Vom Landesamt für Denkmalpflege an den Referatsleiter für Denkmalpflege im Wirtschaftsministerium BW, Dr. Hermann, verwiesen, hatte ich den richtigen Bürokraten an der Strippe.
Mehrfach betonte H., der Minister bzw. die Landesregierung werde nicht zulassen, dass Karlsruher Handschriften oder Handschriftengruppen ins Denkmalbuch eingetragen würden. Das widerspreche der "Einheit der Landesverwaltung". Nach Denkmalschutzrecht sei kein Verkaufs- oder Verbringungsverbot verfügt oder auch nur möglich. Es handle sich nur im formalen Sinn um Denkmale, eigentlich seien das Kulturgüter und für deren Schutz sei das Wissenschaftsministerium zuständig. Ein denkmalschutzrechtlicher Ansatz, das Problem zu lösen, sei ein "Holzweg".
Er mache sich noch keine Gedanken, was sein werde, wenn ein Teil der Kulturgüter in Privateigentum übergehe. Nach § 9 Denkmalschutzgesetz BW seien derzeit die fraglichen Bibliotheksbestände von den Genehmigungserfordernissen des Gesetzes ausgenommen, da sie von einer staatlichen Sammlung verwahrt würden.
Hermann verneinte, dass die Handschriften von § 8 Abs. 2 der die Zerstörung und Beseitigung der Kulturdenkmale verbietet ("Dies gilt für bewegliche Kulturdenkmale nur, wenn sie allgemein sichtbar oder zugänglich sind") erfasst würden. Die Handschriften der BLB seien nicht allgemein zugänglich.
Text des Gesetzes:
http://www.denkmalpflege-bw.de/service/denkmalschutzgesetz.php
***
Es darf auf meine Ausführungen von 1994 Bezug genommen werden:
"Da in anderen Bundesländern ganze Bibliotheken auf der Liste des national wertvollen Kulturguts stehen und in Bayern sogar eine Käfersammlung eingetragen wurde, hätte Baden-Württemberg das herausragende Ensemble der Donaueschinger Hofbibliothek ohne weiteres durch eine Eintragung schützen können, doch wurden nur ganz wenige Einzelstücke auf diese Liste gesetzt. Daß nicht einmal das ursprüngliche Zubehör der eingetragenen Handschriften erfaßt wurde, geht aus einem Verkauf im Jahr 1982 hervor. Damals ließ der Fürst bei der - mit dem Land nicht abgestimmten - Versteigerung zwanzig kostbarer Handschriften seiner Sammlung durch Sotheby's auch Fragmente der Vetus latina veräußern. Diese Bruchstücke einer altlateinischen Bibel, mit der sich ein eigenes Forschungsinstitut in Beuron beschäftigt, stammten nämlich aus dem Einband einer der drei auf der Liste stehenden Handschriften [Anm. 4]. Als das zuständige Ministerium weitere zwanzig Handschriften, ein Blockbuch und eine Inkunabel eintragen lassen wollte, blockte das Staatsministerium ab: die Verhandlungen sollten nicht gestört werden. Hier läßt sich die Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Landesregierung mit Händen greifen. Ob die Abwanderung eines Kulturguts einen "wesentlichen Verlust" (Gesetzeswortlaut) für die Bundesrepublik bedeutet, bemißt sich nach objektiven Kriterien und ist von den Gerichten - leider nur auf Klage des Eigentümers - voll überprüfbar. Ein Beurteilungsspielraum steht der zuständigen Behörde nicht zu. Das zum Eintrag vorgesehene Blockbuch, eine "Kunst des Sterbens", und die Inkunabel, vermutlich der Wiener Aderlaßkalender von 1462, sind jedoch am 1. Juli ins Ausland verkauft worden (Erlös: zusammen etwa 1 Mio. DM). Um einen günstigeren Preis bei den Handschriften zu erzielen, hat die Landesregierung somit einen wesentlichen Verlust für das deutsche Kulturgut in Kauf genommen."
http://projekte.geschichte.uni-freiburg.de/mertens/graf/don.htm
Die Kriterien für die Denkmaleigenschaft stehen nicht zur Disposition der Landesregierung, auch wenn dieser Dr. Herman das anders sieht. Wenn z.B. die Reichenauer Klosterbibliothek "überörtliche Bedeutung haben oder zum Kulturbereich des Landes besondere Beziehungen aufweisen" sind sie nach § 12 Abs. 2 auch als bewegliche Kulturdenkmale zwingend einzutragen.
Ins Denkmalbuch wurden wesentlich weniger bedeutende Bibliotheken in Baden-Württemberg eingetragen, etwa die evangelische Predigerbibliothek in Isny oder die Ratsbibliothek Schwäbisch Hall, zu letzterer:
http://www.landesdenkmalamt-bw.de/nachrichtenblatt-online/NB2003-4-S-362-363.pdf
In Ermangelung einer Schutznorm kann sich der Bürger vor den Gerichten gegen die kaltschnäuzige Einschätzung der BW-Bürokraten nicht wehren, die hochrangigen Kulturdenkmalen den ihnen zustehenden Schutz nach dem Denkmalschutzgesetz einfach verweigern.
Siehe dazu auch:
http://archiv.twoday.net/stories/2736892/
Nachtrag: Kritik des Präsidenten des Landesamts für Denkmalpflege am Deal:
http://archiv.twoday.net/stories/2740802/
Die Denkmalfachbehörde kann meinen was sie will (der Maulkorb für Planck ist sicher schon ausgepackt), das Regierungspräsidium sitzt am längeren Hebel und ist dem Innenministerium unterstellt.
