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Hans Harter hat sich 2005 von mir überzeugen lassen, seine ausgezeichnete Studie "Der Teufel von Schiltach" auch Open Access zur Verfügung zu stellen.

https://www.historicum.net/fileadmin/sxw/Themen/Hexenforschung/Themen_Texte/Regional/Teufel_komplett.pdf

Es geht um eine Überlieferung, derzufolge der Teufel und eine Hexe gemeinsam für den großen Stadtbrand von Schiltach 1533 verantwortlich waren.

https://de.wikisource.org/wiki/Schiltach

Nun hat Harter nachgelegt: Hans Harter: "Anno 1533 ist Schiltach gar außbrunnen, als etlich sagen, vom Teufel angezündt." Neues vom "Teufel von Schiltach". In: Die Ortenau 95 (2015), S. 151-182.

Harter hat mir liebenswürdigerweise einen Sonderdruck zukommen lassen mit handschriftlicher Widmung "mit Dank für kollegialen Austausch". So wichtig schienen ihm meine wiederholten Hinweise aber nicht, dass er mir auch in seinem Artikel gedankt hätte (anders als im Vorwort zur Publikation von 2005). Zum wichtigen Hinweis auf Rütiner siehe die unten abgebildete Email von mir aus dem Jahr 2008. Ebenso 2008 wies ich ihn auf die Chronik Kesslers hin.

Meine Bitte, Nachträge etwa im Frühneuzeit-Blog zu publizieren, hat Harter abgeschlagen und stattdessen wie gehabt auf totes Papier gesetzt, was er auf Nachfrage mit der Verbundenheit zum historischen Verein, der die Ortenau herausgibt, begründete. Sein Publikum erreiche er dort eher als im Internet. Sein Beitrag wird erst in vielen Jahren online nachzulesen sein, denn die moving wall der Ortenau ist mit 5 Jahrgängen zu hoch.

Nur eine Online-Publikation ermöglicht es, im Netz verfügbare Quellen und Literatur sofort bequem zur eigenen Kontrolle bereitzustellen!

Harter setzt sich kritisch mit einem Buch von Günter Link "Die Hexe aus Oberndorf und der Teufel von Schiltach" (2012) auseinander. Link hat auch eine (mir nicht bekannte) Dokumentensammlung auf DVD vorgelegt (beziehbar über das Stadtarchiv Oberndorf).

Anders als Harter und Link, die für allzu hypothetische Rekonstruktionen des Geschehens ("wie es eigentlich gewesen") stehen, hat mich stets mehr die Wahrnehmungsgeschichte der Schiltach-Erzählung gefesselt. Interessant sind freilich Harters Hinweise auf den Mordbrenner-Kontext und auf eine Urfehde (1531) eines mit "Feuerzeug" umgehenden Remigius Gumprecht aus Schiltach.

Zur Rezeptionsgeschichte trägt Harter freilich auch wichtiges neues Material bei. Bemerkenswert sind die neu gefundenen zeitnahen St. Galler Quellen: Vadian, Johannes Kessler (Anhang Quelle 1 S. 175f.), Johann Rütiner (Anhang Quelle 2 S. 176f.).

Vadian kann ich verlinken:

https://archive.org/stream/VadianDeutscheHistorischeSchriften3#page/n557/mode/2up

Kessler kann ich verlinken (Harter gibt die Seitenzahl falsch an: 399f. statt richtig 359f.):

https://archive.org/stream/johanneskessler00gtgoog#page/n764/mode/2up

Rütiner nicht.

Als Quelle 3 werden zwei Stellen bei Sebastian Franck S. 177 abgedruckt. Harter sagt S. 173, Schiltach werde schon in der Ausgabe 1536 der Chronik Francks erwähnt, zitiert dann aber aus unerfindlichen Gründen nach der Ausgabe von 1551. Natürlich ist die Chronik in der Ausgabe von 1536 ebenfalls online:

https://books.google.de/books?id=QOpDAQAAMAAJ&pg=PT590

Sprichwörter 1545:

https://books.google.de/books?id=kRM8AAAAcAAJ&pg=PT432

In der Ausgabe 1541 fehlt die Erwähnung anscheinend noch.



Weitere Nennungen des Teufels von Schiltach:

Harter 2005 hat schon viele frühneuzeitliche Rezeptionszeugnisse. Weitere in seinem Aufsatz, etliche Belege versammeln die Anmerkungen 10 und 33 (letztere mit Bezugnahme auf die Dokumentation von Link). Bei David Wolleber 1579 in Anm. 10 (nach Darmstadt Hs. 104) fehlt die Seitenzahl!

Gleichlautend in Wollebers Chrorographia 1591:

http://idb.ub.uni-tuebingen.de/diglit/Mh6-1/0602

Die Anm. 10 genannte Stelle in Sebastian Fischers Ulmer Chronik:

http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/veesenmeyer1896/0070

Relativ zeitnah griff der nach 1536 verstorbene Bosauer Benediktiner und Trithemius-Schüler Paul Lang in seiner bis 1536 reichenden Naumburger Chronik das angebliche diabolische Geschehen auf. Gedruckt bei Mencken, Scriptores rerum Germanicarum 2 (1728), Sp. 83:

http://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/b/b009589+0002.pdf

Nach freundlicher Mitteilung von Herrn Harter legte er die Flugschrift 2 zugrunde.

Über Paul Lang unterrichtet der nicht besonders gute Artikel über Lang von Fasbender im VL Humanismus. Nicht nur, dass man rätselt, wann die Naumburger Chronik abgeschlossen wurde ("Noch im Jahr der Fertigstellung des ‘Chr. N.’", aber das steht zuvor eben nirgends!), Fasbender hat in überaus ärgerlicher Weise auch die maßgeblichen Ausführungen von Markus Müller in seiner Bistumsgeschichtsschreibung (1998, S. 235, 368-377) übersehen. Dies hat zur Folge, dass alle Handschriftennachweise Müllers fehlen und auch der Naumburger Cathalogus von 1517, den Müller in einer Berliner Handschrift fand. Die deutsche Fassung der Naumburger Chronik von 1536 hat Köster 1891 herausgegeben (mir nicht zugänglich und auch nicht online).

[Nun schon:
http://archiv.ub.uni-marburg.de/eb/2015/0298 ]

Langs GND
http://beacon.findbuch.de/seealso/pnd-aks?format=sources&id=104348054

Schon Ende April 1533 wollte in Straßburg jemand die Geschichte drucken lassen, was ihm jedoch nicht erlaubt wurde, da man mit dem Teufel nichts zu schaffen haben wollte (vgl. Harter 2005, S. 11 nach Reuss. Den folgenden Beleg hatte ich Harter mitgeteilt, der aber nicht alle meine ihm genannten Funde für seinen Ortenau-Aufsatz verwertet hat).

https://archive.org/stream/bulletin04stragoog#page/n239/mode/2up

Leonhardt Thurneysser zum Thurn: Archidoxa 1575

https://books.google.de/books?id=CiZgAAAAcAAJ&pg=PT107

Sprichwörtlich (unmüssig "wie der teufel zu Schiltach") bei dem elsässischen Autor Johannes Zschorn (16. Jahrhundert).

https://archive.org/stream/jahrbuchfrgesch10gergoog#page/n221/mode/2up

So auch in Fischarts Geschichtsklitterung 1575

https://books.google.de/books?id=OykzHVpMu04C&pg=PT161
https://books.google.de/books?id=YWdIAQAAMAAJ&pg=PA164

Heinrich Pantaleons Cardano-Übersetzung 1559 (vgl. Harter 2015 Anm. 95)

https://books.google.de/books?id=MKpQAAAAcAAJ&pg=RA3-PT27

Spangenberg 1560
https://books.google.de/books?id=B5BWAAAAcAAJ&pg=PT24
zu Gennep 1559
https://books.google.de/books?id=_jdQAAAAcAAJ&pg=PT214

Schinbain 1578
https://books.google.de/books?id=4cBTAAAAcAAJ&pg=PT113

Harter nennt zwar (nach Link) Carions Weltchronik, aber ich gebe trotzdem einen Hinweis auf eine 1584 erschienene polnische tschechische Übersetzung.

https://books.google.de/books?id=fThiAAAAcAAJ&pg=PA361



(Zu Erwähnungen in den USA bei Vater und Sohn Mather siehe Harter S. 170-173.)

Petrus Thyraeus 1598:

https://books.google.de/books?id=9cwG9Unt8SoC&pg=PT94

Belleforest: Histoires prodigieuses (16. Jh.) laut

http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k77217c/f58
dazu die Schnipsel, absurd bei einem Buch von 1571 (!!)
https://books.google.de/books?id=wvVBAQAAMAAJ&q=schiltach
(diverse Digitalisate des Werks in Gallica)

Henning Groß: Magica 1597
https://books.google.de/books?id=RDVhAAAAcAAJ&pg=PA104
Magica 1600
https://books.google.de/books?id=PacIfGty5Z0C&pg=RA1-PA75

Abraham a Santa Clara 1707

https://books.google.de/books?id=G7wOAAAAQAAJ&pg=PT397

Bei sorgfältiger Auswertung von Hinweisen in Google Books (ich habe mich vor allem auf das 16. Jahrhundert beschränkt) ließe sich die Liste sicher problemlos noch erweitern. Dies mag belegen, dass weder Harter noch Link einen zutreffenden Eindruck von der immensen Popularität der Hexen-Causa Schiltach in der Frühen Neuzeit zu vermitteln vermögen.

#forschung

#erzählforschung



Jan Sommer (Gast) meinte am 2015/11/09 13:56:
to není polsky
..., ale česky... https://books.google.de/books?id=fThiAAAAcAAJ&hl=de&pg=PA361&ci=50%2C33%2C897%2C398&source=bookclip 
Jean-Dominique Delle Luche (Gast) meinte am 2015/11/09 14:41:
Rütiner
Rütiners maschinenschriftliche Edition ist kaum in Deutschland zu finden. Eine Doktorandin aus Oxford (Carla Roth, Betreuerin Lyndal Roper) arbeitet derzeit über Rütiner. 
 

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