Die folgende Rezension erschien in der Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 160 (2012), S, 636f.
Die sog. Klingenberger Chronik des Eberhard Wüst, Stadtschreiber von Rapperswil. Bearb. von Bernhard Stettler (= Mitteilungen zur Vaterländischen Geschichte 53). St. Gallen: Historischer Verein des Kantons St. Gallen 2007. 423 S., Ln.
Der verdiente Editor von Aegidius Tschudis “Chronicon Helveticum”, Bernhard Stettler, nimmt sich hier ein bereits 1861 von Anton Henne herausgegebenes deutschsprachiges Geschichtswerk vor. Wichtige Ausführungen hatte dem als “Klingenberger Chronik” bekannt gewordenem
Werk Rudolf Gamper in seiner bei Stettler eingereichten Dissertation “Die Zürcher Stadtchroniken und ihre Ausbreitung in die Ostschweiz” (1984, S. 107-119) gewidmet. Es ist schlechter Stil, dass Stettler diese Vorarbeit seines Schülers nicht angemessen würdigt.
Der welthistorische erste Teil der Chronik stützt sich auf die Zürcher
Stadtchroniken - daher behandelte ihn Gamper als deren “Redaktion AD 1". Wichtig war daneben die deutsche Chronik Jakob Twingers von Königshofen und zwar in einer Konstanzer Bearbeitung (die benutzte Königshofen-Version ist im - späteren - Sangallensis 630 erhalten). In diesem Teil, der Stettler zufolge keine sonst unbekannten Nachrichten
enthält, gibt Stettler nur Hinweise auf die Quellen, während der
zeithistorische zweite Teil über den Alten Zürichkrieg 1442-1444 einen
ausführlichen Sachkommentar erhält. Als gemeinsamen Verfasser meint
Stettler den Rapperswiler Stadtschreiber Eberhard Wüst, den schon
Tschudi als Autor von Teil 2 vermutete, namhaft machen zu können.
Gewiss eine ansprechende Vermutung, die aber meines Erachtens die
Aufnahme des Namens in die Titelei nicht rechtfertigt.
Stettler wählte die von Hans Huopli1462 geschriebene Handschrift A 113
der Zentralbibliothek Zürich als Leithandschrift. Seine Entscheidung,
die bereits gedruckt vorliegenden Mitteilungen zur Geschichte des
Basler Konzils wegzulassen, verdient ebenso Tadel wie das Vorgehen bei
“inkonsequent” verwendeten Buchstabenverdopplungen in der Vorlage (S.
61). Literatur, die außerhalb der Schweiz erschienen ist, wird zu
wenig zur Kenntnis genommen. Beispielsweise sollte man zu der
Grabinschrift der Herzöge von Schwaben im Kloster Lorch (S. 222f.)
nicht nur die alte Ausgabe der MGH nennen, sondern auch die neuere
Edition durch Wolfgang Seiffer und die vom Rezensenten beigebrachten
Überlieferungsnachweise (in: Von Schwaben bis Jerusalem, 1995, S.
223f.). Stattdessen wird man in der Fußnote über die Anknüpfung der
Habsburger an die Tradition der Staufer, die aber mit Lorch nichts zu
tun hat, belehrt.
Der edierte Text ist aufschlussreich insbesondere durch seine
ständegeschichtliche Perspektive. Der Autor, der höchstwahrscheinlich
im österreichischen Rapperswil schrieb, stand auf der Seite der
habsburgischen Landesherren und des Adels und wandte sich gegen die
Anmaßung der “puren”. Konsequenterweise sah er seine Heimat als Teil
eines habsburgisch geprägten “Schwabenlandes” (S. 20).
Ein umfangreiches Glossar und ein Register der Orts- und Personennamen
sollen die Ausgabe erschließen. Dass bestimmte Teile des Textes,
insbesondere Personen-Listen, im Register nicht berücksichtigt werden,
halte ich allerdings für inakzeptabel.
Klaus Graf
Die Klingenberger Chronik in den "Geschichtsquellen":
http://www.geschichtsquellen.de/repOpus_01090.html
Zu den Handschriften
http://www.handschriftencensus.de/werke/4111
Eine der Handschriften ist online, St. Gallen 806
http://www.e-codices.unifr.ch/de/list/one/csg/0806
Alte Ausgabe von Henne 1861
http://books.google.de/books?id=ucAGAAAAYAAJ
Die sog. Klingenberger Chronik des Eberhard Wüst, Stadtschreiber von Rapperswil. Bearb. von Bernhard Stettler (= Mitteilungen zur Vaterländischen Geschichte 53). St. Gallen: Historischer Verein des Kantons St. Gallen 2007. 423 S., Ln.
