Man glaubt es kaum: Die Stadt Balve hat als Untere Denkmalbehörde eine simple Vereinsfahne des 19. Jahrhunderts als bewegliches Denkmal in die Denkmalliste eingetragen.
Der Westfälische Anzeiger berichtet (mit Bild der Vereinsfahne):
In der Denkmalliste der Stadt werden die Vereinsfahne des Gesangvereins "Concordia" Beckum und die Landsbergsche Bibliothek auf Schloss Wocklum als bewegliche Denkmäler geführt.
Die Vereinsfahne aus dem Jahr 1896 sei von besonderer Bedeutung, da sie ein Symbol des Gemeindelebens im über 700 Jahre alten Stadtteil Beckum darstelle, heißt es in der Denkmalliste. Weiter: "Die Fahne ist eine Urkunde der Orts- und Vereinsgeschichte und hat wegen ihres hohen Alters auch über den Ort hinausweisenden Zeugniswert für die Geschichte des Sängerwesens." Die Darstellung von Lyra, Schwan, Notenheft, Klarinette und Triangel im Lorbeerkranz sei mit kunsthandwerklichem Anspruch gestaltet und ausgeführt.
Noch weit älter als die Beckumer Vereinsfahne ist die 474 Bände umfassende Bibliothek der Familie Landsberg-Velen auf Schloss Wocklum. Gut 50 Bände stammen aus dem 15. und 16. Jahrhundert, darunter zum Beispiel das äußerst seltene "Livre de l'art de faulconnerie" von Jean de Franchières. Auch 22 so genannte Inkunabeln, Anfangserzeugnisse des Buchdrucks aus der Zeit vor 1500, sind noch vorhanden. Bei den restlichen Büchern handelt es sich um Ausgaben des 17. und 18. Jahrhunderts. Ursprünglich bestand die Bibliothek einmal aus rund 13 000 Büchern, zusammengetragen aus den drei Adelsbibliotheken in Wocklum, Velen und Gemen. Sie enthielt auch die naturwissenschaftliche Spezialbibliothek des Engelbert von Landsberg-Drensteinfurt. Der weitaus größte Teil wurde allerdings in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts veräußert.
"Es handelt sich um eine wissenschaftlich bedeutsame, in sich geschlossene Adelsbibliothek mit einer historisch hohen Aussagekraft über die Bildungsintentionen und die Informationsbeschaffung einer politischen und sozialen Führungsschicht", wird die Bedeutung dieser Sammlung in der Denkmalliste der Stadt Balve skizziert. Die Gesamtbibliothek sei ein Zeugnis der Vergangenheit gewesen, die für das Geschichtsbild einer Epoche als bedeutend habe eingestuft werden können. Der verbliebene Rest enthalte noch Spuren dieser ehemaligen Bedeutung. Die Bibliothek ist inzwischen mit EDV-Technik inventarisiert worden und kann über die Universitäts- und Landesbibliothek Münster überregional recherchiert werden.
http://www.come-on.de/lokales/story.php?id=208760
Rechtslage bei beweglichen Denkmälern (außer Bodendenkmälern) in Nordrhein-Westfalen
NRW-Denkmalschutzgesetz
http://www.recht.nrw.de/gesetze/Gesetz4488/4488.pdf
Zuständig für die Eintragung in die Denkmalliste ist die untere Denkmalbehörde (also die Gemeinde). Sie erfolgt im Benehmen mit dem zuständigen Landschaftsverband.
Archivgut kann nach § 2 Abs. 6 nicht in die Denkmalliste eingetragen werden, da es vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen ist - hier hat der Gesetzgeber nachzubessern, denn auch das Archivgesetz enthält keinerlei Vorschriften über privates Archivgut!
§ 3 Abs. 5 lautet:
"Die Denkmalliste steht hinsichtlich der Eintragung von Baudenkmälern und ortsfesten
Bodendenkmälern jedermann zur Einsicht offen. Hinsichtlich der Eintragung von beweglichen
Denkmälern ist die Einsicht nur dem Eigentümer und den sonst dinglich Berechtigten oder von
ihnen besonders Ermächtigten gestattet." Satz 2 geht eindeutig zu weit. § 2 Abs. 1 lautet: "Denkmäler sind Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren Erhaltung
und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Ein öffentliches Interesse besteht, wenn die
Sachen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die
Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und für die Erhaltung und Nutzung
künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen." Durch die Bindung des Denkmalbegriffs an das öffentliche Interesse in § 2 ist für eine Geheimhaltung der Liste der beweglichen Bodendenkmäler kein Platz - sie ist für wissenschaftliche Forschung und journalistische Recherchen oder Auskunftsersuchen nach dem NRW-IFG gegebenenfalls in anonymisierter Form zur Verfügung zu stellen. Nur soweit die Öffentlichkeit oder hinreichend viele Experten den Denkmalwert anerkennen, kann ein Schutz im öffentlichen Interesse gerechtfertigt werden (analog zu den Baudenkmälern Kleeberg/Eberl, Kulturgüter in Privatbesitz, 2. Aufl. 2001, Rdnr. 43 mit Anm. 32 auf S. 63). Dass der Staat die Befugnis hat, im Bereich der beweglichen Denkmäler gleichsam exklusiv - also ohne Rücksicht auf die Bevölkerung oder Sachverständige, die ja beide von Gesetz wegen von der Einsicht und damit auch der Kenntnis der Denkmalliste ausgeschlossen sind - zu urteilen, lässt sich keinem Denkmalschutzgesetz entnehmen.
§ 3 bestimmt: "bewegliche Denkmäler sind nur
einzutragen, wenn dies wegen ihrer besonderen Bedeutung, die auch in einem historisch
begründeten Ortsbezug liegen kann, angebracht erscheint. Mit der Eintragung oder der
vorläufigen Unterschutzstellung unterliegen sie den Vorschriften dieses Gesetzes. Werden
bewegliche Denkmäler von einer öffentlichen Einrichtung betreut, so bedürfen sie nicht der
Eintragung in die Denkmalliste; sie unterliegen gleichwohl den Vorschriften dieses Gesetzes."
Eine Enteignung von beweglichen Denkmälern ist nicht vorgesehen.
Den Eigentümer treffen die üblichen Erhaltungspflichten.
§ 22 Abs. 3 nomiert als Aufgabe der Landschaftsverbände: die "wissenschaftliche Untersuchung und Erforschung der Denkmäler sowie deren Veröffentlichung und wissenschaftliche Behandlung der Fragen von Methodik und Praxis der Denkmalpflege". Es ist verfassungsrechtlich anerkannt, dass der Staat kein Forschungs-Monopol beanspruchen kann. Soweit die Landschaftsverbände die Möglichkeit eingeräumt bekommen, über die Auskunfts- und prüfungspflichten des Gesetzes hinaus Forschung an privaten Denkmälern zu betreiben, ist sicherzustellen, dass auch jeder andere Wissenschaftler dies tun kann. Dies ergibt sich aus Art. 5 GG.
Der Westfälische Anzeiger berichtet (mit Bild der Vereinsfahne):
In der Denkmalliste der Stadt werden die Vereinsfahne des Gesangvereins "Concordia" Beckum und die Landsbergsche Bibliothek auf Schloss Wocklum als bewegliche Denkmäler geführt.
Die Vereinsfahne aus dem Jahr 1896 sei von besonderer Bedeutung, da sie ein Symbol des Gemeindelebens im über 700 Jahre alten Stadtteil Beckum darstelle, heißt es in der Denkmalliste. Weiter: "Die Fahne ist eine Urkunde der Orts- und Vereinsgeschichte und hat wegen ihres hohen Alters auch über den Ort hinausweisenden Zeugniswert für die Geschichte des Sängerwesens." Die Darstellung von Lyra, Schwan, Notenheft, Klarinette und Triangel im Lorbeerkranz sei mit kunsthandwerklichem Anspruch gestaltet und ausgeführt.
Noch weit älter als die Beckumer Vereinsfahne ist die 474 Bände umfassende Bibliothek der Familie Landsberg-Velen auf Schloss Wocklum. Gut 50 Bände stammen aus dem 15. und 16. Jahrhundert, darunter zum Beispiel das äußerst seltene "Livre de l'art de faulconnerie" von Jean de Franchières. Auch 22 so genannte Inkunabeln, Anfangserzeugnisse des Buchdrucks aus der Zeit vor 1500, sind noch vorhanden. Bei den restlichen Büchern handelt es sich um Ausgaben des 17. und 18. Jahrhunderts. Ursprünglich bestand die Bibliothek einmal aus rund 13 000 Büchern, zusammengetragen aus den drei Adelsbibliotheken in Wocklum, Velen und Gemen. Sie enthielt auch die naturwissenschaftliche Spezialbibliothek des Engelbert von Landsberg-Drensteinfurt. Der weitaus größte Teil wurde allerdings in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts veräußert.
"Es handelt sich um eine wissenschaftlich bedeutsame, in sich geschlossene Adelsbibliothek mit einer historisch hohen Aussagekraft über die Bildungsintentionen und die Informationsbeschaffung einer politischen und sozialen Führungsschicht", wird die Bedeutung dieser Sammlung in der Denkmalliste der Stadt Balve skizziert. Die Gesamtbibliothek sei ein Zeugnis der Vergangenheit gewesen, die für das Geschichtsbild einer Epoche als bedeutend habe eingestuft werden können. Der verbliebene Rest enthalte noch Spuren dieser ehemaligen Bedeutung. Die Bibliothek ist inzwischen mit EDV-Technik inventarisiert worden und kann über die Universitäts- und Landesbibliothek Münster überregional recherchiert werden.
http://www.come-on.de/lokales/story.php?id=208760
Rechtslage bei beweglichen Denkmälern (außer Bodendenkmälern) in Nordrhein-Westfalen
NRW-Denkmalschutzgesetz
http://www.recht.nrw.de/gesetze/Gesetz4488/4488.pdf
Zuständig für die Eintragung in die Denkmalliste ist die untere Denkmalbehörde (also die Gemeinde). Sie erfolgt im Benehmen mit dem zuständigen Landschaftsverband.
Archivgut kann nach § 2 Abs. 6 nicht in die Denkmalliste eingetragen werden, da es vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen ist - hier hat der Gesetzgeber nachzubessern, denn auch das Archivgesetz enthält keinerlei Vorschriften über privates Archivgut!
§ 3 Abs. 5 lautet:
"Die Denkmalliste steht hinsichtlich der Eintragung von Baudenkmälern und ortsfesten
Bodendenkmälern jedermann zur Einsicht offen. Hinsichtlich der Eintragung von beweglichen
Denkmälern ist die Einsicht nur dem Eigentümer und den sonst dinglich Berechtigten oder von
ihnen besonders Ermächtigten gestattet." Satz 2 geht eindeutig zu weit. § 2 Abs. 1 lautet: "Denkmäler sind Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren Erhaltung
und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Ein öffentliches Interesse besteht, wenn die
Sachen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die
Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und für die Erhaltung und Nutzung
künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen." Durch die Bindung des Denkmalbegriffs an das öffentliche Interesse in § 2 ist für eine Geheimhaltung der Liste der beweglichen Bodendenkmäler kein Platz - sie ist für wissenschaftliche Forschung und journalistische Recherchen oder Auskunftsersuchen nach dem NRW-IFG gegebenenfalls in anonymisierter Form zur Verfügung zu stellen. Nur soweit die Öffentlichkeit oder hinreichend viele Experten den Denkmalwert anerkennen, kann ein Schutz im öffentlichen Interesse gerechtfertigt werden (analog zu den Baudenkmälern Kleeberg/Eberl, Kulturgüter in Privatbesitz, 2. Aufl. 2001, Rdnr. 43 mit Anm. 32 auf S. 63). Dass der Staat die Befugnis hat, im Bereich der beweglichen Denkmäler gleichsam exklusiv - also ohne Rücksicht auf die Bevölkerung oder Sachverständige, die ja beide von Gesetz wegen von der Einsicht und damit auch der Kenntnis der Denkmalliste ausgeschlossen sind - zu urteilen, lässt sich keinem Denkmalschutzgesetz entnehmen.
§ 3 bestimmt: "bewegliche Denkmäler sind nur
einzutragen, wenn dies wegen ihrer besonderen Bedeutung, die auch in einem historisch
begründeten Ortsbezug liegen kann, angebracht erscheint. Mit der Eintragung oder der
vorläufigen Unterschutzstellung unterliegen sie den Vorschriften dieses Gesetzes. Werden
bewegliche Denkmäler von einer öffentlichen Einrichtung betreut, so bedürfen sie nicht der
Eintragung in die Denkmalliste; sie unterliegen gleichwohl den Vorschriften dieses Gesetzes."
Eine Enteignung von beweglichen Denkmälern ist nicht vorgesehen.
Den Eigentümer treffen die üblichen Erhaltungspflichten.
§ 22 Abs. 3 nomiert als Aufgabe der Landschaftsverbände: die "wissenschaftliche Untersuchung und Erforschung der Denkmäler sowie deren Veröffentlichung und wissenschaftliche Behandlung der Fragen von Methodik und Praxis der Denkmalpflege". Es ist verfassungsrechtlich anerkannt, dass der Staat kein Forschungs-Monopol beanspruchen kann. Soweit die Landschaftsverbände die Möglichkeit eingeräumt bekommen, über die Auskunfts- und prüfungspflichten des Gesetzes hinaus Forschung an privaten Denkmälern zu betreiben, ist sicherzustellen, dass auch jeder andere Wissenschaftler dies tun kann. Dies ergibt sich aus Art. 5 GG.