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Auf dem Landtagsserver liegt inzwischen vor:

Das Plenarprotokoll 14/9 11.10.2006 der 9. Sitzung der 14. Wahlperiode des
Landtags von Baden-Württemberg online, abrufbar unter der Adresse
http://www3.landtag-bw.de/WP14/Plp/14_0009_11102006.pdf

Auf den Seiten 305-323 (3-21 von 80) Debatte und Beschluss zu:

1. a) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme
des Finanzministeriums – Die „unvollendete Revolution“
in Baden – Hintergründe des geplanten Verkaufs von
Kulturgütern des Landes – Drucksache 14/341
b) Antrag der Fraktion GRÜNE – Sicherung der
Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek
– Drucksache 14/343 . . . . . . . . . .

mit Redebeiträgen der Abg. Ute Vogt SPD (2x), Abg. Jürgen Walter GRÜNE (2x),
Abg. Christoph Palm CDU,
Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP, Ministerpräsident Günther Oettinger, Abg. Stefan
Mappus CDU,
Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP, Minister Dr. Peter Frankenberg, Abg. Helen Heberer
SPD, Minister Dr. Ulrich Goll.

Zum Antrag der Fraktion der SPD (Drs. 14/341) hatten SPD und Grüne am Tag vor
der Sitzung einen gemeinsamen Änderungsantrag eingebracht, zu finden unter
http://www3.landtag-bw.de/WP14/Drucksachen/0000/14_0402_D.PDF

10.10.2006 Drucksache 14/402
Änderungsantrag
der Fraktion der SPD und
der Fraktion GRÜNE
zu dem Antrag der Fraktion der SPD
– Drucksache 14/341

Die „unvollendete Revolution“ in Baden – Hintergründe des
geplanten Verkaufs von Kulturgütern des Landes

Der Landtag wolle beschließen,

die Landesregierung zu ersuchen,

1. keine Vereinbarung mit dem „Haus Baden“ zu schließen, die das Ziel hat,
Kulturgüter aus staatlichen Beständen zu verkaufen;

2. sämtliche der Landesregierung bekannten Gutachten zur Eigentumsklärung
an den früheren badischen großherzoglichen Kunstsammlungen und
Bibliotheksgütern dem Landtag vorzulegen;

3. die Vorauswahl von aus Sicht der Landesregierung angeblich verkaufbaren
Kunst- und Kulturgütern aus staatlichen Beständen zu Gunsten des „Hauses
Baden“ unverzüglich zu beenden;

4. vor dem Abschluss einer Vereinbarung mit dem „Haus Baden“, die die Finanzierung
bereits erfolgter bzw. geplanter Sanierungs- und Unterhaltungsmaßnahmen
von Schloss Salem zum Gegenstand haben, den Landtag umfassend
über die konkreten Gründe für die Notwendigkeit einer solchen
Vereinbarung und deren konkreten Inhalte zu informieren;

5. den Abschluss einer unter Punkt 4 genannten Vereinbarung unter den Vorbehalt
einer Zustimmung des Landtags zu stellen.

10. 10. 2006

Vogt
und Fraktion

Kretschmann
und Fraktion


Eingegangen: 10. 10. 2006 / Ausgegeben: 11. 10. 2006

Alle 3 Anträge wurden auf Antrag aus der CDU-Fraktion (gegen Widerspruch der
SPD) mehrheitlich an den Finanzausschuss überwiesen.

Sie wurden auf der Sitzung des Finanzausschusses am 19. Oktober 13:00 unter Top
17 behandelt:

17. a) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme
des Finanzministeriums
- Die „unvollendete Revolution“ in Baden - Hinter-gründe
des geplanten Verkaufs von Kulturgütern
des Landes - Drucksache 14/341
mit dem dazu eingebrachten
Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der
Fraktion GRÜNE - Drucksache 14/402

17. b) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme
des Finanzministeriums
- Sicherung der Handschriftensammlung der Badischen
Landesbibliothek - Drucksache 14/343
In Verbindung damit:
– Eingabe des Herrn Dr. B. N., Stuttgart,
vom 27. September 2006
– Eingabe des Herrn O. R. P., Karlsruhe,
vom 4. Oktober 2006
– Eingabe des Herrn W. E., Leutkirch,
vom 7. Oktober 2006

