Das Siwiarchiv rief aus Anlass seines zweijährigen Bestehens zur Blogparade und da wollen wir natürlich nicht abseits stehen. Wir gratulieren und finden, dass das Siwiarchiv ein tolles Informationsangebot ist.
Die provozierende Überschrift hat natürlich ein Vorbild und wie bei diesem Vorbild kann man sich auch hier fragen, ob man nicht diplomatischer formulieren sollte. Es kommt natürlich darauf an, wie man denn "Bloggen" definiert: Wer das Netz in ansprechender Form über Neuigkeiten unterrichtet - und sei es auch auf Facebook oder Twitter - dem kann man mit etwas gutem Willen attestieren, dass er bloggt. Auch wenn ich den Einsatz einer Blogsoftware (z.B. Wordpress) nicht zuletzt aufgrund der Möglichkeit, problemlos einen RSS-Feed bereitzustellen, für wünschenswert erachte.
Huberta Weigl listete viele Gründe auf, warum Archive bloggen sollten. Ich greife heraus:
"- zu erklären, wie man mit Quellen arbeitet.
- zu zeigen, welche Erkenntnisse man aus Quellen gewinnen kann.
- rasch und unbürokratisch Forschungsergebnisse zu publizieren.
- Archivbenutzern die Möglichkeit zu geben, Ergebnisse auf kurzem Weg zu veröffentlichen."
Das kann ich nur unterstreichen: Archive sollten sich, wenn sie bloggen, auch als Teil der Wissenschaftsblogosphäre verstehen. Dies bedeutet: Sie informieren über eigene und externe Forschung in ihren Beständen, sie publizieren (kleinere) Beiträge mit neuen Erkenntnissen und eröffnen diese Möglichkeit auch Forschern außerhalb der eigenen Institution.
Aus meiner Sicht ist es heute nicht mehr zeitgemäß, wissenschaftliche Publikationen nur in gedruckter Form vorzulegen, da jede Druckpublikation gegenüber dem digitalen Potential des Internets ins Hintertreffen gerät. Im Kern heißt digitales Potential:
- übergreifende Volltextrecherche
- Wissensstrukturierung mittels XML oder Datenbankanwendungen
- Vernetzung qua Hypertext bis hin zum Semantic Web
- Multimedialität.
Falls der letzte Punkt irgendwie unklar ist: Versuchen Sie einmal, in eine Heimatzeitschrift ein Video einzubetten! Natürlich kann man einen Link abdrucken, aber wer tippt den ein? Einfacher googelt man oder sucht im Videoportal.
Ohne mühsam erstellte Register ist ein nicht kleiner Teil des wertvollen Quellenstoffs in Heimatzeitschriften für die Forschung verloren. Dagegen ermöglicht die Volltextsuche von Archivalia in den meisten Fällen, die 21625 Beiträge seit 2003 sinnvoll zu nutzen.
Ich lege vergleichsweise viel Wert darauf, Beiträge zum gleichen oder einem ähnlichen Thema durch Links zu vernetzen. In einer Heimatzeitschrift ist es aber eher Glückssache, dass man einen Nachtrag zu einem bestimmten Beitrag auch auffindet. Der Fall "Ulm und Oberschwaben" beweist, dass die Zeitschriften von einer "Kultur der Korrektur" nichts wissen wollen. Ein Heimatforscher hatte eine Quelle ediert und die originale Überlieferung übersehen. Im nächsten Jahrgang findet sich natürlich kein Nachtrag mit Hinweis auf die Korrektur.
Wer sich auf dem Feld des lokal- und regionalhistorischen Schrifttums umschaut, weiß, dass der Fetisch "Peer Review" meilenweit entfernt ist. In Heimatkalendern und Heimatblättern wird die Qualitätskontrolle allzu oft klein geschrieben - ein Punkt, der aber offenkundig nicht weiter stört. In Wissenschaftsblogs muss nicht alles perfekt sein, sie dürfen aus meiner Sicht auch Unfertiges und Fragmente enthalten, sollten aber darauf achten, dass methodisch sauber gearbeitet wird und vor allem alle Aussagen belegt werden.
Historiker-Archivare (und Archivarinnen) haben - nicht zuletzt in historischen Vereinen - einen immensen Beitrag zur deutschen historischen Forschung auf allen Ebenen (von der Nationalgeschichte bis zur Ortsgeschichte) geleistet und damit zugleich ein großes "symbolisches Kapital" für die Reputation ihres Berufs und die Legitimation des Archivwesens akkumuliert. Ich bin davon überzeugt, dass "Records Manager", die sich der historischen Forschung verweigern, nicht das maßgebliche Leitbild des Archivars sein können (siehe dazu auch am Beispiel der Universitätsarchive Graf 2010). Nur durch entschiedene Digitalisierung und Beteiligung am Web 2.0 können die Archive in Zukunft die für ihren Unterhalt nötige Legitimation erwirtschaften.
