Allgemeines
Architekturarchive
Archivbau
Archivbibliotheken
Archive in der Zukunft
Archive von unten
Archivgeschichte
Archivpaedagogik
Archivrecht
Archivsoftware
Ausbildungsfragen
Bestandserhaltung
Bewertung
Bibliothekswesen
Bildquellen
Datenschutz
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
null

 
Quellenbezogene Geschichtsschreibung ist zunächst auf gut ausgestattete Archive angewiesen, in denen wichtige Unterlagen dauerhaft aufgehoben, gesichert und zugänglich gemacht werden. Diese Aussage gilt grundsätzlich auch für die Sportgeschichte, die ebenfalls auf Archivunterlagen zurückgreifen muss. Exemplarische Bestandsaufnahmen zeigen allerdings, dass es gerade im Sportbereich noch erhebliche Defizite bei der dauerhaften Aufbewahrung von wichtigen Unterlagen gibt.

Selbst in den Kommunalarchiven sind auf den Sport bezogene Archivalien eher die Ausnahme, weil sich diese Einrichtungen zunächst ihren Pflichtaufgaben widmen müssen. So hat eine Umfrage bei mehreren Archiven von Großstädten gezeigt, dass es viele Stadtarchive gibt, die über keinerlei Überlieferungen aus dem Sport verfügen. Einige Städte berichten andererseits aber auch über 20 und mehr Überlieferungen von Sportvereinen. Selbst das ist aber mit Blick auf die Gesamtzahl der örtlichen Vereine eher nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Die aus Anlass von Vereinsjubiläen erstellten Festschriften können diese Lücke nur bedingt füllen, weil auch sie nur auf die begrenzten Quellen zurückgreifen und in der Regel nicht von Historikern verfasst werden. Bei dieser Ausgangslage bleibt dann lediglich noch die lokale Presse als Fundort von Beiträgen zur örtlichen Sportgeschichte. Der folgende Bericht beschreibt am Beispiel einer Auswertung der Darmstädter Presse diese Möglichkeit der Erkenntnisgewinnung.

Der Beitrag ist im Telegrammstil der Erfahrungsbericht eines Fundstellensammlers, der seit annähernd sechs Jahren alltäglich mehrere Stunden im Lesesaal des Darmstädter Hauses der Geschichte verbringt, dort am Readerprinter sitzt und Rollfilme absucht, auf denen Darmstädter Tageszeitungen festgehalten sind. Dies sind das Darmstädter Tagblatt und ab 1945 das Darmstädter Echo.

Der Sammler ist inzwischen bis ins Jahr 1948 vorgedrungen. Damit liegt bereits ein Pensum hinter ihm, das mehr als zweihundert Jahre umfasst. Sport kam dabei natürlich auch zum Vorschein und blieb nicht unbeachtet, was nicht zuletzt plausible biographische Gründe hat: Aktiver Sportler über Jahrzehnte (Handball, Basketball in Vereinen, Fußball als “Straßenkicker”), Handballfunktionär im Hessischen Handball-Verband (HHV) von 1965 bis 1980, vierzig Jahre Handballschiedsrichter und seit 1947 Mitglied im SV Darmstadt 1898.

Hier nun ein tabellarischer Rechenschaftsbericht zum Suchfeld „Sport”:

1.) Fußball (erfasster Zeitraum 1878 bis 1945; geographischer Horizont: Darmstadt, Deutschland und auch international):

Alle Funde wurden dem Darmstädter Stadtarchiv überlassen. Außerdem sind sie an das DFB-Archiv in Frankfurt a.M. sowie an die Stadtarchive in Karlsruhe und Freiburg gegeben worden. Weitere Abnehmer der Funde sind das Institut für Sportgeschichte in Maulbronn sowie die Deutsche Hochschule für Sport in Köln, wo sie sich jetzt auf die Nutzung durch Interessenten freuen.


2.) Handball (erfasster Zeitraum ab 20.Oktober 1920 bis ca. Mitte der 1930er Jahre; geographischer Horizont: Darmstadt, Südhessen, gelegentlich auch Deutschland und Ausland):

Die Methode der Verbreitung des Materials ähnelte dem Vorgehen beim Fußball. Allerdings gibt es kein Archiv des Deutschen Handballbundes! Handball-Archivar zu sein ist in unserem Land - soweit ersichtlich - ein Privatvergnügen. Der im Jahre 2011 leider verstorbene Fritz Fischer (Reinheim) war hier jahrzehntelang der kompetente Ansprechpartner, nicht nur für den Bereich des Hessischen Handball-Verbandes.

Dessen Nachlas ist inzwischen an zwei Stellen gelangt: den Darmstadt-Teil findet man im Darmstädter Stadtarchiv, der andere (größere) Teil hat seinen Weg nach Bielefeld genommen und befindet sich dort in der kompetenten Obhut eines Handball-Archivars ohne Verbands-Mandat.

3.) Tennis (erfasster Zeitraum: zweite Hälfte der 1890er Jahre bis ca. Anfang der 1920er Jahre):
Weitergabe an den TEC Darmstadt und gelegentlich auch an das Stadtarchiv Darmstadt.

4.) Golf (erfasster Zeitraum:1913 - Großherzoglicher Golf-Klub - bis 1920er Jahre): Weitergabe ans Golf-Archiv Köln.

5.) Schwimmen (erfasster Zeitraum: ab 1899 bis ca. 1934):
Weitergabe (mit Lücken) an das Stadtarchiv und an den DSW Darmstadt 1912.

6.) Basketball (erfasster Zeitraum ab Erstfund im Darmstädter Tagblatt vom13.August 1937 - Förderung des Basketballsports in Darmstadt - fünf weitere Funde bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, zuletzt vom Juli 1938):

Am 3. April 1946 erster Beleg aus der Nachkriegszeit für „Basketball” im Darmstädter Echo. Die Suche wird zunächst noch fortgesetzt. Es steht nämlich fest, dass ein soeben erschienenes Buch über die Frühgeschichte des Basketballsports in Deutschland (bis 1945) noch eine Fortsetzung bis ins Jahr 1955 bekommen soll. Deshalb macht es Sinn, dem Verfasser durch Liefern von Darmstädter Presse-Funden bis 1955 zuzuarbeiten.

Fazit:

Der Verfasser dieses Berichts würde sich freuen, wenn sein Beispiel Schule machte. Er hofft und will nicht ausschließen, dass es auch in anderen Städten Männer und/oder Frauen gibt, die zum Beispiel im Dritten Lebensalter Gefallen an einer entsprechenden Tätigkeit finden.

Durch das Sammeln von Fundstellen aus „ihren” Tageszeitungen kann nämlich die Voraussetzung gesichert werden, Zeitgenossen und späteren Generationen die Möglichkeit zu verschaffen, auf reizvolle Weise Einblick in die Geschichte ihres engeren oder weiteren Lebensumfeldes (Stadt, Gemeinde, Kreis) unter den verschiedensten Aspekten (nicht nur des Sports) zu nehmen.


Dr. Günter Bauer (Darmstadt)
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma