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Der 64. Südwestdeutsche Archivtag 2004, der vom 18. bis 20. Juni in Weingarten bei Ravensburg unter Leitung von Dr. Clemens Rehm (GLA Karlsruhe) stattfand, war dem Thema „Historische Bildungsarbeit - Kompass der Archive“ gewidmet. Schon in der Einführung und den Grußworten wurde betont, dass die historische Bildungsarbeit in Archiven – in ihrer Vielfalt noch oft ungenutzt – Möglichkeiten der historischen und lokalen Identitätsfindung für Bürgerinnen und Bürger böte. Gerade in Zeiten knapper Mittel würde den Archiven durch dieses Arbeitsfeld neue Perspektiven eröffnet.
Unter dem Titel „Archiv und Stadtgeschichtsforschung“ berichtete der selbstständige Historiker Dr. Uwe Schmidt, welche Lehren der Öffentlichkeitsarbeit für die Stadtgeschichte zu berücksichtigen sind. Er entwickelte zum einen moderne Grundsätze für die Redaktion von Stadtgeschichten, zum anderen präsentierte er eine Vision des Stadtarchivs als historische Tourismus- und Stadtentwicklungsagentur.
Das Motto „Sehen mit den Augen der anderen“ war der Leitfaden des Vortrags von Dr. Gabriele Stüber (Zentralarchiv der Evangelischen Kirche der Pfalz). Ausgehend von ihren Erfahrungen in der Erwachsenenbildung entwickelte Stüber eine kurze Übersicht über die Möglichkeiten, wie die interessierte, aber zögerliche Öffentlichkeit von den Archiven abgeholt und an die Nutzung herangeführt werden könne. Zudem sollte bei der Bildungsarbeit der Archivträger, d.h. der „Geldgeber“ nicht vergessen werden.
Claudia Tatsch, Lehrerin in Bretten, berichtete von ihren Erfahrungen als Regionaljurorin der Körber-Stiftung beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten. „Zwischen Lust und Frust“ seien die Erlebnisse von Schülerinnen und Schülern im ihnen weitgehend fremden Archiv anzusiedeln. Entscheidend sei letztlich die Kommunikation zwischen den jungen Nutzern und dem Archiv. Insbesondere müsse geklärt werden, was die Jugendlichen von der Arbeit im Archiv erwarten und welche Anforderungen der Lernort Archiv an sie stellt. Äußere Aspekte spielten dabei eine große Rolle, vor allem aber seien die Archivmitarbeiter hier „Couch und Coach zugleich“ – sie sollten Frustrationen auffangen und fachliche Unterstützung leisten.
Am Beispiel einer Offenburger „Erfolgsgeschichte“, der ehrenamtlich erarbeiteten Auswanderer-Dokumentation „Der Traum von der Freiheit“, arbeitete Dr. Wolfgang Gall (Stadtarchiv Offenburg; Historischer Verein Mittelbaden) einige grundsätzliche Voraussetzungen für das Gelingen ehrenamtlichen Engagements im Archiv heraus. Dazu zählte er Teamorientierung, ein offenes Betriebsklima, die qualifizierte Auswahl und die Motivierung der Ehrenamtlichen. Ressourcen, Kompetenzen und Interessen müssten vorher abgeklärt werden und in das Design eines Projekts einfließen. Die Ehrenamtlichen dürften nicht als Lückenbüßer missbraucht werden, vielmehr sollte ihnen ihr Engagement Spaß machen. Ihre Arbeit sollte durch Fortbildungen unterstützt und honoriert werden. Schließlich zählte Gall auch finanzielle, räumliche und personelle Ressourcen zu den unverzichtbaren Voraussetzungen für erfolgreiche Arbeit mit Ehrenamtlichen. Ehrenamtliche Arbeit sei eben nicht umsonst zu haben.
Andreas Kränzle und Stefan Kwasnitza (beide Universität Zürich) stellten ihr Projekt „Ad fontes. Einführung in den Umgang mit Quellen im Archiv“ vor, eine im Internet zugängliche preisgekrönte Lernsoftware, die Studierende und andere Interessierte auf einen Archivaufenthalt vorbereiten soll. Am Beispiel von Quellen aus dem Kloster Einsiedeln erwarten den Benutzer eine Einführung in das Archivwesen, Übungen im Umgang mit archivalischen Quellen sowie eine Reihe einschlägiger Literatur und Links.
Dr. Michael Stephan (Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayern) stellte das Projekt „Archiv und Schule“ vor. Bayern hat vor sechs Jahren eine institutionalisierte archivpädagogische Zusammenarbeit mit den Schulen ein­ge­richtet. Das Projekt solle auch in den nächsten Jahren weiter ausgebaut werden, obgleich die derzeit noch geringe Nutzungs­frequenz der bereitgestellten Unterrichtsmodelle auch Skepsis nahe lege.
Der Vortrag von Dr. Wolfgang Zimmermann (LAD Stuttgart) war nicht nur der Vorstellung der aufwändigen Internetpräsentation „Klöster in Baden-Württemberg“ gewidmet, sondern auch den Perspektiven, die sich im Hinblick auf eine touristische und wissen­schaftliche Sekundärnutzung ergeben. Die Datenbank soll vervollständigt und in Kooperation mit anderen Behörden durch touristische Informationen angereichert werden. Dieses Konzept wird auch für eine Ausweitung auf weitere Themengruppen der Landeskunde angestrebt.
Das Filmprojekt „Archive stellen sich vor“, über das Dr. Katharina Hoffmann (Universität Oldenburg) berichtete, zielt darauf ab, Schüler zur eigenständigen Forschung in Archiven zu ermuntern. Der in Oldenburg produzierte Kurzfilm zeigt die Möglichkeiten der For­schungsarbeit anhand einer fiktiven Recherche, die drei Schülerinnen in den Archiven ihrer Heimatstadt unternehmen. Vor allem durch den erzählerischen Duktus entsteht ein lebendiges und attraktives Bild der Forschungsarbeit.
In der Abschlussdiskussion hob Clemens Rehm die Bedeutung einer „nutzer­orien­tierten Qualitätsoffensive“ als Waffe im Kampf gegen pauschale Einsparversuche hervor. Gerade die vorgestellten Erfolgsgeschichten hätten gezeigt, dass Archive, die sich der historischen Bildungsarbeit geöffnet hätten, damit in den Stürmen der Zeit über einen zuverlässigen Kompass verfügen würden.
Am Freitag vor der Fachtagung standen eine Führung durch die Weingartener Basilika und ein Vortrag von Prof. Dr. Norbert Kruse über die 1200-jährige Heilig-Blut-Tradition der Gastgeberstadt auf dem Programm. Gleichzeitig mit dem Archivtag fand die Tagung des Arbeitskreises Archivpädagogik im VdA statt.
Internet-Adressen:
http://www.adfontes.unizh.ch, http://www.schule.bayern.de/forum/archiv/berichte.htm; http://www.kloester-bw.de; http://www.archivpaedagogen.de

Johannes Grützmacher, Kai Naumann, Nicola Wurthmann

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Quelle: Mail von kai Naumann - Danke!
 

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