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http://www.ub.uni-dortmund.de/listen/inetbib/date1.html

Unter dem Betreff "Hallo? Jemand zu Hause?" diskutiert man in INETBIB die Entscheidung, "IWP" nicht Open Access bereitzustellen.

Lambert Heller zählte viele überzeugende Argumente für Open Access auf:

es geht nicht nur darum, in der "Nähe" eines physischen Exemplars
eines Journals zu sein. Ein paar Beispiele.

a) Sie wollen herausfinden, wie oft in Artikeln der zehn
bibliothekarischen Top-Journals nach Grazia Colonia in den letzten
zehn Jahren der Begriff "Open Access" verwendet wurde, und wie oft die
Begriffe "Bibliometrie" oder "Szientometrie", "Benutzerforschung",
"Digitalisierung" und "verwaiste Werke" verwendet worden sind, jeweils
in Korrelation mit "Open Access", und das alles im zeitlichen Verlauf.

b) Sie wollen einfach mal sehen, welche Artikel auf IWP, BFuP und ZfBB
in den letzten zwölf Monaten am häufigsten gelesen worden sind.

c) Sie wollen einen längeren Absatz aus einem zwei Monate alten
IWP-Artikel in einem Blogposting wiedergeben, weil darin ein
Sachverhalt, den sie in einem öffentlichen Workshop behandeln, sehr
gut erklärt wird. D.h., sie machen selbstverständlich eine
Quellenangabe, aber lassen die Passage unkommentiert für sich sprechen
(also kein Zitat im Sinne der Rechtssprechung), und sie wenden sich an
ein prinzipiell unbeschränktes Publikum (also kein Fall für
Schrankenregelung im Urheberrecht).

d) Sie finden ein veröffentlichtes Thesenpapier eines Kollegen und
schlagen ihm vor, das Thesenpapier in einer geringfügig überarbeiteten
Fassung (eine These umgeschrieben, eine weitere hinzugefügt), online
erneut zu veröffentlichen.

e) Sie haben vor kurzem ihr Studium abgeschlossen, arbeiten nun für
ein Unternehmen und müssen bis morgen einen Förderantrag zuende
geschrieben haben. Sie erinnern sich an einen Aufsatz in einem
Online-Journal aus Ihrer Studienzeit, der wichtige Informationen über
das Thema enthält. Ihre Unibibliothek hat das Journal nicht in
gedruckter Form, vielleicht gibt es das Journal nicht mal gedruckt.
Ihr Benutzerkonto ist herabgestuft von "Mitglied der Bibliothek" auf
"Lokalbenutzer".

f) Sie führen eine angeregte Diskussion in einem offenen Online-Forum
(z.B. einer Mailingliste wie Inetbib). Gerade eben erst ist in einem
Online-Journal ein Artikel erschienen, der ihr Argument wunderbar mit
aktuellen Zahlen aus einer empirischen Untersuchung unterstützt. Sie
möchten auf den Artikel verlinken, damit alle Diskussionsteilnehmer
(worunter mehrere keine Mitgliedschaft in einer Hochschule mit gut
ausgestatteter Bibliothek haben) sich rasch ein Bild von diesen Zahlen
machen, und die Diskussion vielleicht sogar noch am gleichen Abend
fortsetzen können.

Diese Liste ließe sich fortsetzen. Übrigens ist keines der genannten
Beispiele "erfunden", in Sinne von: Das alles ist mir so oder ähnlich
selbst passiert, oder ich habe als Bibliothekar erlebt, wie es meinen
BenutzerInnen passiert ist.

Es ist ganz einfach: Bei jedem der oben skizzierten Nutzungs-Szenarien sind sie ohne Open Access (oder bewußt in Kauf genommene Urheberrechtsverletzungen) aufgeschmissen.

Zu jedem dieser Szenarien könnten Sie nun sagen: So etwas passiert mir nicht, oder nur in seltenen Ausnahmefällen.

Nur wenn Sie Wissenschaftler in einer ganz bestimmten Disziplin sind, dann gilt dieser relativierende Einwand allerdings nie. Nämlich für die Informationswissenschaft.

InformationswissenschaftlerInnen, wenn dieser Begriff überhaupt noch eine Bedeutung haben soll, müßten Experten dafür sein, wie (unter anderem) Wissenschaftler mit Informationen umgehen. Sie müßten eine feine Nase dafür haben, wie genau im Laufe weniger Jahre neue Werkzeuge und Srategien des Arbeitens mit Informationen entstanden sind. (Stichwort "Internet".) Sie müßten ein Gespür dafür haben, daß wir erst am Anfang einer umfassenden Medienrevolution stehen. Sie müßten die Neugier und den Mut haben, neue Wege zu beschreiten, Dinge auszuprobieren, um auf Grundlage dieser Erfahrungen Dritten ebensolche Wege aufzeigen zu können.

Momentan merke ich von alledem wenig in DE, von positiven Ausnahmen wie http://www.dgd.de/CfP2012DGI-Konferenz.aspx einmal abgesehen. Was "Open Science" ist, also ein Konzept des netzoffenen wissenschaftlichen Arbeitens, das sogar noch über bloßen "Open Access" für Endergebnisse hinausgeht, läßt sich Zeit Online von einem Mathematiker (!), Christian Spannagel, erklären
( http://www.zeit.de/wissen/2012-05/open-science - übrigens
lesenswert).

Dieser Dornröschenschlaf der Informationswissenschaft in DE ist direkt ablesbar an der Selbstverständlichkeit, mit der unterstellt wird, dasRenommee des Journals der eigenen Disziplin bemesse sich am Markennamen des Verlags. Dazu hat Herr Hilf schon das nötige gesagt.

Viele Grüße,
Lambert Heller


Ergänzend:


- Open Access foerdert interdisziplinaeres Arbeiten, da die
erhoehte Sichtbarkeit und der bequeme Zugang es auch
Fachfremden ermoeglicht, die in OA-Zeitschriften
niedergelegten Erkenntnisse zu rezipieren.

- Open Access ermoeglicht sprachenuebergreifendes Arbeiten.
So sind deutschsprachige Organe ausserhalb des deutschen
Sprachraums oft nur muehsam zu beschaffen.

- Open Access betrifft meistens nicht das "Ob", sondern das
"Wie" des Informationszugangs. So gut wie jede
wissenschaftliche Publikation laesst sich mit
entsprechendem Zeit- oder Geldaufwand besorgen. Aber
welcher Aufwand ist "zumutbar"? Die entsprechenden
materiellen und immateriellen Recherchekosten koennen bei
OA-Publikationen vernachlaessigt werden.
 

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