Danke an Herrn Kaemper!
KlausGraf meinte am 2006/10/20 19:12:
Rede von MP Oettinger (Auszug)
Das Gutachten besagt, dass es unstrittig – dies wurde bisher
nicht erwähnt – Gegenstände gibt,
(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: So ist es!)
die sich zwar im Besitz des Landes, aber nicht in seinem Eigentum
befinden. Das heißt, da gibt es keinen Streit. Das ist
nicht zu prüfen, weder irgendwo zwischen Anwälten und
Gutachtern noch in der Debatte. Es gibt nennenswerte
Kunstgegenstände, die der Öffentlichkeit gezeigt werden,
die sich im Besitz des Landes, aber im Eigentum des Hauses
Baden befinden.
Ich nenne erstens ein Gemälde von Hans Baldung, genannt
Grien: Markgraf Christoph I. von Baden mit seiner Familie.
Das ist ein Gemälde im Wert von etwa 8 Millionen €.
Ich nenne zweitens zwei Medaillons von Cranach dem Älteren:
Wert etwa 2 Millionen €.
Bezüglich dieser Gegenstände kann es keinen Streit geben.
Wer unter Kultur auch Rechtskultur versteht und wer nicht
nachträglich eine Revolution vollenden will, muss akzeptieren,
dass Eigentum Eigentum bleibt. Das ist ein herausragendes
Verfassungsgut. Diese Gegenstände gehören uns
nicht. Aber wir haben Interesse daran, sie zu erwerben. Darüber
reden wir.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)
Unstrittig ist zweitens: Im Wert von etwa 4 Millionen € gibt
es 35 – ich zitiere – Hinterlegungen allerhöchsten Privateigentums,
darunter einen Heilsspiegel „Speculum humanae
salvationis“, der dem Haus Baden zu eigen ist. Er befindet
sich in unserem Besitz. Ihn zu erlangen ist unser Interesse.
Über das Eigentum an ihm kann aber überhaupt nicht – weder
hier in diesem Hohen Haus noch vor Gericht – gestritten
werden. Er ist nicht unser Eigentum. Ihn zu erwerben ist
unser Ziel. Darum wollen wir einen Vergleich.
Nun komme ich zum Thema Salem. Ich weiß nicht, ob Sie
jemals dort gewesen sind. Die Kunst im Hause hat einen
Wert von etwa 9 Millionen €. Das Münster hat eine Innenausstattung
im Wert von etwa 3 Millionen €. Es gibt weiteres
Vermögen. Alles in allem reden wir – das sagen die
Sachverständigen – über Werte von 13 bis 14 Millionen €,
die uns nicht gehören. Sie könnten jeden Tag von den Eigentümern
veräußert werden. Sie für Baden-Württemberg
zu erwerben ist unser Ziel. Darum wollen wir uns vergleichen.
Darüber sprechen wir. All dies haben Sie in Ihren beiden
Äußerungen bisher völlig verdrängt und negiert.
 
BCK antwortete am 2006/10/21 22:44:
"Hinterlegungen allerhöchsten Privateigentums"
Auf diese Liste geht auch Ehrle ein, der in einem auf den BLB-Seiten nicht dokumentierten Artikel der Badischen Zeitung vom 10.10. (Bibliothekschef kämpft um die Handschriften - Peter Ehrle will "bis an die Grenzen des Beamtenrechts" gehen / Bettina Wieselmann),
http://www.badische-zeitung.de/nachrichten/badenwuerttemberg/61,51-11786170.html
zum Gutachten von Wax und Würtenberger so zitiert wird: "Ich gehe bis an die Grenzen des Beamtenrechts, denn ich bin Staats-, nicht Regierungsdiener." Er [Ehrle] nennt die Gutachter "mediokre" Ratgeber, ihre Expertise sei "nichts" wert. Und er nennt die Vorgabe von Wissenschaftsminister Frankenberg, dass nicht veräußert werde, was für die badische Geschichte von Belang sei, ein "Null-Kriterium" . Aber es gebe es eine bisher öffentlich nicht diskutierte "Negativ-Liste" . Sie nennt 87 Handschriften "Hinterlegungen" , die schon vor ihm nicht als Staatseigentum begriffen worden seien. Über diese Liste könne man sprechen, aber sie sei "peripherer Natur." Sie enthalte den Nachlass Johann Peter Hebels und eine wertvolle Handschrift. 
KlausGraf antwortete am 2006/10/31 19:38:
Besitzansprüche
Stuttgarter Zeitung 29.9.2006

