http://www.ka-news.de/karlsruhe/news.php4?show=hok2006105-1523B
Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen äußert sich in einer aktuellen Pressemitteilung zum geplanten Verkauf der Handschriften des Badischen Landesbibliothek. Nach derzeitigem Kenntnisstand beurteilt die Gemeinschaft die Durchsetzbarkeit etwaiger Ansprüche des Hauses Badens wegen Verjährung zumindest als fraglich.
Die Juristen argumentieren in ihrer Mitteilung, vieles spräche dafür, dass die fraglichen Herausgabeansprüche bereits verjährt seien. "Schließlich sind seit der Abschaffung der Monarchie im Jahr 1918 nahezu 90 Jahre vergangen", heißt es wörtlich in dem Schreiben. Wenn nicht ein sogenanntes Besitzmittlungsverhältnis wie Leihe oder Verwahrung bestünde, verjährten Herausgabeansprüche nach 30 Jahren. Das Haus Baden müsste ein eben solches Verhältnis nachweisen können. Unredlich sei die Berufung auf Verjährung nach Meinung der Juristen nicht, das Haus Baden hätte gegen gegenüber den Kirchen wegen der geraubten Handschriften keine Hemmungen, sich auf Verjährung zu berufen, wird in der Pressemitteilung gemutmaßt.
Ferner bezweifelt die Organisation die grundlegenden Herausgabeansprüche des Hauses Baden. Für jeden verlangten Gegenstand bedürfe es der Grundlage für die Herausgabe. Dass dieser Nachweis gelinge, bezweifeln die Juristen. Zudem sei fraglich, welche Gegenstände nach Abschaffung der Monarchie als Staatsvermögen oder als persönliches Privatvermögen des ehemaligen Herrscherhauses anzusehen sind. Auch hier sei das Haus Baden in der Beweispflicht.
Abschließend erklären die Juristen, dass dem Haus Baden mit Abschaffung der Monarchie ein großes Vermögen belassen worden sei, bei vielem könne man die Frage stellen, ob es sich nicht um Vermögen des badischen Volkes gehandelt habe. Es erscheine als "höchst unmoralisch", dass die einstige Herrscherfamilie, die bei Versteigerungen von Kulturgut in Baden-Baden bereits Erlöse von 40 Millionen Euro erzielt habe, sich noch weiter an badischem Kulturgut "bereichere".
Die Stuttgarter Zeitung ist inzwischen an Gutachten herangekommen und macht davon in ihrer Ausgabe vom 4. Oktober Gebrauch:
Allzu hoch kann das Prozessrisiko aber nach vertraulichen Unterlagen, die der StZ vorliegen, nicht sein. Im Juli 2003 hatte Seine Königliche Hoheit Prinz Bernhard von Baden einen Bonner Universitätsprofessor mit einer "kritischen Durchsicht" früherer Gutachten "zum eigentumsrechtlichen Status bestimmter badischer Sammlungen" beauftragt. Und besagter Uniprofessor kam mit Datum vom 28. Juli 2003 zu der Erkenntnis, dass in der Eigentumsfrage die "Unklarheit bestehen bleibt", weil eine "Klärung nie stattgefunden" habe. Selbst der Wert weiterer neuer Rechtsgutachten sei "ernsthaft zu bezweifeln", denn auch neue Gutachter müssten sich "mit Vorgängen befassen, die nur beschränkt zugänglich" seien.
Jenes Papier eines Mannheimer Juristen aus dem Jahr 1918, mit dem die Fürstenfamilie unter anderem ihren Eigentumsanspruch begründet, ist der vertraulichen Analyse aus Bonn zufolge ebenso wenig eindeutig. Denn schon vor fast 90 Jahren kam besagter Experte aus Mannheim zu dem Ergebnis, dass es "nicht möglich sein wird, auf rein juristischem Weg zu zeigen, wo das unbestreitbare Recht liegt". Der Bonner Berater folgert im Auftrag des Prinzen deshalb im Jahr 2003, dass sich "die Eigentumsfrage nur beantworten lässt, wenn man auf jahrhundertelange geschichtliche Entwicklungen zurückgreift, die in ihren rechtlichen Dimensionen . . . eine klare Analyse gar nicht erlauben".
