In Fortführung von http://archiv.twoday.net/stories/172008467/ haben wir auch noch ein Hühnchen mit Heike Schmoll von der FAZ zu rupfen:
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/plagiatjaeger-und-ihre-beute-studien-zum-herumdoktorieren-11927003.html
Die Plagiatsjagd sei eine moderne Hexenjagd und der Rohrbacher, der Verfasser der Stellungnahme zu Schavans Doktorarbeit, habe ein technizistisches Textverständnis, das die Gesamtleistung der Arbeit nicht würdige.
Da Dissertationen die wissenschaftliche Erkenntnis fördern sollen, verlangt man seit der frühen Neuzeit, dass sie gedruckt bzw. veröffentlicht werden. Was Dissertationen und ihre Redlichkeit angeht, darf und muss in der Öffentlichkeit verhandelt werden und nicht in Hinterzimmern. GuttenPlag und VroniPlag haben einen grandiosen Beitrag zur wissenschaftlichen und politischen Kultur des digitalen Zeitalters geleistet. Aus welchen Gründen der Einzelne sich beteiligt (Schmoll: "Gescheiterte Akademiker, Informatiker, Pedanten ") spielt keine Rolle.
Das ganze Promotionssystem lädt offensichtlich zu Missbrauch ein und zwar in einem Ausmaß, wie ich es vor Guttenberg & Co. nicht für möglich erachtet hatte. Dass Universitäten klare Plagiatsfälle nicht geahndet haben, zeigt, dass die Reförmchen, von denen Schmoll spricht, ganz und gar nicht ausreichen. Betreuung und Begutachtung müssen entschieden verbessert werden.
Nur bei Prominenten erzielen die Plagiatsjägerplattformen die mediale Aufmerksamkeit, die erforderlich ist, um eine Debatte auszulösen. Ihr Treiben ist daher für die öffentliche Meinungsbildung wichtig und sinnvoll.
Wer in der Öffentlichkeit steht, muss mit Kritik leben. Jede Karriere eines Promovierten baut auch auf dem Doktortitel auf. Wenn man wissenschaftliche Standards - gerade auch in der Lehre - hochhalten möchte, muss man die öffentliche Diskussion über Plagiatsfälle befürworten.
Ob gegen die Grundsätze guten wissenschaftlichen Arbeitens verstoßen wurden, kann man nur durch akribische Textvergleiche feststellen. Die Art und Weise, wie mit der Vorlage umgegangen wird ("z.B. "Verschleierung", "Bauernopfer") sagt etwas über die Bewusstheit der Abweichung vom gewünschten Verhalten aus.
Ich kann als Lehrbeauftragter nicht zu meinen Studenten sagen: "OK, die Arbeit ist ein glattes Plagiat, liest sich aber brillant". Wenn nicht nur einzelne Verstöße vorliegen, sondern sich die ungewünschte und nicht hinreichend gekennzeichnete Anlehnung an fremde Texte durch die ganze Arbeit zieht, kann auch ein sehr guter Gesamteindruck nicht davor bewahren, dass man den mit ihr erlangten Titel aberkennt.
Viel zu wenig wird im akademischen Kontext der Fall Martin Stone zur Kenntnis genommen, bei dem sehr viel dafür spricht, dass seine plagiierenden Veröffentlichungen exzellent sind, was den Gesamteindruck angeht. Sie fördern die wissenschaftliche Erkenntnis, tun dies aber auf eine Weise, die nicht den wissenschaftlichen Normen entspricht.
http://archiv.twoday.net/search?q=stone+plagi
Rechtfertigt der gute Gesamteindruck Verstöße gegen die wissenschaftliche Redlichkeit? Wenn es nur um den Erkenntnisfortschritt geht: ja. Wenn man eine faire und transparente Wissenschaft möchte, lautet die Antwort: nein.
***
Update:
http://plagiatsgutachten.de/blog.php/schavan-update-wie-waren-die-wissenschaftlichen-standards-vor-1980/
http://www.heise.de/tp/blogs/10/152995
https://hogymag.wordpress.com/2012/10/14/artikelkritik-christoph-titz-von-spiegel-online-analyse-von-schavans-doktorarbeit/
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/plagiatjaeger-und-ihre-beute-studien-zum-herumdoktorieren-11927003.html
Die Plagiatsjagd sei eine moderne Hexenjagd und der Rohrbacher, der Verfasser der Stellungnahme zu Schavans Doktorarbeit, habe ein technizistisches Textverständnis, das die Gesamtleistung der Arbeit nicht würdige.