Wenn Archive Häuser der Geschichte sind, müssen Archivare die Erforschung dieser Geschichte fördern und mit allen Geschichtsinteressierten auch im Bereich des Publikationswesens zusammenarbeiten bzw. diesen (elektronische) Publikationsmöglichkeiten geben.
Ein von einem Archiv betriebenes Wissenschaftsblog mit gehaltvollen Beiträgen ist einem gedruckten Heimatkalender mit Beiträgen eher gemischter Qualität allemal vorzuziehen. Da in Heimatkalendern kaum längere Beiträge vertreten sind, eignet sich das Blogformat gut als Substitutionsform.
Der frühere Forscher-Archivar, der im Muße Bücher und lange Aufsätze - womöglich in der Dienstzeit - verfassen konnte, dürfte weitgehend ausgestorben sein. Kürzere wissenschaftliche Beiträge im institutseigenen oder einem anderen Wissenschaftsblog eignen sich gut dazu, im wissenschaftlichen Bereich aktiv zu bleiben.
Als "Hüter der Quellen" sind Archivare prädestiniert, quellenkundliche und quellennahe Beiträge zu schreiben, die für die Bedeutung der archivischen Überlieferung sensibilisieren. Als Bürgerarchivare sollen sie für die Arbeit mit Quellen begeistern und Hemmschwellen abbauen. Dazu gehört natürlich auch, dass in großzügigem Ausmaß Abbildungen von Archivgut in ausgezeichneter Qualität und ohne widerliche Wasserzeichen beigegeben werden.
Hermann Heimpel sagte einmal: Literaturkenntnis schützt vor Neuentdeckungen. Bei der Arbeit mit Quellen kann man sehr leicht die ausgetretenen Pfade verlassen und Neues finden. Fast alle der über 180 Forschungsmiszellen, die ich in diesem Blog veröffentlichte, gingen von konkreten Quellen oder Quellenfunden aus.
Ein Archiv kann durchaus mehrere Blogs führen. Ein allgemeines News-Blog, von dem aus auf die Beiträge in den anderen Blogs verwiesen werden kann, und spezielle Blogs z.B. für wissenschaftliche Beiträge oder zu besonderen Themen. Bei wissenschaftlicher Ausrichtung empfiehlt sich die Beantragung eines Blogs im Blogportal de.hypotheses.org. Diese Anbindung garantiert eine größere Sichtbarkeit und die Einbindung in die Wissenschafts-Blogosphäre.
Damit die Anschauung nicht zu kurz kommt (und auch nicht der Jubilar) verweise ich auf die im Siwiarchiv veröffentlichten Recherchen zum NS-Reichstagsabgeordneten F. W. Müller, wobei man die Informationsbereitstellung in den Kommentaren durchaus als "Crowdsourcing" bezeichnen darf.
Blogs sind Teil des Web 2.0, des Mitmach-Webs. Bürgerarchive müssen sich von ihrem verknöcherten obrigkeitlichen Anstalts-Gehabe lösen und partnerschaftlich mit den anderen Akteuren auf dem großen Feld "Geschichte" (Forschung, Vermittlung, Erinnerungskultur) zusammenarbeiten. Archive können durch Crowdsourcing nur gewinnen. Wenn ein Blog angenommen wird und sich fachkundige Kommentierer einstellen, kann gemeinsam neues Wissen erarbeitet werden.
Blogs sind aus meiner Sicht ein wichtiges Mittel archivischer Öffentlichkeitsarbeit im digitalen Zeitalter. Das haben die bisherigen Beiträge zur Blogparade einhellig unterstrichen. Da Archivalia sich zugleich als Wissenschaftsblog und als Blog für das Archivwesen versteht, ist es sicher nachvollziehbar, wenn ich nicht bereits Gesagtes mit anderen Worten nochmals ausdrücken wollte, sondern mit Nachdruck für ein verstärktes Engagement der Archive in der Wissenschafts-Blogosphäre werben wollte. Das Format Blog eignet sich ausgezeichnet für kleinere wissenschaftliche Beiträge, die aus dem Archivgut geschöpft werden oder es erläutern.
Abgeordneter Müller (siwiarchiv)
Die provozierende Überschrift hat natürlich ein Vorbild und wie bei diesem Vorbild kann man sich auch hier fragen, ob man nicht diplomatischer formulieren sollte. Es kommt natürlich darauf an, wie man denn "Bloggen" definiert: Wer das Netz in ansprechender Form über Neuigkeiten unterrichtet - und sei es auch auf Facebook oder Twitter - dem kann man mit etwas gutem Willen attestieren, dass er bloggt. Auch wenn ich den Einsatz einer Blogsoftware (z.B. Wordpress) nicht zuletzt aufgrund der Möglichkeit, problemlos einen RSS-Feed bereitzustellen, für wünschenswert erachte.
Huberta Weigl listete viele Gründe auf, warum Archive bloggen sollten. Ich greife heraus:
"- zu erklären, wie man mit Quellen arbeitet.
- zu zeigen, welche Erkenntnisse man aus Quellen gewinnen kann.
- rasch und unbürokratisch Forschungsergebnisse zu publizieren.
- Archivbenutzern die Möglichkeit zu geben, Ergebnisse auf kurzem Weg zu veröffentlichen."
Das kann ich nur unterstreichen: Archive sollten sich, wenn sie bloggen, auch als Teil der Wissenschaftsblogosphäre verstehen. Dies bedeutet: Sie informieren über eigene und externe Forschung in ihren Beständen, sie publizieren (kleinere) Beiträge mit neuen Erkenntnissen und eröffnen diese Möglichkeit auch Forschern außerhalb der eigenen Institution.
Aus meiner Sicht ist es heute nicht mehr zeitgemäß, wissenschaftliche Publikationen nur in gedruckter Form vorzulegen, da jede Druckpublikation gegenüber dem digitalen Potential des Internets ins Hintertreffen gerät. Im Kern heißt digitales Potential:
- übergreifende Volltextrecherche
- Wissensstrukturierung mittels XML oder Datenbankanwendungen
- Vernetzung qua Hypertext bis hin zum Semantic Web
- Multimedialität.
Falls der letzte Punkt irgendwie unklar ist: Versuchen Sie einmal, in eine Heimatzeitschrift ein Video einzubetten! Natürlich kann man einen Link abdrucken, aber wer tippt den ein? Einfacher googelt man oder sucht im Videoportal.
Ohne mühsam erstellte Register ist ein nicht kleiner Teil des wertvollen Quellenstoffs in Heimatzeitschriften für die Forschung verloren. Dagegen ermöglicht die Volltextsuche von Archivalia in den meisten Fällen, die 21625 Beiträge seit 2003 sinnvoll zu nutzen.
Ich lege vergleichsweise viel Wert darauf, Beiträge zum gleichen oder einem ähnlichen Thema durch Links zu vernetzen. In einer Heimatzeitschrift ist es aber eher Glückssache, dass man einen Nachtrag zu einem bestimmten Beitrag auch auffindet. Der Fall "Ulm und Oberschwaben" beweist, dass die Zeitschriften von einer "Kultur der Korrektur" nichts wissen wollen. Ein Heimatforscher hatte eine Quelle ediert und die originale Überlieferung übersehen. Im nächsten Jahrgang findet sich natürlich kein Nachtrag mit Hinweis auf die Korrektur.
Wer sich auf dem Feld des lokal- und regionalhistorischen Schrifttums umschaut, weiß, dass der Fetisch "Peer Review" meilenweit entfernt ist. In Heimatkalendern und Heimatblättern wird die Qualitätskontrolle allzu oft klein geschrieben - ein Punkt, der aber offenkundig nicht weiter stört. In Wissenschaftsblogs muss nicht alles perfekt sein, sie dürfen aus meiner Sicht auch Unfertiges und Fragmente enthalten, sollten aber darauf achten, dass methodisch sauber gearbeitet wird und vor allem alle Aussagen belegt werden.
Historiker-Archivare (und Archivarinnen) haben - nicht zuletzt in historischen Vereinen - einen immensen Beitrag zur deutschen historischen Forschung auf allen Ebenen (von der Nationalgeschichte bis zur Ortsgeschichte) geleistet und damit zugleich ein großes "symbolisches Kapital" für die Reputation ihres Berufs und die Legitimation des Archivwesens akkumuliert. Ich bin davon überzeugt, dass "Records Manager", die sich der historischen Forschung verweigern, nicht das maßgebliche Leitbild des Archivars sein können (siehe dazu auch am Beispiel der Universitätsarchive Graf 2010). Nur durch entschiedene Digitalisierung und Beteiligung am Web 2.0 können die Archive in Zukunft die für ihren Unterhalt nötige Legitimation erwirtschaften.
