Sammlungen in Archiven, hrsg. von Norbert Reimann/Uwe Schaper/Michael Scholz ( = Veröffentlichungen der Landesfachstelle für Archive und öffentlichen Bibliotheken im Brandenburgischen Landeshauptarchiv 3). Berlin/Potsdam 2006. 230 S. Bezug über Brandenburgisches Landeshauptarchiv. 10 Euro zuzügl. Versandkosten. ISBN 3-9810642-1-6
Archive sammeln nicht. In der Praxis aber doch. Der vorliegende Band, hervorgegangen aus einem BKK-Fortbildungsseminar 2005, bindet einen bunten Strauß (auch qualitativ) recht heterogener Beiträge zusammen.
Eine vergleichsweise abstrakte Stellungnahme zum Bewertungsproblem und Dokumentationszielen eröffnet den Band (Irmgard Christa Becker: Grundfragen der kommunalen Überlieferungsbildung, S. 9-21), gefolgt von einem Erfahrungsbericht aus dem Stadtarchiv Eisenach, der sich insbesondere der Wirtschafts- und Vereinsüberlieferung widmet (Reinhold Brummer: Ballast oder zentrale Archivgutkategorie? Zum Stellenwert von Sammlungsgut in kommunalen Archiven, S. 23-41).
Tipps zum "Aufbau und Betrieb von Archivbibliotheken" gibt Uwe Schaper (S. 57-71). "Graue Literatur als Sammlungsschwerpunkt in Archiven" behandelt Michael Häusler (S. 105-116). Dazu zählt er auch die Amtsdrucksachen.
Jürgen Wetzel hebt "Die Bedeutung von Kommunalpolitikernachlässen für die zeitgeschichtliche Forschung" am Beispiel der Nachlässe im Landesarchiv Berlin und den Stadtarchiven Karlsruhe und Frankfurt (Oder) hervor (S. 135-147).
Der Betreuer des Sachgebiets Audiovisuelle Medien im Sächsischen Staatsarchiv, Stefan Gööck, fordert mehr Medienkompetenz von den kleineren Archiven (Audiovisuelle Medien - organisatorische und methodische Herangehensweisen sowie medientechnische Mindestanforderungen, S. 43-56).
Der für die Praxis wohl nützlichste Beitrag stammt von Klaus Kramer und gilt einer wichtigen Frage der Bestandserhaltung: Schadenserkennung und -begrenzung bei Foto- und Filmmaterial, u.a. von Nitromaterial und Glasnegativen (S. 149-48).
Zeitungssammlungen sind das Thema der restlichen Beiträge. An erster Stelle sind die praktischen Hinweise zur Bestandserhaltung von Mario Glauert zu nennen: Aufbewahrung und Sicherung von Zeitungssammlungen in Archiven (S. 199-230). "Recherchemöglichkeiten über die Datenbanken von Zeitschriften und Zeitungen" stellt Andreas Kliemt vor. Kundige Internetnutzer werden nicht viel Neues daraus lernen. "Irgendwie interessant" ist es auch, einen kurzen Einblick in die größte deutsche Zeitungssammlung zu erhalten: Joachim Zeller, Der Aufbau, die Pflege und Bedeutung von Zeitungsammlungen am Beispiel der Staatsbibliothek zu Berlin. Original - Mikrofilm - Digitalisat (S. 73-90).
Die in kommunalen Archiven beliebten Zeitungsausschnittssammlungen erörtert Daniela Stadler: Die Zeitgeschichtliche Sammlung im Stadtarchiv Nürnberg. Von der Beilagen- und Zeitungsausschnittssammlung zur digitalen Erfassung (S. 117-134). Eklatante Unkenntnis urheberrechtlicher Regelungen zeichnet diesen Beitrag aus (S. 131f.) Nur wenn ein eigenes Werkstück benutzt wird (also kein E-Paper!) könnte sich ein Archiv auf die "Archivregelung" des § 53 Abs. 2 Nr. 2 UrhG berufen, eine Nutzung durch Dritte schiede aus. Die Digitalisierung, so bequem und naheliegend sie auch sein mag, wirft gravierende urheberrechtliche Probleme auf und es ist nicht abzusehen, dass die öffentlichen Archive den Gesetzgeber von seiner strikt verwerterfreundlichen Haltung abbringen könnten, wenn schon die lobbymächtigeren Vertreter von Wissenschaft und Bildung beim letzten Gesetzgebungsverfahren den Kürzeren gezogen haben! Wenn Archive solche Projekte in Angriff nehmen, müssen sie dringend mit den Rechteinhabern, also den Lokalzeitungen, sprechen und sich nach Möglichkeit rechtlich absichern.
