägerin hat eine im Jahre 2006 veröffentlichte Habilitationsschrift mit dem Titel »Deutsch als internationale Wissenschaftssprache …« verfasst. Der Text der Arbeit umfasst (ohne Vorwort und Literaturverzeichnis) rund 425 Seiten; sie gliedert sich in die Abschnitte

I. Im Vorfeld des Boykotts

II. Der Boykott

III. Gegenaktionen

IV. Verhandlungen

V. Auswirkungen

Der Beklagte zu 2) hat im Jahre 2010 im Verlag der Beklagten zu 1) ein Buch veröffentlicht mit dem Titel »Die Macht der Sprache …«; der Text umfasst 106 Seiten. Auf Seite 33 beginnt das Kapitel »Deutsch als internationale Wissenschaftssprache«, auf Seite 43 das Folgekapitel »Der Erste Weltkrieg, der Wissenschafts- und Sprachboykott«. Bei beiden Kapiteln wird als Fußnote zur Kapitelüberschrift auf das Werk der Klägerin verwiesen. Das nächste Kapitel, »Die Entwicklungen nach dem Zweiten Weltkrieg«, beginnt auf Seite 70.

In den beiden Kapiteln »Deutsch als internationale Wissenschaftssprache« und »Der Erste Weltkrieg, der Wissenschafts- und Sprachboykott« sowie auf den ersten Seiten des nachfolgenden Kapitels finden sich zahlreiche Passagen, die Ähnlichkeiten mit Passagen aus dem Werk der Klägerin aufweisen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, es komme nicht darauf an, ob das Buch der Klägerin in seiner Gesamtheit ein geschütztes Werk darstelle, da der Beklagte nicht das gesamte Buch übernommen habe.

Ob die jeweiligen Werkteile, auf die sich die Klägerin berufe, ihrerseits die nötige Schöpfungshöhe aufwiesen, könne dahinstehen, weil jedenfalls die Änderungen des Beklagten zu 2) weit genug seien, um aus dem engen Schutzbereich, auf den sich die Klägerin allenfalls berufen könne, hinauszuführen. Anhand zweier beanstandeter Textpassagen legt das Landgericht dar, dass die jeweilige wissenschaftliche Erkenntnis nicht urheberrechtsschutzfähig sei. Bezüglich der Formulierungen sei zweifelhaft, ob ihr die für den Urheberrechtsschutz notwendige Schöpfungshöhe zukomme; im Übrigen weise der Text des Beklagten Eigenarten auf, die nicht mit der des Textes der Klägerin übereinstimmten.

Auch hinsichtlich der Gliederung des streitgegenständlichen Buches könne keine Unterlassung begehrt werden. Diese orientiere sich am Gang der historischen Ereignisse und weise allenfalls eine geringe Schöpfungshöhe auf. Auch hier habe der Beklagte zu 2) im Übrigen ausreichende Änderungen vorgenommen.

Gegen das ihr am 16.5.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.5.2011 Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist am 8.8.2011 begründet.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter, unter leichter Modifizierung des Wortlauts des Unterlassungsantrages und ergänzt um Hilfsanträge. Sie stellt klar, dass sie nicht die Übernahme einzelner Teile aus ihrem Werk beanstande, sondern dass der Beklagte zu 2) ihr gesamtes Werk benutzt habe. Ein knappes Drittel der Schrift des Beklagten zu 2) sei eine unzulässige Bearbeitung ihres Werkes i. S. d. § URHG § 23 UrhG.

Ihr Werk sei ein wissenschaftliches Sprachwerk i. S. d. § URHG § 2 Abs. URHG § 2 Absatz 1 Nr. 1 UrhG. Sie habe als Erste das sprach- und wissenschaftshistorische Thema erkannt; sie habe mit ihrer Studie ein neues Forschungsfeld eröffnet, mit neuen Fragestellungen, Gedanken und Argumentationssträngen. Sie habe als Erste die Sammlung, Auswahl, Auswertung, Anordnung und Darstellung bis dahin weitgehend unbekannten umfangreichen wissenschaftlichen Materials und die gedankliche Durchdringung des komplexen Stoffes vorgenommen sowie die Gliederung und sprachliche Darstellung entsprechend gestaltet. Sie habe dadurch ein »Gewebe« geschaffen, das ihrem Werk die für die Urheberrechtsfähigkeit erforderliche individuelle Prägung gebe. Der Beklagte zu 2) habe komplett den Denkansatz, die Themenstellung, den wesentlichen Inhalt und Begründungszusammenhang, die Gedankenführung und Gestaltung, den Aufbau und die Gliederung, die Auswahl der Beispiele und der Zitate sowie die wissenschaftlichen Ergebnisse und Schlussfolgerungen einschließlich der sprachlichen Darstellung übernommen.

