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Mit freundlicher Genehmigung darf ich den im Alemannischen Jahrbuch 61/62 (2013/14), S. 318-320 publizierten Text von Thomas Zotz hier wiederholen.

Am 4. Oktober 2014 verstarb in Freiburg im Alter von 74 Jahren Prof. Dr. Dieter Mertens, seit 1991 Ordinarius für mittelalterliche Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Zuvor hatte er von 1984 bis 1991 den Lehrstuhl für mittlere und neuere Geschichte mit Schwerpunkt Landesgeschichte und Historische Hilfswissenschaften an der Universität Tübingen inne, verbunden mit der Leitung des Instituts für geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften. In dieser seiner Tübinger Zeit übernahm Mertens 1989 die Leitung der Außenstelle Tübingen des Alemannischen Instituts, dem er seit 1979 als Mitglied und seit 1987 als Mitglied des Beirats angehörte, und wurde zugleich stellvertretender Vorsitzender des Instituts, eine Funktion, die er nach seinem Wechsel an die Universität Freiburg bis 1995
beibehielt.

In den viereinhalb Jahrzehnten seiner Mitgliedschaft und vor allem in seiner Tübinger und Freiburger Zeit, als Dieter Mertens die
Außenstelle leitete und den stellvertretenden Vorsitz innehatte, prägte er mit seiner landeskundlichen Kompetenz für die Geschichte des deutschen Südwestens, sei es entlang des Oberrheins, sei es im Raum Württemberg, mit seiner
beeindruckenden Gelehrsamkeit und Intellektualität und nicht zuletzt mit seinem klugen und bedachten Rat das Alemannische Institut und dessen wissenschaftliches Profil auf besondere Weise.
Dafür gebührt ihm unser aller hoher Respekt und große Dankbarkeit. Das Alemannische Institut wird Dieter Mertens ein ehrendes Andenken bewahren.

Als Dieter Mertens mit Otto Herding im Sommersemester 1965 von Münster an die Universität Freiburg kam, wurde er dessen Assistent in der Abteilung Landesgeschichte des Historischen
Seminars und dadurch sogleich mit der Geschichte unseres Raumes vertraut. Seine von Herding betreute Dissertation, mit der er 1971 in Freiburg promoviert wurde, galt noch dem weitergespannten Thema „Jacobus Carthusiensis. Untersuchungen zur Rezeption der Werke des Kartäusers von Paradies (1381–1465)“. Damit legte Mertens den Grund für seine bis zuletzt betriebenen Forschungen zu Orden und Klosterwesen im Spätmittelalter; sein Beitrag über die
Freiburger Kartause und die Universität in dem kurz vor seinem Tod erschienenen Tagungsband „Die Kartause St. Johannisberg in Freiburg im Breisgau“ (2014) gibt davon noch einmal ein eindrucksvolles Zeugnis.

Mit seiner Freiburger Habilitationsschrift von 1977 über „Reich und Elsass zur Zeit Maximilians I. Untersuchungen zur Ideen- und Landesgeschichte im Südwesten des Reiches am Ausgang
des Mittelalters“ wandte sich Mertens dann, geprägt von Otto Herdings fruchtbarer Verbindung von Humanismusforschung und landesgeschichtlichem Zugriff, dem Oberrhein an der Wende
vom 15. zum 16. Jahrhundert zu, einem Raum, der damals Wirkungsstätte zahlreicher bedeutender Humanisten war. Ihnen galt hinfort Mertensʼ leidenschaftliches Interesse, insbesondere dem
Schlettstädter Gelehrten Jakob Wimpfeling. Dessen Briefe hat er zusammen mit Otto Herding ediert, und das umfängliche Werk Wimpfelings analysierte und würdigte er in zahlreichen Beiträgen,
zuletzt in einer meisterhaften Zusammenschau im „Verfasserlexikon. Deutscher Humanismus 1480–1520“ (2013).

