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BGH 23.05.1985 I ZR 28/83 "Geistchristentum" GRUR 1986, 59-61

Der Kl., der sich als "Geistige Loge" bezeichnet, ist ein Verein schweizerischen Rechts. Er versteht sich als "interkonfessionelle Kultusinstitution, frei von politischen Bindungen"; sein Gemeinschaftszweck ist "die aufschlußreiche, undogmatische Darlegung und Förderung der christlichen Lehre aufgrund eingehend geprüfter, in sich widerspruchsfreier Jenseitsbekundungen". Der Kl. führt regelmäßig Veranstaltungen durch, auf denen eine von ihm als Medium bezeichnete Mitarbeiterin Vorträge hält, bei denen es sich um Bekundungen aus dem Jenseits handeln soll; die Vorträge werden auch in Schriftform veröffentlicht. Der Kl., der u. a. das dreibändige Werk "Botschaften aus dem Jenseits" und die Jahresschrift "Meditationswoche" herausgibt, ist von seiner Mitarbeiterin zur umfassenden Verwertung der Vorträge ermächtigt.

Im beklagten Verlag ist das von seinem Inhaber verfaßte Buch "Das Geistchristentum" erschienen. Das Buch enthält eine Darstellung verschiedener "geistchristlicher Lehren" aus früheren Jahrhunderten und aus der heutigen Zeit. In ihm werden nach Themen geordnet unterschiedliche Strömungen gegenübergestellt. Zu 11 Einzelthemen ist der vom Kl. verbreiteten Lehre auf den Seiten 22 - 26, 48 - 51, 61, 67 - 69, 84 - 86, 100 - 102, 119 - 120, 136 - 140, 153 - 155, 159 - 160 und 174 - 175 des Buches jeweils ein eigener Abschnitt gewidmet. Dort finden sich - unter Anführung der jeweiligen Fundstelle - insgesamt 44 wörtliche Zitate aus den drei Bänden des Werkes "Botschaften aus dem Jenseits" und der "Meditationswoche" der Jahrgänge 1969 und 1971 bis 1975.

Der Kl. hält die Zitate für unzulässig und nimmt den Bekl. auf Unterlassung, Schadensersatz, Rechnungslegung und Beseitigung in Anspruch.

Er hat die Ansicht vertreten, der Bekl. könne sich nicht auf die Zitierfreiheit nach § 51 UrhG berufen, da die Übernahme fremden Geistesgutes nicht als Beleg oder zum besseren Verständnis der eigenen Ausführungen erfolge, sondern eigene Ausführungen ersetze. Der Bekl. habe Ausschnitte aus seinen - des Kl. - Werken mit dem Ziel veröffentlicht, dem Leser diese Werke in geraffter Form zu vermitteln.

Der Bekl. ist dem entgegengetreten. Er hat gemeint, die Zitate seien nach ihrem Zweck und Umfang durch § 51 UrhG gedeckt. Sein Werk stelle eine religionswissenschaftliche Auseinandersetzung mit ausgewählten religiösen Werken - u. a. auch denen des Kl. - dar. Dem Verfasser sei es bei der Darstellung der Einzelthemen vorrangig um eine vergleichende Analyse anhand textlicher Grundlagen gegangen.

Das LG hat die Zitate als zulässig beurteilt und die Klage abgewiesen. Das BerG hat den Bekl. - fünf Zitatstellen ausgenommen - antragsgemäß verurteilt. Die Revision des Bekl. führte zur Aufhebung des OLG-Urteils, soweit es der Klage stattgegeben hat; insoweit wurde die Sache zurückverwiesen.
Entscheidungsgründe

I. Das BerG hat dem Klagebegehren gemäß §§ 97, 98 in Verb. mit §§ 15 Abs. 1, 16, 17 UrhG im wesentlichen stattgegeben. Es hat die Ansicht vertreten, daß die wörtliche Textwiedergabe im Werk des Bekl. ganz überwiegend nicht durch die Zitierfreiheit nach § 51 UrhG gedeckt sei und dazu ausgeführt: Eine Zulässigkeit als Großzitat nach § 51 Nr. 1 UrhG scheitere daran, daß nicht nur aus einzelnen Werken, sondern aus einem erheblichen Teil der Veröffentlichungen des Kl. zitiert werde; ferner auch aus einer ganzen Anzahl von Schriftwerken anderer Verfasser. Die Zitate dienten auch in erster Linie nicht zur Erläuterung der in dem Buch des Bekl. enthaltenen Wertungen, Beurteilungen und Würdigungen, ihr Hauptzweck sei vielmehr, die Zitate zunächst für sich selbst sprechen zu lassen. Es handele sich aber auch nicht um zulässige Kleinzitate gemäß § 51 Nr. 2 UrhG. Der Umfang der Zitate sei, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht mehr durch den Zweck des Werkes des Bekl. gerechtfertigt. Der Verfasser habe sich nicht daran gehalten, nur ein oder zwei Kernsätze wörtlich und die übrige Gedankenführung in eigener Gestaltungsform wiederzugeben. Der Umfang der Zitate sei auch geeignet, den interessierten Leser davon abzuhalten, die Schriften des Kl. selbst zu erwerben.

II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Im Streitfall kommt eine Zulässigkeit der von dem Kl. beanstandeten Zitate zwar nicht als sog. Großzitate nach § 51 Nr. 1 UrhG, wohl aber als sog. Kleinzitate nach § 51 Nr. 2 UrhG in Betracht; denn die zitierten Werke, deren Urheberrechtsschutzfähigkeit für die Prüfung in der Revisionsinstanz unterstellt werden kann, werden nach den Feststellungen des BerG nicht vollständig, sondern nur auszugsweise wiedergegeben.

Nach § 51 Nr. 2 UrhG ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe zulässig, wenn in einem durch den Zweck gebotenen Umfang Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend im Grundsatz - abgesehen von der noch offenen Frage des zulässigen Umfangs der Zitate - erfüllt. Die gegenteilige Annahme des BerG beruht darauf, daß es den Zweck des Werkes des Bekl. und die Besonderheiten der Werke des Kl. nicht hinreichend berücksichtigt hat.

1. Bei dem im Verlag des Bekl. erschienenen Buch "Das Geistchristentum" handelt es sich um ein selbständiges Sprachwerk. Dies hat das BerG - entgegen der Ansicht der Revision - nicht anzweifeln wollen. Soweit es ausgeführt hat, das Zusammenstellen der Textstellen enthalte sozusagen eine Sammlung mehrerer Werke mehrerer Urheber, bezieht sich dies ersichtlich auf die Frage, ob im Streitfall noch von einem Zitat "einzelner Werke" im Sinne des - hier ohnehin nicht einschlägigen - § 51 Nr. 1 UrhG gesprochen werden kann. Das BerG hat mit seinen von der Revision beanstandeten Ausführungen diese Frage verneinen, nicht aber das angegriffene Buch als eine schlichte Zitatensammlung qualifizieren wollen. Davon geht auch der Kl. in seiner Revisionserwiderung aus.

An der erforderlichen Selbständigkeit würde es nur dann fehlen, wenn in dem Buch des Bekl. fremdes Geistesgut unter dem Deckmantel einer Mehrheit von Zitaten ohne wesentliche eigene Leistung wiedergegeben worden wäre (vgl. BGHZ 28, 234, 239 f. - Verkehrskinderlied 1; E. Ulmer, Urheberund Verlagsrecht, 3. Aufl. 1980, S. 314). Das ist nach den Feststellungen des BerG hier nicht der Fall. Das angegriffene Buch erschöpft sich nicht in der bloßen Wiedergabe fremder Textstellen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 22. 9. 1972 - I ZR 6/71 in GRUR 1973, 216 , 217 Handbuch moderner Zitate), vielmehr werden die angeführten Texte in den größeren Zusammenhang einer methodisch durchgeführten Untersuchung einer bestimmten geistigen Strömung eingeordnet und systematisch dargestellt (vgl. dazu nachfolgend unter 3.).