Die Klägerin beantragt,

1. a) die Beklagte zu 1) zu verurteilen, es bei Meidung der Ordnungsmittel des § ZPO § 890 ZPO zu unterlassen, das in ihrem Verlag erscheinende Buch des Beklagten zu 2) »Die Macht der Sprache …« (ISBN …) zu verbreiten, sofern es den gesamten unter lit. c) aufgeführten Text enthält; hilfsweise

… sofern es den unter lit. c) aufgeführten Text ganz oder in Teilen ohne Kennzeichnung als Zitat aus dem Werk der Klägerin »Deutsch als internationale Wissenschaftssprache …« enthält,

b) den Beklagten zu 2) zu verurteilen, es bei Meidung der Ordnungsmittel des § ZPO § 890 ZPO zu unterlassen, in seinem Buch »Die Macht der Sprache …« den gesamten unter lit. c) aufgeführten Text zu vervielfältigen und zu verbreiten, hilfsweise,

… den unter lit. c) aufgeführten Text ganz oder in Teilen ohne Kennzeichnung als Zitat aus dem Werk der Klägerin »Deutsch als Internationale Wissenschaftssprache …« zu vervielfältigen und zu verbreiten.

c) (Die Seitenangaben beziehen sich auf »Die Macht der Sprache …« in der 1. Aufl. von …)(hier nur Beispiele für den auszugsweisen Abdruck wörtlicher Passagen im Klageantrag; Anm. d. Red.)

»S. 32:

Auf dem internationalen Historikerkongress 1908 in Berlin waren Vorträge zugelassen in Deutsch als der Sprache der Gastgeber, in Englisch, Französisch, Italienisch sowie in Latein. …

S. 33:

… Als Mittel zur Verständigung dienten neben persönlichen Schreiben und Besuchen im 19. Jahrhundert in zunehmendem Maße der Austausch von Schriften und Publikationen, die Erfassung der wissenschaftlichen Publikationen in Referatenzeitschriften sowie die Arbeit in wissenschaftlichen Vereinigungen und der Besuch von Konferenzen.

S. 33–34:

Anhand der Astronomie, die mit anderen Wissenschaften von der Mathematik bis zur Physik eng verbunden ist und im 19. Jahrhundert zu den führenden Wissenschaften gehörte, zeigt sich einerseits die Internationalität der Forschung, andererseits aber auch die Problematik der Wissenschaftssprache in sehr anschaulicher Weise. Die erfolgreichste Fachzeitschrift dieses Gebietes waren die 1821 in Altona bei Hamburg von Heinrich Christian Schumacher, Professor der Astronomie in Kopenhagen und Mitglied akademischer Gesellschaften in Kopenhagen, London, Edinburgh und Neapel, herausgegebenen Astronomischen Nachrichten. Bezüglich der Beiträge äußerte sich der Herausgeber im ersten Heft: ›Ich lasse die Beiträge der verschiedenen Herrn Verfasser so, sowie ich sie von ihnen erhalte … Was in englischer, französischer oder lateinischer Sprache mir zugesandt wird, erscheint im Original‹. Das hohe Ansehen [S. 576] des Herausgebers, seine unermüdliche Arbeit für seine Zeitschrift, sicherlich nicht zuletzt seine tolerant praktizierte Sprachregelung bewirkten, dass in der im 19. Jahrhundert langzeitig renommiertesten astronomischen Fachzeitschrift, den Astronomischen Nachrichten, alle bedeutenden Astronomen ihre Aufsätze publizierten. Die Analyse von rund 21 000 Beiträgen in dieser Zeitschrift aus dem Zeitraum von 1821 bis 1920 zeigt, dass 40 bis 60 % der Beiträge aus Deutschland kamen, jedoch 60 bis 83% in deutscher Sprache abgefasst waren. 4 bis 12 % der Beiträge kamen aus England, bis 18 % aus den USA, während in englischer Sprache von meistens englisch sprechenden Autoren 5 bis 25 % der Beiträge abgefasst waren; aus Frankreich kamen 2 bis 9 % der Beiträge, in Französisch abgefasst waren 5 bis 15 % der Beiträge. Die entsprechenden Zahlen für Italien bzw. Italienisch sind 3 bis 11 % bzw. 0 bis 10 %. Aus Russland kamen bis 9 % der Beiträge, deren Autoren sich des Französischen, aber auch des Deutschen als Publikationssprache bedienten.

