Allgemeines
Architekturarchive
Archivbau
Archivbibliotheken
Archive in der Zukunft
Archive von unten
Archivgeschichte
Archivpaedagogik
Archivrecht
Archivsoftware
Ausbildungsfragen
Bestandserhaltung
Bewertung
Bibliothekswesen
Bildquellen
Datenschutz
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
null

 
Zu http://archiv.twoday.net/stories/565868293/ gebe ich als Urheberrechtsspezialist und Nicht-Jurist folgende Stellungnahme ab.

Das Vorgehen des deutschen Bundesarchivs gegen Rechtsanwalt Alexander vom Hofe (Madrid) wegen ungenehmigter Bildnutzung ist völlig unangemessen.

Das Bundesarchiv hat gemäß http://archiv.twoday.net/stories/434208073/ ein Freiexemplar des Buchs erhalten, das gemäß OPAC in Berlin-Lichterfelde aufbewahrt wird. Nichts lag näher, als aufgrund des bestehenden Benutzungsverhältnisses die Bildnachweise des Buchs zu überprüfen. Da das Buch keinen zentralen Bildnachweis hat, sondern Quellenangaben (nicht immer) am Bild stehen, dauert es etwa 5 Minuten für eine Fachkraft, die Bildnachweise zu überprüfen. Insgesamt wurden 7 Bilder genutzt, die jeweils mit einem Quellennachweis Bundesarchiv versehen sind. Es geht also um 7 X 15,34 (laut Kostenverordnung Publikation bis 3000 Exemplare) = 107,38 EUR. Da Offizianten des Bundesarchivs erheblich mehr als einen Mindestlohn von 8,50 EUR verdienen und mindestens zwei Mitarbeiter mit dem Casus beschäftigt waren, schätze ich die Personalkosten auf über 50 Euro. Bei einer gerichtlichen Geltendmachung kommen weitere Personalkosten hinzu, die von der Gegenseite nicht erstattet werden müssen. Einen effizienten Umgang mit Steuergeldern kann man das nicht nennen.

Von dem groben Undank mal abgesehen, das abgelieferte Belegexemplar (Verkaufspreis 18 EUR) für miese Abzocke zu nutzen. Denn einen gesetzlichen Anspruch auf das Belegexemplar hat das Bundesarchiv nicht, wie Polley schlüssig dargelegt hat:

http://www.lwl.org/waa-download/archivpflege/heft76/25-31_polley.pdf
http://archiv.twoday.net/search?q=belegexemplar

Aus urheberrechtlicher Sicht ist es fraglich. ob eine Urheberrechtsverletzung besteht. Das Bundesarchiv müsste lückenlos den Rechteübergang darlegen. Jedenfalls das auf S. 21 abgebildete Bild von Erica von Papritz (nicht in der Online-Datenbank des Bundesarchivs auffindbar) mit Konrad Adenauer wird auf http://www.meaus.com/93-pappritz-und-adenauer.htm mit dem Rechtevermerk "Copyright Pappritz-Archiv, Marco-VG, Bonn" wiedergegeben.

Bei wissenschaftlichen Werken (und dass es sich um ein solches handelt, kann man nicht bezweifeln) ist die VG Bild-Kunst großzügig, was die Annahme von Bildzitaten angeht. Nach diesem Maßstab und angesichs der mäßigen Qualität der kleinformatigen Bildwiedergabe ist ein Geltendmachen eines urheberrechtlichen Zahlungsanspruchs (der insgesamt natürlich höher sein könnte als die gebührenrechtliche Forderung des Bundesarchivs) nicht unbedingt erfolgversprechend.

Ob ein Bildzitat nach § 51 UrhG vorliegt, ist anhand der einzelnen Bilder zu prüfen. Ob die genannte Darstellung Pappritz/Adenauer auf S. 21 nach § 51 Nr. 1 "zur Erläuterung des Inhalts" dient mag man bezweifeln, da der Zusammenhang mit dem Text des Buches eher lose ist. Pappritz hat eine Akte zur Kenntnis genommen, sie wird nur auf S. 21 erwähnt, das war's. Legt man die üblichen Maßstäbe an: kein Bildzitat.

Anders verhält es sich mit den Bildern von Kurt von Behr (S. 22) und Hans Kammler (S. 67), da beide im Titel genannt werden und ihre Porträts somit nachvollziehbar der Erläuterung des Inhalts dienen. Ein Bildzitat möchte ich auch bei dem kleinen Bild von Ernst Torgler (S. 63) annehmen, da sich ein längerer Abschnitt (S. 63-67) auf ihn bezieht. Auch Pückler-Burghauss (S. 67) wird auf mehreren Seiten erwähnt.

Dass im Zusammenhang mit der ausführlichen wissenschaftlichen Berichterstattung über eine Person ein kleinformatiges Porträtbild als Bildzitat, also ohne Zustimmung des Rechteinhabers, abgebildet wird, erscheint mir aus urheberrechtlicher Sicht nicht beanstandenswert.

"[S]ofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist", heißt es in § 51 Urhg. Danach ist die Abbildung von Ingeborg-Alix Prinzessin zu Schaumburg-Lippe nach einem Foto des Bundesarchivs auf S. 67 eindeutig kein Bildzitat, denn es ist nicht ersichtlich, wieso links oben Ingeborg-Alix in einer Zeichnung abgebildet wird (aus Privatarchiv), rechts unten in einer Dreierreihe aber mit identischem Aussehen nochmals. Auch wenn diese dritte Abbildung unten durch Layoutbedürfnisse verursacht worden sein sollte, so ist es doch extrem laienhaft, auf einer Seite zweimal die gleiche Frau ohne unterschiedliches Aussehen abzubilden. Urheberrechtlich entfällt der Zitatzweck, da das Bundesarchiv-Foto keinen Mehrwert gegenüber der Zeichnung bietet.

Freie Lizenzen und Schranken des Urheberrechts sind voneinander unabhängig. Ein unter freier Lizenz stehendes Bild darf ohne Beachtung der Lizenzbedingungen als gültiges Bildzitat verwendet werden. Bei Zweifelsfällen (und welche sind das bei Bildzitaten nicht?) wird aber der Richter die Tatsache, dass ein Bild kostenlos unter freier Lizenz zur Verfügung gestanden hätte, in die Waagschale werfen und gegen ein Bildzitat entscheiden.

S. 63 wird das unter

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_B_145_Bild-F046120-0016,_Koblenz,_%22Rittersturz-Konferenz%22,_Kopf.jpg

verfügbare Bild des Bundesarchivs von Hinrich Wilhelm Kopf abgebildet. Hätte vom Hofe statt "Quelle: Bundesarchiv" "Quelle: Bundesarchiv, B 145 Bild-F046120-0016 / Vollrath / CC-BY-SA 3.0" geschrieben, wäre er urheber- und gebührenrechtlich aus dem Schneider gewesen. Auch wenn man angesichts der Ausführungen auf S. 63-65 zu Kopf ein Bildzitat erwägen mag, scheint mir in diesem Fall eine Urheberrechtsverletzung in Anbetracht der Existenz der Möglichkeit, lizenzkonform zu nutzen, gegeben zu sein.

RA vom Hofe ist regelmäßiger Mitarbeiter (und Kommentator) dieses Blogs, in dem oft über die lizenzkonforme Nutzung von CC-Bildern berichtet wurde. Er kann sich also nicht schlüssig auf Nichtwissen berufen.

Bei 4 Bildern möchte ich daher ein Bildzitat bejahen, bei 3 verneinen. Angesichts der Gesamtumstände (Quasi-Privatdruck, kleinformatige Wiedergabe) würde ein vernünftiger Rechteinhaber von einer urheberrechtlichen Abmahnung absehen.

Merkwürdigerweise sind die abgebildeten Bundesarchiv-Bilder überwiegend nicht in der Bilddatenbank des Bundesarchivs recherchierbar, die zudem nur gegen Registrierung reproduktionsfähige Bilder ohne Wasserzeichen anbietet. Daher liegt der Schluss nahe, dass RA vom Hofe die Bilder aufgrund seines Benutzungsverhältnisses des Bundesarchivs erhalten hat. Er hat gegen die Benutzungsbedingungen des Bildarchivs verstoßen

http://www.bild.bundesarchiv.de/index.php?barch_item=de_agb

Inwieweit das Bundesarchiv vor ordentlichen Gerichten Bildrechte einklagt, ist mir nicht bekannt. Die öffentlichrechtliche Regelung des Benutzungsverhältnisses legt für mich den Schluss nahe, dass nur Gebührenbescheide auf dem Verwaltungsrechtsweg durchgesetzt werden können. Hat RA vom Hofe einen Gebührenbescheid erhalten, kann er Widerspruch oder Klage vor dem Verwaltungsgericht einlegen. Dann wird das Gericht auch die (aus meiner Sicht teilweise rechtswidrigen) Benutzungsbedingungen des Bundesarchivs zu überprüfen haben, also auch die Zulässigkeit der nach Auflagenhöhe gestaffelten Gebühren. Hier öffnet sich geradezu ein Urwald, in dem öffentlichrechtliche Normen und privatrechtliche Rechtsverhältnisse traditionell durcheinander wachsen.