Kann der Sammelband zum Ankauf durch Archive empfohlen werden? Da er nützliche praktische Tipps vor allem im Bereich der Bestandserhaltung enthält, lautet meine Antwort: Ja.
Archive sammeln nicht. In der Praxis aber doch. Der vorliegende Band, hervorgegangen aus einem BKK-Fortbildungsseminar 2005, bindet einen bunten Strauß (auch qualitativ) recht heterogener Beiträge zusammen.
Eine vergleichsweise abstrakte Stellungnahme zum Bewertungsproblem und Dokumentationszielen eröffnet den Band (Irmgard Christa Becker: Grundfragen der kommunalen Überlieferungsbildung, S. 9-21), gefolgt von einem Erfahrungsbericht aus dem Stadtarchiv Eisenach, der sich insbesondere der Wirtschafts- und Vereinsüberlieferung widmet (Reinhold Brummer: Ballast oder zentrale Archivgutkategorie? Zum Stellenwert von Sammlungsgut in kommunalen Archiven, S. 23-41).
Tipps zum "Aufbau und Betrieb von Archivbibliotheken" gibt Uwe Schaper (S. 57-71). "Graue Literatur als Sammlungsschwerpunkt in Archiven" behandelt Michael Häusler (S. 105-116). Dazu zählt er auch die Amtsdrucksachen.
Jürgen Wetzel hebt "Die Bedeutung von Kommunalpolitikernachlässen für die zeitgeschichtliche Forschung" am Beispiel der Nachlässe im Landesarchiv Berlin und den Stadtarchiven Karlsruhe und Frankfurt (Oder) hervor (S. 135-147).
Der Betreuer des Sachgebiets Audiovisuelle Medien im Sächsischen Staatsarchiv, Stefan Gööck, fordert mehr Medienkompetenz von den kleineren Archiven (Audiovisuelle Medien - organisatorische und methodische Herangehensweisen sowie medientechnische Mindestanforderungen, S. 43-56).
Der für die Praxis wohl nützlichste Beitrag stammt von Klaus Kramer und gilt einer wichtigen Frage der Bestandserhaltung: Schadenserkennung und -begrenzung bei Foto- und Filmmaterial, u.a. von Nitromaterial und Glasnegativen (S. 149-48).
Zeitungssammlungen sind das Thema der restlichen Beiträge. An erster Stelle sind die praktischen Hinweise zur Bestandserhaltung von Mario Glauert zu nennen: Aufbewahrung und Sicherung von Zeitungssammlungen in Archiven (S. 199-230). "Recherchemöglichkeiten über die Datenbanken von Zeitschriften und Zeitungen" stellt Andreas Kliemt vor. Kundige Internetnutzer werden nicht viel Neues daraus lernen. "Irgendwie interessant" ist es auch, einen kurzen Einblick in die größte deutsche Zeitungssammlung zu erhalten: Joachim Zeller, Der Aufbau, die Pflege und Bedeutung von Zeitungsammlungen am Beispiel der Staatsbibliothek zu Berlin. Original - Mikrofilm - Digitalisat (S. 73-90).
Die in kommunalen Archiven beliebten Zeitungsausschnittssammlungen erörtert Daniela Stadler: Die Zeitgeschichtliche Sammlung im Stadtarchiv Nürnberg. Von der Beilagen- und Zeitungsausschnittssammlung zur digitalen Erfassung (S. 117-134). Eklatante Unkenntnis urheberrechtlicher Regelungen zeichnet diesen Beitrag aus (S. 131f.) Nur wenn ein eigenes Werkstück benutzt wird (also kein E-Paper!) könnte sich ein Archiv auf die "Archivregelung" des § 53 Abs. 2 Nr. 2 UrhG berufen, eine Nutzung durch Dritte schiede aus. Die Digitalisierung, so bequem und naheliegend sie auch sein mag, wirft gravierende urheberrechtliche Probleme auf und es ist nicht abzusehen, dass die öffentlichen Archive den Gesetzgeber von seiner strikt verwerterfreundlichen Haltung abbringen könnten, wenn schon die lobbymächtigeren Vertreter von Wissenschaft und Bildung beim letzten Gesetzgebungsverfahren den Kürzeren gezogen haben! Wenn Archive solche Projekte in Angriff nehmen, müssen sie dringend mit den Rechteinhabern, also den Lokalzeitungen, sprechen und sich nach Möglichkeit rechtlich absichern.
Kann der Sammelband zum Ankauf durch Archive empfohlen werden? Da er nützliche praktische Tipps vor allem im Bereich der Bestandserhaltung enthält, lautet meine Antwort: Ja.
KlausGraf - am Donnerstag, 22. Mai 2008, 00:28 - Rubrik: Medienarchive