2. Das weitere Erfordernis des § 51 Nr. 2 UrhG, daß nur "Stellen" eines Werkes angeführt werden dürfen, läßt sich dagegen jedenfalls im Streitfall nicht mit der Erwägung des BerG verneinen, als Kleinzitate kämen nur ein oder zwei Kernsätze in Betracht.

Als Werkstellen, die zitiert werden dürfen, sind grundsätzlich nur kleine Ausschnitte aus geschützten Werken anzusehen. Ihr Umfang wird hinsichtlich ihres Ausmaßes durch das Verhältnis des Zitats zum benutzten Gesamtwerk bestimmt (vgl. BGHZ 28, 234, 242 - Verkehrskinderlied 1 ). Dabei ist davon auszugehen, daß nicht nur wenige Stellen von Werken eines einzelnen Autors zitiert werden dürfen (vgl. v. Gamm, Urheberrechtsgesetz, 1968, § 51 Rdn. 13; E. Ulmer, a.a.O., S. 314); denn in § 51 Nr. 2 UrhG ist die im früheren Recht (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 LUG) enthaltene Beschränkung auf "einzelne" Stellen fortgefallen. Bei der Ermittlung des sachlichen Umfangs lassen sich keine arithmetischen Maßstäbe anlegen (BGHZ 28, 234, 242 - Verkehrskinderlied 1; 50, 147, 158 Kandinsky 2 ). Es ist deshalb verfehlt, wenn das BerG generell nur ein oder zwei Kernsätze zulassen will. Es kann offenbleiben, ob eine derartige Beschränkung zumindest im Regelfall bei der Erörterung längerer Gedankengänge eines fremden Werkes anzunehmen ist, wenn sich die fremde Gedankenführung in eigener Gestaltungsform verständlich wiedergeben läßt (bejahend v. Gamm, a.a.O., § 51 Rdn. 13; weitergehend Fromm/Nordemann/Vinck, Urheberrecht, 5. Aufl. 1983, § 51 Rdn. 7, die ein Zitat von maximal einer Seite Länge zulassen wollen). Denn jedenfalls in Ausnahmefällen können sich auch längere Textwiedergaben, die einen wesentlichen Teil des zitierten Werkes ausmachen, noch im Rahmen der Zitierfreiheit halten; so ist in der Rechtsprechung die Wiedergabe der ganzen Strophe eines dreistrophigen Liedes noch als zulässig angesehen worden (vgl. BGHZ 28, 234, 242 - Verkehrskinderlied 1; vgl. auch OLG Hamburg in GRUR 1970, 38 , 40 für die Wiedergabe von sechs Zeilen eines fünfzehn Zeilen umfassenden Liedertextes).

