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Andrea Beyer hat auf meine Bitte hin einen kleinen Fundbericht über die Identifzierung des württembergischen Kinder- und Jugendbuchautors "J. B. Rothacker" verfasst. KG

Wer war J. B. Rothacker?

Von Andrea Beyer

Der Name J. B. Rothacker taucht immer wieder im Zusammenhang mit Sagensammlungen auf. Aber wer war das eigentlich?

Erster Blick ins World Biographical Information System (WBIS): 10
Treffer für Rothacker, aber keiner der in Frage kam. Nächster Versuch die Personennamendatei (PND) [1], auch da nur unter vorgenannter Namensform. Weitere Suchen nach einem Hinweis in Bibliothekskatalogen wie HeBIS [2] oder dem Karlsruher Virtuellen Katalog (KVK) [3] blieben ergebnislos. Letzte Hoffnung eine intensive Recherche bei Google Books.

Erste grobe Suche ergab 2 Bücher im Volltext: "Süddeutschlands Sagen", 2. Auflage, Stuttgart: Fischhaber, 1859 und "Auserlesene Mährchen". Reutlingen: Heerbrandt, 1839. Schaut man bei der Sagensammlung unter "Andere Ausgaben", lässt sich die Erstausgabe Reutlingen: Enßlin und Laiblin von 1837 finden [4]. Bei genaueren Hinsehen enthält diese Ausgabe zwei Titelblätter, eines mit der Verfasserangabe J. B. Rothacker, das andere mit J. B. R. Es liegt also der Verdacht nahe, dass es weitere Schriften unter diesem Akronym geben könnte. Und in der Tat kam ein weiteres Exemplar der Erstausgabe der Süddeutschen Sagen [5] zum Vorschein.

Die Suche lässt sich mit vielerlei Buchstabenkombinationen erweitern, wie z.B. "J+B+R" "Johann Rothacker" oder "J+B+Rothacker", und tatsächlich gab es einen Eintrag, der hoffen ließ. Im Königlich-Württembergisches Hof- und Staats-Handbuch auf die Jahre 1809 und 1810 steht unter Amtsstadt Herrenberg folgender Eintrag: Collaborator: Hr. Joh. Burkhard Rothacker [6].

Einem Hinweis auf das Deutsche Literaturarchiv Marbach nachgehend, welches einen Brief Rothackers an den Cotta-Verlag besitzt, stellte sich heraus, dass der Gesuchte mit dem Kollaborator identisch ist [7].

Durch weitere Nachfragen, so beim Landeskirchlichen Archiv Stuttgart und den Stadtarchiven Tübingen und Herrenberg, konnte folgender Lebenslauf ermittelt werden.

Johann Burkhardt Rothacker wurde am 5. August 1779 als Sohn eines Schusters in Tübingen geboren [8].

Bis 1797 erhielt er seine Lehrerausbildung an der Tübinger Schola
Anatolica [9]. Bereits im Jahr 1796 bewarb er sich mit einem
Empfehlungsschreiben des Tübinger Professors Dr. Ludwig Josef Uhland an der deutschen Knabenschule als Provisor, bekam diese Stelle aber nicht [10].

1798 bekam Rothacker eine Anstellung als 2. Provisor an der Tübinger Mädchenschule [9].

Ab 1809 [11] unterrichtete er als Kollaborator an der Lateinschule in
Herrenberg, wo er wegen "mäßigen Erfolg[s]" am 6. April 1823 seinen Abschied erhielt [12] und im gleichen Jahr wieder nach Tübingen zog [13].

Rothacker heiratete 1810 die acht Jahre jüngere Rosina Gottliebin,
geborene Kronecker aus Tübingen (Tochter eines Bortenwirkers), die 1812 starb. Zweite Ehefrau wurde 1813 Friedericke Christiane, geborene Trautmann aus Großbottwar (* 1779). Das Paar hatte fünf Kinder, von denen vier kurz nach der Geburt verstarben[8] [13]. Laut Rothackers eigenen Angaben erlag seine Ehefrau 1834 der Ruhr [7].

Johann Burkhardt Rothacker starb am 5. Dezember 1851 in Tübingen [8].

Johann Burkhardt Rothacker, der als Lehrer in Tübingen und Herrenberg wirkte, hatte es im Leben nicht leicht. Wohlstand [14] war ihm mit seinem kargen Einkommen und der Herausgabe mehrerer Schriften nicht vergönnt, was sich unter anderem seinem Bettelbrief an den Verlag Cotta in Tübingen entnehmen lässt [7].

Der Pädagoge schrieb Sagen- und Märchensammlungen, sowie Erzählungen, Sprüche und Belehrungen für die Jugend. Eine - bisher nicht vorhandene - Bibliographie seiner Werke findet sich in Wikisource [15].

[1] http://d-nb.info/gnd/100260837 . Für Unterstützung danke ich Klaus Graf.
[2] http://www.portal.hebis.de/servlet/Top/searchadvanced
[3] http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk.html
[4] http://books.google.com/books?id=srJZAAAAMAAJ
[5] http://books.google.com/books?id=jz8WAAAAYAAJ
[6] http://books.google.com/books?id=CmwAAAAAcAAJ&pg=RA1-PA348
[7] http://de.wikisource.org/wiki/Brief_an_Cotta_%28Rothacker%29
[8] Familienregister Tübingen
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Familienregister_Tuebingen_Rothacker.jpg
[9] Wolfram Hauer: Lokale Schulentwicklung und städtische Lebenswelt. Das Schulwesen in Tübingen von seinen Anfängen im Spätmittelalter bis 1806, 2003, S. 408
http://books.google.com/books?id=tHNZqPs2630C&pg=PA408 . Wenn er im Tübinger Bürgerbuch als Privatlehrer erscheint, passt das zu der Aussage im Brief an den 1796 geborenen Johann Georg IV. Freiherr Cotta von Cottendorf (siehe Anmerkung 7), er sei dessen erster ABC-Lehrer gewesen.
[10] Hauer: ebenda, S. 225
http://books.google.com/books?id=tHNZqPs2630C&pg=PA225. Das
Stadtarchiv Tübingen teilte mit: Die Wiederaufnahme ins Bürgerrecht erfolgte am 30. Juli 1823. Als Berufsbezeichnung ist Privatlehrer angegeben. Nach seinem Tode wurde keine Inventur vorgenommen. Das Findbuch zum Bestand A80 "Inventuren und Teilungen" verweist auf eine Armutsurkunde vom 19. Januar 1852 (Stadtarchiv Tübingen A80/189, Bl. 595).
[11] In den Personalakten der Lehrer abweichende Beschäftigungszeit für Herrenberg: 1808-1826, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, E 203 I Bü 1363 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-1831972
[12] Herrenberg und seine Lateinschule. Hrsg. von Walter Gerblich [1962], S. 115. 1824 heißt es: "Bekanntlich haben wir nach langem Kampf unsere Schule von Rothacker befreit" (ebd.).
[13] Familienregister Herrenberg
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Familienregister_Herrenberg_Rothacker.jpg.
Nach den Inventuren und Teilungen im Stadtarchiv Herrenberg war der Vater von Rosina: Adam Friedrich Kronecker, Bortenwirker (Inv.
2.12.1813).
[14] 1814 war die Hälfte seiner Besoldung mit Arrest belegt. Siehe:
Herrenberg und seine Lateinschule. Hrsg. von Walter Gerblich [1962], S. 115
[15] http://de.wikisource.org/wiki/Johann_Burkhardt_Rothacker

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