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Derzeit werden letzte Arbeiten am Löffinger Demetriusbrunnen vorgenommen.

http://www.suedkurier.de/region/schwarzwald-baar-heuberg/loeffingen/Letzte-Arbeiten-am-Demetriusbrunnen;art372525,7108173

Heimatforscher Rudolf Gwinner recherchierte zum Stadtpatron der Baar-Kommune.

Etwas ausführlicher:
http://www.suedkurier.de/region/schwarzwald-baar-heuberg/loeffingen/Loeffingen-Malermeister-Karl-Sibold-ruft-Schutzpatron-Demetrius-in-das-Gedaechtnis;art372525,7019109

"1725 brachte der Neuenburger Eremit Georg Beck die Reliquien des heiligen Demetrius nach Löffingen. Der Löffinger Pfarrer Max Bosch hat auf eigene Kosten den Transport des Demetrius veranlasst. Der Leichnam des Märtyrers wurde in der Stadtkirche unterhalb des Josefs- Altars begraben. Im Jahr 1727 bekam Löffingen die Erlaubnis, das Fest des Demetrius am 21. November zu begehen."

Demetrius gehört also zu jenen Stadtpatronen, die Katakombenheilige waren.

Abbildung des Löffinger Schreins und weiterer Schreine mit Katakombenheiligen:

http://prospesalutis.blogspot.de/2013/07/von-den-katakombenheiligen.html

Wie üblich neigt man dazu, die eher peinlichen Umstände des frühneuzeitlichen Handels mit diesen "getauften Heiligen" zu vertuschen, also Gebeinen, die man in Katakomben aufgefunden hat (da dort nicht nur Christen bestattet wurden, konnten das auch Bordellwirte oder Prostituierte sein) und denen man dann fromme Namen gab, um sie als "Heiligenreliquien" vor allem im 17./18. Jahrhundert in Länder nördlich der Alpen zu exportieren.

https://de.wikipedia.org/wiki/Katakombenheiliger

Demetrius in Löffingen hat also nichts mit dem griechischen Großmärtyrer zu tun, wie das auf

http://www.loeffingen.de/index.php?id=114

steht und auch die Kategorie

https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Saint_Demetrius

voraussetzt. Offenbar hat der später so kundige Praefcke den Fehler begangen.

Im Juli 1996 recherchierte ich nach dem Löffinger Stadtpatron und erhielt auch eine Auskunft aus dem Bürgermeisteramt Löffingen von einem Herrn Straetker am 9. Juli 1996 samt Kopien aus dem Südkurier vom 14. Oktober 1994 "Löffingen hat einen Heiligen" von fp) und der Bachheimer Chronik von Emil Ketterer.

Bei der nicht näher bezeichneten Bachheimer Chronik handelt es sich sicher um das Buch "Bachheim" von Karla Scherer/Emil Ketterer (1988):
http://swb.bsz-bw.de/DB=2.1/PPNSET?PPN=061674613&INDEXSET=1

Ebenso wie der Zeitungsartikel (künftig: Artikel), der sich auf eine Mitteilung des Heimatforschers Ketterer (mit falschem Vornamen: Erwin) stützte, gibt es keine Einzelnachweise.

Nach der Chronik S. 308 erhielt der Dekan und Pfarrer Marcus Bosch 1725 nach mehrjährigem Ansuchen und unter Beihilfe eines päpstlichen "Officienten" (Artikel: zehnjährige Verhandlungen mit einem Wachtmeister der päpstlichen Garde) den Leib des hl. Demetrius in pace. Durch den Einsiedler Jerg von der Antons-Kapelle in der Burg (Artikel: Georg Beck geboren 1680 in Neuenburg, er hatte 1709/18 in Rom gelebt) ließ er die Reliquien in Rom abholen. Am 21. November 1725 traf der Heilige in Löffingen ein. Wie üblich wurden die Gebeine mit Silber, Gold, Samt, Seide und Edelsteinen verziert und am 21. Wintermonat 1725 auf einem neu errichteten Altar der Pfarrkirche zur öffentlichen Verehrung ausgestellt "und allgemein von den benachbarten Orten eifrig besucht" (wörtlich zitierte Quelle in der Chronik). Noch im selben Monat schrieb der Löffinger Pfarrherr an den in Wien sich aufhaltenden Fürsten Froben Ferdinand zu Fürstenberg, ihm seien zwar Kosten von 240 Gulden entstanden, "aber es reut mich nit, denn es ist ein großer Schatz". Über Demetrius - und dies ist wichtig - heißt es:

wir haben ihn einhellig zu unserem Kirch-, Stadt- und Landspatron erwählt.

