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In einem Kommentar in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung fordert Volker Zastrow das Internet "entschlossen zu zivilisieren."

Anlass des Kommentars ist das BGH-Urteil zu spickmich, dass es Schülern erlaubt Lehrern Noten zu geben - die meist sehr moderat ausfallen. Zastrow passt das nicht: Er sieht die Gefahr dass das Internet als Denunziationsmaschine mißbraucht wird und fordert einen klaren rechtlichen Rahmen, um dies zu verhindern: "Die sogenannten Informationen erlangen im Internet durchweg einen Ewigkeitswert. Verschiebt das nicht das Verhältnis zwischen Einzelnem und einer mit modernsten technischen Mittel ins Faustrecht des Urzustandes versetzten Gesellschaft? (…) Im Internet geschmäht zu werden heißt für immer geschmäht zu werden. Ob zu Recht, spielt keine Rolle; denn welches Recht kann es dafür geben? Ein Recht, in dem für niemand Verjährung gilt, kein Verzeihen? Kein Vergessen?"

Es wäre ein leichtes sich über diesen Kommentar lustig zu machen, über ihn herzufallen und ihn zu zerreissen: Der schnelle Zugang zu den Archiven, lange Zeit ein Privileg weniger (Vor allem von Journalisten), steht über das Internet jedem offen. Und der Verlust von Privilegien schmerzt. Und der Ruf Gesetzbuch zu reglementieren, zeigt eine tiefe Unkenntnis über das Internet: Eine Reglementierung die wirkungsvoll wäre, käme dem Ende des freien Zugriffs gleich, wäre das Ende des Internets wie wie es kennen. Durchsetzbar ist so etwas nur über den massiven Einsatz von Zensurtechnologie wie im Iran oder in China.

http://www.ruhrbarone.de/fas-will-internet-zivilisieren/

Zum Spickmich-Urteil des BGH (Gründe wie üblich noch nicht online) und der negativen Politiker-Resonanz:

http://www.heise.de/newsticker/Internet-Pranger-am-Pranger--/meldung/141217
http://rivva.de/about/http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,632168,00.html

Stellungnahme des Anwalts von Spickmich:
http://www.feldblog.de/?p=216#more-216

Übervorsichtiger Juristen-Kommentar:

Die betroffenen Daten (sprich Bewertungen selbst) sollten zur Sicherheit eben nicht über Google und Co zu finden sein. Dann kann mans aber auch gleich bleiben lassen!

Kommentar von G. Böss:

Im Internet gibt es längst unendlich viele Möglichkeiten sich auszutauschen. Natürlich auch über Lehrer. So etwas zu verbieten, ist weder klug noch wünschenswert. Wer da gerade seiner Empörung Luft macht, hat die Veränderungen noch nicht registriert, die sich abspielen. Die starre Hierarchie, nach der die Schüler nichts und die Lehrer alles zu sagen haben, bröckelt in Rekordgeschwindigkeit dahin. Es ist noch nicht lange her, da war es Lehrern gestattet, Kinder zu verprügeln und heute ist es Kindern gestattet, Lehrer zu beurteilen. Offensichtlich ein zivilisatorischer Sprung.

Zu Spickmich und Meinprof in Archivalia:

http://archiv.twoday.net/stories/3801568/
http://archiv.twoday.net/search?q=meinprof

Zur juristischen Auseinandersetzung mit Meinprof:
http://www.telemedicus.info/article/1206-LG-Regensburg-entscheidet-ueber-MeinProf-Volltext.html#extended
Volltext des Urteils des LG Regensburg 2.2.2009

Arztbewertungs-Portale:
http://www.news.de/gesundheit/1216846030746/patienten-benoten-aerzte.html

Politiker-Zitate:
http://polit-bash.org/

Zu Denunziantenportalen wie Rotten Neighbours:

http://tomswochenschau.wordpress.com/2008/09/05/rotten-neighbours-jetzt-auch-in-deutscher-version/
http://blog.pranger.de/

KOMMENTAR:

Nein, Bewertungsportale über Personen, die in der Öffentlichkeit wirken (dazu zählen auch Lehrer und Hochschullehrer) sind nicht das Gleiche wie Denunziantenportale. Sie dienen der Meinungsbildung und Transparenz: in dubio pro opinione. Die gängige Rede vom weltweiten Pranger Internet verkennt, dass etwa in China abträgliche Äußerungen über einen deutschen Lehrer weniger interessieren als ein Sack Weizen, der in Deutschland umfällt. Da es nun einmal das Internet gibt, ist den Betroffenen anzuraten, sich ein dickes Fell zuzulegen und Toleranz zu zeigen, auch wenn dies kein Freibrief für Online-Mobbing sein kann. Art. 5 GG gilt nicht nur für "wertvolle" Meinungen. Gesetzliche Einschränkungen von Bewertungsportalen im Internet sind daher nicht weniger Internetzensur als die #Zensursula-Gesetzgebung.

UPDATE:

http://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1390179.html

Einer repräsentativen Umfrage zufolge billigt eine deutliche Mehrheit der Deutschen (56 Prozent) das Urteil des Bundesgerichtshofs. 40 Prozent finden die Entscheidung falsch, wie aus der Erhebung des Instituts Emnid im Auftrag der Zeitung «Bild am Sonntag» hervorgeht. Die Meinungsforscher befragten 500 Personen ab 14 Jahren.
Frank (Gast) meinte am 2009/06/29 02:26:
Was mich gerade an dieser Sache wundert ist das Verhalten der Presse. Ein höherer Schutz der Persönlichkeitsrechte wird auch die Berichterstattung weiter einschränken. Vor einigen Wochen hat die gleiche Zeitung noch den Untergang des Abendlandes heraufbeschworen als das LG Berlin die Namensnennung eine Sängerin in Zusammenhang mit einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren unterband. Das wir es hier mit einem komplexen juristischen Problem mit vielen Ausprägungen haben ist vielleicht zu viel für Qualitätsjournalisten. Oder die Angst vor dem Netz ist höher als die Angst vor Kosten künftiger Verfahren 
 

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