Teil der geplanten Vereinbarung zwischen Baden-Württemberg und dem Haus Baden ist es, dass einige Kunstgegenstände in Landesbesitz übergehen. In der Kunsthalle Karlsruhe sind das die Tafel "Markgraf Christoph I" von Baldung von Grien und ein Gemälde von Ch. Amberger, das Ludwig V., Herzog von Bayern zeigt. Außerdem zwei Werke von Lucas Cranach d. Ä. ("Johann der Beständige" und "Friedrich III. der Weise").

Im Badischen Landesmuseum handelt es sich um zwei Mithrasreliefs, die so genannte Türkenbeute, die Waffen- und Münzsammlung, das Petershausener Portal und ein Baldung-von-Grien-Fenster.
 
FeliNo meinte am 2006/10/20 22:02:
Causa Oettinger
Herzlichen Dank für die ausführliche Dokumentation! Interessant die von Klaus Graf in Auszügen wiedergegebene Argumentation des Ministerpräsidenten. War ich doch bislang der Ansicht, ein verheerender WK1 mit der Aufhebung der Monarchie infolge und die Gründung der Bundesrepublik Deutschland nach dem noch verheerenderen WK2 hätten die "Eigentumsverhältnisse" an Kulturgut weitestgehend geklärt, sollte ich nun erkennen, dass das demokratische Gemeinwesen "besitzt", was längst abgerüsteten Herrschaften "eignet"? Sollte das bedeuten, dass ich, war doch ein direkter Ahn meiner erlauchten Wenigkeit aus dem 19. Jh. ein Herr ohne Nachnamen, ich nunmehr als natürlicher Erbe die "besitzende(n)" Landesregierung(en) um mein "Eigentum" angehen und mir eben dies in Millionenhöhe aus Steuermitteln auch noch versilbern lassen kann? Und das mir als Erzdemokraten? Das ist ja todschick - blau angeflossene Erben aller Länder, vereinigt euch: Herr Oettinger friedet die Paläste, holt euch euer "Eigentum" aus seinen Landeskunsthütten! 
Ladislaus antwortete am 2006/10/21 13:38:
Tja, so ist das leider hier im adelsfreundlichen BW, FeliNo. Das lässt sich zwar in einer Reichsstadt wie "meiner" und einer Freien und Hansestadt wie "Ihrer" kaum nachvollziehen, aber Untertanengeister wie Oettinger gieren allem Anschein nach geradezu danach, Ihren Diener zu machen und "Königliche Hoheit" hier und "Durchlaucht" da anzubringen. Wenn seine Landesregierung nicht derart verschlafen wäre, würden ein aktiver Denkmalschutz und ein ernstgenommener Verfassungsauftrag (Schutz von Kulturgut, Art. 3 der Landesverfassung) ausreichen, dass man um die Innenausstattung des Salmer Münsters keine Angst haben zu brauchte. Denn innerhalb Deutschlands lassen sich die ollen Marmorgräber sicher nicht gewinnbringend verkaufen, und die Ausfuhr kann verboten werden, wenn man denn will.

Beobachtet eigentlich der Verfassungsschutz den Monarchisten Oettinger schon? Ich denke, das wäre langsam angemessen. Siehe Spiegel Online:

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,442142,00.html

und eine heute in nicht mehr ganz so ironischem Licht erscheinende parlamentarische Anfrage der SPD dazu:

http://www.nils-schmid.de/monarchie_oder_repub.html 
 

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