Der 21. November 1725 ist wohl die Auflösung des Datums 21. Wintermond, unter dem man mit Vorliebe den November verstand:

http://www.manuscripta-mediaevalia.de/gaeste/grotefend/g_w.htm

Am 5. Mai 1726 fand das feierliche Translationsfest statt, auf dem Bosch auf dem "mitten in der Kirch unter dem Chorbogen" errichteten Altar die erste heilige Messe las. Am 21. Wintermonat 1777 erfolgte die Übertragung in eine neue Ruhestätte, den von dem Pfarrer Johann Christian Sartorius finanzierten Josefsaltar. Ein längeres Quellenzitat in der Chronik S. 309 erläutert die näheren Umstände der gut besuchten Feier mit festlicher Prozession.

Von zahlreichen Wundern ab 1726 weiß der Artikel, der auf einen Kupferstich hinweist, der als Wallfahrts-Einladung entstanden sei. Ketterer fand ihn im Löffinger Pfarrarchiv. Ein weiteres Exemplar gehörte 1994 dem Hüfinger Arzt Fritz Robl. Der mit einer historischen Stadtansicht geschmückte, im Artikel reproduzierte Kupferstich sei 1725 anlässlich der Überführung der Gebeine entstanden.

Gelegentlich hat man im 18. Jahrhundert Kinder in und um Löffingen auf den Namen Demetrius getauft, z.B. 1752 in Rötenbach.

http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/1447/pdf/Geigenmacher_im_Hochschwarzwald.pdf
https://www.google.de/search?q=l%C3%B6ffingen+demetrius&tbm=bks

Nach dem fürstenbergischen Staatskalender 1779 war Demetrius Burger Scheuermeister in Bachheim (ZWLG 2002, S. 263). Mehrere Belege zum 18. Jh.
http://books.google.de/books?id=9Q9oAAAAMAAJ&q=demetrius (sowie ein Demetrius Lutz).

Wesentlich mehr Belege findet man, wenn man nach der häufigeren Namensform Demeter recherchiert, z.B. nach Demeter in Verbindung mit Löffingen in

http://gedbas.genealogy.net/search/simple

Was bedeutet die Quellenaussage, man habe Demetrius zum Kirchen-, Stadt- und Landespatron erwählt?

Zunächst einmal: Es gab so etwas wie eine Wahl. Zu entsprechenden Formalitäten siehe meinen Aufsatz zu Maria als Stadtpatronin

http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/373/

Man wird sie sich als Akklamation vorstellen müssen, wobei man sich sicher im Vorfeld mit dem fürstenbergischen Landesherrn abgestimmt hat. Etwa nach dem Motto: "Wenn ihr wollt, dass euer neuer Schutzpatron Demetrius Kirchen-, Stadt- und Landespatron wird, so ruft laut: Amen".

Zu verstehen ist die Formulierung Kirchen-, Stadt- und Landespatron als: EINER der Kirchen, Stadt- und Landespatrone, während heute Demetrius als DER Stadtpatron Löffingens gilt.

Die katholische Pfarrkirche St. Michael behielt ja ihren Hauptpatron Michael, Demetrius trat lediglich als Copatron hinzu. Ob es im 18. Jahrhundert weitere Löffinger Stadtpatrone und fürstenbergische Landespatrone gab, ist mir nicht bekannt.

Mit der feierlichen Installierung der Verehrung der Reliquie eines Katakombenheiligen trat in damaligem Verständnis ein neuer Schutzpatron zu den bestehenden Patronen des Gemeinwesens und der Pfarrei hinzu. Man hat daher wohl öfter, als es in den Quellen bezeugt ist (einen statistischen Überblick ermöglicht allenfalls die Arbeit von Hansjakob Achermann für die Schweiz), die Katakombenheiligen auch als neue Kirchen-, Orts/Stadt- bzw. Landespatrone ausgerufen. Der Kult blieb aber meist lokal begrenzt und hat nur sehr selten dazu geführt, dass man den Heiligen kontinuierlich explizit als Stadtpatron verehrt hat.

Zu Stadtpatronen in Archivalia:
http://archiv.twoday.net/search?q=stadtpatron

Zu Katakombenheiligen als Stadtpatronen
http://archiv.twoday.net/search?q=katakombenheilige

#forschung

Foto des Demetriusbrunnens von Andreas Praefcke. https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/deed.de

Kupferstich 1725
ladislaus (Gast) meinte am 2014/07/19 20:30:
Der Commons-Kategorisator hat sich damals einfach schlichtweg gar nichts dabei gedacht und sich gefreut, dass "Saint Demetrius" als Kategorie existierte... Inzwischen hat er eine Kategorie "Saint Demetrius of Rome" angelegt und in die ebenfalls vor Urzeiten von ihm angelegte Kategorie "Catacomb saints" einsortiert. 
 

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