Diese Bildunterschrift zum verkaufsgefährdeten Speyerer Evangelistar in den BNN
http://www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/2006/presse-bnn060926.php
trifft den Nagel auf den Kopf.
Die Unterstützung für die Landesbibliothek nimmt erfreulicherweise zu.
http://www.n-tv.de/714439.html
"Wenn Kulturgüter verhökert werden, um öffentliche Haushalte zu sanieren, ist das der Kulturnation Deutschland nicht würdig", sagte der Kulturexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Hans-Joachim Otto, am Dienstag in Berlin. Auch seine Parlamentskollegin Karin Binder (Die Linke) äußerte "vollkommenes Unverständnis". [...] Der Deutsche Kulturrat forderte grundsätzlich, den "Raubbau" in Museen und Bibliotheken zu stoppen. Geschäftsführer Olaf Zimmermann verwies auf vergleichbare Erwägungen der Stadt Krefeld, wo zur Museumssanierung ein wertvolles Gemälde verkauft werden soll, sowie den Vorschlag des Landesrechnungshofs Baden-Württemberg zum "maßvollen Abbau" der Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart. Diese Beispiele belegten: "Das Verkaufen von öffentlichem Kulturgut wird rasend schnell salonfähig". Dieser vermeintliche Königsweg zur Bewältigung außergewöhnlicher Belastungen im Kulturhaushalt sei in Wirklichkeit "eine Art Räumungsverkauf von öffentlichem Kulturbesitz".
Selten dümmlich äußerte sich MP Oettinger laut der gleichen Quelle: Die Kritik kommt aber im Kulturteil der Zeitungen, nicht auf den Wirtschaftsseiten. Seit wann sind mittelalterliche Handschriften außer bei Berichten über Versteigerungen Thema der Wirtschaftsseiten?
Zur Position des Kulturrats siehe
http://www.verbaende.com/News.php4?m=41585
Das Karlsruher MdB Karin Binder (Die Linke) hat sich deutlich gegen den Verkauf ausgesprochen (oben bereits erwähnt): Es handle sich um Ausverkauf gesellschaftlichen Eigentums.
http://www.ka-news.de/karlsruhe/news.php4?show=pmg2006926-98J
Der Südkurier schreibt:
Beinahe wären die [Reichenauer] Handschriften ins Weltkulturerbe aufgenommen worden. Nun das. So leicht könnten 70 Millionen Euro nicht erlöst werden, meint Ehrle. Dazu müsste die gesamte alte Sammlung verkauft werden. An eine von Oettinger angekündigte "Baden-Klausel", wonach Kunst- und Kulturschätze von besonderer Bedeutung für den badischen Landesteil nicht veräußert werden dürfen, glaubt Ehrle nicht. Was soll die unabhängige Expertenkommission denn ausnehmen? Ehrle hält einen Vergleich parat: Vor zwölf Jahren zahlte das Land für mehr als 1200 mittelalterliche Handschriften aus der Fürstlich-Fürstenbergischen Sammlung rund 25 Millionen Euro - damals eine Art Freundschaftspreis der Donaueschinger, die unter Geldnot litten. Im Fall Baden seien also gut 3000 Handschriften nötig, um 70 Millionen Euro flüssig zu machen. Ehrle fürchtet einen "ungeheuren Imageschaden". Der scheint sich schon eingestellt zu haben. Norbert H. Ott rechnet in der "Süddeutschen Zeitung" wüst mit der "Teppichhändlermentalität" der Geschäftspartner ab. Eine solche Bibliothek sei ein "Gedächtnisspeicher", der sich erst durch den Mix aus Erlesenem und Alltäglichem zum Profil einer Epoche füge. Finanzkräftige Käufer wie das Getty-Museum Los Angeles aber pickten die Preziosen heraus und ließen den Rest "im Warenkorb". Schloss Salem oder die Bilder Baldung Griens oder Cranachs aufzurechnen, wie es Markgraf Bernhard tue, dokumentiere "totale Ignoranz". Dies sei ein "dreister Versuch der Veruntreuung" des der öffentlichen Hand anvertrauten Erbes. Scharf polemisiert Autor Ott auch gegen die optimistische Erlös-Rechnung: "Hoheit und ihr willfähriger Vasall auf dem Stuhl des baden-württembergischen Ministerpräsidenten werden sich noch sehr wundern, wenn sie auf ihrer der öffentlichen Nutzung entwendeten Beute sitzen bleiben." Denn gut 3500 auf einen Schlag angebotene Codices würden den Markt "hoffnungslos verstopfen". Geräuschlos, soviel ist sicher, werden Oettinger und der Markgraf das Thema nicht mehr erledigen können.