Ob auch eine längere Textwiedergabe ausnahmsweise gerechtfertigt ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls zu prüfen. Dem hat das BerG nicht hinreichend Rechnung getragen, indem es die Grenzen der Zitierfreiheit im wesentlichen nur generell und abstrakt aufgezeigt hat. Es ist dabei im Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen, daß der sachliche Umfang des Kleinzitats durch den konkreten Zitatzweck im Rahmen des zitierenden Werkes, seiner Art, seines Inhalts und Zwecks begrenzt wird (vgl. RGZ 129, 252, 254 ff. - Operettenführer 3; auch BGHZ 50, 147, 151 - Kandinsky 2 ). Dabei ist für eine angemessene Abgrenzung auf den Grundgedanken des Gesetzes und den Interessenkonflikt zurückzugehen, dessen billige Lösung unter Berücksichtigung der Belange aller Beteiligten § 51 UrhG anstrebt. Die darin festgelegte Zitierfreiheit soll der Freiheit der geistigen Auseinandersetzung mit fremden Gedanken dienen und auch in der Form stattfinden können, daß politische, wissenschaftliche oder geistige Strömungen durch die wörtliche Wiedergabe einzelner Stellen aus den geschützten Werken verschiedener Autoren deutlich gemacht werden (BGH in GRUR 1973, 216 , 217 Handbuch moderner Zitate). Ausgehend von dem Gedanken, daß der Urheber bei seinem Schaffen auf den kulturellen Leistungen seiner Vorgänger aufbaut, wird es dem Urheber im Interesse der Allgemeinheit zugemutet, einen verhältnismäßig geringfügigen Eingriff in sein ausschließliches Verwertungsrecht (§ 15 Abs. 1 UrhG) hinzunehmen, wenn dies dem geistigen Schaffen anderer und damit zum Nutzen der Allgemeinheit der Förderung des kulturellen Lebens dient (BGHZ 28, 234, 242 f. - Verkehrskinderlied 1; 50, 147, 152 - Kandinsky 2 ). Mit diesem Zweck des Gesetzes wäre es nicht vereinbar, ein Werk um seiner selbst willen zur Kenntnis der Allgemeinheit zu bringen; andere sollen durch die Zitierfreiheit lediglich in die Lage versetzt werden, Entlehnungen als Hilfsmittel der eigenen Darstellung zu benutzen, sei es, daß sie das fremde Werk kritisch beleuchten, sei es, daß sie es als Ausgangspunkt und insbesondere zur Bekräftigung und Erläuterung des eigenen Gedankengangs auswerten, sei es schließlich auch, daß sie es in Gestalt von Leseproben zur Veranschaulichung eines selbständigen Berichts verwenden wollen (BGHZ 28, 234, 240 Verkehrskinderlied 1 ). Deshalb reicht es nicht aus, daß die Zitate in einer bloß äußerlichen, zusammenhanglosen Weise eingefügt und angehängt werden; vielmehr muß eine innere Verbindung mit den eigenen Gedanken hergestellt werden (BGHZ 28, 234, 240 - Verkehrskinderlied 1 ). Ein Zitat ist deshalb nur zulässig, wenn es als Beleg für eigene Erörterungen des Zitierenden erscheint (BGHZ 50, 147, 155 - Kandinsky 2; BGH in GRUR 1973, 216 , 218 Handbuch moderner Zitate). Das Anleihen bei dem Original darf schließlich nicht in einem solchen Umfang Kenntnis von dem Original oder dessen Kernstücken verschaffen, daß hierdurch ein gewisser Ersatz für den Erwerb des Exemplars des vollständigen Werkes geboten und damit die dem Schöpfer dieses Werkes zustehenden Verwertungsmöglichkeiten geschmälert werden (BGHZ 28, 234, 243 - Verkehrskinderlied 1; vgl. auch 50, 147, 153 - Kandinsky 2 ).

3. Im Streitfall läßt sich unter Berücksichtigung dieser Grundsätze nicht abschließend feststellen, ob sich der Umfang der aus den Werken des Kl. entnommenen Textstellen noch in den Grenzen der nach § 51 Nr. 2 UrhG zulässigen Zitierfreiheit hält.

Das BerG hat weder dem mit dem Werk des Bekl. verfolgten Zweck noch den Besonderheiten der zitierten Werke des Kl. und den fraglichen Werkstellen hinreichend Rechnung getragen.

Nach dem Klappentext und dem Vorwort des Buches war es das Anliegen des Autors, die sog. esoterischen Strömungen des Christentums anhand der Schriften von neun namentlich genannten Verfassern sowie des Kl. und einer weiteren Institution darzustellen. Es ging ihm vor allem um eine vergleichende Analyse anhand textlicher Grundlagen. Dabei ist er wie die einzelnen Kapitelüberschriften zeigen - um eine historische Einordnung und eine systematische Gliederung bemüht. Die einzelnen spirituellen Strömungen werden in einem methodischen Vergleich in Beziehung gesetzt. Ob das Buch den Charakter eines wissenschaftlichen Werkes hat, wie der Bekl. unter Berufung auf die von ihm vorgelegten gutachtlichen Äußerungen des Prof. Dr. H. (Prof. für vergleichende Religionswissenschaften der Universität B.) und des Prof. D. (ehemals Direktor des psychologischen Instituts der Universität B.) meint, kann letztlich auf sich beruhen; denn von der Privilegierung des § 51 Nr. 2 UrhG werden Sprachwerke jeder Art erfaßt.

Der Inhalt des vorliegenden Buches zeigt, daß sich der Verfasser nicht auf eine bloß äußerliche Aneinanderreihung fremder Textstellen beschränkt hat. Davon geht auch das BerG aus. Nach seinen Feststellungen enthält das Buch auch Wertungen, Beurteilungen und kritische oder sonst würdigende Darlegungen des Verfassers. Das BerG meint jedoch, daß die wiedergegebenen Textstellen nicht zur Erläuterung des Inhalts geboten erscheinen; ihr Hauptzweck sei es vielmehr, die Zitate zunächst für sich selbst sprechen zu lassen. Die Revision rügt insoweit zu Recht, daß das BerG dazu keine Feststellungen getroffen und sich - im Gegensatz zum LG auch nicht mit den einzelnen Textwiedergaben auseinandergesetzt hat. Es hätte dem Kl. vor allem auch gemäß §§ 139, 273 ZPO aufgeben müssen, die zitierten Werke vorzulegen, um zu klären, in welchem Verhältnis die Zitate zum benutzten Gesamtwerk stehen. Diese Feststellungen wird das BerG nachzuholen haben. Bei seiner erneuten Prüfung wird es zu beachten haben, daß es sich bei dem angegriffenen Werk um eine unter eigenen Gliederungsgesichtspunkten methodisch durchgeführte Untersuchung einzelner spiritueller Strömungen handelt, und daß die entlehnten Textstellen in den größeren Zusammenhang einer systematischen Darstellung eingeordnet worden sind. Das BerG wird die einzelnen Zitatstellen daraufhin zu überprüfen haben, ob sie im Rahmen der beabsichtigten vergleichenden Textanalyse als Beleg für eigene Darlegungen des Verfassers gewertet werden können; sei es, daß sie als Beispiel für eine ungewöhnliche Sprachgestaltung, zur Verdeutlichung übereinstimmender oder abweichender Aussagen, zum besseren Verständnis eigener Ausführungen, zur Begründung oder Vertiefung des Dargelegten oder als Ausgangspunkt für die eigene Darstellung dienen. Dabei wird das BerG weiter zu berücksichtigen haben, daß es in der Natur der dargestellten Materie liegt, daß auf eine Textinterpretation und damit auf eine wörtliche Wiedergabe von Werkauszügen nicht verzichtet werden kann. Die teils bildhafte, teils altertümliche und sonderbare Sprachgestaltung läßt wörtliche Zitate unerläßlich erscheinen. Aber auch die inhaltlichen Aussagen lassen sich - vor allem wegen ihres oft mystischen und spirituellen Bezugs - in eigener Gestaltungsform nicht immer verständlich wiedergeben. Einige Beispiele verdeutlichen dies. Auf den Seiten 48 - 51 des Werkes des Bekl. wird die Lehre des Kl. zum Thema "Die Auflehnung Luzifers gegen Christus" dargestellt. Dort werden zwei längere wörtliche Zitate (Nr. 113 und 114) aus den Werken des Kl. gegenübergestellt, in denen der Abfall Luzifers nach Angaben des Verfassers unterschiedlich geschildert werde. Der Verfasser geht auf inhaltliche Fragen und vor allem auch kritisch auf die Bildersprache ein, die sich (u. a.) in folgendem Zitatauszug findet:

"So möchte ich nun euch zuerst etwas erklären über das Haus Gottes und den Sturz Luzifers. Stellt euch nun einmal eine große Masse von Kristall vor, und sagen wir, diese Masse habe die Größe eines Hauses gehabt. Nun hatte dieser Kristall eine äußere Schicht, die aber düster war, wie wenn sie nicht bearbeitet worden wäre. Es lag eine dicke Hülle, eine feste Schicht oder Schale um dieses Haus, um diesen KristalL Das Innere dieses Kristalls nenne ich das Haus Gottes..."

Ähnliche sprachliche und inhaltliche Besonderheiten, die sich mit eigenen Worten kaum hinreichend verständlich wiedergeben lassen, finden sich an zahlreichen anderen Stellen. So heißt es in einem Auszug aus dem Zitat Nr. 61 (S. 25 des Buches), das zum Ausgangspunkt einer Kritik des Verfassers genommen wird:

"Da nun Gott Geist ist, ist sein Geist von feinstofflicher Art. Er besteht gewissermaßen aus feinstofflicher "Materie" und diese ist löslich. Diese lösliche,Geistmaterie ermöglichte es Gott, aus ihr eine Gestalt ins Dasein zu bringen, die sich als sein Abbild eben aus dieser feinstofflichen,Materie' herauslöste. Dieses Abbild war jedoch zunächst noch ohne Leben. Daher mußte Gott dieser feinstofflichen Gestalt von seinem Feuer, von seinem Ewigkeitsfunken übertragen, in dieses Abbild hineinverpflanzen. Dadurch erst erhielt es Leben - ewiges Leben."

Ein Auszug aus dem Zitat Nr. 55 (S. 22 des Buches) lautet:

"Die Chöre des Himmels jubeln dem Schöpfer zu. Sie jubeln dem unendlichen Lichte, der unendlichen Herrlichkeit, sie jubeln dem ständig Zeugenden zu. Es ist mein Vater, es ist dein Vater, es ist unser Vater! Die Chöre des Himmels jubeln dem liebenden Vater zu. Auch wir alle wollen ihn loben und preisen wie seine Chöre, wie der ganze Himmel. Der gütige Vater, der aIlmächtige Schöpfer ist an den schönsten Ort in der geistigen Welt gebunden..."

Im Anschluß an dieses Zitat heißt es, die Sprache in den Werken des Kl. sei sehr einfach gehalten; kritisch wird u. a. angemerkt, daß in seinen an menschliche Vorstellungen orientierten Bildern nur selten wirkliche geistige Tiefe erscheine. Die Notwendigkeit einer (vergleichenden) Textanalyse und damit die Wiedergabe wörtlicher Zitate kommt auch in der Zusammenfassung des Kapitels II "Der Abfall Sadhanas" auf Seite 54 zum Ausdruck. Dort heißt es, rückblickend ließen sich in den Schilderungen über den Geistfall zwei große Gruppen unterscheiden; die eine Gruppe, die eine personale Auflehnung eines Geistwesens Luzifer schildere, und eine zweite, die mehr allegorisch den Abfall der ersten Geistwesen darstelle, unter Hinweis auf die Unmöglichkeit, rein geistige Vorgänge in menschliche Sprachformen zu kleiden. An anderer Stelle wird vom Verfasser nicht ohne Grund die Schwierigkeit hervorgehoben, eine geistige Bildersprache in Bewußtseinsinhalte zu übersetzen (Seite 35).

