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Archivrecht

Präsentation von Ellen Euler:

http://de.slideshare.net/eeuler/umgang-mit-verwaisten-vergriffenen-werken-in-der-praxis

http://www.theglobeandmail.com/news/world/anne-franks-diary-in-a-copyright-law-paradox-70-years-after-her-death/article27244584/

Nach deutschem Recht ist es eindeutig: Am 1. Januar 2016 werden die urheberrechtlich geschützten Werke von Anne Frank gemeinfrei. Der Text der kritischen Edition von 1986 war nach § 71 UrhG nur 25 Jahre geschützt, also bis 2011.

Update:
http://www.nytimes.com/2015/11/14/books/anne-frank-has-a-co-as-diary-gains-co-author-in-legal-move.html?_r=1

http://www.univie.ac.at/voeb/blog/?p=38704

Heute in meinem Mail-Eingang:

"wie mit Herrn Dr. [...] vereinbart, können wir Ihnen das Digitalisat der Schrift „Kloster Adelberg“ von Max Müller noch in diesem Jahr zur Verfügung stellen. Da die Schrift erst 2016 gemeinfrei wird und vorher nicht online gestellt werden darf, bitten wir um eine kurze Erklärung Ihrerseits (bitte auf brieflichem Wege, mit Unterschrift), dass Sie das Digitalisat bis zum Ablauf dieser Frist ausschließlich zu privaten Zwecken nutzen und erst danach in das Projekt Wikisource einbinden werden."

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/vg-wort-eugh-urteil-betrifft-auch-einen-fall-in-deutschland-a-1062574.html

"Jetzt hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) Teile der bisherigen Verteilungspraxis von Verwertungsgesellschaften für rechtswidrig erklärt: Laut Richterspruch haben Verwerter - also hauptsächlich Verlage - nicht unbedingt einen Anspruch darauf, an den Ausschüttungen der Gesellschaften beteiligt zu werden.

Das Urteil des EuGH bezieht sich auf ein Musterverfahren in Belgien, das unter dem Namen Hewlett Packard vs. Reprobel läuft. Die Richter entschieden darin unter anderem über die Frage, ob Verleger an dem Ausgleich für private Vervielfältigungen beteiligt werden dürfen, der nach einer europäischen Richtlinie vorgesehen ist - "ohne dass die Verleger verpflichtet sind, die Urheber auch nur indirekt" an diesem Ausgleich zu beteiligen.
In Punkt 49 des Urteils schreibt der EuGH, dass bestimmte Artikel der genannten Richtlinie (2001/29) der Regelung entgegenstehen, "einen Teil des den Rechtsinhabern zustehenden gerechten Ausgleichs den Verlegern der von den Urhebern geschaffenen Werke zu gewähren, ohne dass die Verleger verpflichtet sind, die Urheber auch nur indirekt in den Genuss des ihnen vorenthaltenen Teils des Ausgleichs kommen zu lassen.""

Siehe auch
http://archiv.twoday.net/stories/1022413259/

http://the1709blog.blogspot.de/2015/11/reprobel-and-fair-compensation-cjeu.html (englisch)

"Ziel dieses von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projektes ist es, Rechtsprofessorinnen und Rechtsprofessoren an Universitäten und Hochschulen die Möglichkeit einzuräumen, wissenschaftliche Spezialpublikationen aus dem Bestand der Staatsbibliothek zu Berlin, die vor Ort nicht zugänglich sind, direkt beim Fachinformationsdienst Recht zu exklusiven Sonderkonditionen zu entleihen."

Ein Skandal!

http://blog.sbb.berlin/direkter-leihverkehrsservice-des-fid-rechts-geht-an-den-start/

http://dx.doi.org/10.17176/20151111-190738

"Dieser Vorab-Auszug aus dem Buch "Bibliotheksurheberrecht" (Katja Bartlakowski, Eric Steinhauer, Armin Talke) befasst sich mit urheberrechtlichen Schrankenregeln, die im Laufe der Jahre 2014 und 2015 durch die Rechtsprechung neu ausgelegt wurden (der "elektronische Semesterapparat", § 52a UrhG und die "elektronischen Leseplätze", § 52b UrhG) oder neu in Kraft getreten sind (Regelungen über verwaiste (61ff UrhG) und vergriffene (§ 13d ff. UrhWG) Werke."

