Henrik Lehment: Das Fotografieren von Kunstgegenständen
(= Schriften zum deutschen und internationalen Persönlichkeits- und
Immaterialgüterrecht 20). Göttingen: V&R unipress 2008. 235 S. 38,90 Euro.
Inhaltsverzeichnis:
http://www.amazon.de/gp/reader/3899714555/ref=sib_rdr_toc?ie=UTF8&p=S006&j=0#reader-page
(Als Besprechungsexemplar stellte der Verlag ein PDF zur Verfügung.)
Die Kieler Dissertation bei Haimo Schack beschäftigt sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen der Fotografie von Kunstwerken. Der Schwerpunkt liegt auf dem Urheberrecht. Der Autor beschreibt sein Ziel so: "Im Folgenden soll zunächst untersucht werden, ob und in welchem Umfang der
Fotograf für die Ablichtung von Kunstgegenständen urheberrechtlichen Schutz
beanspruchen kann. Im zweiten Teil wird dann der Frage nachgegangen, welche
Rechtspositionen es ermöglichen, das Fotografieren eines Kunstgegenstandes und
die anschließende Verwertung der Aufnahmen zu untersagen. Besonderes Augenmerk
wird hier gerichtet auf das Urheberrecht des Künstlers und dessen Schranken,
die Rechte des Eigentümers sowie auf vertragliche Untersagungsmöglichkeiten
desjenigen, der den Zugang zum Werk kontrollieren kann. Schließlich werden
im dritten Teil die vielfältigen Vertragsverhältnisse bei der Vergabe der Bildrechte
an Fotografien von Kunstgegenständen untersucht" (S. 16).
Dass beim manuellen Abfotografieren zweidimensionaler Kunstgegenstände das erforderliche Mindestmaß persönlicher geistiger Leistung gegeben ist, um den Lichtbildschutz nach § 72 UrhG entstehen zu lassen, wird vom Autor bejaht. Seine Argumentation ist oberflächlich und einseitig voreingenommen. Die herrschende juristische Meinung sieht das anders:
http://archiv.twoday.net/stories/4850312/
Deutlich wird, wie sich der Autor in den Prämissen verheddert. Hertins Urbild-Theorie, demzufolge ein Bild geschützt ist, wenn es als erstmalige fotografische Darstellung gelten kann, scheitert an den Fotokopien. Kombiniert man die Forderung nach dem Mindestmaß und dem Urbild, bekommt der Autor Probleme bei der manuellen Fotografie von Fotokunst: "Sieht man die Fotokunst neben der bildenden Kunst als gleichwertig an, so ist es nicht nachvollziehbar, wenn ein Museumsfotograf für manuelle Reproduktionsfotografien von Gemälden und Skulpturen ein Leistungsschutzrecht nach § 72 UrhG erwirbt, nicht aber für handwerklich ebenso gelungene Aufnahmen der Werke von
Fotokünstlern wie Helmut Newton oder Andreas Gursky" (S. 31). Dass die Lichtbildkopie vom Schutz nach § 72 UrhG ausgeschlossen sein soll, hat der BGH aber in seiner Entscheidung Bibelreproduktion unmißverständlich dargelegt. Wenn in einer Zille-Ausstellung ein Fotograf sowohl Fotografien als auch Bilder fotografiert, löst man das Problem dadurch einfachsten, dass man ihm in keinem von beiden Fällen ein Leistungsschutzrecht gewährt, da bei einer originalgetreuen Abbildung nicht das erforderliche Mindestmaß an geistiger Leistung gegeben ist. Originalität und Originaltreue schließen sich aus. Das sieht man auch in den USA (Bridgeman v. Corel, 1999) und in Japan zutreffenderweise so.
Der Autor geht auf die praktisch wichtige Frage der Digitalisate nicht ein. Da diese aber keine manuellen Fotografien sind, wird man annehmen dürfen, dass er sie wie Fotokopien schutzlos lässt.
Mit deutlichem Abscheu referiert der Autor die Praxis der "Open-Access-Portale" wie Wikimedia Commons, die aus Kunstbänden abgescannte Bilder auch zur kommerziellen Nutzung anbieten. "Die Rechtsinhaber sehen jedoch wegen der Schwierigkeit, nachzuweisen, dass gerade ihre Fotografie verwendet wurde, oft von einer Klage ab" (S. 62). Meines Wissens sehen sie nicht nur "oft", sondern bislang immer von einer Klage ab, denn ihre Position ist, wie dargestellt, eher schwach begründet. Wenn der Lichtbildschutz, wie der Autor immer wieder betont, der schöpferischen Tätigkeit des Urhebers nahe steht, dann kann man für den Fall der Ununterscheidbarkeit von Fotos eines Kunstwerks doch nicht ernsthaft behaupten, der manuell fotografierende Fotograf würde etwas grundsätzlich anderes tun als derjenige, der ein Tonband oder einen Film kopiert.