Die wenigen angeführten Beispiele verdeutlichen, daß Wortwahl und Atmosphäre der Texte in den Werken des Kl. eine besondere Bedeutung besitzen; sie lassen sich mit ein oder zwei Kernsätzen nur unvollkommen belegen und veranschaulichen. Bei der vorliegenden besonders gelagerten Fallgestaltung müssen ausnahmsweise auch längere Zitate als zulässig angesehen werden. Werke, die für sich in Anspruch nehmen, auf überirdischen Wahrnehmungen und Beobachtungen zu beruhen und diese in einer eigentümlichen Symbolund Bildersprache wiedergeben, müssen im Interesse der geistigen Kommunikation einer vergleichenden Analyse anhand - auch längerer - textlicher Grundlagen zugänglich sein. Ein Verfasser, dessen Anliegen es ist, die einzelnen spirituellen Strömungen in diesem Bereich in einem methodischen Vergleich einander gegenüberzustellen, darf angesichts der bestehenden Besonderheiten davon ausgehen, daß seiner Zitierfreiheit ausnahmsweise ein breiterer Rahmen gesteckt ist; schon um die spezifische Atmosphäre und den Inhalt der Texte, die sich oft nur schwer oder gar nicht mit eigenen Worten verständlich wiedergeben lassen, zu vermitteln und zu analysieren.

Nach den vom BerG bislang getroffenen Feststellungen kann auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß das in Streit befindliche Werk des Bekl. angesichts der Besonderheiten des Falles eine unzumutbare Beeinträchtigung der ausschließlichen Verwertungsrechte des Kl. darstellt. Das BerG hat keine Anhaltspunkte angeführt, die seine Annahme gerechtfertigt erscheinen lassen, alle vom ausgesprochenen Verbot erfaßten Zitate seien geeignet, den interessierten Leser davon abzuhalten, die Schriften des Kl. zu erwerben. Dazu hätte es konkreter Feststellungen bedurft, daß die fraglichen Werkauszüge gemessen am - bislang nicht vorliegenden - Gesamtwerk des Kl. insgesamt so umfassend oder jedenfalls so lang sind, daß der ernsthafte Interessent davon abgehalten werden könnte, die Schriften des Kl. selbst heranzuziehen.

III. Die Sache bedarf nach alledem einer weiteren Aufklärung und einer erneuten Beurteilung durch den Tatrichter.


Zutreffend merkte RA Michael Abels (GRUR 1986, S. 62) an: Kann ein Radiolautsprecher Rechte gemäß § 31 UrhG einräumen? Darüber gibt es keinen Streit. Er kann nicht. Wenn das Medium also offensichtlich so wenig Urheber ist wie der Kläger (der Rechte ableitet), wer ist es dann? Das Je nseits. Niemand anders kommt nach dem Sachverhalt in Fragr. § 2 Absatz 2 UrhG stellt als tatsächliche Schutzvoraussetzung die "persönliche geistige Schöpfung"fest. " Geistige Schöpfung" mag ein Begriff sein, welchen der Senat so wenig wie ich in bezug auf das Jenseits in Frage stellen möchte. Aber - wie verhält es sich mit"persönlich "? Daraus wird abgeleitet, daß Urheber nur eine natürliche Person sein kann, deswegen nämlich (vgl. Fromm-Nordemann, 5. Aufl., § 7 Anm. 1; Ulmer, § 33 I, S. 183). Und hier erledigt sich eben die Schlüssigkeitsprüfung. Denn man mag dem Jenseits vieles nachsagen und zutrauen, jedenfalls nicht den Status einer natürlichen Person. Das sind nun einmal nur Menschen (vgl. für andere Soergel-Schultze-von Lasaulx, BGB, 11. Aufl., Rdz. 1 vor § 1; Staudinger/Coing, Rdz. 1 vor § 1BGB). Der Kläger also hätte genau dies, die Urheberschaft einer natürlichen Person, eines Menschen, darlegen und beweisen müssen (vgl. Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Ziff. 1 zu § 1 BGB). Der Kläger hat aber nicht. Wo kein Rechtssubjekt für das Urheberrecht vorhanden ist, gibt es keine Ansprüche nach § 97 UrhG.

Anlass der Urteilswiedergabe ist natürlich die eV in Sachen Zeitungszeugen:

http://archiv.twoday.net/stories/64960723/
 

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