Wenn Archive Häuser der Geschichte sind, müssen Archivare die Erforschung dieser Geschichte fördern und mit allen Geschichtsinteressierten auch im Bereich des Publikationswesens zusammenarbeiten bzw. diesen (elektronische) Publikationsmöglichkeiten geben.
Ein von einem Archiv betriebenes Wissenschaftsblog mit gehaltvollen Beiträgen ist einem gedruckten Heimatkalender mit Beiträgen eher gemischter Qualität allemal vorzuziehen. Da in Heimatkalendern kaum längere Beiträge vertreten sind, eignet sich das Blogformat gut als Substitutionsform.
Der frühere Forscher-Archivar, der im Muße Bücher und lange Aufsätze - womöglich in der Dienstzeit - verfassen konnte, dürfte weitgehend ausgestorben sein. Kürzere wissenschaftliche Beiträge im institutseigenen oder einem anderen Wissenschaftsblog eignen sich gut dazu, im wissenschaftlichen Bereich aktiv zu bleiben.
Als "Hüter der Quellen" sind Archivare prädestiniert, quellenkundliche und quellennahe Beiträge zu schreiben, die für die Bedeutung der archivischen Überlieferung sensibilisieren. Als Bürgerarchivare sollen sie für die Arbeit mit Quellen begeistern und Hemmschwellen abbauen. Dazu gehört natürlich auch, dass in großzügigem Ausmaß Abbildungen von Archivgut in ausgezeichneter Qualität und ohne widerliche Wasserzeichen beigegeben werden.
Hermann Heimpel sagte einmal: Literaturkenntnis schützt vor Neuentdeckungen. Bei der Arbeit mit Quellen kann man sehr leicht die ausgetretenen Pfade verlassen und Neues finden. Fast alle der über 180 Forschungsmiszellen, die ich in diesem Blog veröffentlichte, gingen von konkreten Quellen oder Quellenfunden aus.
Ein Archiv kann durchaus mehrere Blogs führen. Ein allgemeines News-Blog, von dem aus auf die Beiträge in den anderen Blogs verwiesen werden kann, und spezielle Blogs z.B. für wissenschaftliche Beiträge oder zu besonderen Themen. Bei wissenschaftlicher Ausrichtung empfiehlt sich die Beantragung eines Blogs im Blogportal de.hypotheses.org. Diese Anbindung garantiert eine größere Sichtbarkeit und die Einbindung in die Wissenschafts-Blogosphäre.
Damit die Anschauung nicht zu kurz kommt (und auch nicht der Jubilar) verweise ich auf die im Siwiarchiv veröffentlichten Recherchen zum NS-Reichstagsabgeordneten F. W. Müller, wobei man die Informationsbereitstellung in den Kommentaren durchaus als "Crowdsourcing" bezeichnen darf.
Blogs sind Teil des Web 2.0, des Mitmach-Webs. Bürgerarchive müssen sich von ihrem verknöcherten obrigkeitlichen Anstalts-Gehabe lösen und partnerschaftlich mit den anderen Akteuren auf dem großen Feld "Geschichte" (Forschung, Vermittlung, Erinnerungskultur) zusammenarbeiten. Archive können durch Crowdsourcing nur gewinnen. Wenn ein Blog angenommen wird und sich fachkundige Kommentierer einstellen, kann gemeinsam neues Wissen erarbeitet werden.
Blogs sind aus meiner Sicht ein wichtiges Mittel archivischer Öffentlichkeitsarbeit im digitalen Zeitalter. Das haben die bisherigen Beiträge zur Blogparade einhellig unterstrichen. Da Archivalia sich zugleich als Wissenschaftsblog und als Blog für das Archivwesen versteht, ist es sicher nachvollziehbar, wenn ich nicht bereits Gesagtes mit anderen Worten nochmals ausdrücken wollte, sondern mit Nachdruck für ein verstärktes Engagement der Archive in der Wissenschafts-Blogosphäre werben wollte. Das Format Blog eignet sich ausgezeichnet für kleinere wissenschaftliche Beiträge, die aus dem Archivgut geschöpft werden oder es erläutern.
Abgeordneter Müller (siwiarchiv)
Wolf Thomas meinte am 2014/01/29 07:12:
Die Teilnahme der “Mutter aller Archivblogs” ist uns eine Ehre.
Mareike König (Gast) meinte am 2014/01/29 09:36:
Sehr guter Beitrag, danke! http://redaktionsblog.hypotheses.org/1955