Praxisnah, aber ohne hinreichende Tiefe.

Als jura-examensrelevante Entscheidung wird die BGH-Entscheidung zur Namensnennung einer Schülerin in Ursula Sarrazins Buch "Hexenjagd" gewertet von:

http://www.juraexamen.info/bgh-hexenjagd-mein-schuldienst-in-berlin-als-persoenlichkeitsrechtsverletzung-einer-schuelerin/

Volltext:
https://openjur.de/u/860690.html

Liest sich das so:

https://openjur.de/u/647240.html ( bzw. http://dejure.org/2013,26145 )

Und wenn sie sich zum Büttel von Intransparenz im Hochschulbereich machen so:

https://openjur.de/u/849506.html (bzw. http://dejure.org/2015,21573 )

Kann die Berufung auf das Urheberrecht (UrhG) gesetzliche Einsichtsrechte der BürgerInnen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) oder anderen Vorschriften (einschließlich der Archivgesetze) aushebeln?

Das Thema hat mich hier des öfteren beschäftigt. Ich gebe unten eine Liste der über 25 einschlägigen Beiträge, die hoffentlich alle relevanten Urteile nannten, manchmal aber auch Hinweise zum Schrifttum gaben und vor allem durch eine Sammlung von Äußerungen in Tätigkeitsberichten der Informationsfreiheitsbeauftragten von Nutzen sein mögen.

Mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juni 2015 zum Zugang zu Ausarbeitungen des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages (BVerwG 7 C 1.14) liegt nun eine gewichtige höchstrichterliche Äußerung vor.

http://www.bverwg.de/entscheidungen/entscheidung.php?ent=250615U7C1.14.0
http://dejure.org/2015,14911

Das Gericht gewährte den von der Vorinstanz (aber vom VG Berlin als Erstinstanz zugesprochenen) Informationszugang, der insbesondere aus urheberrechtlichen Gründen verweigert worden war.

Die Ausarbeitungen sah das Gericht als urheberrechtlich geschützt an: "Aufgrund der Darlegungen der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren spricht viel dafür, dass jedenfalls die Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste als Sprachwerke urheberrechtlich nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG geschützt sind, da ihnen bezüglich ihrer Form und Gestaltung die erforderliche "Schöpfungshöhe" (§ 2 Abs. 2 UrhG) - gegebenenfalls in der hier ausreichenden "kleinen Münze" - zukommen dürfte. Dies bedarf indessen keiner abschließenden Klärung".

Es handle sich nicht um amtliche Werke nach § 5 UrhG - eine bedauerliche Entscheidung, aber auf der Linie der in diesem Punkt zu restriktiven Rechtsprechung.

Siehe auch meine Urheberrechtsfibel (2009):

http://ebooks.contumax.de/02-urheberrechtsfibel.pdf

"Es fehlt bereits an der Veröffentlichung im Sinne von § 6 Abs. 1 UrhG. Danach ist ein Werk veröffentlicht, wenn es mit Zustimmung des Berechtigten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht ist. Mit der Übergabe an den auftraggebenden Abgeordneten ist die Zuarbeit nicht der Öffentlichkeit als einem nicht von vornherein bestimmt abgegrenzten Personenkreis zugänglich gemacht. Zwar liegt es nicht fern, dass nicht allein der Abgeordnete, sondern darüber hinaus etwa seine Mitarbeiter und sonstige Vertraute hiervon Kenntnis nehmen. Von einem unbestimmt weiten Personenkreis kann aber nicht ausgegangen werden; nicht jedermann kann theoretisch von den Werken Kenntnis nehmen (vgl. A. Nordemann, in: Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl. 2014, § 6 Rn. 10)."

Dann wird es interessant:

"Auch wenn die Zuarbeiten und die Übersetzung hiernach am Schutz des Urheberrechts teilhaben sollten, wird durch einen Informationszugang das (Erst-)Veröffentlichungsrecht nach § 12 UrhG nicht verletzt."

Dies begründet das Gericht so:

"aa) Ein Eingriff in das Veröffentlichungsrecht scheidet allerdings nicht bereits deswegen aus, weil es durch die Übergabe der Ausarbeitung an den auftraggebenden Abgeordneten bereits erschöpft wäre. Denn darin liegt - wie oben ausgeführt - keine Veröffentlichung im Sinne von § 6 Abs. 1 UrhG."

