Adrian Pohl hat in der Causa Bibliotheksdienst
http://archiv.twoday.net/stories/1022476666/
bei de Gruyter nachgefragt.
http://www.uebertext.org/2015/10/wie-werden-nutzungsrechte-ubertragen.html
Die Antwort:
"Im Vertrag zwischen der ZLB und De Gruyter wurde festgelegt, dass die alten Jahrgänge des Bibliotheksdienstes von 1967 bis 2012 von De Gruyter rückdigitalisiert und zum Verkauf angeboten werden dürfen. Die ZLB hat damit die Rechte für diese Verwertung an De Gruyter verkauft/übertragen. Deshalb wird De Gruyter diese Artikel auf der De Gruyter Webseite nicht frei zu Verfügung stellen."
[Am 23.10.2105 wurde ich ohne Begründung von de Gruyter zur Löschung des Zitats aufgefordert. Pohl hat bereits gelöscht.]
Kommentar Pohls:
"Die Antwort von De Gruyter wirft in meinen Augen die grundlegende Frage auf, ob die ZLB die Verwertungsrechte für die Jahrgänge 1996 bis 2012 überhaupt je besessen hatte, die sie an De Gruyter verkauft haben soll. Soweit ich weiß, gab es keine schriftlichen Verträge zwischen der ZLB und den Autor/innen, ich zumindest habe so etwas nie unterzeichnet. Was es gab, war die dokumentierte Publikationspraxis, dass Artikel zunächst in der Printfassung und drei Monate später frei zugänglich im Web veröffentlicht wurden. "
Da ich denke, dass ich mich bei so etwas auskenne, möchte ich kurz auf die Rechtslage eingehen.
Eine Retrodigitalisierung ohne Zustimmung des Autors bei Zeitschriften, bei denen nicht ausdrücklich ausschließliche Nutzungsrechte über das eine Jahr des § 38 UrhG hinaus übertragen wurden, ist auch mit Blick auf § 137 L UrhG ein Verstoß gegen das Urheberrecht.
Absichern lässt sich das auch mit der Zweckübertragungslehre:
https://de.wikipedia.org/wiki/Zweck%C3%BCbertragungslehre
Bei Open-Access-Veröffentlichungen plädiere ich dafür, dass Autoren diese Rechtsverletzung tolerieren, da das Einholen von Genehmigungen vor allem bei länger zurückliegenden Jahrgängen viel zu aufwändig ist. Größere Kosten sind nicht zu erwarten, man nimmt den Beitrag auf Wunsch des Autors dann aus dem Angebot und gut ist.
Kindisch und forschungsfeindlich ist das Verhalten von Internet-Pionier Stuart Jenks, der die Entfernung mindestens eines Beitrags erzwungen hat.
http://periodika.digitale-sammlungen.de/zblg/seite/zblg45_0550
Der Autor kann bei rechtswidriger Einstellung bestenfalls Unterlassung verlangen, einen Schadensersatz wird die verlegerfreundliche Klassenjustiz kaum zubilligen. Aber was hat er davon, wenn der Beitrag verschwindet? Es ist ja auch eine Einbuße an Sichtbarkeit, wenn ein kostenpflichtiges Angebot einen - bestenfalls - auch Open Access anderweitig verfügbaren Artikel enthält.
Vor Jahren stellte ich fest, dass die FR einen Artikel von mir über Adelsbibliotheken in ihrem kostenpflichtigen Online-Archiv anbietet. Auf meine Beschwerde hin wurde er entfernt.
Besser lief es mit DigiZeitschriften, das sich auf eine strafbewehrte Unterlassungserklärung einließ. DigiZeitschriften muss zahlen, wenn es einen meiner Beiträge nicht Open Access anbietet. Ich habe so ein nettes Sümmchen verdient, da das Angebot nicht in der Lage war, seinen vertraglich eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen, Aber seit einigen Jahren weigert sich DigiZeitschriften etwas zu zahlen, und mein Rechtsanwalt und ich haben noch nicht die Zeit gefunden, Klage einzureichen. Ich habe versucht, andere Autoren dazu zu bewegen, ihre Beiträge freischalten zu lassen. Geklappt hat das meines Wissens nie. Niemand außer mir will sich wirklich mit DigiZeitschriften anlegen, obwohl man auf diese Weise eine Menge toller Studien Open Access bekäme.
