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"*Archiv für Geschichte des Buchwesens* (AGB). Eine Richtigstellung

In einer Mitteilung zum Erscheinen von Band 69 des AGB haben die bisherigen Herausgeberinnen Ursula Rautenberg und Ute Schneider mitgeteilt, dass sie aus dieser Funktion ausgeschieden sind. Das ist zutreffend. Ab dem kommenden Band 70 wird die Redaktion in den Händen von Björn Biester und Carsten Wurm liegen, denen ein Beirat aus Mitgliedern der Historischen Kommission zur Seite steht: http://www.boersenblatt.net/832208/

Leider hat Frau Rautenberg diese Mitteilung mit einigen Bemerkungen verbunden, denen sehr nachdrücklich widersprochen werden muss, da sie in keiner Weise zutreffen und den Sachverhalt falsch darstellen. In den Bänden 67 und 68 des AGB waren in zwei Sammelbesprechungen unzutreffende Behauptungen aufgestellt worden: eine erste betraf den Mitbegründer der Historischen Kommission, den Oldenbourg-Verleger Horst Kliemann * er sei *SS-Mann* gewesen. Eine zweite betraf den stellvertretenden Vorsitzenden der Kommission und langjährigen Mitredakteur des AGB Reinhard Wittmann * ihm wurde unterstellt, er habe in seiner Geschichte des Oldenbourg Verlages belastende Materialien aus der NS-Zeit unterdrückt beziehungsweise verschwiegen. Darin sah Wittmann seine wissenschaftliche Ehre verletzt und bat in einer persönlichen Mail um Richtigstellung der Falschbehauptungen.
Die beiden Herausgeberinnen reagierten nach längerem Stillschweigen nur mit der kurzen Mitteilung, Wittmann stehe es frei, juristische Schritte gegen den Verlag einzuleiten. Weiterer Kommunikation, etwa auf der Jahressitzung der Historischen Kommission, erstrecht einer Korrektur, verweigerten sie sich kategorisch. Daraufhin sah auch die Kommission das Vertrauensverhältnis als nicht mehr gegeben an. Eine Auflösung des Herausgebervertrags war für beide Seiten die logische Konsequenz.

Wer einer Bitte um Korrekturen eindeutiger Falschbehauptungen *inhaltliche Eingriffe in die Manuskripte der Autoren und Autorinnen* unterstellt, wer öffentlich Einschränkung der wissenschaftlichen Meinungsfreiheit beklagt und sich gar als Zensuropfer stilisiert, wenn es um selbstverständliche Fairness im Umgang innerhalb der Gelehrtenrepublik geht, der ist tatsächlich für die Herausgeberschaft eines international renommierten Organs, wie es das AGB über Jahrzehnte war und künftig weiterhin sein wird, nicht geeignet. Frau Rautenberg ist im übrigen nicht mehr Mitglied der Historischen Kommission des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.

Im Gegensatz zu Frau Rautenbergs Schlußsatz steht das AGB selbstverständlich auch künftig den Inkunabulisten als Publikationsorgan uneingeschränkt zur Verfügung.

Prof. Dr. h.c. mult Klaus G. Saur
Prof. Dr. Reinhard Wittmann "

Dies als Nachtrag zu:

http://archiv.twoday.net/stories/1022223420/

Saur und Wittmann haben sich mit dieser Erklärung keinen Gefallen getan (Streisand-Effekt). Der Vorwurf des Unterdrückens und Verschweigens von Nazi-Belastungen ist ein von der Meinungsfreiheit geschütztes WERTURTEIL und als solches zu akzeptieren.

Die beanstandete Kliemann-Stelle:

http://books.google.de/books?id=PMQcRPOOSMgC&pg=PA220

1995 war genau das im AGB belegt worden:

https://www.google.de/search?&tbm=bks&q=%22Horst+Kliemann+noch+vor+dem+Krieg+von+der+SS+als+f%C3%B6rderndes+**%22

"Formell begründet war die Einstufung dadurch, daß Horst Kliemann noch vor dem Krieg von der SS als förderndes Mitglied geführt wurde und sie in einem Umfang finanziell unterstützt hatte, der die Verleihung der silbernen Ehrennadel des ..."

Nachtrag 4. Dezember 2014. Gern veröffentliche ich die mir übermittelte "Klarstellung", behalte mir aber eine weitere Stellungnahme vor.

"Klaus Graf, wie immer um schnellstmögliche Meinungsäußerung bemüht, hat diesmal das Tempo allzusehr forciert. Er verweist maliziös auf eine 1995 justament im AGB veröffentlichte Dissertation, worin doch der Vorwurf des „SS-Mannes“ Kliemann bestätigt werde. Er hat dabei leider jene Sorgfalt vermissen lassen, die ihn bei seinen Mittelalterbeiträgen so sehr auszeichnet. Diese Dissertation von Bernd Gruschka, deren Thema die US-Buchpolitik in ihrer Besatzungszone und die Rolle des Verlegers Kurt Desch ist, wurde bei mir als Doktorvater angefertigt. Graf hätte also davon ausgehen dürfen, daß ich durchaus weiß, was darin steht.

Gruschka spricht von einer finanziellen Unterstützung der SS durch Kliemann, welche „die Verleihung der silbernen Ehrennadel des Reichsführers SS, Heinrich Himmler, zur Folge hatte“. Was aber hat es auf sich mit dieser inkriminierten „fördernden Mitgliedschaft der SS“? Dazu findet sich Näheres in der nach wie vor weitaus umfangreichsten Darstellung eines deutschen Verlages in den Zeiten der NS-Diktatur: dem von Saul Friedländer, Norbert Frei, Trutz Rendtorff und Reinhard Wittmann vorgelegten Werk „Bertelsmann im Dritten Reich“. Diese m. W. bisher einzige wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas „Fördermitgliedschaft der SS“ ist der Tatsache geschuldet, dass auch Bertelsmann-Verleger Heinrich Mohn diesen Makel trug. Die beiden renommierten NS-Spezialisten Sibylle Steinbacher und Norbert Frei haben akribisch die verstreuten Quellen gesichtet und analysiert. Daraus läßt sich folgendes entnehmen:
Die Förderorganisation gab es seit den Zwanzigerjahren. Fördernde Mitglieder mussten „arisch“ sein, aber nicht Parteimitglied und hatten keinerlei SS-Pflichten oder -Rechte. Die Beiträge kamen nur der allgemeinen, nicht der Waffen-SS zugute, denn im Krieg ruhten die Beitragszahlungen. Vor allem Kaufleute und Industrielle, aber auch Adlige, Intellektuelle und Würdenträger der Kirchen wurden angeworben. Manche Mitglieder hofften auf politische Absicherung, denn die SS galt in den frühen Jahren als „anständigste Organisation der Partei“; der Beitritt „war die vornehmere Variante“, um für die „nationale Sache“ einzutreten. Jeder SS-Mann war verpflichtet, mindestens ein Mitglied zu werben. Die Mitgliederzahl stieg 1933 von etwa 13.000 auf rund 168.000, sie betrug 1936 gut 315.000 Personen. Die Beiträge wurden durch den Kauf von „Wertbeitragsmarken“ erhoben, der Durchschnitt lag bei monatlich ein bis zwei Reichsmark. Die silberne Ehrennadel wurde an sämtliche Mitglieder nach fünfjähriger Zugehörigkeit bei örtlichen Jahresversammlungen (ohne Heinrich Himmler!) verliehen. Ein Austritt war nicht vorgesehen.
Möglicherweise verwechselt Graf diese fördernde Mitgliedschaft mit dem „Freundeskreis Reichsführer-SS“, einem Industriellenzirkel, der jährlich an Himmler rund eine Million Reichsmark spendete. Aber gerade bei einem solchen stark diskreditierenden Vorwurf steht jede historische Forschung in der Pflicht größter Gewissenhaftigkeit. Gruschka, auf den Graf verweist, hat dieser Pflicht genügt, nicht jedoch der Beitrag in AGB 67 von Günther Fetzer, der Kliemann unzutreffend als „SS-Mann“ tituliert und damit bewußt diskriminiert. In einem wissenschaftlichen Organ wie dem AGB, das herausgegeben wird von der Historischen Kommission des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, die Kliemann maßgeblich nach dem Krieg wiederbegründet hat, ist dies nicht achselzuckend hinzunehmen.

Hier auf Präzision und Korrektur zu bestehen, hat mit Zensur nichts zu tun. Es ist sehr bedauerlich, wenn diese Bitte um Fairness rufschädigend als Einschränkung wissenschaftlicher Meinungsfreiheit an die Öffentlichkeit gezerrt wird, wo die erhoffte Resonanz am Blog-Pranger unter knalliger Schlagzeile denn auch umgehend erfolgt. Wie schreibt Herr Graf so zutreffend: „Jeder kann sich dazu seine eigenen Gedanken machen“.

Reinhard Wittmann"
ladislaus (Gast) meinte am 2014/12/04 18:20:
Also auf Deutsch: Einer unserer Altvorderen war als nur förderndes SS-Mitglied sozusagen Widerstandskämpfer.

Der deutschen Buchhandel ist auch hier offenkundig in den 1950er Jahren stehen geblieben. 
 

twoday.net AGB

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