Siehe das Zitat oben.

"bb) Eine Verletzung des § 12 UrhG scheitert auch nicht daran, dass die Gewährung des Informationszugangs auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes die Voraussetzungen einer Veröffentlichung nicht erfüllte. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann nicht darauf abgestellt werden, dass jeweils nur dem Kläger Zugang zu den Werken gewährt werden soll. Damit würde zu Unrecht ausgeblendet, dass der voraussetzungslose Anspruch nach § 1 Abs. 1 IFG von jedermann geltend gemacht werden kann und das Werk vor diesem Hintergrund der Sache nach dem Zugriff der Öffentlichkeit ausgesetzt ist (Ramsauer, AnwBl 2013, 410 <415>; Schnabel, K&R 2012, 143 <144>; Heuner/Küpper, JZ 2012, 801 <804 f.>; Rossi, DÖV 2013, 205 <213>; VG Braunschweig, Urteil vom 17. Oktober 2007 - 5 A 188/06 - juris Rn. 25; vgl. zur einheitlichen Auslegung von Versagungsgründen auch BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2009 - 7 C 22.08 - Buchholz 400 IFG Nr. 1 Rn. 24)."

Das ist nun doch bedenklich, denn hier bezieht sich das Gericht auf das verfehlte Braunschweiger Urteil von 2007 (meine Stellungnahme siehe unten).

Der Aufsatz von Ramsauer 2013 ist frei online:

http://anwaltsblatt.anwaltverein.de/de/anwaltsblatt/anwaltsblatt-datenbank?type=juris&query=ramsauer

Er schreibt:

"Zu entscheiden ist weiter, ob eine Behörde, die ein ihr übermitteltes noch unveröffentlichtes Werk einem Antragsteller im Rahmen eines Verfahrens auf Informationszugang nach dem IFG zugänglich macht, damit gegen das Bestimmungsrecht des Urhebers nach § 12 Abs. 1 UrhG verstößt. Das wäre anzunehmen, wenn darin eine Veröffentlichung gesehen werden müsste. Hiergegen könnte sprechen, dass im Rahmen des IFG der Zugang zu derartigen Werken in dem vorgesehenen Verfahren nur einzelnen Anspruchsinhabern gewährt wird und nicht der Allgemeinheit. Dem lässt sich aber entgegen halten, dass es grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob eine Vielzahl von Personen Kenntnis nimmt, sondern dass die Möglichkeit der Kenntnisnahme durch die Öffentlichkeit besteht, auch wenn nur Einzelne davon Gebrauch machen. Die Möglichkeit der Kenntnisnahme wäre aber gegeben, wenn jedermann durch einen bloßen Antrag nach § 7 IFG den Zugang zu dem Werk erhalten könnte. Deshalb wird man davon auszugehen haben, dass mit der Eröffnung des Zugangs im Rahmen eines einzelnen Verfahrens bereits die Veröffentlichung erfolgt."

Schnabel bespricht in K & R 2012 die vorinstanzliche Entscheidung des VG Berlin und kritisiert S. 144 dessen Annahme, es handle sich bei der Freigabe nicht um eine Veröffentlichung:

"Der Begriff der Veröffentlichung in § 12 Abs. 1 UrhG soll dem in § 6 Abs. 1 UrhG entsprechen. Danach ist eine Kenntnisnahme durch eine Mehrzahl von Personen erforderlich, die nicht durch persönliche Beziehungen miteinander verbunden sind. Da der Anspruch nach dem IFG jedermann zusteht, ist die Zahl der Antragsteller theoretisch unbegrenzt, auch eine persönliche Verbundenheit der Antragsteller ist nicht erforderlich. Die Behörde und das Gericht könnten wohl kaum ab einer bestimmten Zahl von Anträgen von einer Veröffentlichung ausgehen und von da ab weitere Anträge ablehnen. Dies führt aber dazu, dass theoretisch die gesamte Bevölkerung Deutschlands von dem Werk Kenntnis nehmen kann, es nach Ansicht des Gerichts aber noch nicht veröffentlicht ist." Er verweist auf den § 45 UrhG, den das Gericht nicht geprüft habe (und den auch das BVerwG übergeht).

