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Das Thema hat nun auch die linksalternative taz erreicht:

http://www.taz.de/pt/2006/10/05/a0104.1/text

Gut informiert von der neuen Entwicklung zeigt sich ein Artikel der Stuttgarter Zeitung vom 5. Oktober 2006:

http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/1262556

Laut Ulrich Noll, Fraktionschef der mitregierenden FDP im Landtag, könnten statt der Handschriften auch andere Kunstwerke im Besitz des Hauses Baden - etwa Gemälde - verkauft werden. Konsens aller Beteiligter sei, dass eine einvernehmliche Lösung mit der Adelsfamilie gefunden werde, sagte Noll als Teilnehmer an dem Spitzengespräch der dpa. Es sollen nun Mäzene gesucht werden, die Kunstwerke kaufen und diese dann in den Museen der Öffentlichkeit weiter zugänglich machen. "Wir wollen alles tun, damit der Vorwurf des Ausverkaufs von Kulturgut vom Tisch kommt", sagte der Liberale.

Der mit dem Haus Baden beabsichtigte Kompromiss sei angesichts der unsicheren Rechtslage ohne Alternative, teilte das Staatsministerium mit. Sowohl das Land als auch das Adelshaus erheben Ansprüche auf Kulturgüter im Wert von 300 Millionen Euro. Beide Seiten wollen jedoch auf einen viele Jahre dauernden Rechtsstreit verzichten. Der Deal beinhaltete, dass zur Erhaltung von Schloss Salem eine gemeinnützige Stiftung gegründet wird - und damit die Adelsfamilie das Schloss samt finanzieller Verpflichtungen los ist. Zudem verwies das Staatsministerium auf eine mögliche Insolvenz des Hauses Baden, "die zur Vollstreckung durch die Banken und dem Verlust wertvoller Kulturgüter führen würde".

Oettinger kündigte nun Gespräche mit allen Beteiligten an - die nächste große Runde ist im November vorgesehen. Ziel sei eine Gesamtlösung, mit der alle leben könnten. Nach Vorstellung von Oettinger könnte die Finanzierung der Summe auf einem Drei-Säulen- Modell beruhen. Als erste sind Sponsoren aus der Wirtschaft und Spenden von Privatpersonen gemeint. Die zweite Säule sei ein Beitrag des Landes, aber ohne Aufnahme neuer Schulden oder Kürzungen in anderen Ressorts. Als dritte Säule müssten Kunsteinrichtungen einen Beitrag leisten.

"Die Alternative kann jedoch nicht sein, nun andere Kunstwerke auf den Markt zu werfen", warnte der kulturpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Jürgen Walter. Er verwies darauf, dass Schloss Salem in gutem Zustand sei. Aus Sicht der oppositionellen Grünen und der SPD besteht kein Anlass, Kulturgüter zu verkaufen. Sie sahen auch keine grundlegende Wende in dem Streit, vielmehr spiele das Land auf Zeit und wolle die erhitzte Debatte abkühlen. Oettinger stecke zunehmend in der Sackgasse, meinte SPD-Fraktionschefin Ute Vogt. "Das Grundübel bleibt, dass sich die Landesregierung in vorauseilendem Gehorsam den Besitzansprüchen des Hauses Baden unterwirft", sagte Vogt.


Ergaenzend:

Kunstminister Peter Frankenberg (CDU) sagte gegenüber SWR2, für den Vergleich mit dem Haus Baden müssten zunächst nur 30 Millionen Euro statt der bisher anvisierten 70 Millionen Euro aufgebracht werden. Es bestehe kein Zeitdruck mehr.

http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=1587412/1f28goo/

Zwei CDU-Dissendenten werden zitiert von den Stuttgarter Nachrichten vom 5.10.2006:

"Ich sehe noch nicht, dass wir auf diesen Zug aufspringen", sagte der kunstpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Christoph Palm, zu dem Vorhaben, einen Teil der in Karlsruhe archivierten 3600 historischen Handschriften zu veräußern, um damit 70 Millionen Euro zu erzielen. Der Verkauf von Kunst komme nur als "allerletztes Mittel" in Betracht, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgelotet seien, sagte der Abgeordnete und Fellbacher OB gegenüber unserer Zeitung: "Keinesfalls darf sich das Land unter Zugzwang setzen lassen."

Auch sein Fraktionskollege und Karlsruher Bürgermeister Manfred Groh plädierte dafür, von dem Verkauf Abstand zu nehmen. Er glaube nicht, dass ein solches Vorhaben in der CDU-Fraktion mehrheitsfähig sei. Groh: "Das ist ja längst kein badisches Thema mehr." Es gehe nun darum, Ideen zu sammeln, wie der Handschriften-Bestand erhalten und gleichzeitig die Schlossanlage im südbadischen Salem dauerhaft finanziert werden könne.


Deutliche Kritik an dem Verkaufs-Vorhaben kommt von Seiten des an sich zur Loyalitaet verpflichteten Direktor der BLB:

Auch der Direktor der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe, Peter Michael Ehrle, stellte sich gegen die Landesregierung. Die Handschriften hätten eine so herausragende Bedeutung, "dass kein einziges Stück veräußert werden dürfte", sagte Ehrle. Jede der etwa 3600 Handschriften sei ein Unikat. Es handle sich um ein "historisch gewachsenes Ensemble von internationalem Rang, das in seiner Gesamtheit erhalten bleiben muss", betonte er.
http://www.tagesspiegel.de/kultur/nachrichten/handschriften-verkauf/76046.asp

Ein Leserbrief in der Stuttgarter Zeitung vom 5.10.2006:

Im Jahr 2003 wurde das Säkularisationsjubiläum aufwendig begangen, und die Landesregierung schmückte sich damals medienwirksam mit dem in der Großen Landesausstellung präsentierten Kulturerbe der Klöster, worunter die Handschriften zu den Highlights gehörten. Zwar hatte die Säkularisation vor 200 Jahren nahezu alle Bibliothekszusammenhänge sowie einen Großteil der Buchbestände vernichtet, so war die Einsicht der Regenten doch groß genug, um den kostbarsten Teil der Sammlungen, die Handschriften, vor Zerstreuung und Zerstörung zu bewahren. Die geplante Veräußerung von Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek würde die Säkularisation sozusagen noch übertreffen, wenn nun auch das Handschriftenerbe der Nutzung von Forschern und einer breiteren Öffentlichkeit entzogen, zum Objekt der Spekulation gemacht, der Zersplitterung überlassen und damit in seinem Kontext zerstört würde. Wahrlich eine Imagewerbung der besonderen Art für das Land!

Magda Fischer, Stuttgart
 

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