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In "diskus" schrieb Annelen Ottermann:

wie erst jetzt bekannt wurde, sind im Dezember letzten Jahres zwei Einzelblätter aus der 1440 geschriebenen Vocabularius-quo-Handschrift Hs I 606 mit Kartausenprovenienz ( aus unserem Bestand bei Bonhams verkauft worden. Im Mainzer Codex fehlen diese Blätter. Die Zuordnung ist zweifelsfrei!

http://www.bonhams.com/auctions/20475/lot/1012/

Das Auktionshaus Bonhams hat auf meine Anfragen bislang nicht reagiert. Wer weiß mehr über den Verbleib der Blätter, ihre Zwischenstationen und überhaupt die näheren Zusammenhänge des Angebots?


Update:
"Die Blätter waren bereits in den 1980er-Jahren herausgerissen, wie der Kurzbeschreibung zur Sigle Ma8 in Band 1 der überlieferungsgeschichtlichen Ausgabe von Bernhard Schnell (S. 75) zu entnehmen ist. Danach fehlen die Artikel "S 1225 Succidere" bis "Z 15 Zelotipia". Das bei Bonhams abgebildete Blatt (das zweite war mir bislang nicht zugänglich) beginnt - siehe Bild - mit T2 Tabanus.
Dass diese Blätter überhaupt "ein Objekt der nicht-wissenschaftlichen Begierde" geworden sind, ist wohl der Buchmalerei mit "inhabited initials" zuzuschreiben... " (Ottermann)

FeliNo meinte am 2013/10/31 17:38:
Wenn die Seite(n) eindeutig identifiziert ist/sind, sollte dann dieser Sachverhalt nicht in den Handschriftencensus eingetragen werden? http://www.handschriftencensus.de/3379

Überdies: Zwar sind die Blätter verkauft & weg, aber m.W. (weiß nicht mehr, wo ich das las?) ist die Ermittlungsnotwendigkeit für geklautes Kulturgut angezogen worden; zumindest in D/EU kann in derlei Fällen auch die Verjährungsfrist ausgesetzt werden: Wie kann man denn z. B. in Mainz sicher sein, dass nicht noch mehr an anderer Stelle fehlt? In den 2000ern gab es den Fall zweier in den 1970er Jahren entwendeter Bibel-Blätter, die via Christie's in den USA gelandet waren; 1 Blatt wurde von Christie's zurückgeben, nachdem die (in dem Fall: belgische) Polizei international tätig geworden war. Wenn der Klau eindeutig nachgewiesen werden kann, ist zumindest die Chance gegeben, dass wg. Hehlerei als aktuellem Delikt auch international ermittelt werden kann, ggf. unter Inanspruchnahme von Bundesbehörden. In der Regel fehlt ja aber gerade dieser Nachweis, hier ist er aber vorhanden! 
Annelen Ottermann (Gast) antwortete am 2013/10/31 23:16:
Hs I 606
Ja - guter Hinweis - ich werde das an den Handschriftencensus melden, wobei ich nicht weiß, ob die Information aufgenommen werden wird.
Parallel werde ich nach rechtlicher Beratung und Einschaltung des städtischen Rechtsamtes die nötigen und möglichen Schritte einleiten und erhoffe mir Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen, die damit Erfahrung haben. 
FeliNo antwortete am 2013/11/01 00:24:
Die Schnittstelle an der linken Kante des Bonhams-Blatts (Ansicht recto) ist charakteristisch: ein Rechtshänder, der die schnelle Rasierklinge führte mit dem dafür typischen leicheten Schwung nach links; das Gegenstück sollte sich bei Ihnen zweifelsfrei ausmachen lassen: da müsste oben noch der Rest des Einrisses vorhanden sein. Der Handschriftencensus wird Ihren Hinweis aufnehmen und Belege vermerken. Und ja: schalten Sie das Amt ein! Heute ist man sensibler gegenüber dem Klau schriftlichen Kulturguts als noch vor zehn Jahren, z. B. bei dem von mir o.g. Parallelfall (der einzige, den ich in der Klarheit kenne und der sich von 1993 bis 2003 hinzog, aber kaum öffentliches Interesse hervorrief). Bonne chance! 
Brigitte Pfeil (Gast) meinte am 2013/11/01 10:57:
Aus der heutigen 'Diskus'-Liste
Heute morgen teilte der Marburger Altgermanist Klaus Klein mit:
"In der Tat gab es in der zweiten Hälfte des 20. Jh.s Diebstähle von mittelalterlichen Handschriften in der Mainzer Stadtbibliotthek (z.B. Hs. I 8, Hs. I 49; dokumentiert im 1990 erschienenen Mainzer Handschriftenkatalog von Powitz/List). Trotz konkreter Verdachtsmomente konnten die Diebstähle m.W. damals nicht aufgeklärt werden.

Mit diesen Diebstählen haben die beiden bei Bonhams angebotenen Blätter (aus dem Buchstabenbereich T) aus einer 'Ex quo'-Handschrift der Mainzer Stadtbibliothek (Hs. I 606) nichts zu tun! Dass in dieser Mainzer Handschrift wegen Blattverlust die Lemmata nach "Succentor" fehlen, ist bereits in der Einleitung zur 1988 erschienenen Ex quo-Ausgabe (TTG 22) wie auch in Grubmüllers 1968 erschienenen Untersuchungen (MTU 17) dokumentiert. Diefenbachs online zugänglichem 'Glossarium' aus dem Jahr 1857 kann man sogar entnehmen, dass der auf "Succentor" folgende Buchstabenteil bereits 1857 in der Mainzer Handschrift fehlte!

Die bei Bonhams im Dezember 2012 veräußerten Blätter sind also (salopp formuliert) nichts für die Kriminalpolizei, sondern eher ein Fall für Historiker; zugleich sind sie ein willkommener Fund eines seit über 150 Jahren untergegangen geglaubten Handschriftenteils." 
Annelen Ottermann (Gast) antwortete am 2013/11/01 11:12:
Danke - Frau Pfeil, ich habe bereits dazu in der Diskusliste Stellung genommen. Sollte sich etwas in der einen oder anderen Richtung ergeben, so informiere ich natürlich.
Fürs erste brauche ich "nur" Hinweise, wie die sich zäh gestaltende Kontaktaufnahme zu Bonhams in Bewegung kommen könnte.
Besonders Klaus Graf ist für seine bisherige Hilfe zu danken. Vielleicht kommen wir mit gemeinsamer Anstrengung weiter.
Der Hinweis auf die Riss-Spuren ist wichtig - ich hatte das bereits am Original überprüft und fand es bestätigt. 
FeliNo antwortete am 2013/11/01 14:03:
Mein "Kurzschluss" bestand in einem (auf die Schnelle online gefundenen) Eintrag in einer Listung+Beschreibung von Handschriften->Vocabularien der StB Mainz (aus den 1960er Jahren), wo I 606 eine recht genaue kleine Beschreibung hatte, als Quelle eine Veröffentlichung von 1958; dort fehlte der Hinweis auf die fehlenden Lemma-Blätter (so dass ich vorschnell auf einen jüngeren Zeitraum der Entwendung schloss). So ist's allerdings besser: vielleicht lässt sich via Bonhams an Scans der Blätter kommen? 
KlausGraf antwortete am 2015/08/04 21:25:
Blätter sind in Stanford
http://archiv.twoday.net/stories/1022464825/ 
 

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