"Ich wohne in einem Forsthaus und fahre ohne Chauffeur".
Bernhard von Baden wirbt für eine sachliche Auseinandersetzung im Kulturgüterstreit / Erhalt von Schloss Salem im Mittelpunkt.
Das Haus Baden beansprucht laut Interview weiterhin 70 Mio. € als Ausgleich, die uns grundsätzlich frei zur Verfügung stehen. Das lässt trotz des Nachsatzes "Dennoch möchten wir diese Summe nicht privat verwenden" aufhorchen. Ebenso, dass Bernhard von Baden voll Stolz sagt: "Mit Eberstein und dem Neuen Schloss in Baden-Baden haben wir gezeigt, dass wir unserer Verantwortung gerecht werden."
Bernhard von Baden macht nun Druck: "Wenn es jetzt notwendig geworden ist, Details zu überprüfen, werden wir uns dafür die nötige Zeit nehmen. Natürlich führt das zu immensen weiteren Kosten. Nehmen Sie unser Dachsanierungsprojekt am Schloss, das mit acht Millionen Euro für die nächsten Jahre kalkuliert ist. Da mache ich mir natürlich schon Sorge, wie die Dinge weitergehen. Das Risiko für meine Familie und die Arbeitsplätze in Salem steigt. Deshalb müssen sich alle Beteiligten bemühen, die nötigen Klärungen zeitnah und konzentriert zu erledigen. Unter diesen Umständen dürfen die Klärungen nicht jahrelang dauern. (...)"
Bernhard Prinz von Baden geht in einem Gespräch mit den in Karlsruhe erscheinenden "Badischen Neuesten Nachrichten" in Sachen Kulturgüterstreit gewissermaßen auf Los zurück: Er fordert erneut eine Stiftung für den Unterhalt der Anlage Schloß Salem im Besitz der Markgrafenfamilie; er beharrt darauf, daß zwischen einst regierendem Haus und dem Land Baden-Württemberg Kulturgut im Wert von "mehreren hundert Millionen Euro" umstritten sei und daß sein Haus "im Wege eines Vergleichs" dafür vom Land nach wie vor siebzig Millionen Euro zu erhalten habe, die ihm "grundsätzlich frei zur Verfügung stehen". Damit fällt Prinz Bernhard tatsächlich noch hinter die womöglich auch schon überholten Pläne der Landesregierung zurück, den Unterhalt von Salem durch ein "Dreisäulenmodell" sicherzustellen, das mit Geldern von Land, Landesstiftung und Sponsoren dreißig Millionen Euro bereitzustellen hätte. Ursprünglich sollte die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe für Salem ihre wertvollsten Handschriften verkaufen, um mit ihnen auf dem Kunstmarkt siebzig Millionen Euro zu erlösen. Internationale Proteste verhinderten dieses Modell.
Prinz Bernhard sieht sich nun einer "Kampagne" gegenüber, vor allem da in den Medien immer wieder Bücher abgebildet würden, über deren Verkauf noch gar nicht entschieden sei. Ihm mag dabei entgangen sein, daß ohne den Verkauf genau dieser immer wieder gezeigten Bände nie im Leben siebzig Millionen Euro durch Bücher einzuspielen wären. Er wünscht außerdem, daß "die nötigen Klärungen zeitnah zu erledigen" sind. Dieser Wunsch geht am Vorhaben der Expertenkommission im baden-württembergischen Kultusministerium vorbei: Die darin versammelten Juristen und Historiker arbeiten an einer Klärung der komplexen rechtshistorischen Weichenstellungen, die seit 1802 mit der Säkularisation und seit 1918/19 durch die Revolution in Baden entstanden sind. Hier geht es um eine grundlegende Klärung der Besitzverhältnisse. (rmg)
Pressemitteilung vom 28.12.2006 (pdf)
MdL Nils Schmid: „Die verhängnisvolle Verknüpfung der Salem-Sanierung mit den badischen Kulturgütern darf nicht zu oberflächlicher Hudelei in der Eigentumsfrage führen“
In einer Reaktion auf Interview-Äußerungen des Prinzen von Baden pocht die SPD-Landtagsfraktion weiter auf eine verlässliche Klärung der Eigentumsverhältnisse bei den badischen Kulturgütern. „Gründlichkeit geht vor Eile. Die verhängnisvolle Verknüpfung der Salem-Sanierung mit den badischen Kulturgütern darf nicht zu oberflächlicher Hudelei in der Eigentumsfrage führen“, sagte SPD-Fraktionsvize Nils Schmid, der Obmann in dem von der SPD beantragten Untersuchungsausschuss zum Kulturgüterstreit werden soll.
Schmid bekräftigte zwar das grundsätzliche Einverständnis der SPD mit einer Beteiligung der öffentlichen Hand an der Sanierung der Salemer Liegenschaften, lehnte aber eine Verknüpfung der Salem-Sanierung mit dem mittlerweile höchst unsicher gewordenen Kunstgüter-Deal als „verhängnisvollen Weg“ erneut ab.
Er wertete die Äußerungen des Prinzen von Baden auch als eine Bestätigung der Ausgangsposition der SPD-Fraktion bei der Beantragung eines Untersuchungs- ausschusses, bei der die SPD von abgeschlossenem Regierungshandeln ausging. „Das Haus Baden hat die millionenteuren Sanierungen für das Jahr 2007 natürlich deshalb eingeleitet, weil es darauf vertraut hat, dass die getroffenen Verabredungen mit der Landesregierung Bestand haben“, so Schmid.
Martin MendlerStellv. Pressesprecher
Es wird spannend wie in einem Agentenfilm.
Im Kulturjahr 2007 stehen einige wegweisende Entscheidungen an.
... Die derzeit brisanteste Frage freilich betrifft zwar die Region, wird jedoch nicht hier, sondern in Stuttgart entschieden. Noch ist der so genannte badische Kulturgüterstreit nicht ausgefochten. Zwar hat es die Landesregierung (vorerst) aufgegeben, im Hauruck-Verfahren und gleichsam hinter dem Rücken des Volkes einen Vertrag mit der Familie von Baden zu schließen, an dessen Seriosität von namhaften Juristen und Historikern sehr rasch fundierte Zweifel angemeldet wurden. Inzwischen hat man eine Expertenkommission einberufen, die stichhaltig prüfen soll, welche Kunstobjekte und Kulturgegenstände möglicherweise noch Eigentum der Nachfahren des letzten badischen Großherzogs sein könnten. Der gegenwärtige Repräsentant der Familie, Bernhard von Baden, führt "Ansprüche an den großherzoglichen Sammlungen in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro" ins Feld - ohne die Grundlagen dieser Schätzung zu benennen. Doch das ist nur einer der Widersprüche, mit denen er die Debatte in Gang hält. Als der Plan ruchbar wurde, durch den Verkauf von Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek 70 Millionen Euro zu erzielen, die dann dem Haus Baden überlassen werden sollten, tat Bernhard von Baden in einer Presseerklärung kund: "Die Veräußerung eines Teils der Handschriften und Druckwerke aus den Tresoren der Badischen Landesbibliothek ist zwar schmerzlich, im Rahmen der beiderseitigen Interessensabwägungen letztlich aber unabwendbar." Neuerdings ist die Rede davon, dass "doch noch gar keine Auswahl stattgefunden habe", und wird ein Loblied auf das Drei-Säulen-Modell gesungen, dass unter anderem darauf basiert, dass dem ohnehin stets gefährdeten Kulturetat weitere zehn Millionen Euro entzogen werden sollen.
Von "Indiskretionen" spricht Bernhard von Baden, als befinde man sich bei Hofe und nicht in einer demokratischen Gesellschaft, in der es gilt, Entscheidungsprozesse transparent zu machen. Insofern stellt er die Landesregierung im neuen Jahr vor eine große Aufgabe: Sie muss zeigen, dass eine etwaige Vereinbarung mit dem Haus Baden nicht durch dubiose Geheimabsprachen zu Stande kam, und sie muss beweisen, dass sie sich bei möglichen finanziellen Zugeständnissen an die Familie von Baden allein an das juristische und kulturpolitisch Notwendige gehalten hat. Und sie wird, wenn zu diesem Zweck eine Stiftung eingerichtet wird, dafür Sorge tragen müssen, dass sie diesmal auch künftigen Anfechtungen standhält - und nicht wie die Zähringer-Stiftung Jahrzehnte nach ihrer Gründung von einem markgräflichen Nachkömmling restlos infrage gestellt wird. (...)