S. 35–36:

Anders als die auf der persönlichen Mitgliedschaft einzelner Wissenschaftler beruhende Astronomische Gesellschaft kam die wissenschaftliche Institution, die sich mit der Landvermessung befasste, als internationale Vereinigung von Staaten zustande. Gegründet 1862 auf Initiative Preußens als ›Mitteleuropäische Gradmessung‹, 1867 umbenannt in ›Europäische Gradmessung‹ und 1886 wiederum umbenannt in »Internationale Erdmessung« hatte sie unter den 13 Gründungsmitgliedern sieben deutsche Staaten. Maßgebend für die Bedeutung dieser Institution, die von Preußen nicht nur initiiert, sondern auch stark subventioniert wurde, waren wissenschaftliche, wirtschaftliche und nicht zuletzt auch militärische Interessen. Das Zentralbüro dieser Institution befand sich in Berlin. Die Dominanz preußischer bzw. deutscher Interessen wurde 1869 durch die Gründung des Königlich Preußischen Geodätischen Instituts in Berlin und die Personalunion der Leitung dieses Instituts und des Zentralbüros gefestigt mit dem Ziel, … Obwohl Frankreich erst 1871 der Europäischen Gradmessung beitrat, war der offizielle Status der französischen Sprache in ihr bedingt durch die führende Stellung der französischen Geodäsie im 18. Jahrhundert sowie des Französischen als damalige Sprache der Wissenschaft und der Diplomatie. Mit dem Beitritt der USA 1889 und Großbritanniens 1898 war es für die Vertreter dieser anglophonen Länder eine Selbstverständlichkeit, dass sie sich innerhalb dieser Organisation sowohl mündlich als auch schriftlich ihrer eigenen Muttersprache bedienten. Entscheidungen über die 1916, während des Ersten Weltkrieges auslaufende Konvention sollten zwei Jahre nach dem Ende des Krieges getroffen werden.

S. 36–37:

Der deutsche Geograph Georg Gerland, 1875 auf den Lehrstuhl für Geographie der Universität Straßburg berufen und seit 1887 Herausgeber der Beiträge zur Geophysik, griff die ›Vorschläge zur Errichtung eines Systems von Erdbeben-Stationen‹ verbunden mit einer ›Centralstelle für die Sammlung und Publication von Erdbebennachrichten aus der ganzen Welt‹ auf und initiierte durch seine Bemühungen den Bau der »Kaiserlichen Hauptstation für Erdbebenforschung« in Straßburg. Gerland schwebte vor, eine Organisation ähnlich der Internationalen Erdmessung mit einem Zentralbüro in Straßburg zu errichten. Nachdem die deutsche Regierung Verhandlungen mit den anderen Staaten aufgenommen hatte, wurde 1903 auf der 2. Internationalen Seismologischen Konferenz, die Gerland wie die vorhergehende in Straßburg durchführte, die Gründung der Internationalen Seismologischen Assoziation festgelegt, wobei die deutsche sowie die Straßburger Dominanz nach den Vorstellungen von Gerland weitgehend festgeschrieben wurde. Gegen die Festschreibung von Straßburg als Sitz des Zentralbüros und die damit verbundene Dominanz Deutschlands regte sich in Großbritannien, Frankreich und Italien Widerspruch, der dazu führte, dass die 1903 getroffene ›Übereinkunft‹ durch eine Kommission unter der Leitung des britischen Geophysikers Arthur Schuster überarbeitet wurde. Unter Berücksichtigung der revidierten Fassung der Übereinkunft wurde 1905 in Berlin die Internationale Seismologische Assoziation gegründet. Ohne dass es in den Statuten festgelegt war, dominierte die deutsche Sprache in dieser Organisation infolge der deutschen Initiativen und der Anzahl der deutschen Teilnehmer. Wurden die Verhandlungsberichte anfangs in deutscher und französischer Sprache publiziert, so wurde schon 1906 festgelegt, dass die französische die authentische Fassung sein sollte. Unter der Präsidentschaft des britischen Geophysikers Schuster wurde 1909 ›aus Kostengründen‹ auf die deutschsprachige Fassung der Verhandlungsberichte verzichtet.

S. 42:

Da die Wissenschaftler über die Universitäten und die nationalen Wissenschaftsorganisationen direkt oder indirekt in die nationale Wissenschaftspolitik eingebunden waren, machten sich in zunehmendem Maße aber auch nationale Rivalitäten zwischen Deutsch, Englisch und Französisch bemerkbar. Der Verzicht auf die deutschsprachige Fassung der Verhandlungsberichte der Internationalen Seismologischen Assoziation unter der Präsidentschaft des britischen Geophysikers Schuster 1909 ›aus Kostengründen‹ dürfte dafür ein charakteristisches Beispiel sein. …

S. 52–53:

Im Ausland, dem nationalistische und chauvinistische Ambitionen wie gezeigt natürlich ebenfalls nicht fremd waren, stießen die beiden deutschen Dokumente auf Empörung. Hervorzuheben ist die Reaktion des britischen Chemikers William Ramsay, einst Student in Gießen bei Liebig, Mitglied renommierter Akademien und Nobelpreisträger von 1904, welcher forderte, dass die alliierten Kriegsgegner des Deutschen Reiches den ›teutonischen Despotismus‹ als ein Krebsgeschwür in der Moral der deutschen Nation ein für allemal vernichten sollten. Nicht als nachahmenswert sah er das Verhalten einiger deutscher Universitätslehrer an, welche die ihnen verliehenen Auszeichnungen aus England zurückgegeben haben. Seine von Ressentiments getragenen Betrachtungen, nach denen auf die von ihm in Frage gestellten wissenschaftlichen Leistungen Deutschlands – mit Ausnahme von herausragenden Leistungen einzelner deutscher Gelehrter – abgesehen werden könne …«

2. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, durch ihren Geschäftsführer an Eides statt die Richtigkeit ihrer Auskunft zu versichern, die erste Auflage von »Die Macht der Sprache …« von … sei in einer Auflage von nicht mehr als 55 Exemplaren hergestellt worden;

3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 1.023,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Der Beklagte zu 2) ist der Auffassung, der Antrag der Klägerin ziele darauf ab, ihm die Beschäftigung mit der von ihr behandelten Epoche gänzlich zu untersagen.