Die deutsche UNESCO-Kommission meldete sich ebenfalls mit harscher Kritik zu Wort (Südkurier):
Dieses Vorhaben wird unter anderem von der Deutschen Unesco Kommission scharf verurteilt, der die Reichenau die Erhebung zum Weltkulturerbe verdankt. Generalsekretär Roland Bernecker sagte gestern zu dieser Zeitung, die Handschriften seien als Teil des Weltdokumentenerbes auch ein "Kernbestand des Reichenauer Weltkulturerbes" und deshalb unveräußerbar. Der beabsichtigte Verkauf sei ein "Schock" und "unbegreiflich für alle, die um die kulturelle und historische Bedeutung" dieser Handschriften wüssten.
***
Der DBV hat gestern folgende Pressemitteilung veröffentlicht, die auch auf seiner Website nachzulesen ist:
http://www.bibliotheksverband.de/
Pressemitteilung
Berlin, 25.09.2006
Der Deutsche Bibliotheksverband e.V. ist entsetzt, dass die
Landesregierung von Baden-Württemberg plant, einem Verkauf der
Handschriften des Hauses Baden, die den wertvollsten Bestand der
Badischen Landesbibliothek bilden, auf dem freien Markt zur Deckung
einer fehlenden Finanzierung des Fürstenhauses zuzustimmen.
'Der Verkauf hochwertiger Kulturgüter, die seit Generationen in
öffentlicher Obhut und im öffentlichen Bewusstsein sind, darf in einem
wohlhabenden Kulturland nicht möglich sein.' Diesem Zitat aus der
Erklärung der Badischen Bibliotheksgesellschaft, die erhebliche Spenden
zum Erhalt und zur Pflege der wertvollen Bestände der Badischen
Landesbibliothek Karlsruhe aufgebracht haben, schließt sich der Deutsche
Bibliotheksverband e.V. vollständig an. Ein Land wie Baden-Württemberg,
das sich immer wieder zur föderalen Struktur in der Kultur bekannt hat,
muss jetzt auch aus seinen eigenen Mitteln den Ausverkauf dieses
wertvollen Kulturguts verhindern und die Bestände für die
Landesbibliothek Karlsruhe sichern.
Prof. Dr. Claudia Lux, Vorsitzende des Deutschen Bibliotheksverbandes
e.V. weist darauf hin: 'Den Verkauf von Kulturgut mit staatlicher
Unterstützung haben wir in Deutschland eigentlich nur zu Zeiten der DDR hinnehmen müssen, die immer wieder Eingriffe in die wertvollen Bestände
der Bibliotheken vornahm, um Devisen zu erhalten. Diese Methode darf nicht zum Vorbild für das Handeln der Baden-Württembergischen Landesregierung werden.'
Der Deutsche Bibliotheksverband e.V. fordert die Baden-Württembergische
Landesregierung auf, den notwendigen Betrag durch Stiftungen und andere
Zuwendungen aufzubringen und als Ablösesumme an das Haus Baden zu
übergeben, um die wertvollen Handschriften und Drucke der Badischen
Landesbibliothek vollständig und dauerhaft als Eigentum des Landes und
damit als öffentliches Eigentum zu sichern.
[...] Im Deutschen Bibliotheksverband e.V. (DBV) sind ca. 2.000 Bibliotheken
aller Sparten und Größen Deutschlands zusammengeschlossen. [...]
Kontakt: Deutscher Bibliotheksverband e.V.
Prof. Dr. Claudia Lux, Vorsitzende oder Barbara Schleihagen,
Geschäftsführerin
http://www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/2006/presse-bnn060926.php
trifft den Nagel auf den Kopf.
