Nicht ganz 99 Thesen hat Ulrich Sieber dem Gesetzgeber dazu gerade ans Infobrett genagelt. In einem Memorandum kommt der renommierte Freiburger Informationsrechtler zu dem Schluss, dass "bei den bisherigen Reformen des Urheberrechts die Bedürfnisse des Bildungsbereiches nicht ausreichend berücksichtigt oder klargestellt wurden." Hintergrund der Denkschrift ist die im vorigen Jahr begonnene Modernisierung des deutschen Urheberrechts. Dabei war auch die Nutzung geschützter Werke im Unterricht neu geregelt worden. Nicht immer zum Vorteil von Lehrern und Schülern, wie Sieber jetzt moniert.
Siebers Kritik ist keine graue Theorie. Das Memorandum beruht auf Erfahrungen von "Lehrer-Online", einer vom Bundesbildungsministerium geförderten Internet-Plattform für den schulischen Einsatz neuer Medien. In der Rechtsredaktion von "Lehrer-Online" hört Katrin Napp täglich, welche Sorgen die Lehrer in der Praxis plagen. "Die meisten Fragen betreffen Veröffentlichungen im Internet und Filmvorführungen. Aber auch die Nutzung schulinterner Datennetze hat Unsicherheiten entstehen lassen."
Gerade im Online-Bereich sieht Sieber den Lehrern dicke urheberrechtliche Knüppel zwischen die Beine geworfen, etwa beim Speichern von geschützten Texten und Bildern auf dem Schulserver. Diese sei nach den getroffenen Regelungen nur zulässig, wenn sie unmittelbar für einen konkreten Unterricht erfolge. Doch selbst wenn die Materialien rechtmäßig gespeichert seien, so Sieber weiter, dürften sie den Schülern nur höchst eingeschränkt zur Verfügung stehen. Nämlich nur innerhalb der Schule und der Unterrichtszeit - das lege der Gesetzeswortlaut nahe. Dass Schüler im Rahmen von Hausaufgaben oder außerschulischen Projektarbeiten auf diese Daten zugreifen können, wäre demnach unzulässig. Damit aber ist für Sieber "die Online-Nutzung von Inhalten im gesamten Bereich des E-Learning genau so ausgeschlossen wie in anderen modernen Unterrichtsformen".
Düstere Aussichten für den schulischen Einsatz neuer Medien. Viele Lehrer, sagt Katrin Napp, ärgere vor allem die Widersprüchlichkeit der Gesetzgebung. "Was der Staat von ihnen im Unterricht verlangt, erschwert er durch ein praxisfernes Urheberrecht." Da sind den Lehrern auch ihre traditionellen Interessenvertreter keine Hilfe. Denn die GEW und die Lehrerverbände haben sich des Themas noch gar nicht angenommen. In der bisherigen Reform spiegeln sich vor allem die Interessen der Rechteinhaber wie der Verlage und Verwertungsgesellschaften wider. Daran hat auch ein kürzlich vorgestellter Entwurf des Justizministeriums nichts geändert, in dem weitere Reformschritte skizziert sind. Keine Reform der Reform also.
SZ 4. Oktober 2004
Bei den Archiven sieht es nicht anders aus: Auch hier erschweren Regelungen des UrhG die Arbeit. Aber auch hier vermisst man ein klares und entschiedenes Eintreten der Verantwortlichen (etwa im VdA, der sich meines Wissens nie zur UrhG-Novelle geäußert hat) für ein archivgerechtes Urheberrecht.
Siebers Kritik ist keine graue Theorie. Das Memorandum beruht auf Erfahrungen von "Lehrer-Online", einer vom Bundesbildungsministerium geförderten Internet-Plattform für den schulischen Einsatz neuer Medien. In der Rechtsredaktion von "Lehrer-Online" hört Katrin Napp täglich, welche Sorgen die Lehrer in der Praxis plagen. "Die meisten Fragen betreffen Veröffentlichungen im Internet und Filmvorführungen. Aber auch die Nutzung schulinterner Datennetze hat Unsicherheiten entstehen lassen."
Gerade im Online-Bereich sieht Sieber den Lehrern dicke urheberrechtliche Knüppel zwischen die Beine geworfen, etwa beim Speichern von geschützten Texten und Bildern auf dem Schulserver. Diese sei nach den getroffenen Regelungen nur zulässig, wenn sie unmittelbar für einen konkreten Unterricht erfolge. Doch selbst wenn die Materialien rechtmäßig gespeichert seien, so Sieber weiter, dürften sie den Schülern nur höchst eingeschränkt zur Verfügung stehen. Nämlich nur innerhalb der Schule und der Unterrichtszeit - das lege der Gesetzeswortlaut nahe. Dass Schüler im Rahmen von Hausaufgaben oder außerschulischen Projektarbeiten auf diese Daten zugreifen können, wäre demnach unzulässig. Damit aber ist für Sieber "die Online-Nutzung von Inhalten im gesamten Bereich des E-Learning genau so ausgeschlossen wie in anderen modernen Unterrichtsformen".
Düstere Aussichten für den schulischen Einsatz neuer Medien. Viele Lehrer, sagt Katrin Napp, ärgere vor allem die Widersprüchlichkeit der Gesetzgebung. "Was der Staat von ihnen im Unterricht verlangt, erschwert er durch ein praxisfernes Urheberrecht." Da sind den Lehrern auch ihre traditionellen Interessenvertreter keine Hilfe. Denn die GEW und die Lehrerverbände haben sich des Themas noch gar nicht angenommen. In der bisherigen Reform spiegeln sich vor allem die Interessen der Rechteinhaber wie der Verlage und Verwertungsgesellschaften wider. Daran hat auch ein kürzlich vorgestellter Entwurf des Justizministeriums nichts geändert, in dem weitere Reformschritte skizziert sind. Keine Reform der Reform also.
SZ 4. Oktober 2004
Bei den Archiven sieht es nicht anders aus: Auch hier erschweren Regelungen des UrhG die Arbeit. Aber auch hier vermisst man ein klares und entschiedenes Eintreten der Verantwortlichen (etwa im VdA, der sich meines Wissens nie zur UrhG-Novelle geäußert hat) für ein archivgerechtes Urheberrecht.
KlausGraf - am Samstag, 16. Oktober 2004, 05:23 - Rubrik: Archivrecht