II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

A. Die Hauptanträge zu 1. sind unbegründet. Die Klägerin kann von den Beklagten nicht nach § URHG § 97 Abs. URHG § 97 Absatz 1 UrhG Unterlassung der Verbreitung bzw. Vervielfältigung des beanstandeten Textes verlangen. [S. 577]

1. Im Ergebnis zutreffend geht die Klägerin davon aus, dass es sich bei ihrem Werk um ein urheberrechtlich geschütztes Sprachwerk i. S. d. § URHG § 2 Abs. URHG § 2 Absatz 1 Nr. 1 UrhG handelt.

a) Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit von wissenschaftlichen Werken besteht in Rechtsprechung und Schrifttum Einigkeit, dass die wissenschaftliche Lehre und das wissenschaftliche Ergebnis frei und jedermann zugänglich ist (BGH GRUR 1981, GRUR Jahr 1981 Seite 352, GRUR Jahr 1981 Seite 353 – Staatsexamensarbeit; GRUR 1991, GRUR Jahr 1991 Seite 130, GRUR Jahr 1991 Seite 132 – Themenkatalog; Senat ZUM-RD 2003, ZUM-RD Jahr 2003 Seite 532; Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 3. Aufl., § 62 Rn. 61; Dreier/Schulze, 3. Aufl., § 2 UrhG Rn. 93).

Der Inhalt der Arbeit der Klägerin ist daher nicht per se schutzfähig; dies gilt erst recht, soweit es sich dabei um die Wiedergabe historischer Tatsachen handelt, wie dies bei den … wiedergegebenen Ausschnitten ihres Werkes weit überwiegend der Fall ist. Darauf, ob solche historischen Tatsachen bis zur Veröffentlichung durch die Klägerin bekannt waren, kommt es nicht an. Das bloße Auffinden von nicht allgemein zugänglichen Informationen ist keine persönliche geistige Schöpfung. Damit hat der Beklagte allein dadurch, dass er dieselben Tatsachen wiedergibt wie die Klägerin, kein Urheberrecht verletzt.

Soweit die Klägerin darauf abhebt, dass in Fachkreisen u. a. die »wissenschaftsgeschichtliche und sprachenpolitische Bedeutung, der Fakten- und Materialreichtum, die sorgfältige Analyse« ihres Werks gelobt werde und hierfür entsprechende Belege anführt, ist darauf hinzuweisen, dass das Thema als solches der Wissenschaftsfreiheit unterfällt und dass auch »Fakten- und Materialreichtum« per se nichts mit einer »persönlichen geistigen Schöpfung« i. S. d. § URHG § 2 Abs. URHG § 2 Absatz 2 UrhG zu tun hat. Das Urheberrecht schützt nicht die Arbeitsleistung als solche, sondern allein die kreative Tätigkeit; maßgeblich ist nicht der Aufwand, sondern das Ergebnis (Dreier/Schulze, aaO., § 2 Rn. 53, 54).

b) Schutzfähig kann jedoch die Sammlung, Auswahl, Einteilung und Anordnung vorhandenen Stoffes sein (BGH GRUR 1980, GRUR Jahr 1980 Seite 227 – Monumenta Germaniae Historica; GRUR 1981, GRUR Jahr 1981 Seite 520 – Fragensammlung), ebenso wie die von der Gedankenführung geprägte Gestaltung der Sprache (BGH ZUM-RD 1997 ZUM-RD Jahr 1997 Seite 329 – CB-Infobank I; ZUM 2011, ZUM Jahr 2011 Seite 151 – Perlentaucher), wobei die Schutzfähigkeit der konkreten Darstellung dort ihre Grenze findet, wo sie aus wissenschaftlichen Gründen geboten oder in dem behandelten Gebiet weithin üblich ist (BGH GRUR 1981, GRUR Jahr 1981 Seite 352, GRUR Jahr 1981 Seite 355 – Staatsexamensarbeit).

Nach diesen Kriterien ist hier die Schutzfähigkeit zu bejahen.

Die Klägerin hat eine bestimmte Reihenfolge der Darstellung gewählt. Sie hat im ersten Abschnitt »Im Vorfeld des Boykotts« zunächst »Die Macht der deutschen Sprache« vor dem ersten Weltkrieg dargestellt. Darin werden nach allgemeinen Darstellungen zur Wissenschaftssprache im 19. Jahrhundert in jeweils eigenen Unterkapiteln zunächst zwei fachübergreifende Projekte behandelt, nämlich der »International Catalogue of Scientific Literature« und die »Internationale Assoziation der Akademien«, und anschließend bestimmte Fachgebiete ausführlich untersucht, nämlich die Astronomie, die Erdmessung, die Seismologie, die Geographie und die Tuberkulosebekämpfung. Das zweite Kapitel des ersten Abschnitts beschäftigt sich mit »Ansichten zum Krieg und zur deutschen Megalomanie« und behandelt auslandsfeindliche Aktionen deutscher Wissenschaftler nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges und die entsprechenden Reaktionen des Auslandes, insbesondere England und Frankreich. Das dritte Kapitel behandelt »Deutsche Fachliteratur im Krieg«.

Der zweite Abschnitt trägt die Überschrift »Der Boykott« und behandelt die verschiedenen Maßnahmen ab 1915, die zu einer Verdrängung des Deutschen führten, mit den Kapiteln »Die Institutionalisierung des Boykotts«, »Kritik, Ächtung und Verdrängung des Deutschen als internationale Publikationssprache der Wissenschaft« und »Die Ausschaltung des Deutschen als internationale Kongresssprache«.

Der dritte Abschnitt beschäftigt sich mit »Gegenaktionen« gegen den Boykott sowohl von Seiten mancher ausländischer Institutionen und Wissenschaftler als auch (und insbesondere) in Deutschland, in Form von »1. Protesten gegen den Boykott«, »2. Gegenveranstaltungen und -organisationen«, »3, Rettungsaktion für die deutschen Referatenorgane« und »4. Gegenboykott«.

Der vierte Abschnitt ist überschrieben mit »Verhandlungen« und beschäftigt sich mit verschiedenen Wissenschaftsorganisationen in den 1920er Jahren, namentlich »1. Conseil international de recherches«, »2. Union académique internationale«, »3. Union astronomique internationale«, »4. Union géodésique et géophysique internationale« und »5. Union internationale de la Chimie pure et appliquée«.

Im fünften Abschnitt »Auswirkungen« werden die Folgen der bislang dargestellten Entwicklung beschrieben, in den Kapiteln »Die Dominanz der französischen und englischen Sprache und der Rückgang des Deutschen« sowie »Nationale Repräsentation, Weltgeltung und Sprachpolitik«.

Die Klägerin hat auch bestimmte Schwerpunkte gesetzt. Sie hat beispielsweise einzelnen Fachgebieten eigene Unterkapitel gewidmet, andere nur erwähnt; sie hat einzelne Erklärungen und Stellungnahmen wörtlich abgedruckt, andere nur inhaltlich wiedergegeben. Sie hat bestimmte Fakten miteinander verknüpft, ausgewertet und Schlussfolgerungen gezogen.

Auch hat sie ihrem Werk eine bestimmte sprachliche Gestaltung gegeben.

2. a) Liegt somit ein urheberrechtlich geschütztes Werk der Klägerin vor, so hängt die Frage der Verletzung dieses Urheberrechts davon ab, ob es sich bei dem Werk des Beklagten um eine freie Benutzung i. S. d. § URHG § 24 UrhG oder um eine abhängige Bearbeitung i. S. d. § URHG § 23 UrhG handelt.

Bei der Beurteilung, ob eine (unfreie) Bearbeitung vorliegt, kommt es entscheidend auf den Abstand an, den das neue Werk zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des benutzten Werkes hält. Eine freie Benutzung setzt voraus, dass angesichts der Eigenart des neuen Werkes die entlehnten eigenpersönlichen Züge des benutzten Werks verblassen (BGH ZUM 2011, ZUM Jahr 2011 Seite 151 – Perlentaucher; ZUM 1999, ZUM Jahr 1999 Seite 644 – Laras Tochter). Dabei ist zunächst durch Vergleich zu ermitteln, ob und ggf. in welchem Umfang eigenschöpferische Züge des älteren Werks übernommen worden sind (BGH ZUM 2004, ZUM Jahr 2004 Seite 748 – Hundefigur).

b) Die sprachliche Gestaltung des Werks des Beklagten zu 2) hält einen ausreichenden Abstand zum Werk der Klägerin.

Zwar ist die sprachliche Darstellung des Gesamtwerkes sowie einzelner selbstständiger Teile hieraus grundsätzlich ebenfalls urheberrechtsfähig. Dem Beklagten zu 2) wäre es daher verwehrt, etwa ein gesamtes Kapitel oder längere Passagen wortwörtlich zu übernehmen. Dies hat er jedoch unstreitig nicht getan.

Ähnlichkeiten in der Darstellung führen im vorliegenden Fall nicht dazu, dass das gesamte Werk des Beklagten (oder jedenfalls die auf das Werk der Klägerin Bezug nehmenden Teile) als nicht eigenständig erscheinen würde. Es wurde kein besonderer »Schreibstil« der Klägerin übernommen, sondern der Beklagte zu 2) verwendet lediglich an einzelnen Stellen ähnliche Formulierungen, die aber im Hinblick darauf, dass beide Parteien eine gut verständliche »Allgemeinsprache« benutzen, keinen konkreten Bezug zum Werk der Klägerin mehr erkennen lassen, soweit es sich nicht um ohnehin durch die Sache gebotene Fachbegriffe handelt.