Das vom Autor nicht beachtete Kriterium der Unterscheidbarkeit spielt auch bei einem anderen Leistungsschutzrecht eine Rolle: nämlich bei den wissenschaftlichen Ausgaben, die sich "wesentlich" von bisher bekannten Ausgaben unterscheiden müssen (§ 70 UrhG). Würden auch Editionen geschützt, die sich von bereits bekannten Ausgaben nicht unterscheiden, so ließe sich bei einer (insbesondere musikalischen) Verwertung nicht feststellen, welche der Editionen benutzt wurden (Loewenheim, in: Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl., Münche3n 2006, § 70 Rz. 7 nach Amtl. Begründung BT-DS IV, 270 S. 87).
Zustimmen kann man dagegen dem Ergebnis zur Unterscheidung von Lichtbildwerken und Lichtbildern, dass nämlich " für die Werkqualität einer Fotografie [eines Kunstwerks] eine künstlerische Aussage des Fotografen notwendig ist. [...] Damit sind die meisten Reproduktionsfotografien dreidimensionaler Kunstgegenstände als bloße Sachabbildung mangels künstlerischer Aussage nur nach § 72
UrhG als einfache Lichtbilder geschützt." (S. 50f.). Zutreffend ist auch: "Mit dem Gestaltungsspielraum des Fotografen wächst auch der Entscheidungsspielraum der Gerichte, ob die konkrete Gestaltung der Aufnahme bereits ausreicht, um eine künstlerische Aussage zu bejahen. In soweit ist
die Einschätzung des Gesetzgebers von 1965, dass die Abgrenzung vom Lichtbildwerk zum einfachen Lichtbild erhebliche Schwierigkeiten bereitet auch
heute noch aktuell. Es liegt an der Natur der Fotografie, den Aufnahmegegenstand
realistisch abzulichten, dass im Bereich der kleinen Münze stets eine gewisse Unsicherheit bestehen bleibt, ob die jeweilige Bildgestaltung für die Annahme
einer künstlerischen Aussage ausreicht" (S. 60). Solche Abgrenzungsprobleme müssen aber, wenn die Schutzfrist für einfache Lichtbilder abgelaufen ist, zwingend Auswirkungen haben auf die haftungsrechtlichen und strafrechtlichen Implikationen des Urheberrechts. Wenn man - das vom Autor ignorierte - Interesse der Allgemeinheit an einer starken Public Domain in die Waagschale wirft, kann es nicht bei der Devise "Im Zweifel keine Nutzung" bleiben. Artur Wandtke/Winfried Bullinger, Die Marke als urheberrechtlich schutzfähiges Werk, GRUR 1997, S. 573-580, hier S. 577 formulierten: "Die zeitliche Begrenzung des Urheberrechts hat nicht nur bloß eine negative Ausschlußfunktion. Sie hat vor allem auch die positive Zuordnungsfunktion, urheberrechtliche Werke dem Gemeingebrauch zur Verfügung zu stellen". Es darf nicht zu Lasten des Nutzers gehen, der legitimerweise von der Public Domain Gebrauch machen will, wenn Lichtbildwerke und Lichtbilder von Kunstwerken extrem schwer zu unterscheiden sind.
S. 65 meint der Autor, es sei "zu erwägen, die Zitierfreiheit
de lege ferenda im Interesse der kunstwissenschaftlichen Auseinandersetzung auch auf Fotografien des Kunstwerkes zu erstrecken". Das ist falsch: Anders als bei der Katalogbildfreiheit oder bei der Berichterstattung über Tagesereignisse setzt das Zitatrecht nicht voraus, dass der Zitierende das Bild des Kunstwerks selbst angefertigt haben muss. Soweit sich der Autor auf andere Juristen beruft, sind diese ebenfalls auf dem Holzweg. Im Schricker-Kommentar steht dazu nichts, mehr noch: Die Ausführungen (§ 51 Rz. 17) zur Belegfunktion des Zitats mit Blick auf RGZ Codex Aureus wären offenkundig sinnlos. Die Auseinandersetzung mit dem Bild in der Entscheidung Codex Aureus, die von der Schützbarkeit der Handschriftenabbildung ausging (was inzwischen von Vogel in Schricker § 72 Rz. 23 explizit abgelehnt wird), bezog sich auf die Frage, ob das Faksimile der gemeinfreien Handschriftenillustration den Inhalt erläuterte oder nur schmückendes Beiwerk war. Das Reichsgericht hätte sich die ganze umständliche Argumentation sparen können, wenn man der abwegigen Ansicht folgt, dass die Verwendung fremder Kunstfotografien nicht dem Zitatrecht unterfällt. Wenn es zulässig ist, fremde Laufbilder zu zitieren (siehe BGH zu TV Total), um sich mit dem in ihnen Dargestellten, dem ja kein Werkcharakter zukommt, auseinanderzusetzen, dann ist es auch erlaubt, fremde Kunstfotos zu zitieren, um sich mit dem dargestellten gemeinfreien oder geschützten Werk auseinanderzusetzen. Auch von Sinn und Zweck des Zitatrechts, das aufs engste mit den Kommunikationsgrundrechten des Art. 5 GG zusammenhängt, wäre eine solche Einschränkung nicht zu rechtfertigen.