Gemäß

https://de.wikisource.org/wiki/Bundesgerichtshof_-_Topographische_Landeskarten

ist die Einräumung urheberrechtlicher Nutzungsrechte immer privatrechtlicher Natur.

Sind die öffentlichrechtlichen Benutzungsbedingungen nicht rechtswidrig, spielt es (leider) keine Rolle, ob eine Nutzung als Bildzitat zulässig wäre. Da aber das Kuddelmuddel aus öffentlichem Recht und Privatrecht vom Bundesarchiv liebevoll gehegt und gepflegt wird, weil es ihm finanzielle Vorteile bringt, ist es nicht ganz aussichtslos, den Verwaltungsrichter auch mit diesem Argument zu konfrontieren.

Wäre dagegen kein Benutzungsverhältnis durch Ausfüllen eines Benutzungsantrags zustandegekommen, wäre nur das Geltendmachen urheberrechtlicher Ansprüche auf dem ordentlichen Rechtsweg möglich, siehe

http://archiv.twoday.net/stories/6164988/ (bei Anmerkung 24)

RA vom Hofe hat nicht in erheblichem Ausmaß gegen die deutsche Rechtsordnung verstoßen, sich aber auch nicht untadelig verhalten. Angesichts seiner kleinen Schuld ist ein Vorgehen des Bundesarchivs gegen ihn eher eine Steuergeldverschwendung und unangemessen. Es ist ihm aber unbenommen, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht dem Bundesarchiv zur Abgeltung möglicher Ansprüche einen Betrag von 50 Euro anzubieten.

Bundesarchiv, B 145 Bild-F046120-0016 / Vollrath / CC-BY-SA 3.0
paradoxus (Gast) meinte am 2013/11/16 20:51:
Mag ja alles richtig sein ...
... und das BArch ist sicher einer überheblicher, steuerfressender Moloch, der gerne auch mal Nutzer mir irren Kopierkosten und Fotoverboten quält oder sich für was besseres hält (zB sind die Kabinettsprotokolle der Bundesregierung online einfach nur dilettantisch und, falls sie wirklich so viel kosteten, wie das gerne in Veröffentlichung gesagt wurde, fahrlässige Steuerverschwendung). Aber: Als echter RA nun über die kleinliche Forderung des BArch jammern, das empfinde ich als juristischer Nichtwisser, der aber auch mal im BArch recherchiert hat und dabei die Nutzungsordnung inkl. Entgeltordnung las, schon ein wenig als peinlich. Sie schreiben's ja selbst: zahlen, als Lehrgeld, und beim nächsten Buch, der nächsten Auflage besser machen.

Oder, vielleicht besser, gegen diesen Irrsinn klagen, dass ich mit meinen Steuergeldern verwaltete Archivalien die eigentlich im Gemeineigentum sein müssten, bei Veröffentlichung noch freche Lizenzgebühren zahlen muss. (Ich weiß noch, wie die bei NARA guckten, nachdem ich fragte, was ich für die Fotos, die ich selbst machte, zahlen müsse... .). Vermutlich bringt das aber nichts, wir sind ja in Deutschland. Und die Archive sind für vieles gut, nur nicht für die Nutzer. 
vom hofe antwortete am 2013/11/16 21:03:
Lächerlich
Der STAAT: Pingelig im Kleinen, Trickser im Grossen...

Es entbehrt nicht der Komik. Der Bund denkt kleinkariert.
Wie wäre es, wenn er sich Gedanken darüber macht, ob der "Erwerb" des Palais Schaumburg in Bonn, Sommerresidenz der Bundeskanzlerin rechtens war ?

http://goo.gl/CY07ch 
vom hofe meinte am 2014/01/28 10:57:
Vernunft kehrt ein
Schreiben des Bundesarchivs:

Sehr geehrter Herr vom Hofe,

dankend bestätige ich den Erhalt Ihrer E-mail mit beigefügtem
Benutzungsantrag vom 9. Januar.

Gern erteile ich Ihnen nachträglich die Genehmigung zur Nutzung der Bilder aus dem Bundesarchiv in Ihrer Publikation "Vier Prinzen zu Schaumburg Lippe. Kammler und Behr".

Auf die Erhebung einer Veröffentlichungsgebühr wird nach § 4 Abs. 3 der Kostenverordnung des Bundesarchivs verzichtet, da Auflagenhöhe 100 Exemplare umfasste und die Publikation im Eigenverlag erfolgte.

Mit freundlichen Gruessen,
i.A. 
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma