http://www.wdr.de/themen/kultur/3/buddha_rekonstruktion_/110312.jhtml
Vor genau zehn Jahren sprengten Taliban im afghanischen Bamiyan-Tal die beiden größten stehenden Buddhastatuen der Welt. Die lange geplante Rekonstruktion des Weltkulturerbes wurde nun abgesagt. Warum, erklärt der Aachener Bauhistoriker Michael Jansen. [...]
WDR.de: Noch bis vor einer Woche sah es so aus, als würden die Statuen restauriert. Auf einer Tagung der UNESCO und der Bamiyan Workinggroup, der Sie auch angehören, wurde dann aber ein Wiederaufbau erstmal auf Eis gelegt. Warum?
Jansen: Das war eine zweitägige, sehr intensive Diskussion. Die letztendliche Entscheidung liegt im Grunde bei der afghanischen Regierung. Hinzu kommt aber noch etwas anderes: Die Trümmer sind zwar inzwischen aus den Nischen geborgen, aber im Einzelnen noch nicht detailliert dokumentiert. Unsere 3-D-Simulation an der RWTH Aachen, wo wir die Außenhülle der beiden Buddhas rekonstruiert haben, ist bisher Theorie. Einzelne Felstrümmer können wir der Rückwand der Nische zwar zuordnen. Um das aber zu komplettieren, müssten alle Felsstücke vermessen werden, auch die Rückseiten der Nischen. Diese Messungen haben bisher noch nicht ausreichend stattgefunden, um die Felsstücke im 3-D-Modell wirklich richtig zu platzieren.
WDR.de: Woran scheiterte das?
Jansen: Diese Felsbrocken sind zum Teil bis zu 60 Tonnen schwer. Für eine solche Vermessung hätte man Laserscanner und andere Messinstrumente benötigt. Das war bei der Menge, die dort geräumt und gesichert werden musste, bisher nicht machbar. Die große Figur hat immerhin die Größe eines 15-stöckigen Hochhauses. Das ist kein kleines Puzzle, das man mal eben zusammenlegt wie die Scherben eines zerbrochenen Topfes. Das sind halbe Häuser, die bewegt und untersucht werden müssen, um sie wieder zusammen zu setzen. Diese halben Häuser müssen dann möglicherweise in 50 Metern Höhe angebracht werden. Man arbeitet dort unter äußerst primitiven Bedingungen. Die Sommerzeit, in der man arbeiten kann, ist kurz, und wenn der Herbst kommt, müssen die Fragmente wetterfest verpackt werden.
WDR.de: Scheitert die Rekonstruktion also an Zeit und Geld?
Jansen: Nicht nur. Bei einer solchen Rekonstruktion muss auch geklärt werden: Was will man rekonstruieren? Der Kulturwert eines Denkmals geht weit über seine optische Oberfläche hinaus. Man könnte die Figuren auch aus Polyester oder Beton nachbilden, aber das würden wir dann als Disneyland betrachten. Es geht, gerade für Weltkulturerbe-Denkmäler, vor allem um die Authentizität. Es geht um das historische Zeugnis, nicht um eine rekonstruierte Oberfläche. Auch standen wir vor der Frage: Wie weit will man mit der Rekonstruktion gehen, bzw. wo hört man auf? Denn: Die Figuren waren vorher schon nicht mehr intakt. Einem Buddha hatte im 17. Jahrhundert der Kaiser aus Indien die Beine zerstört. Stellt man nun den Zustand vor der Zerstörung her, oder geht man gar zurück ins 6. Jahrhundert, als die Figuren entstanden? Daher haben wir gesagt: Da wir die Bruchstücke zurzeit und in Zukunft nicht ausreichend behandeln können, beschließen wir, dass eine Rekonstruktion nicht durchgeführt werden soll.
WDR.de: Was halten Sie persönlich von dieser Entscheidung?
Jansen: Ich könnte mir vorstellen, dass der Bereich, in dem die Trümmer der Buddha-Figuren liegen, auch als Mahnmal bestehen bleibt. Denn was dort passiert ist, bezeichnet man als Ikonoklasmus - der Bildersturm, der in der Geschichte immer wieder passiert ist. Bamiyan sollte ein Mahnmal dafür werden, dass die Menschheit keine weitere Bildzerstörung aus religiösem Fanatismus begeht. Man darf nicht so tun, als ob nichts geschehen sei. Wenn die Buddha-Figuren wieder vollständig aufgebaut werden, ist es so, als ob nichts geschehen sei. Aber die Zerstörung hat stattgefunden.

http://de.wikipedia.org/wiki/Buddha-Statuen_von_Bamiyan
Vor genau zehn Jahren sprengten Taliban im afghanischen Bamiyan-Tal die beiden größten stehenden Buddhastatuen der Welt. Die lange geplante Rekonstruktion des Weltkulturerbes wurde nun abgesagt. Warum, erklärt der Aachener Bauhistoriker Michael Jansen. [...]
WDR.de: Noch bis vor einer Woche sah es so aus, als würden die Statuen restauriert. Auf einer Tagung der UNESCO und der Bamiyan Workinggroup, der Sie auch angehören, wurde dann aber ein Wiederaufbau erstmal auf Eis gelegt. Warum?
Jansen: Das war eine zweitägige, sehr intensive Diskussion. Die letztendliche Entscheidung liegt im Grunde bei der afghanischen Regierung. Hinzu kommt aber noch etwas anderes: Die Trümmer sind zwar inzwischen aus den Nischen geborgen, aber im Einzelnen noch nicht detailliert dokumentiert. Unsere 3-D-Simulation an der RWTH Aachen, wo wir die Außenhülle der beiden Buddhas rekonstruiert haben, ist bisher Theorie. Einzelne Felstrümmer können wir der Rückwand der Nische zwar zuordnen. Um das aber zu komplettieren, müssten alle Felsstücke vermessen werden, auch die Rückseiten der Nischen. Diese Messungen haben bisher noch nicht ausreichend stattgefunden, um die Felsstücke im 3-D-Modell wirklich richtig zu platzieren.
WDR.de: Woran scheiterte das?
Jansen: Diese Felsbrocken sind zum Teil bis zu 60 Tonnen schwer. Für eine solche Vermessung hätte man Laserscanner und andere Messinstrumente benötigt. Das war bei der Menge, die dort geräumt und gesichert werden musste, bisher nicht machbar. Die große Figur hat immerhin die Größe eines 15-stöckigen Hochhauses. Das ist kein kleines Puzzle, das man mal eben zusammenlegt wie die Scherben eines zerbrochenen Topfes. Das sind halbe Häuser, die bewegt und untersucht werden müssen, um sie wieder zusammen zu setzen. Diese halben Häuser müssen dann möglicherweise in 50 Metern Höhe angebracht werden. Man arbeitet dort unter äußerst primitiven Bedingungen. Die Sommerzeit, in der man arbeiten kann, ist kurz, und wenn der Herbst kommt, müssen die Fragmente wetterfest verpackt werden.
WDR.de: Scheitert die Rekonstruktion also an Zeit und Geld?
Jansen: Nicht nur. Bei einer solchen Rekonstruktion muss auch geklärt werden: Was will man rekonstruieren? Der Kulturwert eines Denkmals geht weit über seine optische Oberfläche hinaus. Man könnte die Figuren auch aus Polyester oder Beton nachbilden, aber das würden wir dann als Disneyland betrachten. Es geht, gerade für Weltkulturerbe-Denkmäler, vor allem um die Authentizität. Es geht um das historische Zeugnis, nicht um eine rekonstruierte Oberfläche. Auch standen wir vor der Frage: Wie weit will man mit der Rekonstruktion gehen, bzw. wo hört man auf? Denn: Die Figuren waren vorher schon nicht mehr intakt. Einem Buddha hatte im 17. Jahrhundert der Kaiser aus Indien die Beine zerstört. Stellt man nun den Zustand vor der Zerstörung her, oder geht man gar zurück ins 6. Jahrhundert, als die Figuren entstanden? Daher haben wir gesagt: Da wir die Bruchstücke zurzeit und in Zukunft nicht ausreichend behandeln können, beschließen wir, dass eine Rekonstruktion nicht durchgeführt werden soll.
WDR.de: Was halten Sie persönlich von dieser Entscheidung?
Jansen: Ich könnte mir vorstellen, dass der Bereich, in dem die Trümmer der Buddha-Figuren liegen, auch als Mahnmal bestehen bleibt. Denn was dort passiert ist, bezeichnet man als Ikonoklasmus - der Bildersturm, der in der Geschichte immer wieder passiert ist. Bamiyan sollte ein Mahnmal dafür werden, dass die Menschheit keine weitere Bildzerstörung aus religiösem Fanatismus begeht. Man darf nicht so tun, als ob nichts geschehen sei. Wenn die Buddha-Figuren wieder vollständig aufgebaut werden, ist es so, als ob nichts geschehen sei. Aber die Zerstörung hat stattgefunden.

http://de.wikipedia.org/wiki/Buddha-Statuen_von_Bamiyan