Die Unterstützung für die Landesbibliothek nimmt erfreulicherweise zu.
http://www.n-tv.de/714439.html
"Wenn Kulturgüter verhökert werden, um öffentliche Haushalte zu sanieren, ist das der Kulturnation Deutschland nicht würdig", sagte der Kulturexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Hans-Joachim Otto, am Dienstag in Berlin. Auch seine Parlamentskollegin Karin Binder (Die Linke) äußerte "vollkommenes Unverständnis". [...] Der Deutsche Kulturrat forderte grundsätzlich, den "Raubbau" in Museen und Bibliotheken zu stoppen. Geschäftsführer Olaf Zimmermann verwies auf vergleichbare Erwägungen der Stadt Krefeld, wo zur Museumssanierung ein wertvolles Gemälde verkauft werden soll, sowie den Vorschlag des Landesrechnungshofs Baden-Württemberg zum "maßvollen Abbau" der Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart. Diese Beispiele belegten: "Das Verkaufen von öffentlichem Kulturgut wird rasend schnell salonfähig". Dieser vermeintliche Königsweg zur Bewältigung außergewöhnlicher Belastungen im Kulturhaushalt sei in Wirklichkeit "eine Art Räumungsverkauf von öffentlichem Kulturbesitz".
Selten dümmlich äußerte sich MP Oettinger laut der gleichen Quelle: Die Kritik kommt aber im Kulturteil der Zeitungen, nicht auf den Wirtschaftsseiten. Seit wann sind mittelalterliche Handschriften außer bei Berichten über Versteigerungen Thema der Wirtschaftsseiten?
Zur Position des Kulturrats siehe
http://www.verbaende.com/News.php4?m=41585
Das Karlsruher MdB Karin Binder (Die Linke) hat sich deutlich gegen den Verkauf ausgesprochen (oben bereits erwähnt): Es handle sich um Ausverkauf gesellschaftlichen Eigentums.
http://www.ka-news.de/karlsruhe/news.php4?show=pmg2006926-98J
Der Südkurier schreibt:
Beinahe wären die [Reichenauer] Handschriften ins Weltkulturerbe aufgenommen worden. Nun das. So leicht könnten 70 Millionen Euro nicht erlöst werden, meint Ehrle. Dazu müsste die gesamte alte Sammlung verkauft werden. An eine von Oettinger angekündigte "Baden-Klausel", wonach Kunst- und Kulturschätze von besonderer Bedeutung für den badischen Landesteil nicht veräußert werden dürfen, glaubt Ehrle nicht. Was soll die unabhängige Expertenkommission denn ausnehmen? Ehrle hält einen Vergleich parat: Vor zwölf Jahren zahlte das Land für mehr als 1200 mittelalterliche Handschriften aus der Fürstlich-Fürstenbergischen Sammlung rund 25 Millionen Euro - damals eine Art Freundschaftspreis der Donaueschinger, die unter Geldnot litten. Im Fall Baden seien also gut 3000 Handschriften nötig, um 70 Millionen Euro flüssig zu machen. Ehrle fürchtet einen "ungeheuren Imageschaden". Der scheint sich schon eingestellt zu haben. Norbert H. Ott rechnet in der "Süddeutschen Zeitung" wüst mit der "Teppichhändlermentalität" der Geschäftspartner ab. Eine solche Bibliothek sei ein "Gedächtnisspeicher", der sich erst durch den Mix aus Erlesenem und Alltäglichem zum Profil einer Epoche füge. Finanzkräftige Käufer wie das Getty-Museum Los Angeles aber pickten die Preziosen heraus und ließen den Rest "im Warenkorb". Schloss Salem oder die Bilder Baldung Griens oder Cranachs aufzurechnen, wie es Markgraf Bernhard tue, dokumentiere "totale Ignoranz". Dies sei ein "dreister Versuch der Veruntreuung" des der öffentlichen Hand anvertrauten Erbes. Scharf polemisiert Autor Ott auch gegen die optimistische Erlös-Rechnung: "Hoheit und ihr willfähriger Vasall auf dem Stuhl des baden-württembergischen Ministerpräsidenten werden sich noch sehr wundern, wenn sie auf ihrer der öffentlichen Nutzung entwendeten Beute sitzen bleiben." Denn gut 3500 auf einen Schlag angebotene Codices würden den Markt "hoffnungslos verstopfen". Geräuschlos, soviel ist sicher, werden Oettinger und der Markgraf das Thema nicht mehr erledigen können.
Die deutsche UNESCO-Kommission meldete sich ebenfalls mit harscher Kritik zu Wort (Südkurier):
Dieses Vorhaben wird unter anderem von der Deutschen Unesco Kommission scharf verurteilt, der die Reichenau die Erhebung zum Weltkulturerbe verdankt. Generalsekretär Roland Bernecker sagte gestern zu dieser Zeitung, die Handschriften seien als Teil des Weltdokumentenerbes auch ein "Kernbestand des Reichenauer Weltkulturerbes" und deshalb unveräußerbar. Der beabsichtigte Verkauf sei ein "Schock" und "unbegreiflich für alle, die um die kulturelle und historische Bedeutung" dieser Handschriften wüssten.
***
Der DBV hat gestern folgende Pressemitteilung veröffentlicht, die auch auf seiner Website nachzulesen ist:
http://www.bibliotheksverband.de/
Pressemitteilung
Berlin, 25.09.2006
Der Deutsche Bibliotheksverband e.V. ist entsetzt, dass die
Landesregierung von Baden-Württemberg plant, einem Verkauf der
Handschriften des Hauses Baden, die den wertvollsten Bestand der
Badischen Landesbibliothek bilden, auf dem freien Markt zur Deckung
einer fehlenden Finanzierung des Fürstenhauses zuzustimmen.
'Der Verkauf hochwertiger Kulturgüter, die seit Generationen in
öffentlicher Obhut und im öffentlichen Bewusstsein sind, darf in einem
wohlhabenden Kulturland nicht möglich sein.' Diesem Zitat aus der
Erklärung der Badischen Bibliotheksgesellschaft, die erhebliche Spenden
zum Erhalt und zur Pflege der wertvollen Bestände der Badischen
Landesbibliothek Karlsruhe aufgebracht haben, schließt sich der Deutsche
Bibliotheksverband e.V. vollständig an. Ein Land wie Baden-Württemberg,
das sich immer wieder zur föderalen Struktur in der Kultur bekannt hat,
muss jetzt auch aus seinen eigenen Mitteln den Ausverkauf dieses
wertvollen Kulturguts verhindern und die Bestände für die
Landesbibliothek Karlsruhe sichern.
Prof. Dr. Claudia Lux, Vorsitzende des Deutschen Bibliotheksverbandes
e.V. weist darauf hin: 'Den Verkauf von Kulturgut mit staatlicher
Unterstützung haben wir in Deutschland eigentlich nur zu Zeiten der DDR hinnehmen müssen, die immer wieder Eingriffe in die wertvollen Bestände
der Bibliotheken vornahm, um Devisen zu erhalten. Diese Methode darf nicht zum Vorbild für das Handeln der Baden-Württembergischen Landesregierung werden.'
Der Deutsche Bibliotheksverband e.V. fordert die Baden-Württembergische
Landesregierung auf, den notwendigen Betrag durch Stiftungen und andere
Zuwendungen aufzubringen und als Ablösesumme an das Haus Baden zu
übergeben, um die wertvollen Handschriften und Drucke der Badischen
Landesbibliothek vollständig und dauerhaft als Eigentum des Landes und
damit als öffentliches Eigentum zu sichern.
[...] Im Deutschen Bibliotheksverband e.V. (DBV) sind ca. 2.000 Bibliotheken
aller Sparten und Größen Deutschlands zusammengeschlossen. [...]
Kontakt: Deutscher Bibliotheksverband e.V.
Prof. Dr. Claudia Lux, Vorsitzende oder Barbara Schleihagen,
Geschäftsführerin
KlausGraf meinte am 2006/10/01 18:53:
Presseerklärung von MdB Karin Binder (Linke) lesenswert
http://karin-binder.net/joomla/index.php?option=com_content&task=view&id=117&Itemid=37