Michele C. Ferrari hat in der Liste MEDIAEVISTIK den folgenden Brief an den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg veröffentlicht.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
Medienberichten zufolge beabsichtigt das Land Baden-Württemberg Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe für den Verkauf freizugeben. Mit diesem Schreiben möchte der Mediävistenverband Sie dringend bitten, diese Entscheidung zurückzunehmen. Auf dem Spiel steht die Glaubwürdigkeit des Landes Baden-Württemberg und seiner Entscheidungsträger, und zwar in dreifacher Hinsicht.
Zum ersten ist es weder in Deutschland noch im Ausland nachzuvollziehen, warum unersetzliche Kulturgüter wie Handschriften (die ja Unikate sind) als Verhandlungsmasse in Rechtsstreitigkeiten benutzt werden, als ob es sich dabei um verstaubte Liebhaberstücke aus dem Trödelmarkt handelte. Das Signal wäre verheerend. Soll das Kulturerbe einer historisch gewachsenen Gemeinschaft wirklich wie gewöhnliche Ware zur Disposition stehen, um finanzielle Angelegenheiten zu regeln? Die Baden-Württemberger sind zu Recht stolz auf ihre Vergangenheit. Diese Traditionsverbundenheit lässt vermuten, daß ein solches Vorhaben im Land kaum konsensfähig ist.
Der Verlust wäre zum zweiten immens. Die Vorstellung, daß Kulturdenkmäler dieses Ranges in die Hände von Privatpersonen gelangen könnten, übersteigt das Vorstellungsvermögen eines neutralen Beobachters. Und ist man im klaren darüber, was dies für das Forschungsland Baden-Württemberg bedeutete? Kann es sich Ihr Bundesland in einer Zeit, in der der Wettbewerb um Spitzenpositionen in der nationalen und internationalen Forschungslandschaft entbrannt ist, wirklich leisten, derart sorglos mit dem eigenen Kulturerbe umzugehen, wenn man bedenkt, daß die Pflege und die Erschließung dieser Bestände jahrzehntelang von der öffentlichen Hand (etwa in Form von DFG-Projekten) finanziert wurde? Mangelnde Zuverlässigkeit ist keine Voraussetzung für Investitionen. Das gilt auch für die Kulturförderung.
Aber sogar der finanzielle Nutzen des geplanten Geschäfts ist drittens zweifelhaft. Die Summe von 70 Mio. Euro, die Sie aus dem Erlös erwarten, ist mit Sicherheit überschätzt. Werden die Bürger in Ihrem Land verstehen, warum Bestandteile ihrer eigenen Vergangenheit ausgestossen werden und der Staat trotzdem voraussichtlich mehrere Millionen ausgeben muß, um einer undurchdachten Verpflichtung nachzukommen?
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! In den letzten Jahren hat Baden-Württemberg uns erklärt, daß es alles kann. Zeigen Sie jetzt, daß der Mut zum Umdenken dazu gehört.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
Medienberichten zufolge beabsichtigt das Land Baden-Württemberg Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe für den Verkauf freizugeben. Mit diesem Schreiben möchte der Mediävistenverband Sie dringend bitten, diese Entscheidung zurückzunehmen. Auf dem Spiel steht die Glaubwürdigkeit des Landes Baden-Württemberg und seiner Entscheidungsträger, und zwar in dreifacher Hinsicht.
Zum ersten ist es weder in Deutschland noch im Ausland nachzuvollziehen, warum unersetzliche Kulturgüter wie Handschriften (die ja Unikate sind) als Verhandlungsmasse in Rechtsstreitigkeiten benutzt werden, als ob es sich dabei um verstaubte Liebhaberstücke aus dem Trödelmarkt handelte. Das Signal wäre verheerend. Soll das Kulturerbe einer historisch gewachsenen Gemeinschaft wirklich wie gewöhnliche Ware zur Disposition stehen, um finanzielle Angelegenheiten zu regeln? Die Baden-Württemberger sind zu Recht stolz auf ihre Vergangenheit. Diese Traditionsverbundenheit lässt vermuten, daß ein solches Vorhaben im Land kaum konsensfähig ist.
Der Verlust wäre zum zweiten immens. Die Vorstellung, daß Kulturdenkmäler dieses Ranges in die Hände von Privatpersonen gelangen könnten, übersteigt das Vorstellungsvermögen eines neutralen Beobachters. Und ist man im klaren darüber, was dies für das Forschungsland Baden-Württemberg bedeutete? Kann es sich Ihr Bundesland in einer Zeit, in der der Wettbewerb um Spitzenpositionen in der nationalen und internationalen Forschungslandschaft entbrannt ist, wirklich leisten, derart sorglos mit dem eigenen Kulturerbe umzugehen, wenn man bedenkt, daß die Pflege und die Erschließung dieser Bestände jahrzehntelang von der öffentlichen Hand (etwa in Form von DFG-Projekten) finanziert wurde? Mangelnde Zuverlässigkeit ist keine Voraussetzung für Investitionen. Das gilt auch für die Kulturförderung.
Aber sogar der finanzielle Nutzen des geplanten Geschäfts ist drittens zweifelhaft. Die Summe von 70 Mio. Euro, die Sie aus dem Erlös erwarten, ist mit Sicherheit überschätzt. Werden die Bürger in Ihrem Land verstehen, warum Bestandteile ihrer eigenen Vergangenheit ausgestossen werden und der Staat trotzdem voraussichtlich mehrere Millionen ausgeben muß, um einer undurchdachten Verpflichtung nachzukommen?
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! In den letzten Jahren hat Baden-Württemberg uns erklärt, daß es alles kann. Zeigen Sie jetzt, daß der Mut zum Umdenken dazu gehört.
KlausGraf meinte am 2006/09/25 12:18:
Vente des manuscrits de Karlsruhe
APILIST:Chers collègues,
l'état du Baden-Württemberg a l'intention de faire vendre une bonne partie des manuscrits de la Badische Landesbibliothek (avec, entre autres, la collection des codices de la Reichenau) pour mettre fin à une querelle judiciaire avec les princes de Baden. iI ne s'agit pas d'un poisson d'avril mais de la réalité. Il y a déjà eu plusieurs protestations et il y en aura encore beaucoup. Je vous prie de bien vous vouloir joindre à ces actions, par ex. en écrivant à votre nom mais aussi - si possible - au nom de vos institutions directement au chef du gouvernement du Land, dont voici l'adresse:
Günther H. Oettinger
Villa Reitzenstein
Richard-Wagner-Strasse
70184 Stuttgart
(Si possible, veuillez me faire parvenir une copie.)
Amitiés
Michele C. Ferrari (Erlangen)