In seiner Tübinger Zeit begann sich Mertens mit dem Werk des schwäbischen Humanisten Heinrich Bebel zu beschäftigen; seine Forschungen über die Haus- und Territorialgeschichte Württembergs fanden ihren Niederschlag in dem großen Württemberg-Beitrag im „Handbuch der baden-württembergischen Geschichte“ (Bd. 2, 1995). Zum breiten Spektrum von Mertensʼ
Forschung zählen auch die monastischen Reformen des 15. Jahrhunderts, die spätmittelalterliche Geschichtsschreibung am Oberrhein und das spätmittelalterliche Landesbewusstsein bzw. der
Landesdiskurs in Schwaben, die Dichterkrönungen als Schnittpunkt der Begegnung von Humanismus und Politik, die Rezeption der römischen Antike um 1500, der er in einem seiner letzten
Beiträge auf der Suche nach Meistererzählungen und Ursprungsgeschichten am Beispiel von Caesar und Arminius nachging (erschienen in: Antike im Mittelalter. Fortleben, Nachwirken, Wahrnehmung, 2014).

Nicht weniger galt das breit gefächerte Interesse von Dieter Mertens der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Universitätsgeschichte am Beispiel Tübingens und vor allem Freiburgs; zum 850-jährigen Jubiläum der Albertina 2007 steuerte er einen gewichtigen Beitrag über deren Gründungsphase bei, er beteiligte sich maßgeblich an der Vorbereitung des Jubiläums und
Konzeptualisierung des hiesigen Uniseums, beides große Leistungen, für die er 2005 mit der Universitätsmedaille geehrt wurde. Wenn er 2007 für sein Lebenswerk den Schiller-Preis der
Stadt Marbach erhielt, so galt diese Auszeichnung nicht zuletzt auch für sein Engagement in dem im Jahr 2006 ausgebrochenen badischen Kulturgüterstreit. Hier gelang ihm durch einen
Archivfund der breites Aufsehen erregende Nachweis, dass die berühmte „Markgrafentafel“ von Hans Baldung Grien, die das Land Baden-Württemberg vom Haus Baden käuflich zu erwerben
beabsichtigte, bereits 1930 in Staatseigentum übergegangen war. So gehörte Mertens denn auch zu der Ende 2006 vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg
berufenen Expertenarbeitsgruppe ,Eigentumsfragen Baden‘, bestehend aus Juristen und Historikern, die ihr abschließendes Gutachten ein Jahr später vorlegte. 2008 im Druck erschienen in der
Veröffentlichungsreihe der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg (Reihe B, Forschungen, Bd. 172), ist dieses wertvolles Dokument zur Frage des Eigentums an
Kulturgütern aus badischem Hofbesitz nun der Öffentlichkeit zugänglich; es kann zugleich als ein Grundlagenwerk von allgemeiner Bedeutung gelten.

Die unermüdliche Schaffenskraft und der weite Forschungshorizont von Dieter Mertens flossen über die lange Zeit seiner Verbundenheit mit dem Alemannischen Institut immer wieder in dessen Aktivitäten ein. So steuerte er, bereits von Tübingen aus, zu der Freiburger Ringvorlesung über das Elsass im Wintersemester 1984/85 einen Vortrag über das Elsass vor der Reformation, seine politische Entwicklung und sein geistiges Profil bei, 1988 sprach er in Tübingen in der Reihe Fachvorträge über die Frühgeschichte der Herren von Württemberg, 1993 beteiligte er sich an der vom Alemannischen Institut mitorganisierten Tagung über das Kloster St. Peter im Schwarzwald mit einem Vortrag über Abt Peter Gremmelsbach (1496–1512), der in den 2001 erschienenen Tagungsband Eingang fand. 1996 folgte sein Vortrag über „Landesherrschaft und Universität. Zum Aufbau einer vorderösterreichischen Landesuniversität“ im Rahmen der Tagung
des Alemannischen Instituts, des Regierungspräsidiums Freiburg und der Stadt Endingen über neue Forschungen zur Geschichte Vorderösterreichs, die 2000 publiziert wurden. Als das
Augustinermuseum 1999/2000 die Ausstellung „Vorderösterreich – nur die Schwanzfeder des Kaiseradlers? Die Habsburger im deutschen Südwesten“ zeigte, ergriff Dieter Mertens in der
vom Alemannischen Institut, dem Augustinermuseum und der Abteilung Landesgeschichte des Historischen Seminars Freiburg getragenen Vortragsreihe das Wort mit dem Thema „Humanisten
in Freiburg. Gestalten und Probleme“. Die oberrheinischen Universitäten zwischen Habsburg und Burgund waren Thema von
Mertensʼ Vortrag auf der im Jahre 2000 vom Alemannischen Institut zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft für geschichtliche Landeskunde am Oberrhein in Breisach organisierten Tagung
„Zwischen Habsburg und Burgund. Der Oberrhein als europäische Landschaft im 15. Jahrhundert“, deren Beiträge 2003 im Druck erschienen. 2009 hielt Mertens aus Anlass von Konrad
Stürtzels 500. Todestag einen vom Alemannischen Institut, von der Badischen Heimat und dem Breisgau-Geschichtsverein veranstalteten Vortrag über Konrad Stürtzel, Hofkanzler und Rat Kaiser Maximilians I. – er wurde 2011 in der Zeitschrift des Breisgau-Geschichtsvereins gedruckt –, und im Jahr 2013 sprach Mertens über den 21. September 1457, das Datum der Gründung der
Freiburger Universität, in der vom Alemannischen Institut mitgetragenen Ringvorlesung „Auf Jahr und Tag. Freiburgs Geschichte im Mittelalter“, die ein Jahr später als Buch erschien.

So ließ Dieter Mertens über die Jahre hin das Alemannische Institut an seinen reichen Forschungen über das Elsass, die Humanisten, die Universitätsgeschichte, das Klosterwesen, die Herren und späteren Grafen und Herzöge von Württemberg teilhaben; das Bild seines vielfältigen Engagements für das Alemannische Institut erhält weitere Farbe, wenn man noch hinzunimmt, dass er seit 1994 Mitherausgeber der Reihe „Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte“ war, die in Verbindung mit dem Alemannischen Institut erscheinen. Sein unbestechliches Urteil kam der Auswahl der hier publizierten Arbeiten stets zugute. Sein früher Tod hinterlässt eine schmerzliche Lücke – für das Alemannische Institut, die Freiburger Universität, das Fach Geschichte und die ganze Republik der Gelehrten.


***

Nachruf von Birgit Studt:

http://archiv.twoday.net/stories/1022217865/

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Dieter Mertens hat mehr als vergleichbare Gelehrte Open Access gefördert, indem er zahlreiche Studien (gut 60), darunter auch die Habilitationsschrift und den Wimpfeling-Briefwechsel, aus den Jahren 1972-2005 auf Freidok zugänglich gemacht hat.

https://www.freidok.uni-freiburg.de/pers/13644

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Es fällt immer schwer, die Trauer in Worte zu fassen, aber es wäre nicht angemessen, würde ich nicht auch ein paar persönliche Worte über einen Menschen beisteuern, dem ich außerordentlich dankbar sein muss. Dieter Mertens hat mein unvollendetes Habilitationsprojekt betreut, Anteil daran genommen, meine Vorstudien und anderen Arbeiten sorgfältig gelesen und bei Bedarf zitiert. Er hat mich als wissenschaftlichen Mitarbeiter an den Freiburger SFB geholt, war ein sehr guter "Chef", der mir Freiraum ließ, mich förderte und mir auch nach meinem Weggang nach Aachen viele wertvolle Hinweise gab. Mit ihm zusammen habe ich die Schwabenkrieg-Tagung 2000 veranstaltet. Für die Möglichkeiten des Internets war er immer aufgeschlossen. Er hat mich auch ermuntert, die Dokumentation zum Schwabenkrieg ins Netz zu stellen, heute erreichbar unter:

https://www.historicum.net/themen/schwabenkrieg/

An seiner Quasi-Festschrift "Humanisten am Oberrhein" beteiligte ich mich 2004 mit einem Beitrag über Johannes Hug:

http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:25-opus-53153

Seine wissenschaftlichen Arbeiten habe ich immer bewundert. Bei aller Quellennähe und Akribie verlor er nie die größeren Zusammenhänge aus dem Auge. Es gelang ihm, diese prägnant und ohne modisches Wortgeklingel darzustellen. Trotzdem schätzte er theoretische und methodische Ansätze. Auf sein kritisches Urteil konnte man sich verlassen. Obwohl nicht im engeren Sinn sein "Schüler", habe ich doch immens viel von ihm gelernt, wissenschaftlich, aber auch menschlich.

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GND
http://beacon.findbuch.de/seealso/pnd-aks?format=sources&id=129728217

Quelle: http://www.regiotrends.de/de/regiomix/index.news.101703.html
 

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