Allgemeines
Architekturarchive
Archivbau
Archivbibliotheken
Archive in der Zukunft
Archive von unten
Archivgeschichte
Archivpaedagogik
Archivrecht
Archivsoftware
Ausbildungsfragen
Bestandserhaltung
Bewertung
Bibliothekswesen
Bildquellen
Datenschutz
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
null

 
In der FAZ vom 08.01.2009, Nr. 6 , S. 34 bringt Verleger Vittorio Klostermann (Verleger in Frankfurt und Vorsitzender der "Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlicher Verleger" - Bild) einmal mehr die verlagseigenen Nebelwerfer gegen Open Access in Stellung.

Zu früheren Stellungnahmen Klostermanns:

http://archiv.twoday.net/stories/4440889/#4466812
http://archiv.twoday.net/stories/4708522/
http://www.klostermann.de/verlegen/vek_8.htm

Bereits der Titel ist irreführend:

"Die große Allianz gegen das Buch
Zentrale deutsche Wissenschaftsgremien möchten mit dem gedruckten Band auch gleich das Urheberrecht mitabschaffen."

Für alle, die mit längeren Texten arbeiten, ist das Buch weiterhin Medium der ersten Wahl. Umso mehr überrascht ein Grundlagenpapier, das die Allianz der deutschen Forschungsgesellschaften unter dem Titel "Schwerpunktinitiative ,Digitale Information'" kürzlich veröffentlicht hat. Mitglieder dieser Allianz sind die Alexander von Humboldt-Stiftung, der Deutsche Akademische Austauschdienst, die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Fraunhofer- und die Max-Planck-Gesellschaft, die Helmholtz- und die Leibniz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, die Hochschulrektorenkonferenz und der Wissenschaftsrat.

Es muss sicher stetige Aufgabe sein, die Informationsversorgung der Wissenschaften zu verbessern. Dass dies aber ausschließlich durch digitale Medien erreicht werden soll, wie das genannte Grundlagenpapier nahelegt, kann nicht überzeugen. Wegen der im Wissenschaftsbereich immer noch wachsenden Aufwendungen für digitale Infrastruktur und digitale Inhalte droht der Erwerb gedruckter Bücher dort vollends zu versiegen. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, fordert die Allianz der Wissenschaftsgesellschaften nun auch eine Änderung des Urheberrechts: Man möchte "den Autoren das ,Grundrecht' sichern, ihre Ergebnisse im Sinne eines freien Zugangs der Wissenschaft zu Informationen publizieren zu können". Diesem Satz muss man etwas länger nachschmecken. Was ist das für ein Grundrecht, das dem Autor da gegeben werden soll? Sämtliche Verwertungsrechte liegen doch schon nach jetzigem Urheberrecht beim Autor! Das ihm hier neu zugesprochene Recht soll jedoch "der Wissenschaft", also anderen, einen freien Zugang zu seinen Büchern erlauben. Nicht der Autor bekommt etwas, er soll anderen etwas geben. Ihm wird kein Recht gesichert, sondern vielmehr eines weggenommen. Geben mag seliger sein als Nehmen, aber das Gebenmüssen als Grundrecht zu bezeichnen geht denn doch zu weit.


Rabulistische Wortklauberei, nichts weiter. Der Verleger verkennt, dass Urheber Verwertern bei der Vertragsgestaltung unterlegen sind. In der Regel möchte sich der Wissenschaftler mit seinem Verlag nicht herumstreiten. Dass Verlage ausschließliche Nutzungsrechte brauchen, ist kein Grundgesetz. Die vorgeschlagene Klausel soll es Autoren ermöglichen (und ermuntern), ihre Arbeiten der weltweiten Scientific Community kostenfrei zur Verfügung zu stellen, ohne Ärger mit dem Verlag befürchten zu müssen. Von einem Müssen kann hier noch keine Rede sein.

Klostermann fährt fort:

Durch die Novellierung des Urheberrechts sollen die Professoren und Dozenten der Universitäten und Forschungseinrichtungen verpflichtet werden, sämtliche von ihnen verfassten Werke für eine kostenlose Online-Publikation zur Verfügung zu stellen. Dabei scheint die Allianz zu übersehen, dass dieser in der Open-Access-Welt als "golden" bezeichnete Weg in eine Sackgasse führt: Die Verlage werden ökonomisch kaum in der Lage sein, Geld in die Publikation von Büchern zu investieren, deren Inhalte frei aus dem Netz heruntergeladen werden können. Damit aber verlören die Autoren neben dem Honoraranspruch auch die Chance, dass ihre Texte professionell gestaltet, beworben und vertrieben werden.

