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Über die oberflächliche Arbeitsweise von Stefanie Albus-Kötz: Von Krautgärten, Äckern, Gülten und Hühnern (2014) über das Kloster Adelberg habe ich mich vor einiger Zeit ausführlich geäußert:

http://archiv.twoday.net/stories/1022426385/

Ein krasses Beispiel für den mangelnden Erkenntniswillen, die durchaus ärgerliche Weigerung, den Dingen dort auf den Grund zu gehen, wo es geboten ist, stellt die Fußnote über das Studium des Adelberger Abts Leonhard Dürr dar (S. 28 Anm. 205). Dürr leitete die Prämonstratenserabtei von 1501 bis zu seinem Tod 1538.

http://beacon.findbuch.de/seealso/pnd-aks?format=sources&id=119657902

Der Bauernsohn aus Zell unter Aichelberg bezog 1480 mit den Adelberger Prämonstratensern Konrad Ermann und Johannes Jud die Universität Tübingen. 1482 wurden er und Ermann jeweils Baccalaureus; Dürr erreichte 1484 den Grad eines Magister artium. Wie schon Werner Kuhn 1971 bemerkte Albus-Kötz, dass Dürr unmöglich am 4. April 1483 doctor iuris civilis geworden sein kann, wenn er erst 1484 den Magistergrad erworben hat. Im Steinenberger Lagerbuch 1524 heißt er Doktor beider Rechte.

Zumindest das Datum dürfte falsch sein, mutmaßte Albus-Kötz. es könne sich aber auch um eine Person gleichen Namens handeln. Sie vermisste einen Beleg für ein Studium Dürrs in Pavia bei ihrer Quelle, dem Aufsatz von Irmgard Kothe: Dr. Ludwig Vergenhans und andere Württemberger auf der Universität Ferrara. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte NF 42 (1936), S. 270-281, hier S. 275 Nr. 11: "Dur, Leonardus, de Addelberg Al." In Adelberg gab es nur das Kloster, das Dorf daneben hieß Hundsholz. Es ist also schon völliger Unsinn anzunehmen, dass es sich um zwei Personen gehandelt haben könnte. Das falsche Datum 1483 hat Kothe auch in ihrer Monographie zum fürstlichen Rat in Württemberg angegeben.

In den Familiengeschichtlichen Blättern 34 (1936), S. 222-230 erschien: Deutsche, die 1420-1560 in Ferrara den Dr.-Titel erworben haben. Auszug aus G. Pardi: Titoli dottorali conferiti delle studio di Ferrara nel sec. 15 e 16., 1900, zusammengestellt von cand. phil. Irmgard Kothe, Göttingen. Als Nr. 72 erscheint S. 224 Leonardus Dur mit dem 3.IV.1493! Kothe hat also in ihrem anderen Aufsatz aus der 9 eine 8 gemacht und später von sich selbst den Irrtum abgeschrieben.

Was ist in solchen Fall zu tun? Man hat die gedruckte Quelle Kothes, das Buch von Giuseppe Pardi aus dem Jahr 1900, zu konsultieren, um zu prüfen, welches Datum stimmt (vorausgesetzt, Pardi hat nicht ebenfalls einen Fehler begangen). Eine Tübinger Doktorandin hätte die Arbeit problemlos in der WLB Stuttgart einsehen oder per Fernleihe bestellen können.

HathiTrust hält ein mit US-Proxy einsehbares Digitalisat bereit:

http://hdl.handle.net/2027/uiug.30112071290818?urlappend=%3Bseq=98

Die Promotion erfolgte am 3. April 1493. Als Studienorte wurden in Ferrara Tübingen und Pavia vermerkt, Kothe blieb also keinen Beleg schuldig, sondern hat einfach die Angaben ihrer Quelle reproduziert. Bei der Übernahme der Daten in den Aufsatz in den WVjh hat sie noch einen zweiten Fehler begangen. Dürr promovierte nach Pardi S. 92f. im kanonischen Recht (so auch der Aufsatz in den Familiengeschichtlichen Blättern), nicht zum Dr.iur.civ. (und zwar bei Ant. Leutus, Phil. Bardella, um die Angaben Pardis komplett zu Dürr auszuschöpfen).

Leonhard Dürr hat also nach dem Tübinger Studium in Italien studiert und zwar zunächst in Pavia und dann in Ferrara, wo er am 3. April 1493 (nicht 1483) zum Dr. des Kirchenrechts promoviert wurde. Da er später Dr. beider Rechte heißt, hat er wohl noch in Italien den Dr. des weltlichen Rechts erworben - für einen Ordensmann eine bemerkenswerte akademische Karriere. Sie zeigt, dass man in Adelberg auf gelehrte Bildung setzte.

In der Münchner Handschrift Clm 15331 ist eine von Dürr verfasste umfangreiche Abhandlung zur Wahl des Abts überliefert, sicher Frucht seiner kanonistischen Studien.

http://personendatenbank.germania-sacra.de/books/view/69/236

#forschung

Wappen Dürrs am Adelberger Hof in Göppingen
 

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