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Heike Uffmann, Wie in einem Rosengarten. Monastische Reformen des späten Mittelalters in den Vorstellungen von Klosterfrauen (Religion in der Geschichte 14). Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte 2008. 392 S., 29 Euro. Inhaltsverzeichnis (PDF)

Über zehn Jahre hat die Verfasserin der Bielefelder historischen Dissertation (bei Heinrich Rüthing) an ihrer Arbeit gesessen, in der sie die chronistischen Aufzeichnungen aus Frauenklöstern des deutschsprachigen Raumes 1470-1525, also aus der Zeit der Klosterreformen, würdigt. Sie hat ein gut lesbares und wichtiges Buch vorgelegt, das die Beachtung aller an spätmittelalterlicher Historiographie Interessierten verdient.

Constance Proksch hatte in ihrer aus der Sprandel-Schule hervorgegangenen, nicht sonderlich befriedigenden Studie über die Geschichtsschreibung der Klosterreform 1994 (siehe meine Rezension 1997, in der ich ohne Namensnennung bereits auf Uffmanns Dissertationsvorhaben verwies) die Sicht der Nonnen ignoriert. 2002 erschien dann von Charlotte Woodford ein Buch über die frühneuzeitliche Historiographie deutscher Klosterfrauen (Vorschau Google Books). Offenbar nicht mehr verwertet werden konnte von Uffmann die 2004 publizierte Monographie von Anne Winston-Allen: Convent Chronicles.
Women Writing About Women and Reform in the Late Middle Ages (Vorschau Google Books).

Bevor sich Uffmann an die Textinterpretation macht, behandelt sie in vier Kapiteln wichtige Rahmenbedingungen. Der Überblick über die spätmittelalterlichen Klosterreformen (S. 40-61) ist nicht zuletzt durch die kleine Fallstudie über die Bursfelder Benediktinerinnen wertvoll. Anschließend zeigt sie, wie zwei männliche Wortführer der Klosterreform, der Windesheimer Augustinerchorherr Johannes Busch (ca. 1400-1480) und der oberservante Dominikaner Johannes Meyer (1422-1485) reformierte Frauenklöster sahen (S. 62-76).

Einen beachtlichen und quellennahen Beitrag zum Bildungsstand in den Frauenklöstern leistet das Kapitel "Die Ausbildung der Chronistinnen in der Klosterschule" (S. 77-98).

Nach einem Abschnitt zur klösterlichen Historiographie (S. 99-122) interpretiert Uffmann im langen Hauptkapitel (S. 123-253) die schwerpunktmäßig behandelten Aufzeichnungen. Es sind dies Berichte, die "im heutigen Niedersachsen in den Benediktinerinnenklöstern Ebstorf und Lüne, in dem Wienhausener Zisterzienserinnenkloster und in dem Konvent der Augustinerchorfrauen in Heiningen entstanden. Am Mittelrhein schrieben die Franziskanerterziarinnen in Besselich. Im Süd-Westen des deutschsprachigen Raumes brachten Nonnen in den beiden Dominikanerinnenklöstern Kirchheim unter Teck und St. Katharina in St. Gallen ihre Konventsgeschichten zu Papier" (S. 123).

Besonders aufschlussreich sind die Interpretationen zu den bisher ungedruckten und/oder kaum bekannten Quellen. Da ist das von Uffmann erstmals umfangreich behandelte grandiose Konventbuch des Klosters Besselich bei Koblenz, das in der Außenstelle Rommersdorf des Landeshauptarchivs Koblenz verwahrt wird (Depositum Barton genannt Stedman), eine außerordentlich faszinierende Quelle, wie ich aus eigener Anschauung weiß. Die umfangreiche Schrift der Magdalena Kremer zur Reform des Dominikanerinnenklosters Kirchheim unter Teck liegt nur in einem unzulänglichen alten Druck von Sattler 1777 vor. 2009 wurden die Chronik und das sogenannte Schwesternbuch des Katharinenklosters St. Gallen aus dem Klosterarchiv von St. Katharina in Wil online zugänglich gemacht, was eine Überprüfung der Ausführungen von Uffmann erlaubt:

http://www.e-codices.unifr.ch/de/list/kaw/signature/50/0

Es wäre zu wünschen, dass auch die anderen Nonnenchroniken digitalisiert und ins Internet gestellt würden.

Für die Alltagsgeschichte der Frauenklöster fällt viel Material ab, denn man wird von Uffmann ausführlich über Liturgiefragen und die Durchsetzung der Klausur sowie deren Implikationen für die Kommunikation mit Laien unterrichtet.

Als bemerkenswertes Detail möchte ich die Befunde zu den Buchvernichtungen im Verlauf der Reformen, die vor allem vorreformatorische Liturgica betrafen (S. 103f., 198), hervorheben.

Um zu zeigen, wie sich eine Chronistin in der Reformationszeit mit der Klosterreform auseinandersetzt, schließt Uffmann ein Kapitel über die zwischen 1533 und 1560 entstandenen Chroniken der Anna Roede, Benediktinerin im westfälischen Herzebrock, an (S. 254-284).

Überzeugend stellt Uffmann heraus, dass es nicht angeht, wie Proksch von "der" Reformchronistik als "antithetisch strukturierter" Gattung zu sprechen (S. 287): "Viel entschiedener als das bisher geschehen ist, muss der geschlechtsspezifischen Differenzierung in der künftigen Klosterreformforschung Rechnung getragen werden" (S. 313). Die Nonnen neigten sehr viel weniger zur "Schwarzweißmalerei" als die Mönche.

Den sehr knappen Ausblick auf die Reformationszeit (S. 320-322) ergänzt die heuristisch bedeutsame quellenkundliche Zusammenstellung des Anhangs (S. 325-343), die nicht nur die von Uffmann ermittelten Quellen der Klosterreformzeit 1400-1525 mit Angaben zu Überlieferung, Edition, Inhalt usw. kurz charakterisiert, sondern auch eine Fortführung bis 1555 enthält.

Unverzichtbar ist bei einer so materialreichen und gehaltvollen Arbeit ein Register. Es fehlt leider. Von kleineren Nachlässigkeiten ist kein Aufhebens zu machen.



Graf, Klaus. Chronistik in Frauenklöstern. Archivalia. 2009-08-23. URL:https://archiv.twoday.net/stories/5892949/. Accessed: 2009-08-23. (Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/5jFHExCEd)
 

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