Zurück zur Entscheidung!

Sind Behördenmitarbeiter Urheber, so kann die Behörde das Urheberrecht dem Antragsteller nicht entgegenhalten - in der Regel.

"cc) Das Veröffentlichungsrecht steht dem Informationszugang aber deswegen nicht entgegen, weil die Ausübung dieses Rechts der Verwaltung des Deutschen Bundestages überlassen worden ist und diese von ihren daraus folgenden Befugnissen nur unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes Gebrauch machen darf. Obwohl in § 6 Satz 1 IFG - anders als in § 6 Satz 2 IFG - nicht ausdrücklich geregelt, bewirkt die Einwilligung, dass der Schutz des geistigen Eigentums dem Informationszugang nicht entgegensteht (Schoch, IFG, 2009, § 6 Rn. 39). Jedenfalls soweit nicht Urheberrechte außenstehender Dritter betroffen sind, ist es der Behörde in aller Regel versagt, ein bestehendes urheberrechtliches Schutzrecht gegen Informationszugangsansprüche zu wenden (vgl. dazu Ramsauer, AnwBl 2013, 410 <414 f.>; Schnabel, K&R 2011, 626 <629>; ders., K&R 2012, 143 <144>; Heuner/Küpper, JZ 2012, 801 <805>; Wiebe/Ahnefeld, CR 2015, 127 <129 f.>; Dreier, in: ders./Schulze, UrhG, 4. Aufl. 2013, Einl. Rn. 41b; J.B. Nordemann, in: Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl. 2014, § 5 Rn. 46; weitergehend Raue, JZ 2013, 280 <285 f.>)."

Also hinsichtlich der entscheidenden Frage, wie es mit Werken Dritter steht, keine Klärung!

Der Dienstherr kann über die erforderlichen Rechte verfügen. Es sei "davon auszugehen, dass ein Beamter, der in Erfüllung seiner Dienstpflichten ein Werk geschaffen hat, seinem Dienstherrn stillschweigend sämtliche Nutzungsrechte einräumt, die dieser zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt (BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 209/07 - BauR 2011, 878)."

Die BGH-Entscheidung betraf eine Lärmschutzwand:

http://archiv.twoday.net/stories/8470189/

Weiter das BVerwG: "Hiernach beschränkt sich die Einräumung von Nutzungsrechten an den von den Mitarbeitern der Wissenschaftlichen Dienste erstellten Ausarbeitungen nicht darauf, diese dem auftraggebenden Abgeordneten zur Verfügung zu stellen. Vielmehr gehört zur behördlichen Aufgabenerfüllung auch die Gewährung von Zugangsansprüchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz; insoweit hat sich die Zwecksetzung durch den Erlass dieses Gesetzes erweitert (für eine umfängliche Übertragung von Nutzungsrechten auch bezüglich externer Gutachten siehe VG Berlin, Urteil vom 21. Oktober 2010 - 2 K 89/09 - juris Rn. 38 f. und VG Köln, Urteil vom 22. November 2012 - 13 K 5281/11 - juris Rn. 45; so wohl auch Schoch, IFG, 2009, § 6 Rn. 36)."

VG Berlin:
http://dejure.org/2010,18293

VG Köln
http://dejure.org/2012,40129

Zitat aus dem Kölner Urteil: "Es kann hier dahinstehen, ob es sich bei dem streitbefangenen Gutachten um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handelt. Denn jedenfalls erscheint ausgeschlossen, dass Rechte seines Verfassers verletzt werden, wenn der Kläger Kenntnis von seinem Inhalt erlangt. Denn bei Gutachten, die - wie hier - im Auftrag einer Behörde durch Private - gegen Entgelt - erstellt werden, erfasst das der Behörde als Auftraggeber eingeräumte Nutzungsrecht zur behördlichen Aufgabenerfüllung auch das Recht der Behörde zur Informationserteilung nach dem IFG, vgl. Berger in: Berger/Roth/Scheel, IFG, § 6 Rdn. 11; VG Frankfurt, Urteil vom 12. März 2008 - 7 E 5426/06 -, juris, Rdn. 56; VG Berlin, Urteil vom 21. Oktober 2010 - 2 K 89.09 - (mit eingehender Begründung), juris."