Der verdiente Editor von Aegidius Tschudis “Chronicon Helveticum”, Bernhard Stettler, nimmt sich hier ein bereits 1861 von Anton Henne herausgegebenes deutschsprachiges Geschichtswerk vor. Wichtige Ausführungen hatte dem als “Klingenberger Chronik” bekannt gewordenem
Werk Rudolf Gamper in seiner bei Stettler eingereichten Dissertation “Die Zürcher Stadtchroniken und ihre Ausbreitung in die Ostschweiz” (1984, S. 107-119) gewidmet. Es ist schlechter Stil, dass Stettler diese Vorarbeit seines Schülers nicht angemessen würdigt.
Der welthistorische erste Teil der Chronik stützt sich auf die Zürcher
Stadtchroniken - daher behandelte ihn Gamper als deren “Redaktion AD 1". Wichtig war daneben die deutsche Chronik Jakob Twingers von Königshofen und zwar in einer Konstanzer Bearbeitung (die benutzte Königshofen-Version ist im - späteren - Sangallensis 630 erhalten). In diesem Teil, der Stettler zufolge keine sonst unbekannten Nachrichten
enthält, gibt Stettler nur Hinweise auf die Quellen, während der
zeithistorische zweite Teil über den Alten Zürichkrieg 1442-1444 einen
ausführlichen Sachkommentar erhält. Als gemeinsamen Verfasser meint
Stettler den Rapperswiler Stadtschreiber Eberhard Wüst, den schon
Tschudi als Autor von Teil 2 vermutete, namhaft machen zu können.
Gewiss eine ansprechende Vermutung, die aber meines Erachtens die
Aufnahme des Namens in die Titelei nicht rechtfertigt.
Stettler wählte die von Hans Huopli1462 geschriebene Handschrift A 113
der Zentralbibliothek Zürich als Leithandschrift. Seine Entscheidung,
die bereits gedruckt vorliegenden Mitteilungen zur Geschichte des
Basler Konzils wegzulassen, verdient ebenso Tadel wie das Vorgehen bei
“inkonsequent” verwendeten Buchstabenverdopplungen in der Vorlage (S.
61). Literatur, die außerhalb der Schweiz erschienen ist, wird zu
wenig zur Kenntnis genommen. Beispielsweise sollte man zu der
Grabinschrift der Herzöge von Schwaben im Kloster Lorch (S. 222f.)
nicht nur die alte Ausgabe der MGH nennen, sondern auch die neuere
Edition durch Wolfgang Seiffer und die vom Rezensenten beigebrachten
Überlieferungsnachweise (in: Von Schwaben bis Jerusalem, 1995, S.
223f.). Stattdessen wird man in der Fußnote über die Anknüpfung der
Habsburger an die Tradition der Staufer, die aber mit Lorch nichts zu
tun hat, belehrt.
Der edierte Text ist aufschlussreich insbesondere durch seine
ständegeschichtliche Perspektive. Der Autor, der höchstwahrscheinlich
im österreichischen Rapperswil schrieb, stand auf der Seite der
habsburgischen Landesherren und des Adels und wandte sich gegen die
Anmaßung der “puren”. Konsequenterweise sah er seine Heimat als Teil
eines habsburgisch geprägten “Schwabenlandes” (S. 20).
Ein umfangreiches Glossar und ein Register der Orts- und Personennamen
sollen die Ausgabe erschließen. Dass bestimmte Teile des Textes,
insbesondere Personen-Listen, im Register nicht berücksichtigt werden,
halte ich allerdings für inakzeptabel.
Klaus Graf
Die Klingenberger Chronik in den "Geschichtsquellen":
http://www.geschichtsquellen.de/repOpus_01090.html
Zu den Handschriften
http://www.handschriftencensus.de/werke/4111
Eine der Handschriften ist online, St. Gallen 806
http://www.e-codices.unifr.ch/de/list/one/csg/0806
Alte Ausgabe von Henne 1861
http://books.google.de/books?id=ucAGAAAAYAAJ
KlausGraf - am Samstag, 1. Dezember 2012, 20:48 - Rubrik: Landesgeschichte