Nutzlos war eine Petition von 2006:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Bibliotheksrecherche/DigiZeitschriften
Siehe auch
http://archiv.twoday.net/stories/285826807/
DigiZeitschriften kündigte in privater Mail an mich 2006 an:
Artikel, die "auf Zuruf" der Geschäftsstelle gemeldet
werden von
a) Autoren die nachweisen können dass sie selbst die Rechte
innehaben
b) deren Sterbedatum eindeutig belegt und in den
urheberrechtsfreien Zeitraum fällt
werden auf Wunsch zeitnah in den Open Access Bereich
verschoben.
REALISIERT WURDE DAS NICHT!
Stattdessen beklagte man sich 2011, dass ich das öffentlich gemacht habe.
Gegen JSTOR und andere Angebote, die meine Artikel ungefragt auf kostenpflichtigen Seiten anbieten, vorzugehen, hätte wenig Erfolg. Open Access werde ich höchstwahrscheinlich nicht erreichen können. Bei De Gruyter warte ich ob, ob der etwas gegen meine Online-Publikationen von Lexikonartikeln übernimmt (bei denen ich Verträge eingegangen bin). Wird das der Fall sein, kann ich versuchen, eine Gegenrechnung aufzumachen.
Da Klagen gegen die Verlage kostspielig sind, bleibt nur der öffentliche Druck. Aber die Autoren insbesondere aus dem Bibliotheksbereich sind nicht daran interessiert, sich wirklich für Open Access einzusetzen. Außer ein paar Retweets gab es ja auch, soviel ich weiß, keine Resonanz auf Pohls Artikel und meinen Beitrag dazu in INETBIB und hier.
Update:
http://infobib.de/2015/10/24/de-gruyter-die-zlb-und-der-bibliotheksbaerendienst/
http://archiv.twoday.net/stories/1022476666/
bei de Gruyter nachgefragt.
http://www.uebertext.org/2015/10/wie-werden-nutzungsrechte-ubertragen.html
Die Antwort:
"Im Vertrag zwischen der ZLB und De Gruyter wurde festgelegt, dass die alten Jahrgänge des Bibliotheksdienstes von 1967 bis 2012 von De Gruyter rückdigitalisiert und zum Verkauf angeboten werden dürfen. Die ZLB hat damit die Rechte für diese Verwertung an De Gruyter verkauft/übertragen. Deshalb wird De Gruyter diese Artikel auf der De Gruyter Webseite nicht frei zu Verfügung stellen."
[Am 23.10.2105 wurde ich ohne Begründung von de Gruyter zur Löschung des Zitats aufgefordert. Pohl hat bereits gelöscht.]
Kommentar Pohls:
"Die Antwort von De Gruyter wirft in meinen Augen die grundlegende Frage auf, ob die ZLB die Verwertungsrechte für die Jahrgänge 1996 bis 2012 überhaupt je besessen hatte, die sie an De Gruyter verkauft haben soll. Soweit ich weiß, gab es keine schriftlichen Verträge zwischen der ZLB und den Autor/innen, ich zumindest habe so etwas nie unterzeichnet. Was es gab, war die dokumentierte Publikationspraxis, dass Artikel zunächst in der Printfassung und drei Monate später frei zugänglich im Web veröffentlicht wurden. "
Da ich denke, dass ich mich bei so etwas auskenne, möchte ich kurz auf die Rechtslage eingehen.
Eine Retrodigitalisierung ohne Zustimmung des Autors bei Zeitschriften, bei denen nicht ausdrücklich ausschließliche Nutzungsrechte über das eine Jahr des § 38 UrhG hinaus übertragen wurden, ist auch mit Blick auf § 137 L UrhG ein Verstoß gegen das Urheberrecht.
Absichern lässt sich das auch mit der Zweckübertragungslehre:
https://de.wikipedia.org/wiki/Zweck%C3%BCbertragungslehre
Bei Open-Access-Veröffentlichungen plädiere ich dafür, dass Autoren diese Rechtsverletzung tolerieren, da das Einholen von Genehmigungen vor allem bei länger zurückliegenden Jahrgängen viel zu aufwändig ist. Größere Kosten sind nicht zu erwarten, man nimmt den Beitrag auf Wunsch des Autors dann aus dem Angebot und gut ist.
Kindisch und forschungsfeindlich ist das Verhalten von Internet-Pionier Stuart Jenks, der die Entfernung mindestens eines Beitrags erzwungen hat.
http://periodika.digitale-sammlungen.de/zblg/seite/zblg45_0550
Der Autor kann bei rechtswidriger Einstellung bestenfalls Unterlassung verlangen, einen Schadensersatz wird die verlegerfreundliche Klassenjustiz kaum zubilligen. Aber was hat er davon, wenn der Beitrag verschwindet? Es ist ja auch eine Einbuße an Sichtbarkeit, wenn ein kostenpflichtiges Angebot einen - bestenfalls - auch Open Access anderweitig verfügbaren Artikel enthält.
Vor Jahren stellte ich fest, dass die FR einen Artikel von mir über Adelsbibliotheken in ihrem kostenpflichtigen Online-Archiv anbietet. Auf meine Beschwerde hin wurde er entfernt.
Besser lief es mit DigiZeitschriften, das sich auf eine strafbewehrte Unterlassungserklärung einließ. DigiZeitschriften muss zahlen, wenn es einen meiner Beiträge nicht Open Access anbietet. Ich habe so ein nettes Sümmchen verdient, da das Angebot nicht in der Lage war, seinen vertraglich eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen, Aber seit einigen Jahren weigert sich DigiZeitschriften etwas zu zahlen, und mein Rechtsanwalt und ich haben noch nicht die Zeit gefunden, Klage einzureichen. Ich habe versucht, andere Autoren dazu zu bewegen, ihre Beiträge freischalten zu lassen. Geklappt hat das meines Wissens nie. Niemand außer mir will sich wirklich mit DigiZeitschriften anlegen, obwohl man auf diese Weise eine Menge toller Studien Open Access bekäme.
Nutzlos war eine Petition von 2006:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Bibliotheksrecherche/DigiZeitschriften
Siehe auch
http://archiv.twoday.net/stories/285826807/
DigiZeitschriften kündigte in privater Mail an mich 2006 an:
Artikel, die "auf Zuruf" der Geschäftsstelle gemeldet
werden von
a) Autoren die nachweisen können dass sie selbst die Rechte
innehaben
b) deren Sterbedatum eindeutig belegt und in den
urheberrechtsfreien Zeitraum fällt
werden auf Wunsch zeitnah in den Open Access Bereich
verschoben.
REALISIERT WURDE DAS NICHT!
Stattdessen beklagte man sich 2011, dass ich das öffentlich gemacht habe.
Gegen JSTOR und andere Angebote, die meine Artikel ungefragt auf kostenpflichtigen Seiten anbieten, vorzugehen, hätte wenig Erfolg. Open Access werde ich höchstwahrscheinlich nicht erreichen können. Bei De Gruyter warte ich ob, ob der etwas gegen meine Online-Publikationen von Lexikonartikeln übernimmt (bei denen ich Verträge eingegangen bin). Wird das der Fall sein, kann ich versuchen, eine Gegenrechnung aufzumachen.
Da Klagen gegen die Verlage kostspielig sind, bleibt nur der öffentliche Druck. Aber die Autoren insbesondere aus dem Bibliotheksbereich sind nicht daran interessiert, sich wirklich für Open Access einzusetzen. Außer ein paar Retweets gab es ja auch, soviel ich weiß, keine Resonanz auf Pohls Artikel und meinen Beitrag dazu in INETBIB und hier.
Update:
http://infobib.de/2015/10/24/de-gruyter-die-zlb-und-der-bibliotheksbaerendienst/
KlausGraf - am Donnerstag, 22. Oktober 2015, 16:31 - Rubrik: Archivrecht
Bernhard Mittermaier (Gast) meinte am 2015/10/23 17:58:
Rechtslage bei Retrodigitalisierung
Der Artikel war früher (zu ZLB-Zeiten) bereits elektronisch verfügbar. De Gruyter hat an die Artikel dann tatsächlich nochmals Hand angelegt (Erstellungsjahr der pdf-Dateien: 2013), womöglich in Form einer Retrodigitalisierung (der Medienbruch, er lebe hoch!). Aber ist das denn dann eine Urheberrechtsverletzung - der Artikel war vorher ja auch schon elektronisch verfügbar? Der Unsinn des Vorgehens, der Wegschluss auf der De Gruyter-Plattform und die bescheidene Qualität im ZLB-Archiv (Seitenzahlen z.T. falsch, kein Download ganzer Artikel) und die Groteske des Gesamtvorgangs seien an dieser Stelle einmal unbeachtet.
KlausGraf antwortete am 2015/10/23 18:29:
Zweckübertragungslehre
Diese bezieht sich nicht nur auf das Ob, sondern auch auf das Wie. Ein Online-Archiv ist eine gesonderte Nutzungsart (Dreier/Schultze, UrhG, 4. Auflage 2013, § 31 Rz. 132). War dem Autor bekannt, dass eine kostenpflichtige Online-Nutzung erfolgt, so muss er auch bei einem Rechteübergang damit legen. Aber bei dem Übergang in ein geschlossenes Archiv (Toll Access) hat eine Zweckänderung stattgefunden. Konkludent vereinbarter Vertragszweck war Verbreitung im Druck mit üblicher Auflage und kostenlose Verbreitung im Internet, ein jedenfalls bei wissenschaftlichen Publikationen absolut sinnvoller Zweck. Das kostenpflichtige Online-Archiv und das kostenlose unterscheiden sich hinsichtlich des Zwecks der Publikation gravierend. Damit greift die Zweckübertragungsregel: im Zweifel liegen die Rechte beim Autor, nicht bei dem Verlag.Ich lehne die Argumentation von Jani ab, auf die mich Steinhauer hinwies und die er bei § 137l im Wandtke/Bullinger vertritt:
„e) Rechtseinräumung bei Sammlungen (§ 38).
Randnummer 14
Gestattet der Urheber die Aufnahme seines Werkes in eine periodisch erscheinende Sammlung, z. B. eine Zeitschrift, so erwirbt der Verleger oder Herausgeber im Zweifel ein ausschließliches Nutzungsrecht zur Vervielfältigung und Verbreitung. Sofern nichts Gegenteiliges vereinbart ist, darf der Urheber das Werk gem. § 38 Abs. 1 S. 2 aber nach Ablauf eines Jahres seit Erscheinen anderweitig vervielfältigen und verbreiten. Das Nutzungsrecht des Verlegers reduziert sich auf ein einfaches Nutzungsrecht. Diese Vorschrift ist vor allem für die Wissenschaftsliteratur von erheblicher praktischer Bedeutung, zumal sie gem. § 38 Abs. 2 auch für Beiträge in nicht periodisch erscheinenden Sammlungen gilt, für die der Urheber keine Vergütung erhält. Eine Vergütung wird bei wissenschaftlichen Publikationen oftmals nicht gezahlt. Gerade auf ältere Verlagsverträge findet die Auslegungsregel des § 38 Abs. 1 S. 2 Anwendung (Spindler/Heckmann ZUM 2006, 620, 627). An Beiträgen für Zeitungen erwirbt der Verleger gem. § 38 Abs. 3 im Zweifel nur ein einfaches Nutzungsrecht. Da für § 137l zwingende Voraussetzung ein unbefristetes und ausschließliches Nutzungsrecht ist, können die Verwerter sich in diesen Fällen nicht auf die Übertragungsfiktion berufen (s. o. Rn. 10a). Die Auswertung von Zeitschriften in digitalen Medien ist damit ohne Zustimmung des Urhebers auch weiterhin grds. ausgeschlossen. Das ist insb. für wissenschaftliche Sammlungen von Bedeutung. In Bezug auf die vollständige Sammlung, in der das Werk erschienen ist (z. B. dem Jahrgang einer Zeitschrift) und an der der Vertragspartner das ausschließliche Nutzungsrecht behält, kann die Übertragungsfiktion gleichwohl greifen. Die Möglichkeit des Urhebers zur anderweitigen Verwertung seines Werkes gem. § 38 betrifft eine andere Nutzung des einzelnen Werkes. Sofern der Vertragspartner die Nutzungsrechte in dem von § 137l geforderten Umfang erworben hat, kann er die Sammlung und die in ihr enthaltenen Einzelwerke deshalb digital herausbringen (Schulze UFITA 2007/III, 641, 691). Ein juristischer Fachverlag darf so z. B. ältere Jahrgänge einer Zeitschrift auf DVD oder in einer Online-Datenbank anbieten. Bezogen auf die einzelnen Werke ist diese Befugnis wegen § 38 nicht exklusiv.“
Bernhard Mittermaier (Gast) antwortete am 2015/10/23 22:38:
hilfreich!
Vielen Dank, Herr Graf! Vor diesem Hintergrund werde ich mich nun mit Blick auf einen eigenen Artikel an de Gruyter wenden. Ich bin gespannt..