Zum Frankfurter Urteil siehe unten!

Nun weiter im Text des BVerwG-Urteils:

"Der - vorbehaltlich einer Einwilligung - absolute und jeglicher Abwägungsentscheidung entzogene Schutz der dem Urheber zustehenden Rechtsposition trägt insbesondere im Hinblick auf vermögenswerte Ergebnisse einer schöpferischen Leistung dem Grundrecht des Urhebers aus Art. 14 Abs. 1 GG Rechnung (BT-Drs. 15/4493 S. 14; BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2011 - 1 BvR 1916/99 - BVerfGE 129, 78 <101>). Demgegenüber kann die Beklagte über die Ausübung der ihr einfachgesetzlich eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte nicht in grundrechtlicher Freiheit entscheiden. Sie muss vielmehr angesichts ihrer Rechtsbindung gegenläufigen gesetzlichen Zielvorstellungen und daraus folgenden rechtlichen Verpflichtungen Rechnung tragen; ein genereller Vorrang eines der Behörde zugewiesenen Urheberrechts folgt aus § 6 Satz 1 IFG demnach nicht. Entgegen der Befürchtung der Beklagten läuft die Vorschrift bei diesem Normverständnis, das das Urheberrecht Dritter unberührt lässt, nicht leer. Des Weiteren bedarf hier keiner Entscheidung, in welchen Fallgestaltungen die nutzungsberechtigte Behörde insbesondere wegen der Eigenart des geschützten Werks ein anerkennenswertes Interesse am Schutz des Urheberrechts geltend machen kann; das mag insbesondere dann in Erwägung zu ziehen sein, wenn das Urheberrecht wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeiten eröffnet (siehe den Hinweis auf das Markenrecht in BT-Drs. 15/4493 S. 14). Solche Besonderheiten sind jedenfalls bei den in Rede stehenden "Gebrauchstexten" nicht ersichtlich, so dass der Informationszugang Vorrang haben muss. Das Veröffentlichungsrecht nach § 12 UrhG kann dem Informationsbegehren somit nicht entgegengehalten werden." (Hervorhebung von mir).

Die Behörde ist also in der Regel zu einer IFG-freundlichen Auslegung gezwungen, nur ausnahmsweise - das Gericht denkt an eine Kommerzialisierung - kann die Behörde mit Berufung auf eigene Urheberrechte Anträge abschlägig bescheiden.

Eine Auseinandersetzung mit § 45 UrhG (siehe unten) lässt das Gericht vermissen. Ebenso fehlt ein Hinweis auf das IWG (siehe unten), das ja klarstellt, dass an Urheberrechten des Staats Einsichtsrechte nicht scheitern dürfen.

Das Gericht eiert herum statt klar zu sagen: Urheberrechts des Staats dürfen IFG-Anträgen nicht entgegengehalten werden.

"Die bloße Einsichtnahme in das Werk berührt die urheberrechtlichen Verwertungsrechte von vornherein nicht (Schoch, IFG, 2009, § 7 Rn. 91; Ramsauer, AnwBl 2013, 410 <416>). Das Anfertigen von Kopien als Vervielfältigung ist zwar gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG als Ausschließlichkeitsrecht dem Urheber vorbehalten. Abgesehen davon, dass dies nach Maßgabe des § 53 UrhG zum privaten Gebrauch ohnehin möglich ist, hat die Behörde aber auch insoweit den Vorgaben des Informationsfreiheitsgesetzes Rechnung zu tragen (§ 7 Abs. 4 Satz 1 IFG). Denn bei der tatsächlichen Gewährung des Informationszugangs kann sich die Beklagte, wie oben ausgeführt, ebenso wenig auf einen Vorrang des Urheberrechts (§ 7 Abs. 4 Satz 2 IFG) berufen. Ferner steht ein Eingriff in das Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG) oder weitere Nutzungsrechte hier nicht in Rede."

Bei der bloßen Einsichtsnahme habe ich aus archivrechtlicher Sicht ebenfalls die Ansicht vertreten, die sich jetzt das BVerwG zu eigen macht (siehe unten zu Steinert).

Die entscheidende Hürde ist das Erstveröffentlichungsrecht. Und da bleibt das Urteil unbefriedigend. Die Gerichte werden also weiter umfängliche Nutzungsrechtseinräumungen annehmen müssen, was aber sicher nicht alle möglichen Konstellationen abdeckt.

Der von Ramsauer erwogene Ausweg, die Behörde könne ja Auskunft erteilen statt Einsicht in urheberrechtlich Geschütztes gewähren, ist beispielsweise bei Fotos (immer geschützt) oder grafischen Darstellungen (fast immer geschützt) gar nicht gangbar.

Der Gesetzgeber hat mit seinem Hinweis auf das geistige Eigentum Murks fabriziert, und der sollte es auch wieder richten, indem er in Sachen Urheberrecht klarstellt, dass dieses nicht dazu dienen darf, Einsichtsrechte der BürgerInnen ins Leere laufen zu lassen.

***

IFG vs. UrhG - Beiträge in Archivalia

Die folgende Übersicht stellt die jüngsten Beiträge nach oben.

Nächster Streit um Geheim-Dokumente: Bundesregierung zwingt Funke, Afghanistan-Papiere zu löschen
http://archiv.twoday.net/stories/1022464981/
(5. August 2015)

Ausarbeitungen von Wissenschaftlern des Bundestages über die Erforschung von UFOs müssen nach dem Informationsfreiheitsgesetz herausgeben werden
http://archiv.twoday.net/stories/1022452670/
(22. Juni 2015)
Siehe oben!

LfD Sachsen-Anhalt legt III. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit vor
http://archiv.twoday.net/stories/1022437547/
(26. Mai 2015)

Neufassung des Informationsweiterverwendungsgesetzes
http://archiv.twoday.net/stories/1022429948/
(10. Mai 2015)
Hinweis auf das IWG
http://www.gesetze-im-internet.de/iwg/BJNR291300006.html

Steinerts Urheberrechts-Stuss auf der Archivtag-Informationsveranstaltung
http://archiv.twoday.net/stories/1022215610/
(4. Oktober 2014)
Ich begründe dort mit Rückgriff auf weitere (hier nicht berücksichtigte Beiträge) ausführlich meine Auffassung: "Archive dürfen unveröffentlichte verwaiste und nicht-verwaiste, urheberrechtlich geschützte Werke Benutzern vorlegen und im Rahmen der Urheberrechts-Schranken auch für Benutzer kopieren".

Wonnen des IFG - Verwaltungsgericht Köln: Bundesprüfstelle muss Kopie eines vergriffenen Pornofilms herausgeben
http://archiv.twoday.net/stories/1022214885/
(1. Oktober 2014)
Zu
http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=13%20K%204674/13

Informationsfreiheitsbeauftragte: "Urheberrecht dient nicht der Geheimhaltung"
http://archiv.twoday.net/stories/894830856/
(19. Juni 2014)

BfD: 4. Tätigkeitsbericht für Informationsfreiheit
http://archiv.twoday.net/stories/843565749/
(6. Mai 2014)

Heimkinder in der DDR: Archive sollen Unterlagen für archivwürdig erklären
http://archiv.twoday.net/stories/737485973/
(10. April 2014)
IFG vs. UrhG im IFG-Tätigkeitsbericht Brandenburg

Wenn Juristen-Stümper das Urheberrecht nicht kennen
http://archiv.twoday.net/stories/453146905/
(26. August 2013)
Verweigerung von Kopien von Messgeräte-Bedienungsanleitungen in OWiG-Verfahren gegen § 45 UrhG

Der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gilt auch für Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages
http://archiv.twoday.net/stories/55770839/
(3. Dezember 2011)

Geistiges Eigentum als Grenze der Informationsfreiheit
http://archiv.twoday.net/stories/49592531/
(25. Oktober 2011)
Zu Schnabel, K&R 2011

Wissenschaftlicher Dienst des Bundestags schützt Urheberrecht vor
http://archiv.twoday.net/stories/38758490/
(29. August 2011)

Informationsanspruch gegenüber der BaFin nach dem Informationsfreiheitsgesetz
http://archiv.twoday.net/stories/6087772/
(11. Dezember 2009)
Zu VG Frankfurt/Main
https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=7%20E%203280/06