Mehrfach betonte H., der Minister bzw. die Landesregierung werde nicht zulassen, dass Karlsruher Handschriften oder Handschriftengruppen ins Denkmalbuch eingetragen würden. Das widerspreche der "Einheit der Landesverwaltung". Nach Denkmalschutzrecht sei kein Verkaufs- oder Verbringungsverbot verfügt oder auch nur möglich. Es handle sich nur im formalen Sinn um Denkmale, eigentlich seien das Kulturgüter und für deren Schutz sei das Wissenschaftsministerium zuständig. Ein denkmalschutzrechtlicher Ansatz, das Problem zu lösen, sei ein "Holzweg".
Er mache sich noch keine Gedanken, was sein werde, wenn ein Teil der Kulturgüter in Privateigentum übergehe. Nach § 9 Denkmalschutzgesetz BW seien derzeit die fraglichen Bibliotheksbestände von den Genehmigungserfordernissen des Gesetzes ausgenommen, da sie von einer staatlichen Sammlung verwahrt würden.
Hermann verneinte, dass die Handschriften von § 8 Abs. 2 der die Zerstörung und Beseitigung der Kulturdenkmale verbietet ("Dies gilt für bewegliche Kulturdenkmale nur, wenn sie allgemein sichtbar oder zugänglich sind") erfasst würden. Die Handschriften der BLB seien nicht allgemein zugänglich.
Text des Gesetzes:
http://www.denkmalpflege-bw.de/service/denkmalschutzgesetz.php
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Es darf auf meine Ausführungen von 1994 Bezug genommen werden:
"Da in anderen Bundesländern ganze Bibliotheken auf der Liste des national wertvollen Kulturguts stehen und in Bayern sogar eine Käfersammlung eingetragen wurde, hätte Baden-Württemberg das herausragende Ensemble der Donaueschinger Hofbibliothek ohne weiteres durch eine Eintragung schützen können, doch wurden nur ganz wenige Einzelstücke auf diese Liste gesetzt. Daß nicht einmal das ursprüngliche Zubehör der eingetragenen Handschriften erfaßt wurde, geht aus einem Verkauf im Jahr 1982 hervor. Damals ließ der Fürst bei der - mit dem Land nicht abgestimmten - Versteigerung zwanzig kostbarer Handschriften seiner Sammlung durch Sotheby's auch Fragmente der Vetus latina veräußern. Diese Bruchstücke einer altlateinischen Bibel, mit der sich ein eigenes Forschungsinstitut in Beuron beschäftigt, stammten nämlich aus dem Einband einer der drei auf der Liste stehenden Handschriften [Anm. 4]. Als das zuständige Ministerium weitere zwanzig Handschriften, ein Blockbuch und eine Inkunabel eintragen lassen wollte, blockte das Staatsministerium ab: die Verhandlungen sollten nicht gestört werden. Hier läßt sich die Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Landesregierung mit Händen greifen. Ob die Abwanderung eines Kulturguts einen "wesentlichen Verlust" (Gesetzeswortlaut) für die Bundesrepublik bedeutet, bemißt sich nach objektiven Kriterien und ist von den Gerichten - leider nur auf Klage des Eigentümers - voll überprüfbar. Ein Beurteilungsspielraum steht der zuständigen Behörde nicht zu. Das zum Eintrag vorgesehene Blockbuch, eine "Kunst des Sterbens", und die Inkunabel, vermutlich der Wiener Aderlaßkalender von 1462, sind jedoch am 1. Juli ins Ausland verkauft worden (Erlös: zusammen etwa 1 Mio. DM). Um einen günstigeren Preis bei den Handschriften zu erzielen, hat die Landesregierung somit einen wesentlichen Verlust für das deutsche Kulturgut in Kauf genommen."
http://projekte.geschichte.uni-freiburg.de/mertens/graf/don.htm
Die Kriterien für die Denkmaleigenschaft stehen nicht zur Disposition der Landesregierung, auch wenn dieser Dr. Herman das anders sieht. Wenn z.B. die Reichenauer Klosterbibliothek "überörtliche Bedeutung haben oder zum Kulturbereich des Landes besondere Beziehungen aufweisen" sind sie nach § 12 Abs. 2 auch als bewegliche Kulturdenkmale zwingend einzutragen.
Ins Denkmalbuch wurden wesentlich weniger bedeutende Bibliotheken in Baden-Württemberg eingetragen, etwa die evangelische Predigerbibliothek in Isny oder die Ratsbibliothek Schwäbisch Hall, zu letzterer:
http://www.landesdenkmalamt-bw.de/nachrichtenblatt-online/NB2003-4-S-362-363.pdf
In Ermangelung einer Schutznorm kann sich der Bürger vor den Gerichten gegen die kaltschnäuzige Einschätzung der BW-Bürokraten nicht wehren, die hochrangigen Kulturdenkmalen den ihnen zustehenden Schutz nach dem Denkmalschutzgesetz einfach verweigern.
Siehe dazu auch:
http://archiv.twoday.net/stories/2736892/
Nachtrag: Kritik des Präsidenten des Landesamts für Denkmalpflege am Deal:
http://archiv.twoday.net/stories/2740802/
Die Denkmalfachbehörde kann meinen was sie will (der Maulkorb für Planck ist sicher schon ausgepackt), das Regierungspräsidium sitzt am längeren Hebel und ist dem Innenministerium unterstellt.