Der Beklagte zu 2) hat auch in den konkret beanstandeten Textpassagen keine Formulierungen der Klägerin übernommen, die als solche besonders aussagekräftig oder originell [S. 578] erscheinen und deshalb eine schöpferische Eigenart begründen (vgl. BGH ZUM 2011, ZUM Jahr 2011 Seite 151 Rn. ZUM Seite 151 Randnummer 37, ZUM Seite 151 Randnummer 39 – Perlentaucher). Soweit originelle Formulierungen und Begriffe übernommen wurden, handelt es sich ersichtlich um Zitate Dritter (z. B. S. 52: »Krebsgeschwür in der Moral der deutschen Nation«).

c) Die synoptische Darstellung der Klägerin zeigt, dass die ohne Weiteres ins Auge springenden zahlreichen Ähnlichkeiten zwischen den beiden Werken weit überwiegend auf inhaltlichen Übereinstimmungen beruhen, so etwa der Umstand, dass auf dem internationalen Historikerkongress 1908 Latein als Vortragssprache anerkannt war (S. 32); die Kommunikationsmittel des wissenschaftlichen Austausches (S. 33); die große Bedeutung der Astronomie und ihres Publikationsorgans »Astronomische Nachrichten« sowie die Gründung der Astronomischen Gesellschaft und die Zahl deren Gründungsmitglieder (S. 33 ff.); die Entwicklung der »Internationalen Erdmessung« als internationale Vereinigung von Staaten (S. 35); die Gründung des Preußischen Geodätischen Instituts; die Entwicklung der Erdbebenforschung in Deutschland und die Gründung der Internationalen Seismologischen Assoziation auf Initiative eines in Straßburg tätigen deutschen Geographen sowie der Widerstand anderer Länder gegen die deutsche Dominanz (S. 36 f.); die Gründung der Internationalen Assoziation der Akademien; die Verwendung der Sprachen auf wissenschaftlichen Kongressen; die Entstehung, Herausgabe und Finanzierung der »Bibliotheca Geographica« usw.

Im Hinblick darauf, dass, wie oben unter l. a) dargelegt, der Inhalt als Wiedergabe von Fakten nicht per se schutzfähig ist, können diese rein inhaltlichen Übereinstimmungen nicht zur Beurteilung eines ausreichenden Abstandes der beiden Werke herangezogen werden.

d) Das Werk des Beklagten zu 2) greift auch nicht durch die Übernahme von Auswertungen in das Urheberrecht der Klägerin ein.

Soweit es sich um Auswertungen handelt, die von Dritten stammen (so etwa die Diagramme), gilt dasselbe wie zu mitgeteilten Fakten – insoweit besteht bereits kein Urheberrechtsschutz zu Gunsten der Klägerin.

Das Diagramm auf S. 57 des Werks der Beklagten bezieht sich zwar auf eine schutzfähige Auswertung der Klägerin selbst zur Entwicklung des Fremdsprachenunterrichts an amerikanischen Public High Schools; insoweit handelt es sich jedoch um ein nach § URHG § 51 Nr. 1, 2 UrhG zulässiges (und auch gesondert als solches gekennzeichnetes) wissenschaftliches Kleinzitat, das lediglich der inhaltlichen Untermauerung des Berichts über den Rückgang des Deutschunterrichts in der Folge des Ersten Weltkriegs dient.

e) Auch der Umstand, dass der Beklagte zu 2) überwiegend solche Fakten und Beispiele erwähnt, die sich auch im Werk der Klägerin finden, erscheint im konkreten Fall nur von eingeschränkter Relevanz. Zwar kommt, wie oben dargelegt, gerade bei wissenschaftlichen Werken auch der Auswahl des präsentierten Materials in der Regel ein eigenschöpferischer Gehalt zu. Allerdings ist nicht ersichtlich, dass im Hinblick auf den von den Kritikern gerühmten »Fakten- und Materialreichtum« des Werks der Klägerin, das das Thema offensichtlich erschöpfend behandelt, überhaupt noch andere in gleicher Weise einschlägige Beispiele zu dem – per se nicht schutzfähigen – Thema »Deutsch als internationale Wissenschaftssprache« in dem von der Klägerin behandelten Zeitraum zu finden sind. Unter diesen von der Klägerin behandelten Beispielen hat der Beklagte zu 2) seinerseits eine Auswahl getroffen; auch die Gewichtung ist nicht dieselbe wie bei der Klägerin.

f) Aufbau, Gliederung und Gewichtung der einzelnen Inhalte im Werk des Beklagten weichen von dem der Klägerin ab, wobei sich ein grundsätzlich chronologischer Aufbau durch das Thema geradezu »aufdrängt« und deshalb als solcher nicht als eigenschöpferische Leistung der Klägerin angesehen werden kann.

Der Beklagte zu 2) hat in zeitlicher Hinsicht ein umfassenderes Thema abgehandelt als die Klägerin, nämlich »von den Anfängen bis zur Gegenwart«, wie der Untertitel seines Buches lautet; die von der Klägerin behandelte Epoche nimmt darin nur etwa gut 1/3 ein. In seinen ersten, nicht das Werk der Klägerin berührenden vier Kapiteln beschäftigt sich der Beklagte zu 2) mit dem Verhältnis von Latein und den jeweiligen Nationalsprachen im Laufe der Jahrhunderte. Die erste Information, die so auch im Werk der Klägerin (dort im Kapitel I. 1.) steht, findet sich auf S. 32: die Verwendung des Lateinischen als Vortragssprache auf dem Historikerkongress 1908.

Weitergehende inhaltliche Übereinstimmungen mit dem Werk der Klägerin finden sich in den beiden folgenden Kapiteln: Das Kapitel »Deutsch als internationale Wissenschaftssprache« enthält kurze Darstellungen über die Fachgebiete Astronomie, Erdmessung, Seismologie und Geographie sowie über die Internationale Assoziation der Akademien. Sodann folgen allgemeine Ausführungen zur Bedeutung der deutschen Sprache bis zum ersten Weltkrieg.

Das nächste Kapitel ist überschrieben »Der Erste Weltkrieg, der Wissenschafts- und Sprachboykott« und beschäftigt sich zunächst mit der Haltung deutscher Wissenschaftler gegenüber dem Ausland zu Beginn des Ersten Weltkriegs und den verbalen Reaktionen ausländischer Wissenschaftler hierauf. Hieran schließt die Darstellung konkreter Zensur-, Boykott- und Ausschlussmaßnahmen von beiden Seiten während des Kriegs bis hin zur Auflösung bestehender zwischenstaatlicher Konventionen durch den Versailler Vertrag und deren Folgen an, sowie die Gründung neuer Wissenschaftsorganisationen unter Ausschluss Deutschlands nach dem Krieg. Es folgen Entwicklungen bis zum Zweiten Weltkrieg (Gründungen rein deutscher Gesellschaften, neue zwischenstaatliche Vereinbarungen).

Dabei übernimmt der Beklagte zu 2) zwar beispielhaft dieselben Fachgebiete wie die Klägerin (Astronomie, Erdmessung, Seismologie und Geographie), er behandelt jedoch die Internationale Assoziation der Akademien erst nach den Fachgebieten und lässt den »International Catalogue of Scientific Literature« gänzlich aus. Im Anschluss an die Akademien geht er auch auf die Herausgabe wissenschaftlicher Bibliographien ein, erwähnt aber in diesem Zusammenhang nur die »Bibliotheca Geographica«. Den nationalistischen Aufrufen »An die Kulturwelt« und »Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reichs« von 1914 wird beim Beklagten höhere Bedeutung eingeräumt als bei der Klägerin, was bereits optisch durch den Abdruck von Faksimiles geschieht, während bei der Klägerin lediglich der Text wiedergegeben wird. Das ist umso bemerkenswerter, als alle anderen thematischen Übernahmen naturgemäß beim Beklagten deutlich kürzer dargestellt sind. Außerdem hat der Beklagte in diesem Zusammenhang als Beispiel eines entsprechenden Nationalismus auf der Gegenseite noch ein »Gebet« im amerikanischen Repräsentantenhaus abgedruckt, welches sich bei der Klägerin nicht findet. Der Aufbau dieser Passage weicht vom Aufbau der Klägerin ab: Während die Klägerin die beiden deutschen Aufrufe im Rahmen des Kapitels 2 des ersten Abschnittes behandelt, finden sie sich beim Beklagten unter dem Kapitel »Der Erste Weltkrieg, der Wissenschafts- und Sprachboykott«. Ihm vorgeschaltet ist eine Zusammenfassung der internationalen Bedeutung der deutschen Sprache und des deutschen Hochschulwesens bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts; soweit hierin Textstellen der Klägerin zu finden sind, stammen diese aus völlig unterschiedlichen Stellen ihres Werkes. An dieser Stelle zeigt sich auch, dass der Beklagte aufbaumäßig strenger chronologisch vorgeht als die Klägerin, mit [S. 579] Ausnahme eines kleinen Einschubs (der sich bei der Klägerin nicht findet) auf S. 54 zur Namensgebung der Universität Hannover im Jahre 2006.

g) Der Schutzbereich der eigenschöpferischen Leistung der Klägerin könnte lediglich insoweit tangiert sein, als der Beklagte vereinzelt auch konkrete eigenständige Verknüpfungen, Schlussfolgerungen und Auswertungen von der Klägerin übernommen hat. Denn auch solche innere Verknüpfungen und inhaltliche Verarbeitungen können schutzfähig sein, wenn sie über den gemeinfreien Kern der wissenschaftlichen Lehren und Theorien hinausgehen (vgl. Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 3. Aufl., § 2 Rn. 64).

So könnte die konkrete Verknüpfung mancher Fakten, die sich im Werk des Beklagten zu 2) genauso findet wie im Werk der Klägerin – etwa der Umstand, dass über die Bedeutung des Französischen als Sprache der Diplomatie und der Wissenschaft gerade im Zusammenhang mit der Geodäsie berichtet wird (S. 35), oder die Anmerkung, dass Deutschland in der Erdbebenforschung führend wurde, obwohl es nicht zu den besonders Erdbeben gefährdeten Gebieten gehörte – ebenso urheberrechtlich relevant sein wie die Übernahme der Schlussfolgerung der Klägerin betreffend die Verquickung von Wissenschafts- mit nationalen Macht- und Prestigeinteressen (ähnlich bezogen auf die »Internationale Erdmessung«, S. 35).

Ob durch diese einzelnen Übernahmen das Urheberrecht der Klägerin verletzt wird, kann jedoch vorliegend offenbleiben, weil die Klägerin nicht das Unterlassen der Verbreitung einzelner konkreter Passagen begehrt, die urheberrechtsverletzende Inhalte enthalten, sondern das Unterlassen der Verbreitung des gesamten im Klageantrag wiedergegeben Textes, der die Seiten 33 bis 70 des Werks der Beklagten nahezu vollständig umfasst.

Der Senat war bei dieser Antragstellung nicht befugt, das Verbot auf einzelne – möglicherweise urheberrechtsverletzende – Passagen zu beschränken.

B. Die Hilfsanträge zu 1. sind unzulässig.

Mit den Hilfsanträgen begehrt die Klägerin den Beklagten zu untersagen, den beanstandeten Text »ohne Kennzeichnung als Zitat« zu verbreiten. Diese Anträge genügen nicht dem Bestimmtheitsgebot des § ZPO § 253 Abs. ZPO § 253 Absatz 2 Nr. 2 ZPO.

Bei der Auslegung dieser Anträge geht der Senat davon aus, dass die Klägerin damit nicht die Kennzeichnung des gesamten beanstandeten Textes als Zitat aus dem Werk der Klägerin begehrt, denn eine solche Kennzeichnung ist bereits dadurch erfolgt, dass der Beklagte zu 2) in der Überschrift zu den beiden Kapiteln »Deutsch als internationale Wissenschaftssprache« und »Der Erste Weltkrieg, der Wissenschafts- und Sprachboykott« ausdrücklich auf das Werk der Klägerin als Quelle hingewiesen hat. Wäre dies das Klagebegehren, wären die Anträge ohne Weiteres jedenfalls wegen Erfüllung eines etwaigen Anspruchs unbegründet.

Wenn die Klägerin jedoch eine weitergehende Kennzeichnung konkreter Textstellen anstrebt, wovon aus vorstehenden Gründen auszugehen ist, sind die Anträge zu unbestimmt, weil nicht ersichtlich ist, in Bezug auf welche konkreten Passagen welche (zusätzliche) Zitatkennzeichnung erfolgen soll. Die Klägerin hätte diese Stellen daher im Einzelnen bezeichnen müssen.

C. Im Hinblick darauf, dass nach dem oben unter A. Dargestellten durch den Gesamttext unter Ziff. 1. c) des Klageantrages das Urheberrecht der Klägerin nicht verletzt wird, steht ihr gegen die Beklagte zu 1) auch kein Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gemäß §§ URHG § 97, URHG § 101 UrhG, § BGB § 259 Abs. BGB § 259 Absatz 2 BGB zu.

Auch ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten, wie mit dem Klageantrag zu 3. geltend gemacht, besteht infolgedessen nicht.

D. (…)

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ ZPO § 543 ZPO). Die Entscheidung beruht auf der Anwendung anerkannter Rechtssätze im konkreten Einzelfall.


Dem Urteil ist zuzustimmen. Durch eine erschöpfende Darstellung kann ein Wissenschaftsautor nicht andere ausführlichen Darstellungen zum gleichen Thema, die notwendigerweise erhebliche Überschneidungen aufweisen müssen, urheberrechtlich blockieren. Wird plagiatfrei und wissenschaftlich redlich die Grundlage verwertet, muss eine entsprechende "Ausbeutung" der eigenen Ergebnisse grundsätzlich hingenommen werden, auch wenn das "moralische Empfinden" vieler Wissenschaftler eher der Klägerin Recht geben würde. Auch wenn es sich nicht um eine kritische Überprüfung ("restudy") handelt, gebietet die Wissenschaftsfreiheit, bei dem Urheberrechtsschutz wissenschaftlicher Texte zurückhaltend zu sein.

Haberstumpf ist aber gar nicht einverstanden und schäumt in der ZUM 2012, S. 529ff.: "Die Piratenbewegung hat deshalb auch auf dem Gebiet der Wissenschaften nicht recht, wenn sie die Zurückdrängung des Urheberrechts fordert. Dass sich die deutsche Rechtsprechung auf ihre Seite geschlagen hat, kann deshalb nur bedauert werden."
 

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