IFG Sachsen-Anhalt und das Urheberrecht
http://archiv.twoday.net/stories/5240918/
(7. Oktober 2008)

Fragwürdiges Urteil des VG Braunschweig
http://archiv.twoday.net/stories/5195574/
(16. September 2008)
Zu
http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=VG%20Braunschweig&Datum=17.10.2007&Aktenzeichen=5%20A%20188/06

Erster Bericht des Bundesbeauftragten für die Informationsfreiheit
http://archiv.twoday.net/stories/4847730/
(8. April 2008)

Berliner Datenschutzbericht 2007
http://archiv.twoday.net/stories/4832320/
(2. April 2008)

Akteneinsicht und Urheberrecht
http://archiv.twoday.net/stories/4649547/
(25. Januar 2008)
Zu Hart, LKV 2007

Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken
http://archiv.twoday.net/stories/4130906/
(2. August 2007)
Auch zum Archivrecht.

Informationsfreiheitsgesetz MV
http://archiv.twoday.net/stories/4103327/
(25. Juli 2007)

Kommentar zum Informationsfreiheitsgesetz
http://archiv.twoday.net/stories/3384469/
(2. März 2007)
Rezension zu: Informationsfreiheitsgesetz : Information – Ihr gutes Recht (2007)

Terra incognita: Der Staat als Inhaber von Urheberrechten
http://archiv.twoday.net/stories/3018048/
(3. Dezember 2006)

Fehlinterpretation des IFG
http://archiv.twoday.net/stories/1946870/
(11. Mai 2006)
Zu dem vom VG Braunschweig (siehe oben) entschiedenen Fall.

Informationsfreiheitsgesetz (Aktensammelstelle)
http://archiv.twoday.net/stories/1666772/
(7. März 2006)

17. Datenschutzbericht NRW 2005
http://archiv.twoday.net/stories/587059/
(23. März 2005)

Nachdem der deGruyter-Verlag Adrian Pohl und mich zur Löschung eines Zitats in Sachen Bibliotheksdienst aufgefordert hatte, siehe hier zuletzt

http://archiv.twoday.net/stories/1022485245/

habe ich eine Anfrage bezüglich des Vertrags der ZLB mit DeGruyter gestellt. Nachdem zunächst Kosten bis zu 500 Euro als Drohkulisse in den Raum gestellt wurden, kam nun die (kostenlose) Abfuhr. DeGruyter hat der Offenlegung als Geschäftsgeheimnis widersprochen, und die ZLB schließt sich der Intransparenz gern an mit dem Bemerken, die Zeitschrift Bibliotheksdienst als Betrieb gewerblicher Art gehöre nicht zu den amtlichen Zwecken der Stiftung ZLB.

Schriftwechsel einsehbar unter

https://fragdenstaat.de/a/11699

Natürlich habe ich den Vermittler eingeschaltet. Die ZLB hat meine detaillierten Fragen nach Aktenzeichen und Umfang ignoriert. Wenn die ZLB als öffentliche Stiftung nicht im Rahmen ihrer gesetzmäßigen Aufgaben tätig wird, dann darf sie überhaupt nicht tätig werden. Eine wirtschaftliche Betätigung in dieser Art ist ihr dann schlicht und einfach nicht erlaubt. Und auch bei privatwirtschaftlicher Betätigung müssen Behörden die Grundrechte und gesetzliche Vorgaben (hier die Wertungen des IFG) beachten. Es verhält sich mit der (eigenen) Geschäftstätigkeit der ZLB nicht anders als bei der vom Bundesverwaltungsgericht diskutierten Ausübung urheberrechtlicher Befugnisse. Es gibt keine "grundrechtliche Freiheit". Die Behörde "muss vielmehr angesichts ihrer Rechtsbindung gegenläufigen gesetzlichen Zielvorstellungen und daraus folgenden rechtlichen Verpflichtungen Rechnung tragen".
http://www.bverwg.de/entscheidungen/entscheidung.php?ent=250615U7C1.14.0

Was de Gruyter angeht, so rufe ich dazu auf, einen Verlag zu boykottieren, der sich ganz offensichtlich Intransparenz auf die Fahnen geschrieben hat.

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Bricklayer J4“ von Jamain - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.


 

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