In Teil 2 der Arbeit geht es um den "Schutz vor dem Fotografen", also um die Wirksamkeit von Fotografierverboten. Die der herrschenden urheberrechtlichen Lehre, Resultat des eifrigen Wirkens der Verwerterlobby, treu folgende konservative Position des Autors, wird deutlich aus Formulierungen wie dieser: "Um der Missbrauchsgefahr zu Lasten des Urhebers vorzubeugen, muss das
Merkmales »Tagesereignis« restriktiv ausgelegt werden" (S. 76 zu § 50 UrhG). Anders als etwa bei jüngeren Dissertationen in der UFITA-Schriftenreihe fallen die durch die Kommunikationsgrundrechte abgesicherten berechtigten Interessen der Allgemeinheit unter den Tisch. Zum Zitatrecht liest man daher folgerichtig: "Allerdings ist zu berücksichtigen, dass § 51 Nr. 1 als Privilegierung wissenschaftlicher Werke konzipiert ist, so dass auch für Bildzitate in den übrigen Werken bei der Ermittlung des Zitatzwecks und des
zulässigen Umfangs die strengeren Anforderungen des § 51 Nr. 1 UrhG angewendet
werden sollten, um nicht entgegen der gesetzgeberischen Absicht eine Besserstellung
der nicht-wissenschaftlichen Werke zu fördern" (S. 81).
Zur engen Auslegung der Katalogbildfreiheit des § 58 UrhG (S. 87-95) verweise ich als Korrektiv auf meinen Aufsatz in der Kunstchronik 2005, der selbstverständlich vom Autor nicht berücksichtigt wird:
http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/volltexte/2007/371/
Rundum überzeugend wird dagegen das Fotografierverbot des Sacheigentümers behandelt (S. 99-109). Der Autor stimmt erfreulicherweise in den Chor der Kritiker an BGH "Schloss Tegel" ein: "Damit stellen weder das Fotografieren eines Kunstgegenstandes noch die Verwertung solcher Fotografien einen Eingriff in das Sacheigentum dar, so dass dem Eigentümer kein Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB zusteht. [...] Der Eigentümer eines Kunstgegenstandes kann [...] auf Grund seines Sacheigentums nicht verhindern, dass Dritte den Kunstgegenstand fotografieren und die Aufnahmen gewerblich verwerten. Die Autoren, die von einer entsprechenden Untersagungsbefugnis des Eigentümers ausgehen, berücksichtigen die urheberrechtlichen Wertungen nicht hinreichend." (S. 104, 108). Zum Thema siehe im Internet:
http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Fotos_von_fremdem_Eigentum
Abzulehnen sind dann wieder die Ansichten über die vertraglichen Fotografierverbote. "Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung wird man daher vielfach zum Ergebnis kommen, dass zumindest die gewerbliche Verwertung von Fotografien, die ohne Entgelt angefertigt wurden, auch ohne ausdrückliche Regelung stillschweigend ausgeschlossen ist" (S. 116). Dass die Monopolstellung des Eigentümers in Konflikt mit den grundrechtlich geschützten Interessen der Allgemeinheit steht, wird wieder unterschlagen. Bei den Darlegung zur möglichen Haftung des Fotografen stimmt bereits die stillschweigend angenommene Prämisse nicht, dass immaterialgüterrechtliche Grundsätze anwendbar sein müssen: Wenn es kein Recht am Bild der eigenen Sache gibt, welches Immaterialgut soll denn dann betroffen sein?
Die für die genannten "Open Access Portale" wichtige Frage, ob die Unterstellung eines Fotos unter eine freie Lizenz, die die gewerbliche Nutzung einschließt, gegen vertragliche Regelungen verstößt, die eine gewerbliche Nutzung ausschließen, bleibt unerörtert. Soweit der Fotograf nicht individuell fassbar ist, sondern anonym oder unter einem Wegwerf-Nick auf Wikimedia Commons hochlädt, wird man dem Eigentümer des gemeinfreien Gegenstands keinen Anspruch gegen weitere Nutzer zusprechen können. Die Ausweitung der kaugummiartigen "Mitstörerhaftung" wäre hier fehl am Platz, sofern man die Interessen der Allgemeinheit an einer reichen Public Domain recht gewichtet. Auch wird man die Bemühungen, Abbildungen gemeinfreier Kunstwerke zur allgemeinen Nutzung gegen die Kommerzialisierungsinteressen des Eigentümers bereitzustellen, nicht als "sittenwidrig" ansehen können (dies in Weiterführung der Argumentation S. 142f.).
Wenig von Sachkunde geprägt ist, was über das öffentlichrechtliche Benutzerverhältnis zu lesen ist (S. 145-152). Der Autor verteidigt die von mir - nicht nur in diesem Weblog - wiederholt angegriffene Kommerzialisierungspraxis der Museen mit fragwürdigen Argumenten und wendet sich auch gegen den Aufsatz von Bullinger (Festschrift Raue). So ist es absolut nicht haltbar, bei Vorliegen grundrechtlich geschützter Interessen dem Benutzer keinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zuzugestehen, da es sich beim Fotografieren für gewerbliche Zwecke angeblich um eine Sonderbenutzung handeln würde (S. 148). Die Vermittlung des Werkgenusses, die Sinn und Zweck kulturgutverwahrender Institutionen ist, hat immer auch die Möglichkeit von Reproduktionen und anderer Vervielfältigungen (z.B. der Edition von Texten) in Betracht zu ziehen.
Ein besonderes "Glanzstück" dieser tendenziös und einseitig argumentierenden Dissertation ist die Auseinandersetzung mit mir: "Nach Ansicht von Graf stellt ein Fotografierverbot im Museum einen Verstoß gegen die in Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG verbürgte Informationsfreiheit dar. Auch das gewerbliche Fotografieren von Museumsgut soll von der Informationsfreiheit
geschützt sein, da der öffentliche Auftrag der Museen, Kulturgüter zugänglich zu machen, einer Kommerzialisierung entgegenstehe. Ausgangspunkt dieser Überlegung ist die These, dass ein grundrechtlicher Anspruch auf Zugang zu Kulturgütern
im staatlichen Besitz besteht, den Graf – leider wenig strukturiert und ohne dogmatisch überzeugende Herleitung – aus Gedanken des Kulturstaatsprinzips, der Forschungsfreiheit, der Informationsfreiheit sowie der Befristung des Urheberschutzes
entwickelt" (S. 150). Man kann sich durch einen Blick in die herangezogene Publikationen, eine Rezension mehrerer Bände zum Thema Museumsrecht, leicht davon überzeugen, dass für eine strukturiertere und dogmatisch überzeugendere Herleitung (die mir als Nicht-Jurist ja ohnehin schwerfällt) schlicht und einfach nicht der Platz vorhanden war:
http://www.vl-museen.de/lit-rez/graf99-1.htm
(Wenn ich nichts übersehen habe, wird kein anderer Autor so im Haupttext abgewatscht.)
Ausführlicher habe ich meine Überlegungen in gedruckten und online zugänglichen Veröffentlichungen niedergelegt, die der Autor alle zu ignorieren beliebt. Eine Auswahl:
http://www.histsem.uni-freiburg.de/mertens/graf/kultjur.htm
http://www.jurawiki.de/FotoRecht
http://archiv.twoday.net/stories/4477824/
Der Autor behandelt das öffentlichrechtliche Benutzungsverhältnis oberflächlich und ohne Einsicht in die starke Bindung des öffentlichen Rechts an die Grundrechte. Besonders abstrus wird es, wenn die von Bullinger ins Feld geführte Sozialpflichtigkeit des Eigentums mit dem Argument zurückgewiesen wird, der Staat könne sich gar nicht auf den Grundrechtsschutz nach Art. 14 GG berufen (S. 152). Genau das tun die Museen und die Kultusministerkonferenz aber, wenn sie ihre rechtswidrigen Reproduktionsgebühren für gemeinfreie Objekte rechtfertigen, siehe
http://www.histsem.uni-freiburg.de/mertens/graf/kultjur.htm
Fotografierverbote stellen Eingriffe in das Grundrecht der Meinungs-, Presse-, Wissenschafts- und Informationsfreiheit dar, die nach öffentlichem Recht nur zulässig sind, wenn überragende öffentliche Belange für sie streiten und nicht lediglich das fiskalische Monopolisierungs-Interesse des Staates.
Es stellt einen gravierenden Mangel der Arbeit dar, dass das wichtige Recht der "Editio princeps" § 71 UrhG (siehe etwa http://archiv.twoday.net/stories/4807346/ ) vollständig übergangen wird, obwohl es vermutlich mehr und mehr praktische Bedeutung erlangen wird. Zu völlig anderen Schlüssen als der Autor kommen Götting/Lauber-Rönsberg, Der Schutz nachgelassener Werke, Baden-Baden 2006, S. 84-91.
Nicht näher eingegangen werden soll auf die umfangreiche Erörterung der Rechtsverhältnisse zwischen (angestellten oder freien) Fotografen und Bildagenturen sowie der Beziehungen zwischen Bildagenturen und Nutzern. Unverständlich erscheint mir, dass die Frage der Belegexemplare (siehe http://archiv.twoday.net/stories/4898583/ ) nicht angesprochen wird.
Es entspricht der dargestellten Grundtendenz der Arbeit, dass die auf maximale Kommerzialisierung des Kulturguts abzielenden Kooperationen zwischen Kunstmuseen und Bildagenturen nicht ansatzweise kritisch gesehen werden (S. 203-207). Bei der Erörterung der Beziehungen von Künstler und VG Bild-Kunst fehlen erwartungsgemäß Aussagen zu freien Lizenzen.
Die Zusammenfassung der Arbeit in prägnanten Thesen ist löblich, ändert aber nichts an dem negativen Gesamteindruck, der vor allem aus der einseitigen Parteinahme des Verfassers gegen die Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit (und nicht nur der Open-Access-Bewegung) resultiert. Dadurch und durch die dargestellten Mängel wird der wissenschaftliche Wert des Buchs beeinträchtigt.
Gut zur Tendenz der Arbeit passt der Rechtevermerk des Verlags: "Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlages öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke." Das ist eindeutig illegal (und sollte von Mitbewerbern abgemahnt werden), denn weder ist diese Hochschulschrift "für den Unterrichtsgebrauch an Schulen" bestimmt noch ist erkennbar, wieso es nicht zulässig sein soll, auch hier "veröffentlichte kleine Teile eines Werkes" gemäß § 52a UrhG zugänglich zu machen.
(= Schriften zum deutschen und internationalen Persönlichkeits- und
Immaterialgüterrecht 20). Göttingen: V&R unipress 2008. 235 S. 38,90 Euro.
Inhaltsverzeichnis:
http://www.amazon.de/gp/reader/3899714555/ref=sib_rdr_toc?ie=UTF8&p=S006&j=0#reader-page
(Als Besprechungsexemplar stellte der Verlag ein PDF zur Verfügung.)
Die Kieler Dissertation bei Haimo Schack beschäftigt sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen der Fotografie von Kunstwerken. Der Schwerpunkt liegt auf dem Urheberrecht. Der Autor beschreibt sein Ziel so: "Im Folgenden soll zunächst untersucht werden, ob und in welchem Umfang der
Fotograf für die Ablichtung von Kunstgegenständen urheberrechtlichen Schutz
beanspruchen kann. Im zweiten Teil wird dann der Frage nachgegangen, welche
Rechtspositionen es ermöglichen, das Fotografieren eines Kunstgegenstandes und
die anschließende Verwertung der Aufnahmen zu untersagen. Besonderes Augenmerk
wird hier gerichtet auf das Urheberrecht des Künstlers und dessen Schranken,
die Rechte des Eigentümers sowie auf vertragliche Untersagungsmöglichkeiten
desjenigen, der den Zugang zum Werk kontrollieren kann. Schließlich werden
im dritten Teil die vielfältigen Vertragsverhältnisse bei der Vergabe der Bildrechte
an Fotografien von Kunstgegenständen untersucht" (S. 16).
Dass beim manuellen Abfotografieren zweidimensionaler Kunstgegenstände das erforderliche Mindestmaß persönlicher geistiger Leistung gegeben ist, um den Lichtbildschutz nach § 72 UrhG entstehen zu lassen, wird vom Autor bejaht. Seine Argumentation ist oberflächlich und einseitig voreingenommen. Die herrschende juristische Meinung sieht das anders:
http://archiv.twoday.net/stories/4850312/
Deutlich wird, wie sich der Autor in den Prämissen verheddert. Hertins Urbild-Theorie, demzufolge ein Bild geschützt ist, wenn es als erstmalige fotografische Darstellung gelten kann, scheitert an den Fotokopien. Kombiniert man die Forderung nach dem Mindestmaß und dem Urbild, bekommt der Autor Probleme bei der manuellen Fotografie von Fotokunst: "Sieht man die Fotokunst neben der bildenden Kunst als gleichwertig an, so ist es nicht nachvollziehbar, wenn ein Museumsfotograf für manuelle Reproduktionsfotografien von Gemälden und Skulpturen ein Leistungsschutzrecht nach § 72 UrhG erwirbt, nicht aber für handwerklich ebenso gelungene Aufnahmen der Werke von
Fotokünstlern wie Helmut Newton oder Andreas Gursky" (S. 31). Dass die Lichtbildkopie vom Schutz nach § 72 UrhG ausgeschlossen sein soll, hat der BGH aber in seiner Entscheidung Bibelreproduktion unmißverständlich dargelegt. Wenn in einer Zille-Ausstellung ein Fotograf sowohl Fotografien als auch Bilder fotografiert, löst man das Problem dadurch einfachsten, dass man ihm in keinem von beiden Fällen ein Leistungsschutzrecht gewährt, da bei einer originalgetreuen Abbildung nicht das erforderliche Mindestmaß an geistiger Leistung gegeben ist. Originalität und Originaltreue schließen sich aus. Das sieht man auch in den USA (Bridgeman v. Corel, 1999) und in Japan zutreffenderweise so.
Der Autor geht auf die praktisch wichtige Frage der Digitalisate nicht ein. Da diese aber keine manuellen Fotografien sind, wird man annehmen dürfen, dass er sie wie Fotokopien schutzlos lässt.
Mit deutlichem Abscheu referiert der Autor die Praxis der "Open-Access-Portale" wie Wikimedia Commons, die aus Kunstbänden abgescannte Bilder auch zur kommerziellen Nutzung anbieten. "Die Rechtsinhaber sehen jedoch wegen der Schwierigkeit, nachzuweisen, dass gerade ihre Fotografie verwendet wurde, oft von einer Klage ab" (S. 62). Meines Wissens sehen sie nicht nur "oft", sondern bislang immer von einer Klage ab, denn ihre Position ist, wie dargestellt, eher schwach begründet. Wenn der Lichtbildschutz, wie der Autor immer wieder betont, der schöpferischen Tätigkeit des Urhebers nahe steht, dann kann man für den Fall der Ununterscheidbarkeit von Fotos eines Kunstwerks doch nicht ernsthaft behaupten, der manuell fotografierende Fotograf würde etwas grundsätzlich anderes tun als derjenige, der ein Tonband oder einen Film kopiert.
Das vom Autor nicht beachtete Kriterium der Unterscheidbarkeit spielt auch bei einem anderen Leistungsschutzrecht eine Rolle: nämlich bei den wissenschaftlichen Ausgaben, die sich "wesentlich" von bisher bekannten Ausgaben unterscheiden müssen (§ 70 UrhG). Würden auch Editionen geschützt, die sich von bereits bekannten Ausgaben nicht unterscheiden, so ließe sich bei einer (insbesondere musikalischen) Verwertung nicht feststellen, welche der Editionen benutzt wurden (Loewenheim, in: Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl., Münche3n 2006, § 70 Rz. 7 nach Amtl. Begründung BT-DS IV, 270 S. 87).
Zustimmen kann man dagegen dem Ergebnis zur Unterscheidung von Lichtbildwerken und Lichtbildern, dass nämlich " für die Werkqualität einer Fotografie [eines Kunstwerks] eine künstlerische Aussage des Fotografen notwendig ist. [...] Damit sind die meisten Reproduktionsfotografien dreidimensionaler Kunstgegenstände als bloße Sachabbildung mangels künstlerischer Aussage nur nach § 72
UrhG als einfache Lichtbilder geschützt." (S. 50f.). Zutreffend ist auch: "Mit dem Gestaltungsspielraum des Fotografen wächst auch der Entscheidungsspielraum der Gerichte, ob die konkrete Gestaltung der Aufnahme bereits ausreicht, um eine künstlerische Aussage zu bejahen. In soweit ist
die Einschätzung des Gesetzgebers von 1965, dass die Abgrenzung vom Lichtbildwerk zum einfachen Lichtbild erhebliche Schwierigkeiten bereitet auch
heute noch aktuell. Es liegt an der Natur der Fotografie, den Aufnahmegegenstand
realistisch abzulichten, dass im Bereich der kleinen Münze stets eine gewisse Unsicherheit bestehen bleibt, ob die jeweilige Bildgestaltung für die Annahme
einer künstlerischen Aussage ausreicht" (S. 60). Solche Abgrenzungsprobleme müssen aber, wenn die Schutzfrist für einfache Lichtbilder abgelaufen ist, zwingend Auswirkungen haben auf die haftungsrechtlichen und strafrechtlichen Implikationen des Urheberrechts. Wenn man - das vom Autor ignorierte - Interesse der Allgemeinheit an einer starken Public Domain in die Waagschale wirft, kann es nicht bei der Devise "Im Zweifel keine Nutzung" bleiben. Artur Wandtke/Winfried Bullinger, Die Marke als urheberrechtlich schutzfähiges Werk, GRUR 1997, S. 573-580, hier S. 577 formulierten: "Die zeitliche Begrenzung des Urheberrechts hat nicht nur bloß eine negative Ausschlußfunktion. Sie hat vor allem auch die positive Zuordnungsfunktion, urheberrechtliche Werke dem Gemeingebrauch zur Verfügung zu stellen". Es darf nicht zu Lasten des Nutzers gehen, der legitimerweise von der Public Domain Gebrauch machen will, wenn Lichtbildwerke und Lichtbilder von Kunstwerken extrem schwer zu unterscheiden sind.
S. 65 meint der Autor, es sei "zu erwägen, die Zitierfreiheit
de lege ferenda im Interesse der kunstwissenschaftlichen Auseinandersetzung auch auf Fotografien des Kunstwerkes zu erstrecken". Das ist falsch: Anders als bei der Katalogbildfreiheit oder bei der Berichterstattung über Tagesereignisse setzt das Zitatrecht nicht voraus, dass der Zitierende das Bild des Kunstwerks selbst angefertigt haben muss. Soweit sich der Autor auf andere Juristen beruft, sind diese ebenfalls auf dem Holzweg. Im Schricker-Kommentar steht dazu nichts, mehr noch: Die Ausführungen (§ 51 Rz. 17) zur Belegfunktion des Zitats mit Blick auf RGZ Codex Aureus wären offenkundig sinnlos. Die Auseinandersetzung mit dem Bild in der Entscheidung Codex Aureus, die von der Schützbarkeit der Handschriftenabbildung ausging (was inzwischen von Vogel in Schricker § 72 Rz. 23 explizit abgelehnt wird), bezog sich auf die Frage, ob das Faksimile der gemeinfreien Handschriftenillustration den Inhalt erläuterte oder nur schmückendes Beiwerk war. Das Reichsgericht hätte sich die ganze umständliche Argumentation sparen können, wenn man der abwegigen Ansicht folgt, dass die Verwendung fremder Kunstfotografien nicht dem Zitatrecht unterfällt. Wenn es zulässig ist, fremde Laufbilder zu zitieren (siehe BGH zu TV Total), um sich mit dem in ihnen Dargestellten, dem ja kein Werkcharakter zukommt, auseinanderzusetzen, dann ist es auch erlaubt, fremde Kunstfotos zu zitieren, um sich mit dem dargestellten gemeinfreien oder geschützten Werk auseinanderzusetzen. Auch von Sinn und Zweck des Zitatrechts, das aufs engste mit den Kommunikationsgrundrechten des Art. 5 GG zusammenhängt, wäre eine solche Einschränkung nicht zu rechtfertigen.
In Teil 2 der Arbeit geht es um den "Schutz vor dem Fotografen", also um die Wirksamkeit von Fotografierverboten. Die der herrschenden urheberrechtlichen Lehre, Resultat des eifrigen Wirkens der Verwerterlobby, treu folgende konservative Position des Autors, wird deutlich aus Formulierungen wie dieser: "Um der Missbrauchsgefahr zu Lasten des Urhebers vorzubeugen, muss das
Merkmales »Tagesereignis« restriktiv ausgelegt werden" (S. 76 zu § 50 UrhG). Anders als etwa bei jüngeren Dissertationen in der UFITA-Schriftenreihe fallen die durch die Kommunikationsgrundrechte abgesicherten berechtigten Interessen der Allgemeinheit unter den Tisch. Zum Zitatrecht liest man daher folgerichtig: "Allerdings ist zu berücksichtigen, dass § 51 Nr. 1 als Privilegierung wissenschaftlicher Werke konzipiert ist, so dass auch für Bildzitate in den übrigen Werken bei der Ermittlung des Zitatzwecks und des
zulässigen Umfangs die strengeren Anforderungen des § 51 Nr. 1 UrhG angewendet
werden sollten, um nicht entgegen der gesetzgeberischen Absicht eine Besserstellung
der nicht-wissenschaftlichen Werke zu fördern" (S. 81).
Zur engen Auslegung der Katalogbildfreiheit des § 58 UrhG (S. 87-95) verweise ich als Korrektiv auf meinen Aufsatz in der Kunstchronik 2005, der selbstverständlich vom Autor nicht berücksichtigt wird:
http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/volltexte/2007/371/
Rundum überzeugend wird dagegen das Fotografierverbot des Sacheigentümers behandelt (S. 99-109). Der Autor stimmt erfreulicherweise in den Chor der Kritiker an BGH "Schloss Tegel" ein: "Damit stellen weder das Fotografieren eines Kunstgegenstandes noch die Verwertung solcher Fotografien einen Eingriff in das Sacheigentum dar, so dass dem Eigentümer kein Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB zusteht. [...] Der Eigentümer eines Kunstgegenstandes kann [...] auf Grund seines Sacheigentums nicht verhindern, dass Dritte den Kunstgegenstand fotografieren und die Aufnahmen gewerblich verwerten. Die Autoren, die von einer entsprechenden Untersagungsbefugnis des Eigentümers ausgehen, berücksichtigen die urheberrechtlichen Wertungen nicht hinreichend." (S. 104, 108). Zum Thema siehe im Internet:
http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Fotos_von_fremdem_Eigentum
Abzulehnen sind dann wieder die Ansichten über die vertraglichen Fotografierverbote. "Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung wird man daher vielfach zum Ergebnis kommen, dass zumindest die gewerbliche Verwertung von Fotografien, die ohne Entgelt angefertigt wurden, auch ohne ausdrückliche Regelung stillschweigend ausgeschlossen ist" (S. 116). Dass die Monopolstellung des Eigentümers in Konflikt mit den grundrechtlich geschützten Interessen der Allgemeinheit steht, wird wieder unterschlagen. Bei den Darlegung zur möglichen Haftung des Fotografen stimmt bereits die stillschweigend angenommene Prämisse nicht, dass immaterialgüterrechtliche Grundsätze anwendbar sein müssen: Wenn es kein Recht am Bild der eigenen Sache gibt, welches Immaterialgut soll denn dann betroffen sein?
Die für die genannten "Open Access Portale" wichtige Frage, ob die Unterstellung eines Fotos unter eine freie Lizenz, die die gewerbliche Nutzung einschließt, gegen vertragliche Regelungen verstößt, die eine gewerbliche Nutzung ausschließen, bleibt unerörtert. Soweit der Fotograf nicht individuell fassbar ist, sondern anonym oder unter einem Wegwerf-Nick auf Wikimedia Commons hochlädt, wird man dem Eigentümer des gemeinfreien Gegenstands keinen Anspruch gegen weitere Nutzer zusprechen können. Die Ausweitung der kaugummiartigen "Mitstörerhaftung" wäre hier fehl am Platz, sofern man die Interessen der Allgemeinheit an einer reichen Public Domain recht gewichtet. Auch wird man die Bemühungen, Abbildungen gemeinfreier Kunstwerke zur allgemeinen Nutzung gegen die Kommerzialisierungsinteressen des Eigentümers bereitzustellen, nicht als "sittenwidrig" ansehen können (dies in Weiterführung der Argumentation S. 142f.).
Wenig von Sachkunde geprägt ist, was über das öffentlichrechtliche Benutzerverhältnis zu lesen ist (S. 145-152). Der Autor verteidigt die von mir - nicht nur in diesem Weblog - wiederholt angegriffene Kommerzialisierungspraxis der Museen mit fragwürdigen Argumenten und wendet sich auch gegen den Aufsatz von Bullinger (Festschrift Raue). So ist es absolut nicht haltbar, bei Vorliegen grundrechtlich geschützter Interessen dem Benutzer keinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zuzugestehen, da es sich beim Fotografieren für gewerbliche Zwecke angeblich um eine Sonderbenutzung handeln würde (S. 148). Die Vermittlung des Werkgenusses, die Sinn und Zweck kulturgutverwahrender Institutionen ist, hat immer auch die Möglichkeit von Reproduktionen und anderer Vervielfältigungen (z.B. der Edition von Texten) in Betracht zu ziehen.
Ein besonderes "Glanzstück" dieser tendenziös und einseitig argumentierenden Dissertation ist die Auseinandersetzung mit mir: "Nach Ansicht von Graf stellt ein Fotografierverbot im Museum einen Verstoß gegen die in Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG verbürgte Informationsfreiheit dar. Auch das gewerbliche Fotografieren von Museumsgut soll von der Informationsfreiheit
geschützt sein, da der öffentliche Auftrag der Museen, Kulturgüter zugänglich zu machen, einer Kommerzialisierung entgegenstehe. Ausgangspunkt dieser Überlegung ist die These, dass ein grundrechtlicher Anspruch auf Zugang zu Kulturgütern
im staatlichen Besitz besteht, den Graf – leider wenig strukturiert und ohne dogmatisch überzeugende Herleitung – aus Gedanken des Kulturstaatsprinzips, der Forschungsfreiheit, der Informationsfreiheit sowie der Befristung des Urheberschutzes
entwickelt" (S. 150). Man kann sich durch einen Blick in die herangezogene Publikationen, eine Rezension mehrerer Bände zum Thema Museumsrecht, leicht davon überzeugen, dass für eine strukturiertere und dogmatisch überzeugendere Herleitung (die mir als Nicht-Jurist ja ohnehin schwerfällt) schlicht und einfach nicht der Platz vorhanden war:
http://www.vl-museen.de/lit-rez/graf99-1.htm
(Wenn ich nichts übersehen habe, wird kein anderer Autor so im Haupttext abgewatscht.)
Ausführlicher habe ich meine Überlegungen in gedruckten und online zugänglichen Veröffentlichungen niedergelegt, die der Autor alle zu ignorieren beliebt. Eine Auswahl:
http://www.histsem.uni-freiburg.de/mertens/graf/kultjur.htm
http://www.jurawiki.de/FotoRecht
http://archiv.twoday.net/stories/4477824/
Der Autor behandelt das öffentlichrechtliche Benutzungsverhältnis oberflächlich und ohne Einsicht in die starke Bindung des öffentlichen Rechts an die Grundrechte. Besonders abstrus wird es, wenn die von Bullinger ins Feld geführte Sozialpflichtigkeit des Eigentums mit dem Argument zurückgewiesen wird, der Staat könne sich gar nicht auf den Grundrechtsschutz nach Art. 14 GG berufen (S. 152). Genau das tun die Museen und die Kultusministerkonferenz aber, wenn sie ihre rechtswidrigen Reproduktionsgebühren für gemeinfreie Objekte rechtfertigen, siehe
http://www.histsem.uni-freiburg.de/mertens/graf/kultjur.htm
Fotografierverbote stellen Eingriffe in das Grundrecht der Meinungs-, Presse-, Wissenschafts- und Informationsfreiheit dar, die nach öffentlichem Recht nur zulässig sind, wenn überragende öffentliche Belange für sie streiten und nicht lediglich das fiskalische Monopolisierungs-Interesse des Staates.
Es stellt einen gravierenden Mangel der Arbeit dar, dass das wichtige Recht der "Editio princeps" § 71 UrhG (siehe etwa http://archiv.twoday.net/stories/4807346/ ) vollständig übergangen wird, obwohl es vermutlich mehr und mehr praktische Bedeutung erlangen wird. Zu völlig anderen Schlüssen als der Autor kommen Götting/Lauber-Rönsberg, Der Schutz nachgelassener Werke, Baden-Baden 2006, S. 84-91.
Nicht näher eingegangen werden soll auf die umfangreiche Erörterung der Rechtsverhältnisse zwischen (angestellten oder freien) Fotografen und Bildagenturen sowie der Beziehungen zwischen Bildagenturen und Nutzern. Unverständlich erscheint mir, dass die Frage der Belegexemplare (siehe http://archiv.twoday.net/stories/4898583/ ) nicht angesprochen wird.
Es entspricht der dargestellten Grundtendenz der Arbeit, dass die auf maximale Kommerzialisierung des Kulturguts abzielenden Kooperationen zwischen Kunstmuseen und Bildagenturen nicht ansatzweise kritisch gesehen werden (S. 203-207). Bei der Erörterung der Beziehungen von Künstler und VG Bild-Kunst fehlen erwartungsgemäß Aussagen zu freien Lizenzen.
Die Zusammenfassung der Arbeit in prägnanten Thesen ist löblich, ändert aber nichts an dem negativen Gesamteindruck, der vor allem aus der einseitigen Parteinahme des Verfassers gegen die Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit (und nicht nur der Open-Access-Bewegung) resultiert. Dadurch und durch die dargestellten Mängel wird der wissenschaftliche Wert des Buchs beeinträchtigt.
Gut zur Tendenz der Arbeit passt der Rechtevermerk des Verlags: "Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlages öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke." Das ist eindeutig illegal (und sollte von Mitbewerbern abgemahnt werden), denn weder ist diese Hochschulschrift "für den Unterrichtsgebrauch an Schulen" bestimmt noch ist erkennbar, wieso es nicht zulässig sein soll, auch hier "veröffentlichte kleine Teile eines Werkes" gemäß § 52a UrhG zugänglich zu machen.
KlausGraf - am Mittwoch, 19. November 2008, 23:45 - Rubrik: Archivrecht