Es wird durch Wiederholung nicht wahrer, dass die freie Online-Verfügbarkeit dem Absatz gedruckter Bücher oder Zeitschriften schadet. Hinreichende Evidenz fürs Gegenteil:

http://delicious.com/Klausgraf/monograph_open_access

Honoraranspruch der Autoren? In der Regel haben wissenschaftliche Autoren keinen Honoraranspruch!

Professionelle Gestaltung, Werbung und Vertrieb lassen sich bei Bedarf hinzukaufen. Im übrigen werden diese Verlagsleistungen hinsichtlich ihrer Bedeutung von den Verlegern extrem übertrieben dargestellt.

Roland Reuß, Herausgeber unter anderem der großen Kleist- und Kafka-Ausgaben des Stroemfeld-Verlags, hat vor diesem Hintergrund in einem Beitrag der Zeitschrift "TEXT. Kritische Beiträge" im Dezember 2008 die Situation der Editionsphilologie in aller Schärfe und Polemik beschrieben und vor dem Verschwinden des gedruckten Buches gewarnt. Das Buch, so Reuß, ist das beste Medium nicht nur für die Langzeitarchivierung von größeren Texten, sondern auch für deren Qualitätskontrolle - und dies genau deshalb, weil bereits die unmittelbare Herstellung eines Buches eine Menge Geld kostet und mit wirtschaftlichen Risiken einhergeht.

Die Rolle des Verlags ist die eines Investors in Zukunftsprojekte, der nicht nur für die Erfolge, sondern auch für die Misserfolge geradestehen muss. Entfällt dessen regulative Funktion, ist die Öffentlichkeit dem ungefilterten Angebot fachlicher und universitärer Repositorien ausgeliefert. Es ist nicht anzunehmen, dass das die Informationsversorgung der Wissenschaften verbesserte.


Gerade bei Editionen ist die Forderung nach Open Access unabweisbar, siehe

http://archiv.twoday.net/stories/230198/

Es gibt keine Alternative zur Langzeitarchivierung digitaler Daten - man kann das Rad der Geschichte nicht einfach zurückdrehen.

Der Wissenschaftler war vor der digitalen Welt dem ungefilterten Angebot gedruckten Schrotts ausgeliefert; fehlen ihm die quellenkritischen oder Informations-Kompetenzen einen in einem Repositorium vorgefundenen Beitrag angemessen zu bewerten, sollte er keine Wissenschaft betreiben. Und wie oft hat man es erlebt, dass wichtige Bücher nicht oder durch Kürzung verstümmelt erschienen sind.

Insgesamt eine eher dümmliche Polemik.
Matthias Ulmer (Gast) meinte am 2009/01/08 10:30:
Verleger haben eben einen anderen Standpunkt als Sie. Eine dümmliche Polemik ist es deshalb noch nicht.

Ihre Aussagen sind vielleicht richtig. Aber nur für das wissenschaftliche Publizieren im Bereich von Monografien und Zeitschriften. Das ist in Relation zur gesamten Verlagswirtschaft nicht einmal 5%.

Und unter den wissenschaftlichen Verlagen gibt es vielleicht zehn, deren Politik Sie verständlicherweise bekämpfen. Die übrigen 990 oder so Verlage werfen Sie einfach in den gleichen Topf.

Und weil die Autoren partout nicht das tun, was Sie für richtig halten, konstatieren Sie, dass die wohl wider ihren Willen von den Verlegern genötigt werden, und man sie durch Bevormundung deshalb befreien muss.

Und ob eine freie Online-Verfügbarkeit dem Absatz schadet oder nicht, das können ausschließlich die Buchhändler, die Verleger und die Autoren beurteilen. Aber alle die reden in Ihren Augen ja nur Unsinn. Die Evidenz Ihrer Behauptung stellen Sie einfach per Dekret fest.

Bei all diesen Punkten nützt ja eine Diskussion nichts. Es geht um Ideologie, nicht um richtig oder falsch.

Sie wissen, was der richtige Weg ist. Und bis das die anderen entsprechend gelernt haben, muss man sie eben umerziehen und bevormunden, ihre Entscheidungsfreiheit einschränken und Gegenmeinungen zum Schweigen bringen. Das Muster ist bekannt, das Ergebnis war immer erschreckend. 
wortklauberer (Gast) meinte am 2009/01/08 11:02:
"Ihre Aussagen sind vielleicht richtig. Aber nur für das wissenschaftliche Publizieren im Bereich von Monografien und Zeitschriften."

Sie haben es erfasst. Genau darum gehts doch.
Schön dass Sie die Argumente selbst bestätigen.
Der "Rest der Verlagswirtschaft" dürfte die Wissenschaftsallianz ja eigentlich herzlich wenig interessieren. 
Matthias Ulmer (Gast) antwortete am 2009/01/08 13:15:
Was schert Sie schon der Rest der Welt, solange Ihre eigenen Interessen durchgesetzt werden. Meinen Sie das?

