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Stuttgarter Nachrichten und Sindelfinger Zeitung/Böblinger Zeitung vom 17.2.2007:
Fachmann, Buhmann, Edelmann: Graf Douglas holt Kunst aus Kellern / von Arnold Rieger
http://www.szbz.de/ueberregional/hintergrund/Artikel914021.cfm

Der Blick bleibt an einem Ölgemälde haften: Lovis Corinths Darstellung eines badischen Offiziers von 1893. Ein Bild mit "persönlichem Bezug", erläutert der gebürtige Konstanzer: "Ich bin ein patriotischer Badener und liebe meine Heimat."

Es gibt nicht wenige Politiker und Museumsleute, die ihm das glatte Gegenteil unterstellen. Die in ihm die treibende Kraft beim Versuch des Hauses Baden sehen, mit dem Verkauf bedeutsamer Handschriften seine Kasse zu füllen. Ein Geschäft, in das der Ministerpräsident beinahe eingeschlagen hätte - bot doch die Familie an, einen Schlussstrich unter den uralten Streit um die Besitzrechte zu ziehen.

Doch dann entdeckte ein Historiker, dass einige der Gemälde längst in Landesbesitz sind. Und plötzlich kam der Name Douglas ins Spiel. Denn seither steht der Graf im Verdacht, er habe schon bei früheren Auktionen dem Land Dinge verkauft, "die eigentlich schon längst uns gehören", wie die frühere Karlsruher Regierungspräsidentin Gerlinde Hämmerle mutmaßt. Zum Beispiel 1995, als er noch Deutschland-Chef des Auktionshauses Sotheby's war und fast das gesamte Inventar des Neuen Schlosses zu Baden-Baden unter den Hammer nahm.

Der mittlerweile selbstständige Kunstberater geriet in die Rolle eines zweifelhaften Vermittlers, von dem der Chef der Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen, Alfried Wieczorek, behauptet, er habe in erster Linie Verkaufsinteressen. Dass er darüber hinaus weitläufig mit dem Haus Baden verwandt ist und in der Zähringerstiftung sitzt - einer Konstruktion, in der die großherzogliche Familie einst viele der Kunstwerke einbrachte -, schürt zusätzlich Misstrauen.

Profit statt Patriotismus? "Die Unterstellungen sind gemein und hinterlistig", sagt der 58-Jährige, ohne die Contenance zu verlieren. Ja, er habe Prinz Bernhard zu einem Vergleich mit dem Land geraten: "Verzichte auf alle Rechte und schau, dass Schloss Salem in eine Stiftung kommt." Doch wer soll diese ausstatten? "Ich verstehe, dass der Finanzminister sagt, wir haben das Geld nicht sofort. Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden." Den Verkauf von Handschriften jedenfalls habe er nie propagiert. "Ich glaube auch nicht, dass das notwendig ist", sagt er und hofft, dass das Land das Geld doch noch aufbringt.

Aber waren nicht zehn der 70 Millionen Euro, die das Handschriften-Geschäft bringen sollte, für ihn reserviert? "Ein Auktionshaus verlangt 25 bis 30 Prozent", rechnet er vor. Insofern seien die zehn Millionen realistisch - aber nicht für seine Schatulle: "Ich würde mich weigern, vom Verkauf der Handschriften zu profitieren", sagt der Adelige, der mit einer Tochter des Unternehmers Rudolf-August Oetker verheiratet ist.

Politiker wie der Grünen-Landtagsabgeordnete Jürgen Walter sprechen ihm diese Uneigennützigkeit ab. Das liegt auch daran, dass Douglas mit vergleichbaren Geschäften schon öfters gutes Geld verdient hat. Ob für die Thurn und Taxis (1993), die Badener (1995), die Fürstenberger (1992, 1999, 2001) oder die Welfen (2005): Jedes Mal werfen ihm Kritiker vor, er zerstückle geschlossene Sammlungen. Um des Profits willen.

Graf Douglas schüttelt den Kopf. Er habe doch bei der Baden-Versteigerung dem Land alles zu einem Fixpreis angeboten: gerade mal ein Drittel jener 40 Millionen, die der Markgraf später mit der Auktion erzielte. Die SPD sprach damals von Fürstennippes und fürchtete, dem Wähler dieses Geschäft nicht vermitteln zu können.

Der Kunsthistoriker lässt aber auch durchblicken, dass Eigentümer bisweilen andere Interessen haben, als geschichtliche Zusammenhänge zu wahren - wenn ihnen das Wasser bis zum Hals steht. Er jedenfalls habe dafür gekämpft, dass die Donaueschinger Bibliothek am Ort bleibe oder die graue Passion nach Stuttgart komme. Und dass der Unternehmer Reinhold Würth die alten Meister der Fürstenberger gekauft hat, hält er sich ebenfalls zugute.

Und die Marienburg? Das Schloss der Hannoveraner sei "als Gesamtkunstwerk entkernt" worden, warfen ihm Kollegen vor anderthalb Jahren vor. "Die haben keine Ahnung von den Zusammenhängen", sagt der promovierte Kunsthistoriker, der in Gremien wie dem Kuratorium des Max-Planck-Instituts für Kunstgeschichte (Bibliotheca Hertziana) sitzt. Alles ursprüngliche Inventar sei erhalten, aus dem "verstaubten Lager" sei ein lupenreines neugotisches Museum geworden. Auch das Lager der Thurn und Taxis habe Luft gebraucht. "Kunst muss geliebt und gepflegt werden, nicht gehortet", schleudert er allen privaten und öffentlich bestellten Sammlern entgegen, die ihre Schätze bunkern. Die Karlsruher Handschriften seien ja erst als Folge der öffentlichen Diskussion gezeigt worden.


Zu Graf Douglas:
http://archiv.twoday.net/stories/3212838/
http://archiv.twoday.net/stories/3203763/#3203912
http://archiv.twoday.net/stories/2835338/

Richtig ist: Die Landesregierung von BW hat nicht dementiert, dass eine Provision für Graf Douglas im Gespräch war. Von daher sind die Beteuerungen eines Bocks, der sich als Gärtner aufspielt, nicht glaubhaft. Er hat die Zerstückelung schützenswerter historischer Sammlungen auf dem Gewissen, daran ist nicht zu rütteln. Ihm geht es primär um den Profit (seinen eigenen und den seiner Auftraggeber bzw. der Auktionshäuser), wenn sich nebenbei ein bissel Kulturgutschutz ergibt, schmückt er sich gern damit.
 

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