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http://archiv.twoday.net/stories/3299134/#3417709
BCK meinte am 2007/03/10 20:46:

In der jüngsten aufgeregten Presseberichterstattung gibt es nicht nur wenig Neues, sondern auch haarsträubende Ungenauigkeiten und Fehler. So schreibt z.B. die Online-Zeitung ka-News vom 09.03.2007 von "Chaos im Wirtschaftsministerium" (sic!), hält den Weingroßhändler und Stifter der ehem. Großherzoglichen Bildergalerie in Baden-Baden, Louis Jüncke, für einen Maler und "Vilma Parlaghy" für den Titel eines seiner Bilder. Erschreckend auch die geringe Halbwertszeit früherer Berichterstattung. So haben z.B. die Badischen neuesten Nachrichten (in ihrer Ausgabe vom 09.03.2007), und die Schwäbische Zeitung (in ihrer Ausgabe vom 08.03.2007 ; beide via BLB Karlsruhe) jetzt erst mitbekommen, dass von interessierter Seite die juristische Wirksamkeit der Zähringer-Stiftung infrage gestellt wird. Die Schwäbische Zeitung ("Seltsame Blüten im Handschriftenstreit", 08.03.2007) reimt sich den Vorgang um den Verkauf dann ganz abenteuerlich zusammen, so als sei 1995 für die infrage stehenden Gemälde eine Einzelfallprüfung vorgenommen worden:

"Zunächst war die Stiftung als Eigentümerin der Kunstwerke ausgeschlossen und der Verkauf damit erlaubt worden. Inzwischen gibt es Vermutungen, die Bilder hätten doch der Stiftung gehört."

Dass das Presseecho jetzt plötzlich so groß ist, obwohl die Fakten längst bekannt waren, ist nur auf den ersten Blick überraschend. Zum einen ist es die im "Ländle" weitverbreitete Empörung über den jetzt erstmals genannte Betrag von immerhin 60.000 DM, den das Haus Baden bei der Markgrafen-Auktion 1995 für ein Werk einsackte, das durch die Bindung an die Zähringer-Stiftung eigentlich der Allgemeinheit gehörte (es ist wohl nicht der Verlust des Bildes an sich ist, über den man sich echauffiert, sondern die Dreistigkeit des Hauses Baden). Dabei wird natürlich der viel größere Skandal übersehen, dass das Haus Baden immer noch 70 Millionen EUR haben will, obwohl die ursprünglich wohl eingeplante Provision in Höhe von 10 Millionen EUR für Graf Douglas mit dem Verzicht auf einen Verkauf von Kulturgütern ja nun vom Tisch sein müsste.

Zum anderen wird hier aber wieder deutlich, dass die Medien, befördert durch solche geschlossenen "Klüngel" wie die Landespressekonferenz Baden-Württemberg, welche die Berichte und Skandale aus der Landespolitik "frei Haus" liefern, wenig außerhalb dieser Zirkel und des dazugehörigen Netzwerkes aus vertraulichen Kontakten zu Informanten aus der Politik wahrnehmen. Mit diesem Befund soll natürlich nicht bestritten werden, daß die LPK selbst höchst erfolgreich darin war, die Interessen der Journalisten für eine unabhängige Berichterstattung gegenüber der Politik durchzusetzen, vgl. 50 Jahre LPK (Selbstdarstellung zur Geschichte der LPK). M.W. sind die Sitzungen der LPK nicht-öffentlich (d.h. nur akkreditierten Journalisten zugänglich, auch als Gäste können nur hauptberufliche Journalisten und Journalistinnen zugelassen werden), die Hürden für eine Akkreditierung liegen hoch (vgl. Satzung).

Blogs werden zwar als neues Phänomen registriert, aber sie gelten in den klassischen Medien von wenigen Ausnahmen abgesehen (die dann aber immer gleich in eine "Blogger-Ecke" abgeschoben und nicht in die normale Berichterstattung integriert werden) immer noch als nicht zitierfähig, selbst wenn die Qualität ihrer Berichterstattung und die Gründlichkeit ihrer Recherchen bisweilen weit über dem steht, was die etablierte Presse zu bieten hat. Wenn Klaus Graf also einen Artikel in der FAZ unterbringt, dann hat das natürlich gleich eine ganz andere Breitenwirkung.

Da ist es schon ein nicht zu unterschätzender Erfolg, wenn bspw. die Grünen in BW das Blog Archivalia als wichtige Informationsquelle entdeckt haben und für ihre parlamentarische Arbeit nutzen, der Link etwa bei Jürgen Walter MdL, Grüne im Landtag von Baden-Württemberg: Kunst und Kultur kommt nicht von ungefähr; Archivalia steht auch auf dem Presseverteiler für Themen aus Kunst und Kultur des Büros von Jürgen Walter und wird dementsprechend auch aus erster Hand versorgt (s. z.B. http://archiv.twoday.net/stories/3031885/#3034520 ). Umgekehrt wird Archivalia offenbar regelmäßig gelesen und ausgewertet (vom Büro des MdL) und Jürgen Walter erhält auch via Mail - gelegentlich wenig schmeichelhafte - Briefe von Klaus Graf. Ohne diese Informationen wäre so manche parlamentarische Anfrage der Grünen in der Causa Karlsruhe nicht so gezielt gestellt worden. Dass die Quelle nicht zitiert wird und die Grünen stattdessen frech behaupten, sie hätten das alles selbst in Karlsruhe recherchiert, wird man wohl achselzuckend hinnehmen müssen. (Immerhin haben sie in Sachen Zähringer-Stiftung wirklich schon im Landesarchiv nachrecherchiert.) Ebenso, dass die Grünen Informationen lieber häppchenweise als gebündelt anbringen, wenn's denn dazu taugt, die Affäre am Köcheln zu halten und die stümperhaft agierende Landesregierung vorzuführen und ins offene Messer rennen zu lassen. Es scheint allerdings, dass man im Ministerium inzwischen selbst Archivalia auswertet und in der jüngsten Antwort die nächste fällige Nachfrage der Grünen gleich vorweggenommen hat. Fazit: selbst wenn Blogs wie Archivalia in den Printmedien ignoriert werden, ist der Einfluss ihrer Berichterstattung offenbar größer, als ein oberflächlicher Blick vermuten lässt.

 
 

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