http://www.kulturrat.de/detail.php?detail=878&rubrik=2
Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, verfolgt seit Wochen mit Sorge die Diskussion um den Verkauf von Kulturgut aus öffentlichem Besitz. Der Deutsche Kulturrat begrüßt in diesem Zusammenhang die Initiative der FDP-Bundestagsfraktion, Kulturgüter besser zu schützen. Die FDP-Bundestagsfraktion fordert in ihrem Antrag „National bedeutsames Kulturgut wirksam schützen“ (Bundestagsdrucksache 16/3137) vom 25.10.2006 unter anderem, dass das „Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes“ aktualisiert und vervollständigt wird. Insbesondere soll geprüft werden, ob national wertvolles Kulturgut, das sich im Eigentum öffentlicher Kultureinrichtungen befindet, in die Liste national wertvollen Kulturgutes aufgenommen wird.
Bislang sind in dieser Liste nur Kulturgüter im Privatbesitz verzeichnet. Im „Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung“ (Kulturgutschutzgesetz) § 18 heißt es „Dieses Gesetz findet auf das im öffentlichen Eigentum befindliche national wertvolle Kulturgut und Archivgut keine Anwendung, soweit zu dessen Veräußerung nur oberste Bundes- oder Landesbehörden befugt sind oder nach besonderen gesetzlichen Vorschriften die Genehmigung einer aufsichtführenden Stelle der öffentlichen Verwaltung erforderlich ist.“ Weiter steht im Kulturgutschutzgesetz § 2 (1): „Über die Eintragung des Kulturgutes in das Verzeichnis entscheidet die oberste Landesbehörde.“ Die Ausfuhr von eingetragenem Kulturgut muss durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien genehmigt werden.
Offenkundig wurde bislang davon ausgegangen, dass national wertvolles Kulturgut im Besitz der öffentlichen Hand per se geschützt ist. Die jüngsten Vorfälle in Baden-Württemberg und in Krefeld, um den Verkauf von Handschriften der Badischen Landesbibliothek bzw. des Gemäldes „House of Parliament“ von Claude Monet, zeigen aber, dass auch die öffentliche Hand bereit ist, national wertvolles Kulturgut zu verkaufen.
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatten um den Verkauf von Kulturgut aus öffentlichen Museen, Bibliotheken oder Archiven ist es überfällig, dass auch national wertvolle Kunstwerke, Bücher und Handschriften aus öffentlichem Besitz in das Verzeichnis national wertvoller Kulturgüter aufgenommen werden können, um einen Verkauf in das Ausland zu verhindern. Das Kulturgutschutzgesetz muss entsprechend reformiert werden. Wie das Beispiel der Landesregierung Baden-Württemberg zeigt, muss eine Reform des Kulturgutschutzgesetzes auch sicherstellen, dass diejenigen, die über die Eintragung des Kulturgutes in das Verzeichnis entscheiden, heute die obersten Landesbehörden, möglicherweise diejenigen sind, die selbst Kulturgüter verkaufen wollen. Dieser Interessenkonflikt muss bei der Reform des Gesetzes gelöst werden.“
Kommentar
Das greift zu kurz. Ein wirksamer Schutz historischer Sammlungen kann nur über die Denkmalschutzgesetze der Länder erzielt werden.
Das Kulturgutschutzgesetz kann nicht verhindern, wenn
* Kulturgut vernichtet
* in deutschen Privatbesitz unzugänglich verkauft oder
* Sammlungen im Inland durch Einzelverkäufe zerstreut werden.
An den Erlass eines Bundesdenkmalschutzgesetzes ist angesichts der festzementierten Kulturhoheit der Länder nicht zu denken. Nur im Konsens mit den Ländern sind künftige Regelungen, die einen besseren Kulturgüterschutz bewirken, denkbar.
Auch wenn man bürgerlichrechtlich Kulturgüter als "res extra commercium" definieren würde, stellen sich die Fragen
* wer über die Eigenschaft als Kulturgut entscheidet und
* ob die entsprechende Einstufung irreversibel ist.
Da die Delegation der Entscheidung an eine staatsferne Bürgerstiftung nicht zu erwarten ist, liegt der Schlüssel aus Gründen der Kulturhoheit bei den Ländern.
Ein landesgesetzlicher Kulturgutschutz muss an die Regelungen des jeweiligen Denkmalschutzgesetzes anknüpfen, da es um bewegliche Kulturdenkmale geht, an deren Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht.
Angesichts der hohen Hürden für die Eintragung von beweglichen Kulturdenkmalen in die Denkmalbücher/Denkmalllisten der Länder spricht nichts dagegen, die Kategorien der in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes/Archive eingetragenen Kulturgüter und die nach Denkmalschutzrecht geschützten Kulturdenkmale zusammenzuwerfen.
Zugleich muss das Problem der von öffentlichen (insbesondere: staatlichen) Sammlungen verwalteten Kulturgüter gelöst werden, was z.B. auch Auswirkungen bei der Rückführung illegal ins Ausland verbrachter Stücke hat.
Ein eigenes Initiativrecht des Bundes aus gesamtstaatlicher Verantwortung heraus, wie es derzeit im Kulturgutschutzgesetz besteht, ist beizubehalten.
Ein moderates Verbandsklagerecht beim Kulturgutschutz ist unverzichtbar.
Kommunalrechtliche und stiftungsrechtliche Genehmigungsvorbehalte bei der Veräußerung von Sachen mit wissenschaftlichem, künstlerischem usw. Wert sind mit dem Kulturgutschutz abzustimmen.
Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, verfolgt seit Wochen mit Sorge die Diskussion um den Verkauf von Kulturgut aus öffentlichem Besitz. Der Deutsche Kulturrat begrüßt in diesem Zusammenhang die Initiative der FDP-Bundestagsfraktion, Kulturgüter besser zu schützen. Die FDP-Bundestagsfraktion fordert in ihrem Antrag „National bedeutsames Kulturgut wirksam schützen“ (Bundestagsdrucksache 16/3137) vom 25.10.2006 unter anderem, dass das „Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes“ aktualisiert und vervollständigt wird. Insbesondere soll geprüft werden, ob national wertvolles Kulturgut, das sich im Eigentum öffentlicher Kultureinrichtungen befindet, in die Liste national wertvollen Kulturgutes aufgenommen wird.
Bislang sind in dieser Liste nur Kulturgüter im Privatbesitz verzeichnet. Im „Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung“ (Kulturgutschutzgesetz) § 18 heißt es „Dieses Gesetz findet auf das im öffentlichen Eigentum befindliche national wertvolle Kulturgut und Archivgut keine Anwendung, soweit zu dessen Veräußerung nur oberste Bundes- oder Landesbehörden befugt sind oder nach besonderen gesetzlichen Vorschriften die Genehmigung einer aufsichtführenden Stelle der öffentlichen Verwaltung erforderlich ist.“ Weiter steht im Kulturgutschutzgesetz § 2 (1): „Über die Eintragung des Kulturgutes in das Verzeichnis entscheidet die oberste Landesbehörde.“ Die Ausfuhr von eingetragenem Kulturgut muss durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien genehmigt werden.
Offenkundig wurde bislang davon ausgegangen, dass national wertvolles Kulturgut im Besitz der öffentlichen Hand per se geschützt ist. Die jüngsten Vorfälle in Baden-Württemberg und in Krefeld, um den Verkauf von Handschriften der Badischen Landesbibliothek bzw. des Gemäldes „House of Parliament“ von Claude Monet, zeigen aber, dass auch die öffentliche Hand bereit ist, national wertvolles Kulturgut zu verkaufen.
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatten um den Verkauf von Kulturgut aus öffentlichen Museen, Bibliotheken oder Archiven ist es überfällig, dass auch national wertvolle Kunstwerke, Bücher und Handschriften aus öffentlichem Besitz in das Verzeichnis national wertvoller Kulturgüter aufgenommen werden können, um einen Verkauf in das Ausland zu verhindern. Das Kulturgutschutzgesetz muss entsprechend reformiert werden. Wie das Beispiel der Landesregierung Baden-Württemberg zeigt, muss eine Reform des Kulturgutschutzgesetzes auch sicherstellen, dass diejenigen, die über die Eintragung des Kulturgutes in das Verzeichnis entscheiden, heute die obersten Landesbehörden, möglicherweise diejenigen sind, die selbst Kulturgüter verkaufen wollen. Dieser Interessenkonflikt muss bei der Reform des Gesetzes gelöst werden.“
Kommentar
Das greift zu kurz. Ein wirksamer Schutz historischer Sammlungen kann nur über die Denkmalschutzgesetze der Länder erzielt werden.
Das Kulturgutschutzgesetz kann nicht verhindern, wenn
* Kulturgut vernichtet
* in deutschen Privatbesitz unzugänglich verkauft oder
* Sammlungen im Inland durch Einzelverkäufe zerstreut werden.