Die Bemühungen der "Wissenschaftsallianz" hat starken Einfluss auf alle anderen Bereiche. Die angestrebten oder bereits erreichten Änderungen im Urheberrecht gelten eben nicht nur für wissenschaftliche Monografien, sondern auch für den "Rest". Die Entmündigung der wissenschaftlichen Autoren gilt auch für Lehrbücher und anderes Schrifttum. Bemühungen um eine Kürzung der Schutzfristen treffen eben auch die Literatur oder die Musik. Schrankenregelungen sind nicht auf wenige Spezialfälle begrenzt.

Sie sagen es ja ganz offen: "Der Rest der Verlagswirtschaft dürfte die Wissenschaftsallianz ja eigentlich herzlich wenig interessieren". Da sind die Kollateralschäden dann auch egal. 
KlausGraf antwortete am 2009/01/08 16:15:
Ich dulde hier keine Verleumdungen
"Sie wissen, was der richtige Weg ist. Und bis das die anderen entsprechend gelernt haben, muss man sie eben umerziehen und bevormunden, ihre Entscheidungsfreiheit einschränken und Gegenmeinungen zum Schweigen bringen. Das Muster ist bekannt, das Ergebnis war immer erschreckend." Ein solcher Vergleich, der auf totalitäre Systeme und deren Vorgehen gegen die Menschenwürde abzielt, ist unangemessen und unverhältnismäßig. Ich muss Sie bitten, auf weitere Kommentare in diesem Weblog künftig zu verzichten, wenn Sie sich nicht entschuldigen. 
Matthias Ulmer (Gast) antwortete am 2009/01/08 16:39:
Entschuldigung
Ich entschuldige mich nur zu gerne, wenn Sie mir sagen, dass ich unrecht habe. Wenn Sie nicht die Freiheit des Autors einschränken wollen selbst zu entscheiden, wo und wie er publizieren will. Wenn Forschungsgelder nicht an Zwangspublikationen gebunden werden sollen. Wenn gegen den Willen des Autors nicht digitalisiert werden darf.
Und ich würde mich noch viel lieber entschuldigen, wenn über Ihrem Artikel nicht gestanden hätte "Klostermann hetzt weiter" und wenn Sie nicht schon anderweitig das Löschen meiner Beiträge gefordert hätten und mir nicht hier wieder mit einem Redeverbot drohen. 
KlausGraf antwortete am 2009/01/09 18:47:
Uneinsichtig
Da Sie offensichtlich nicht begreifen, dass Ihre Gulag-Anspielungen unangemessen sind, haben Sie hier fortan virtuelles Hausverbot. 
Uwe Jochum (Gast) meinte am 2009/01/09 18:35:
Der Hetzer?
Es ist schon ein äußerst starkes Stück, hier lesen zu müssen, daß Herr Klostermann "Hetze" betreibe und eine "dümmliche Polemik" geschrieben habe. Das genaue Gegenteil ist der Fall: Wer auch nur irgend unvoreingenommen liest, was u.a. die Wissenschaftsgremien verlegerisch im Schilde führen, der muß feststellen: es geht insgesamt nicht nur um die digitale Umstellung des Publikationswesens, sondern um eine subtile, aber weitreichende Neuinterpretation von Autorenverwertungsrechten. Und zwar keineswegs zum Besseren des Publikationswesens und der Autoren. Auch nicht der Verlage. Schon Pech, daß exponierte und versierte Leute wie Vittorio Klostermann oder Roland Reuß so gute Argumente haben, daß man der Widerlegung ausweicht, um die guten Argumente statt dessen als "Hetze" und "dümmlich" zu brandmarken. Hier sieht ein ganz anderer Polemiker, der nur dem Namen nach von Adel ist, vor lauter Polemisieren schon längst den Wald nicht mehr, in dem er brüllt. Es gilt aber immer noch die gute alte Regel: Wer brüllt, hat unrecht. 
KlausGraf antwortete am 2009/01/09 18:45:
Es zwingt Sie niemand, hier mitzulesen
Herr Jochum, Sie haben doch Besseres zu tun als hier mitzulesen. Zum Beispiel kulturpessimistische Bücher zu schreiben. Sie wissen, wo der Zimmermann die Tür gelassen hat? Und tschüss. 
jge (Gast) meinte am 2009/02/12 09:12:
Gerade entdeckt, dass Kostermanns Text online verfügbar ist:
http://www.textkritik.de/schriftundcharakter/sundc024gegenallianz.htm 
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma