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Das Gewann »Hundsfeld« unweit des Kulturwehrs bei Marlen gehört zu Eckartsweier (bei Kehl bzw. Straßburg) und erinnert an ein einstiges Dorf, das im 16. Jahrhundert aufgegeben wurde.

Ein Artikel in Baden Online
http://www.bo.de/lokales/kehl/kein-hinweis-mehr-aufs-dorf
zitiert aus einer heimatgeschichtlichen Darstellung: "Die verarmten Einwohner trieben lichtscheues Handwerk, überfielen Warenzüge und Rheinschiffe, so dass über 30 Bürger 1540 und 1541 von den Straßburgern und den Grafen von Hanau hingerichtet wurden"

Historische Namensabelege bietet Kriegers Topographisches Wörterbuch:

http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/krieger1904bd1/0556

Zur Ortsgeschichte erfährt man etwas in der umfangreichen namenkundlichen Untersuchung, die Erwin Dittler in der Ortenau 1988 Hundsfeld widmete.

http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1988/0070

Heute wäre man womöglich stolz, dass Wilhelm Genazinos, der spätere Büchnerpreisträger, in der FAZ 1967 einen angeblich haarsträubenden Artikel "Landschaft für Morde" publiziert hatte. Vielleicht wusste Genazino von der Tradition rund um Hundsfeld/Hundsfelden.

Schon Johann Andreas Silbermanns Straßburger Geschichte 1775 nannte das Dorf eine "weit und breit verschreyte Mörder-Grube".

https://books.google.de/books?id=mOVBAQAAMAAJ&pg=PA222

1855 bezog sich Joseph Schaible auf die Chronik Sebald Bühlers (die 1870 untergehen sollte) und zitierte wörtlich aus ihr über Hinrichtungen der Gefangenen der geheimen Hundsfelder (Mörder-)Gesellschaft 1540. (Bei Monika Spicker-Beck, Räuber, Mordbrenner, umschweifendes Gesind, 1995, finde ich dazu nichts, aber diese Arbeit ist natürlich für den größeren Kontext zentral.)

https://books.google.de/books?id=a6w_AAAAYAAJ&pg=PA58

Alle Einwohner zu Hundsfelden seien Mörder gewesen bis auf den Priester und den Mesner (Siegerist), schreibt der Chronist.

Diverse Exzerrpte aus heute verlorenen Straßburger Chroniken wurden publiziert.

Straßburger Jahrgeschichten bei Mone, ganz kurz zu 1541
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mone1854-2/0147

Ruppert S. 305f.
http://access.bl.uk/item/pdf/lsidyv36870c06

Specklins Sammlungen Nr. 2359
https://archive.org/stream/pourlaconser2v14soci/#page/354/mode/2up

Weiteres Exzerpt zu 1540 im gleichen Bulletin 1911
http://hdl.handle.net/2027/mdp.39015068474827?urlappend=%3Bseq=374 (US-Proxy!)

Auch in einer lateinischen Chronik des Klosters Schuttern erscheint Hundsfelden als wegen der Räubereien berüchtigt, ed. May, ZGO 1893, S. 288
https://archive.org/stream/zeitschriftfrdi14langoog#page/n347/mode/2up

Aus Straßburg oder dem Offenburger Raum gelangte die Nachricht zu 1540 auch zu Martin Crusius:

https://books.google.de/books?id=8SdLAAAAcAAJ&pg=RA1-PA77

Sprichwörtlich war - zwei Belegen bei Fischart zufolge - der Schultheiss von Hundsfelden, der mithetschen musste (also den anderen bei der Hinrichtung nachfolgen). Er wurde nach den obigen Quellen in Lahr hingerichtet.

https://books.google.de/books?id=4jc1AQAAMAAJ&pg=PA679 (Wanders Sprichwörterlexikon)
https://archive.org/stream/neudruckedeutsc03opitgoog#page/n43/mode/2up (Stelle in der Geschichtklitterung ed. Alsleben 1891)
https://books.google.de/books?id=kD0bAAAAYAAJ&q=hundsfelden+m%C3%B6rder (Ulrich Seelbach)
https://archive.org/stream/narrenschiff00bran#page/420/mode/2up/search/bennfeldt

Auch der Schwankautor Valentin Schumann kannte in der Mitte des 16. Jahrhunderts die Überlieferung vom Dorf Hundsfelden, in dem alle außer dem Pfaffen und Mesner Schelmen und Mörder gewesen seien.

https://commons.wikimedia.org/w/index.php?title=File%3ABLV_197_Valentin_Schumann_Nachtbuechlein.pdf&page=63

Was sich auf die Ereignisse um 1540 zu beziehen scheint, ist aber keine Beschreibung des Tatsächlichen, sondern literarisches Traditionsgut, das schon um 1500 bei Ladislaus Sunthaim begegnet.

http://archiv.twoday.net/stories/1022396976/

Sunthaim überrascht immer wieder mit unterhaltsamen Anekdoten oder Details. Bis zu Uhdes mehr schlechter als rechter Transkription 1993 waren nur Auszüge gedruckt, daher konnte man bisher nicht auf den früheren Beleg stoßen, der in der um 1500 entstandenen Landesbeschreibung Bl. 20v bei der Ortenau/Mortenau steht (bei Uhde S. 241).

http://digital.wlb-stuttgart.de/purl/bsz382057457/page/42

Früher habe die Landschaft Ortenau geheißen, aber wegen der vielen Mörder nun "Mortnaw". Vorzeiten seien in einem Dorf Hundsfelden am Rhein alles Mörder gewesen, Frauen und Männer, jung und alt, nur der Pfarrer und Mesner nicht. Und wenn sie einen oder mehrere gemordet hatten, so sind sie zum Wein gegangen und einer hat zum anderen gesagt: Wieviele Eier hast du heute ausgesoffen? Der andere sagte: eines und habe die Schalen in den Rhein geworfen, ein dritter: ich habe zwei oder drei ausgesoffen.

Der grausige Dialog, der das Ermorden von Menschen mit dem Austrinken von Eiern gleichsetzt, will durch den Euphemismus das Ungeheuerliche der Verbrechen unterstreichen.

Man beachte, dass Sunthaim sich auf einen vergangenen Zustand bezieht, während die Quellen um 1540 die Stigmatisierung der Einwohner aktualisieren und auf gegenwärtige Verbrechen beziehen. Ob der schlechte Ruf der Einwohner ein fundamentum in re hatte, muss offen bleiben. Es war vielleicht, ausgehend von Einzelfällen, nur eine üble "Ortsneckerei" (ähnlich wie die Stigmatisierung des unterelsässischen Dalhunden als Schnapphahnnest

http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1988/0070 ).

https://de.wikipedia.org/wiki/Ortsneckname

#forschung
#erzählforschung

Hundsfeld auf der Elsasskarte 1576
 

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