An den Erlass eines Bundesdenkmalschutzgesetzes ist angesichts der festzementierten Kulturhoheit der Länder nicht zu denken. Nur im Konsens mit den Ländern sind künftige Regelungen, die einen besseren Kulturgüterschutz bewirken, denkbar.
Auch wenn man bürgerlichrechtlich Kulturgüter als "res extra commercium" definieren würde, stellen sich die Fragen
* wer über die Eigenschaft als Kulturgut entscheidet und
* ob die entsprechende Einstufung irreversibel ist.
Da die Delegation der Entscheidung an eine staatsferne Bürgerstiftung nicht zu erwarten ist, liegt der Schlüssel aus Gründen der Kulturhoheit bei den Ländern.
Ein landesgesetzlicher Kulturgutschutz muss an die Regelungen des jeweiligen Denkmalschutzgesetzes anknüpfen, da es um bewegliche Kulturdenkmale geht, an deren Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht.
Angesichts der hohen Hürden für die Eintragung von beweglichen Kulturdenkmalen in die Denkmalbücher/Denkmalllisten der Länder spricht nichts dagegen, die Kategorien der in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes/Archive eingetragenen Kulturgüter und die nach Denkmalschutzrecht geschützten Kulturdenkmale zusammenzuwerfen.
Zugleich muss das Problem der von öffentlichen (insbesondere: staatlichen) Sammlungen verwalteten Kulturgüter gelöst werden, was z.B. auch Auswirkungen bei der Rückführung illegal ins Ausland verbrachter Stücke hat.
Ein eigenes Initiativrecht des Bundes aus gesamtstaatlicher Verantwortung heraus, wie es derzeit im Kulturgutschutzgesetz besteht, ist beizubehalten.
Ein moderates Verbandsklagerecht beim Kulturgutschutz ist unverzichtbar.
Kommunalrechtliche und stiftungsrechtliche Genehmigungsvorbehalte bei der Veräußerung von Sachen mit wissenschaftlichem, künstlerischem usw. Wert sind mit dem Kulturgutschutz abzustimmen.
FeliNo meinte am 2006/10/27 20:34:
Muss der Staat sich vor sich selbst schützen?
Klaus Graf hat recht mit seiner weiter gehenden Forderung. Das "Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes vor Abwanderung", wie es korrekt heißt, hatte 1955 den Verkauf aus Privatbesitz zu kontrollieren gedacht; daran, dass "der Staat" selbst auf die Idee kommen könnte, seinen gar Jahrzehnte gehegten Besitz an Kunst und Schriften zu privatisieren um seiner Kassen wegen, hat bis zur letzten Novellierung 2001 offenbar niemand gedacht. Der Versuch in Baden-Württemberg zeigt, dass es hohe Zeit zu sein scheint, dass der Staat sich vor sich selber schützt, indem der Gesetzgeber den für vier Jahre gewählten Regierungen der Länder auch nur den Gedanken an eine Versilberung ihres sogenannten "kulturellen Erbes" der beweglichen Art untersagt. Der Fall in B-W zeigt auch, dass die Rechtsform der "Stiftung", die in ihren diversen Varianten den besonderen "Schutz" als conditio sine qua non enthält, offenbar durch (auch juristische) Winkelzüge zu unterlaufen ist. Hier ist es m. E. die Pflicht des Bundestages und des Bundesrats, den Länderparlamenten eindeutige Vorgaben für eine Gesetzgebung zu machen.
Ich möchte ich Grafs Argumentation noch um einen Gedanken ergänzen: ein großes Staatsarchiv kalkuliert pro Archivalie einen Benutzer in 50 Jahren. Nach der Kosten-Nutzen-Rechnung heutiger Finanzpolitik könnten da glatt zwei Drittel weg. Es ist absurd anzunehmen, dass Handschriften oder Gemälde nur dann für die Gemeinschaft von "Wert" sind, wenn sie täglich in der BILD-Zeitung stehen oder im Zentralabitur abgefragt werden. Sie sind zum Teil schon hunderte von Jahren da; nur als Staatsbesitz haben sie eine Chance, es nochmal ein paar Jahrhunderte zu schaffen.
Politikern, die anders denken, ist zu empfehlen, sich vor ihrer Wahl mal ins Magazin einer großen und alten Staats- oder Universitätsbibliothek führen zu lassen; wenn sie dann nicht bescheiden werden, sollten sie's einfach mit dem Regieren lassen.