Da Dissertationen die wissenschaftliche Erkenntnis fördern sollen, verlangt man seit der frühen Neuzeit, dass sie gedruckt bzw. veröffentlicht werden. Was Dissertationen und ihre Redlichkeit angeht, darf und muss in der Öffentlichkeit verhandelt werden und nicht in Hinterzimmern. GuttenPlag und VroniPlag haben einen grandiosen Beitrag zur wissenschaftlichen und politischen Kultur des digitalen Zeitalters geleistet. Aus welchen Gründen der Einzelne sich beteiligt (Schmoll: "Gescheiterte Akademiker, Informatiker, Pedanten ") spielt keine Rolle.
Das ganze Promotionssystem lädt offensichtlich zu Missbrauch ein und zwar in einem Ausmaß, wie ich es vor Guttenberg & Co. nicht für möglich erachtet hatte. Dass Universitäten klare Plagiatsfälle nicht geahndet haben, zeigt, dass die Reförmchen, von denen Schmoll spricht, ganz und gar nicht ausreichen. Betreuung und Begutachtung müssen entschieden verbessert werden.
Nur bei Prominenten erzielen die Plagiatsjägerplattformen die mediale Aufmerksamkeit, die erforderlich ist, um eine Debatte auszulösen. Ihr Treiben ist daher für die öffentliche Meinungsbildung wichtig und sinnvoll.
Wer in der Öffentlichkeit steht, muss mit Kritik leben. Jede Karriere eines Promovierten baut auch auf dem Doktortitel auf. Wenn man wissenschaftliche Standards - gerade auch in der Lehre - hochhalten möchte, muss man die öffentliche Diskussion über Plagiatsfälle befürworten.
Ob gegen die Grundsätze guten wissenschaftlichen Arbeitens verstoßen wurden, kann man nur durch akribische Textvergleiche feststellen. Die Art und Weise, wie mit der Vorlage umgegangen wird ("z.B. "Verschleierung", "Bauernopfer") sagt etwas über die Bewusstheit der Abweichung vom gewünschten Verhalten aus.
Ich kann als Lehrbeauftragter nicht zu meinen Studenten sagen: "OK, die Arbeit ist ein glattes Plagiat, liest sich aber brillant". Wenn nicht nur einzelne Verstöße vorliegen, sondern sich die ungewünschte und nicht hinreichend gekennzeichnete Anlehnung an fremde Texte durch die ganze Arbeit zieht, kann auch ein sehr guter Gesamteindruck nicht davor bewahren, dass man den mit ihr erlangten Titel aberkennt.
Viel zu wenig wird im akademischen Kontext der Fall Martin Stone zur Kenntnis genommen, bei dem sehr viel dafür spricht, dass seine plagiierenden Veröffentlichungen exzellent sind, was den Gesamteindruck angeht. Sie fördern die wissenschaftliche Erkenntnis, tun dies aber auf eine Weise, die nicht den wissenschaftlichen Normen entspricht.
http://archiv.twoday.net/search?q=stone+plagi
Rechtfertigt der gute Gesamteindruck Verstöße gegen die wissenschaftliche Redlichkeit? Wenn es nur um den Erkenntnisfortschritt geht: ja. Wenn man eine faire und transparente Wissenschaft möchte, lautet die Antwort: nein.
***
Update:
http://plagiatsgutachten.de/blog.php/schavan-update-wie-waren-die-wissenschaftlichen-standards-vor-1980/
http://www.heise.de/tp/blogs/10/152995
https://hogymag.wordpress.com/2012/10/14/artikelkritik-christoph-titz-von-spiegel-online-analyse-von-schavans-doktorarbeit/
KlausGraf - am Dienstag, 16. Oktober 2012, 18:48 - Rubrik: Wissenschaftsbetrieb
Erbloggtes (Gast) meinte am 2012/10/16 20:55:
Danke, ganz Ihrer Meinung!
Das erspart mir, selbst aufzuschreiben, wie mich das ankotzt.Gilt ebenso für den oben verlinkten Artikel zur Unschuldsvermutung.
Andreas F. Borchert (Gast) meinte am 2012/10/18 00:21:
Es ist schon bemerkenswert, dass der FAZ-Kommentar Informatiker zwischen gescheiterten Akademikern und Pedanten in eine Reihe einsortiert. Auch im übrigen lässt der FAZ-Kommentar nicht erkennen, dass die Autorin mit der Praxis wissenschaftlichen Arbeitens vertraut ist, wenn sie das Fehlen der Würdigung der Eigenleistung bemängelt oder die Auseinandersetzung mit einer Dissertation als Hexenjagd charakterisiert. Wir brauchen die öffentliche Auseinandersetzung um diese Mängel und deren Bewertung auch dann, wenn die Arbeit nicht mit der Dreistigkeit eines Guttenberg produziert worden ist. Vielen Dank also für die Beiträge zu dieser Debatte.