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"Der Verein «Doping-Opfer-Hilfe» hat den ungetrübten Blick auf den Sport längst verloren. Dieser ist im wahrsten Sinne des Wortes verstellt durch riesige Metallschränke voller Akten. Sie stehen in einem unscheinbaren Einfamilienhaus im nordbadischen Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis).

Dort haben die 15 Mitglieder des Vereins, darunter der als Dopingfahnder bekannte Heidelberger Medizinprofessor Werner Franke, in einer Wohnung ihre Materialien zusammengetragen.

Die wirklich brisanten Akten lagert der Verein allerdings an einem geheimen Ort. Dazu zählen vor allem Unterlagen aus dem Privatbesitz von ehemaligen Trainern und Sportfunktionären in der DDR. «Bis heute bekommen wir viele Schreiben von Menschen, die vor allem als Jugendliche in der DDR systematisch gedopt wurden, es aber nicht schafften, Medaillen zu gewinnen und frühzeitig wieder aus den Leistungskadern aussortiert wurden», erzählt der Vereinsvorsitzende Klaus-Dieter Zöllig.

Der 64-jährige Unfallchirurg und Sportmediziner kennt die Folgen dieser Art von Leistungsförderung nur zu genau. Deren Opfer sind heute zwischen 37 und 50 Jahre alt und leiden unter orthopädischen, hormonellen oder gynäkologischen Problemen. «Viele von ihnen wollen wissen, was ihnen angetan wurde, kommen aber wegen einer Vielzahl von Archivmaterial nicht weiter - zudem es nicht immer freigegeben ist», sagt Zöllig. Das Dopingarchiv kann ihnen dank seiner gut sortierten Unterlagen oft helfen.

Der Verein hat zudem ein zentrales Register für leistungssteigernde Substanzen erstellt. Es steht, ebenso wie die umfangreiche Sammlung von Zeitungsartikeln und Fernsehberichten, allen interessierten Bürgern nach Voranmeldung offen. Viermal im Jahr organisiert das Archiv zudem Fachvorträge zum Thema.

Im Moment besteht kein Anlass zur Hoffnung, dass dem Verein die Arbeit ausgeht. Im Gegenteil. «Doping gibt es trotz der öffentlichen Ächtung immer noch, wie wir ja jüngst bei der Fußballfrauen-Weltmeisterschaft gesehen haben», sagt Zöllig mit Blick auf die Nordkoreanerinnen. «Neu war für mich, dass eine ganze Mannschaft in den Verdacht geriet, gedopt zu sein.»

Der Fall ist für den Mediziner auch interessant, weil die Frauen auf Testosteron zurückgegriffen haben sollen. «Wer den alten Kram noch nimmt, fällt halt sofort auf. Die Nordkoreaner haben zumindest bewiesen, dass sie nicht wissen, wie man es richtig macht. Da rächt sich die Isolierung des Landes», sagt Zöllig mit ironischem Unterton.

Der Hintergrund dieser Bemerkung ist allerdings ernst. Der Wissenschaftler weiß genau, dass die Sucht nach Leistungssteigerung unermesslich ist. «Im Fußball werden auch bei den Männern immer noch Amphetamine, Wachmacher, Stimmungsaufheller und sogar Haarwuchsmittel benutzt.» Zudem seien etliche Dopingmittel neuer Generation auf dem Markt. «Sie werden mit Hilfe der Gentechnik entwickelt und sind nur schwer nachweisbar.»


Quelle: © sueddeutsche.de - erschienen am 18.07.2011
 

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