http://www.rechtliches.de/winkelschreiber/archiv/Artikel.7.3.2006-13-5-39.html
Die unter Umständen hohen Gebühren für Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz haben schon viel Kritik ausgelöst. Damit die teuer befreiten Informationen wenigstens möglichst vielen nützlich sind und um doppelte Anfragen zu vermeiden, haben CCC und FoeBuD eine Aktensammelstelle eingerichtet. Dort kann man Dokumente einreichen, die man durch eine Informationsanfrage von den Behörden erhalten hat. Diese Dokumente werden dann online veröffentlicht. Noch ist die Aktensammelstelle klein; das Gesamtverzeichnis umfasst gerade einmal fünf Dokumente. Gezielte Suchmöglichkeiten sind da noch verzichtbar aber offenbar schon in Planung.
Rechtlich gesehen ist die Frage interessant, in welchem Umfang Veröffentlichungen über die Aktensammelstelle urheberrechtlich durch § 5 UrhG erlaubt sind. Stellt die Übersendung von Dokumenten nach dem Informationsfreiheitsgesetz gleichzeitig eine Veröffentlichung "zur allgemeinen Kenntnisnahme" dar? Und erfolgt diese "im amtlichen Interesse"? Andererseits dürften Erlasse, die auf diese Weise erstmals öffentlich werden, nach Absatz 1 generell urheberrechtsfrei sein. Außerdem ist sicher nicht jedes amtliche Dokument überhaupt ein Werk im Sinne des Urheberrechts. Genug Fragen für den einen oder anderen Aufsatz in der GRUR. Oder vielleicht auch in der JurPC.
Kommentar:
Inneramtliche Schriften waren nur bis 1965 vom Urheberrechtsschutz ausgenommen. Sind amtliche Unterlagen urheberrechtlich geschützt, was nur bei einfachen Routine-Schreiben verneint werden kann, so scheidet eine Berufung auf § 5 UrhG bei der Veröffentlichung sicher in der Regel aus. Ausnahme: Verwaltungsvorschriften und andere Rechtsnormen mit allgemeiner, nicht auf den Einzelfall bezogener Geltung. Nicht alle Ministerialerlasse dürften als Erlasse im Sinne von § 5 Abs. 1 zu beurteilen sein.
Das bei der Aktensammelstelle eingestellte kriminologische Gutachten von Prof. Boers ist jedenfalls auch dann eine Urheberrechtsverletzung, falls das Amt die ausschliesslichen Nutzungsrechte erworben hat.
Ebensowenig ist erkennbar, wieso die Ausarbeitung " Technical Guideline Advanced Security Mechanisms for Machine Readable Travel Documents" nicht geschützt sein sollte.
Dürfen Behörden überhaupt Kopien geschützter Akten abgeben? Es ist nicht geklärt, ob eine Einsichtnahme nach dem IFG ein "Verfahren" im Sinne des § 45 UrhG darstellt. Die Veröffentlichung im Internet ist sicher kein nach Abs. 1 vorgesehener Zweck, auf den sich gemäß Abs. 3, die die öffentliche Wiedergabe unter den Voraussetzungen des Abs. 1 ebenfalls erlaubt, Verfahrensbeteiligte berufen könnten.
Ansonsten gilt § 53 UrhG, der aber die Abgabe einer Kopie an einen Verfahrensbevollmächtigten wie einen Rechtsanwalt wohl ausschließen dürfte, da weder privater Gebrauch (Abs. 1) noch das für den eigenen Gebrauch erforderliche Erscheinen bei unveröffentlichten Akten gegeben ist. Werden für Rechtsanwälte Kopien gefertigt, so liegt kein privater, sondern beruflicher Gebrauch vor. An Bürgerinitiativen dürfen nach § 53 Abs. 1 ebenfalls keine Kopien abgegeben werden, da sich ihr Gebrauch nicht in der Privatsphäre vollzieht (Dreier/Schulze, UrhG 2004, S. 729). Wer sich in öffentlichen Angelegenheiten engagiert, befriedigt kein rein persönliches Bedürfnis. Dies gilt natürlich nur, wenn ein Dritter Rechteinhaber ist. Der Staat hat sich bei der Wahrnehmung seiner Rechte an Sinn und Zweck des IFG zu halten.
Bemerkenswert inkompetent formuliert die amtliche Begründung zu § 6 IFG, der eine Einsicht ausschließt, wenn der Schutz des geistigen Eigentums entgegensteht.
http://dip.bundestag.de/btd/15/044/1504493.pdf
"Zum geistigen Eigentum gehören insbesondere Urheber-,
Marken-, Patent-, Gebrauchs- und Geschmacksmusterrechte.
Durch den Anspruch auf Informationszugang, insbesondere
das Recht auf Fertigung von Kopien, werden vor
allem das Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG und das
Verbreitungsrecht nach § 17 UrhG berührt. Der Schutz auch
geistigen Eigentums ist verfassungsrechtlich durch Artikel
14 Abs. 1 GG garantiert und wird daher in Satz 1 bekräftigt.
Wo einfachrechtlich vorgesehen, kann sich auch
eine Behörde auf geistiges Eigentum berufen. So kann eine
Behörde beispielsweise Inhaber einer Marke sein (siehe § 7
Nr. 2 MarkenG). Amtliche Werke genießen andererseits gemäß
§ 5 UrhG keinen Urheberrechtsschutz. Dies betrifft
rechtsschutz [so die Vorlage!] erst, wenn sie im amtlichen Interesse zur allgemeinen
Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind (§ 5
Abs. 2 UrhG). Soweit in den amtlichen Werken auf private
Normwerke verwiesen wird, ohne deren Wortlaut wieder zu
geben, können auch insoweit Urheberrechte dem Anspruch
auf Informationszugang entgegenstehen.
Die Tätigkeit von Hochschulen und Forschungseinrichtungen
in Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre nach
Artikel 5 Abs. 3 GG wird ebenfalls von Satz 1 erfasst."
Der Hinweis auf die Fertigung von Kopien ist verfehlt. Für diese gilt, wie gezeigt, entweder § 45 UrhG (was ich mit gewissen Kommentierungen des UIG bejahen würde) oder § 53 UrhG. Völliger Unsinn ist auch der Hinweis auf private Normen. Diese (z.B. DIN-Normen) sind in der Regel erschienen, kleine Teile können gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 UrhG ohne weiteres vervielfältigt werden, auch wenn dies dem Beuth-Verlag nicht passt. Aber darum geht es dem hier selten dummen Bundesgesetzgeber ja nicht. Man muss sich diese logische Perle einmal auf der Zunge zergehen lassen: "Soweit in den amtlichen Werken auf private
Normwerke verwiesen wird, ohne deren Wortlaut wieder zu
geben, können auch insoweit Urheberrechte dem Anspruch
auf Informationszugang entgegenstehen." Seit wann ist ein bloßer Verweis vom Urheberrecht erfasst?
Fazit:
Das IFG wirft - dank unübertreffbar schlechter Gesetzesformulierung - urheberrechtliche Rätselfragen auf. Die bloße Tatsache, dass ein Text urheberrechtlich geschützt ist, steht einer Einsichtnahme nicht entgegen, allenfalls einer Kopie.
Keinesfalls werden die so zugänglich gemachten Werke gemeinfrei oder zu amtlichen Werken.
Aus urheberrechtlicher Sicht sind die Veröffentlichungen durch die Aktensammelstelle in der vorliegenden Form höchst problematisch.
Die unter Umständen hohen Gebühren für Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz haben schon viel Kritik ausgelöst. Damit die teuer befreiten Informationen wenigstens möglichst vielen nützlich sind und um doppelte Anfragen zu vermeiden, haben CCC und FoeBuD eine Aktensammelstelle eingerichtet. Dort kann man Dokumente einreichen, die man durch eine Informationsanfrage von den Behörden erhalten hat. Diese Dokumente werden dann online veröffentlicht. Noch ist die Aktensammelstelle klein; das Gesamtverzeichnis umfasst gerade einmal fünf Dokumente. Gezielte Suchmöglichkeiten sind da noch verzichtbar aber offenbar schon in Planung.
Rechtlich gesehen ist die Frage interessant, in welchem Umfang Veröffentlichungen über die Aktensammelstelle urheberrechtlich durch § 5 UrhG erlaubt sind. Stellt die Übersendung von Dokumenten nach dem Informationsfreiheitsgesetz gleichzeitig eine Veröffentlichung "zur allgemeinen Kenntnisnahme" dar? Und erfolgt diese "im amtlichen Interesse"? Andererseits dürften Erlasse, die auf diese Weise erstmals öffentlich werden, nach Absatz 1 generell urheberrechtsfrei sein. Außerdem ist sicher nicht jedes amtliche Dokument überhaupt ein Werk im Sinne des Urheberrechts. Genug Fragen für den einen oder anderen Aufsatz in der GRUR. Oder vielleicht auch in der JurPC.
Kommentar:
Inneramtliche Schriften waren nur bis 1965 vom Urheberrechtsschutz ausgenommen. Sind amtliche Unterlagen urheberrechtlich geschützt, was nur bei einfachen Routine-Schreiben verneint werden kann, so scheidet eine Berufung auf § 5 UrhG bei der Veröffentlichung sicher in der Regel aus. Ausnahme: Verwaltungsvorschriften und andere Rechtsnormen mit allgemeiner, nicht auf den Einzelfall bezogener Geltung. Nicht alle Ministerialerlasse dürften als Erlasse im Sinne von § 5 Abs. 1 zu beurteilen sein.
Das bei der Aktensammelstelle eingestellte kriminologische Gutachten von Prof. Boers ist jedenfalls auch dann eine Urheberrechtsverletzung, falls das Amt die ausschliesslichen Nutzungsrechte erworben hat.
Ebensowenig ist erkennbar, wieso die Ausarbeitung " Technical Guideline Advanced Security Mechanisms for Machine Readable Travel Documents" nicht geschützt sein sollte.
Dürfen Behörden überhaupt Kopien geschützter Akten abgeben? Es ist nicht geklärt, ob eine Einsichtnahme nach dem IFG ein "Verfahren" im Sinne des § 45 UrhG darstellt. Die Veröffentlichung im Internet ist sicher kein nach Abs. 1 vorgesehener Zweck, auf den sich gemäß Abs. 3, die die öffentliche Wiedergabe unter den Voraussetzungen des Abs. 1 ebenfalls erlaubt, Verfahrensbeteiligte berufen könnten.
Ansonsten gilt § 53 UrhG, der aber die Abgabe einer Kopie an einen Verfahrensbevollmächtigten wie einen Rechtsanwalt wohl ausschließen dürfte, da weder privater Gebrauch (Abs. 1) noch das für den eigenen Gebrauch erforderliche Erscheinen bei unveröffentlichten Akten gegeben ist. Werden für Rechtsanwälte Kopien gefertigt, so liegt kein privater, sondern beruflicher Gebrauch vor. An Bürgerinitiativen dürfen nach § 53 Abs. 1 ebenfalls keine Kopien abgegeben werden, da sich ihr Gebrauch nicht in der Privatsphäre vollzieht (Dreier/Schulze, UrhG 2004, S. 729). Wer sich in öffentlichen Angelegenheiten engagiert, befriedigt kein rein persönliches Bedürfnis. Dies gilt natürlich nur, wenn ein Dritter Rechteinhaber ist. Der Staat hat sich bei der Wahrnehmung seiner Rechte an Sinn und Zweck des IFG zu halten.
Bemerkenswert inkompetent formuliert die amtliche Begründung zu § 6 IFG, der eine Einsicht ausschließt, wenn der Schutz des geistigen Eigentums entgegensteht.
http://dip.bundestag.de/btd/15/044/1504493.pdf
"Zum geistigen Eigentum gehören insbesondere Urheber-,
Marken-, Patent-, Gebrauchs- und Geschmacksmusterrechte.
Durch den Anspruch auf Informationszugang, insbesondere
das Recht auf Fertigung von Kopien, werden vor
allem das Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG und das
Verbreitungsrecht nach § 17 UrhG berührt. Der Schutz auch
geistigen Eigentums ist verfassungsrechtlich durch Artikel
14 Abs. 1 GG garantiert und wird daher in Satz 1 bekräftigt.
Wo einfachrechtlich vorgesehen, kann sich auch
eine Behörde auf geistiges Eigentum berufen. So kann eine
Behörde beispielsweise Inhaber einer Marke sein (siehe § 7
Nr. 2 MarkenG). Amtliche Werke genießen andererseits gemäß
§ 5 UrhG keinen Urheberrechtsschutz. Dies betrifft
rechtsschutz [so die Vorlage!] erst, wenn sie im amtlichen Interesse zur allgemeinen
Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind (§ 5
Abs. 2 UrhG). Soweit in den amtlichen Werken auf private
Normwerke verwiesen wird, ohne deren Wortlaut wieder zu
geben, können auch insoweit Urheberrechte dem Anspruch
auf Informationszugang entgegenstehen.
Die Tätigkeit von Hochschulen und Forschungseinrichtungen
in Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre nach
Artikel 5 Abs. 3 GG wird ebenfalls von Satz 1 erfasst."
Der Hinweis auf die Fertigung von Kopien ist verfehlt. Für diese gilt, wie gezeigt, entweder § 45 UrhG (was ich mit gewissen Kommentierungen des UIG bejahen würde) oder § 53 UrhG. Völliger Unsinn ist auch der Hinweis auf private Normen. Diese (z.B. DIN-Normen) sind in der Regel erschienen, kleine Teile können gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 UrhG ohne weiteres vervielfältigt werden, auch wenn dies dem Beuth-Verlag nicht passt. Aber darum geht es dem hier selten dummen Bundesgesetzgeber ja nicht. Man muss sich diese logische Perle einmal auf der Zunge zergehen lassen: "Soweit in den amtlichen Werken auf private
Normwerke verwiesen wird, ohne deren Wortlaut wieder zu
geben, können auch insoweit Urheberrechte dem Anspruch
auf Informationszugang entgegenstehen." Seit wann ist ein bloßer Verweis vom Urheberrecht erfasst?
Fazit:
Das IFG wirft - dank unübertreffbar schlechter Gesetzesformulierung - urheberrechtliche Rätselfragen auf. Die bloße Tatsache, dass ein Text urheberrechtlich geschützt ist, steht einer Einsichtnahme nicht entgegen, allenfalls einer Kopie.
Keinesfalls werden die so zugänglich gemachten Werke gemeinfrei oder zu amtlichen Werken.
Aus urheberrechtlicher Sicht sind die Veröffentlichungen durch die Aktensammelstelle in der vorliegenden Form höchst problematisch.
KlausGraf - am Dienstag, 7. März 2006, 20:04 - Rubrik: Datenschutz
kg (Gast) meinte am 2006/03/09 04:11:
Zum Urheberrechtsschutz von Gutachten
Parteiisch, aber lesenswert:http://www.system-familie.de/urheberrecht.htm