(...) Heute steht die wertvolle Handschriftensammlung gemäß einem Testament von Großherzog Friedrich II. aus dem Jahr 1927 in der Obhut der Karlsruher Zähringer-Stiftung. Sie soll die Bestände ausdrücklich "öffentlich zugänglich machen". Schon dieser testamentarische Wille widerspreche einem Verkauf der unersetzlichen Bestände, erklären Kritiker. Es sei schlicht "eine Frage des Anstandes". Ein weiteres Rechtsgutachten aus dem Jahr 1967 kam im Auftrag des baden-württembergischen Finanzministeriums sogar zu dem Schluss, dass sich für die Annahme von Eigentumsrechten dieser Stiftung an den Sammlungen "kein wirklich tragfähiger Gesichtspunkt ergibt". Vor 40 Jahren erklärte der Gutachter der Landesregierung deshalb kurz und bündig: "Mit dem Thronverzicht (des Hauses Baden im Jahr 1918, d. Red) fiel dieses Vermögen an den Staat".
http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/1260959?_suchtag=2006-10-04
Ein anderer Artikel wertet ein anderes Gutachten aus:
Der umstrittene Plan der Landesregierung, wertvolle Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek zu verkaufen, um damit auf Dauer den Erhalt von Schloss Salem zu sichern, wird durch ein Gutachten des Freiburger Professors Thomas Würtenberger untermauert. In der fast 50-seitigen Expertise, die unserer Zeitung vorliegt, warnen Würtenberger und sein Mitautor Peter Wax (Albstadt) die Landesregierung eindringlich vor einem Prozess und den damit verbundenen finanziellen Risiken. "Der Versuch einer Lösung der anstehenden Probleme auf dem Rechtsweg ist nicht sinnvoll", heißt es. Bekanntlich will das Land mehrere wertvolle Handschriften verkaufen und rechnet mit einem Erlös von 70 Millionen Euro. 40 Millionen davon sollen in eine Stiftung fließen, die den Erhalt der Salemer Anlage sichert, die anderen 30 Millionen soll das Haus Baden erhalten, das wegen der Sanierung der Salemer Anlage in finanzieller Bedrängnis ist.
Aus Sicht der Gutachter führt deshalb an einem Vergleich mit dem Haus Baden kein Weg vorbei. Allein die Kosten für einen Rechtsstreit mit dem Adelshaus, um die Eigentumsverhältnisse unzähliger Kulturgüter im Gesamtwert von 300 Millionen Euro zu klären, würden mindestens drei Millionen Euro betragen. Der Grund: Die Gutachter gehen davon aus, dass mehrere Instanzen nötig wären und inklsuive der Aufklärungsarbeiten "mit einer Verfahrensdauer von acht bis zehn Jahren" zu rechnen ist.
Die Alternativen zu einem Vergleich sei der Erhalt von Schloss Salem aus Landesmitteln oder der Kauf der Schlossanlage durch das Land. "Angesichts der Haushaltslage des Landes" seien diese beiden Wege aber "mehr als zweifelhaft".
Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen äußert sich in einer aktuellen Pressemitteilung zum geplanten Verkauf der Handschriften des Badischen Landesbibliothek. Nach derzeitigem Kenntnisstand beurteilt die Gemeinschaft die Durchsetzbarkeit etwaiger Ansprüche des Hauses Badens wegen Verjährung zumindest als fraglich.
Die Juristen argumentieren in ihrer Mitteilung, vieles spräche dafür, dass die fraglichen Herausgabeansprüche bereits verjährt seien. "Schließlich sind seit der Abschaffung der Monarchie im Jahr 1918 nahezu 90 Jahre vergangen", heißt es wörtlich in dem Schreiben. Wenn nicht ein sogenanntes Besitzmittlungsverhältnis wie Leihe oder Verwahrung bestünde, verjährten Herausgabeansprüche nach 30 Jahren. Das Haus Baden müsste ein eben solches Verhältnis nachweisen können. Unredlich sei die Berufung auf Verjährung nach Meinung der Juristen nicht, das Haus Baden hätte gegen gegenüber den Kirchen wegen der geraubten Handschriften keine Hemmungen, sich auf Verjährung zu berufen, wird in der Pressemitteilung gemutmaßt.
Ferner bezweifelt die Organisation die grundlegenden Herausgabeansprüche des Hauses Baden. Für jeden verlangten Gegenstand bedürfe es der Grundlage für die Herausgabe. Dass dieser Nachweis gelinge, bezweifeln die Juristen. Zudem sei fraglich, welche Gegenstände nach Abschaffung der Monarchie als Staatsvermögen oder als persönliches Privatvermögen des ehemaligen Herrscherhauses anzusehen sind. Auch hier sei das Haus Baden in der Beweispflicht.
Abschließend erklären die Juristen, dass dem Haus Baden mit Abschaffung der Monarchie ein großes Vermögen belassen worden sei, bei vielem könne man die Frage stellen, ob es sich nicht um Vermögen des badischen Volkes gehandelt habe. Es erscheine als "höchst unmoralisch", dass die einstige Herrscherfamilie, die bei Versteigerungen von Kulturgut in Baden-Baden bereits Erlöse von 40 Millionen Euro erzielt habe, sich noch weiter an badischem Kulturgut "bereichere".
Die Stuttgarter Zeitung ist inzwischen an Gutachten herangekommen und macht davon in ihrer Ausgabe vom 4. Oktober Gebrauch:
Allzu hoch kann das Prozessrisiko aber nach vertraulichen Unterlagen, die der StZ vorliegen, nicht sein. Im Juli 2003 hatte Seine Königliche Hoheit Prinz Bernhard von Baden einen Bonner Universitätsprofessor mit einer "kritischen Durchsicht" früherer Gutachten "zum eigentumsrechtlichen Status bestimmter badischer Sammlungen" beauftragt. Und besagter Uniprofessor kam mit Datum vom 28. Juli 2003 zu der Erkenntnis, dass in der Eigentumsfrage die "Unklarheit bestehen bleibt", weil eine "Klärung nie stattgefunden" habe. Selbst der Wert weiterer neuer Rechtsgutachten sei "ernsthaft zu bezweifeln", denn auch neue Gutachter müssten sich "mit Vorgängen befassen, die nur beschränkt zugänglich" seien.
Jenes Papier eines Mannheimer Juristen aus dem Jahr 1918, mit dem die Fürstenfamilie unter anderem ihren Eigentumsanspruch begründet, ist der vertraulichen Analyse aus Bonn zufolge ebenso wenig eindeutig. Denn schon vor fast 90 Jahren kam besagter Experte aus Mannheim zu dem Ergebnis, dass es "nicht möglich sein wird, auf rein juristischem Weg zu zeigen, wo das unbestreitbare Recht liegt". Der Bonner Berater folgert im Auftrag des Prinzen deshalb im Jahr 2003, dass sich "die Eigentumsfrage nur beantworten lässt, wenn man auf jahrhundertelange geschichtliche Entwicklungen zurückgreift, die in ihren rechtlichen Dimensionen . . . eine klare Analyse gar nicht erlauben".
(...) Heute steht die wertvolle Handschriftensammlung gemäß einem Testament von Großherzog Friedrich II. aus dem Jahr 1927 in der Obhut der Karlsruher Zähringer-Stiftung. Sie soll die Bestände ausdrücklich "öffentlich zugänglich machen". Schon dieser testamentarische Wille widerspreche einem Verkauf der unersetzlichen Bestände, erklären Kritiker. Es sei schlicht "eine Frage des Anstandes". Ein weiteres Rechtsgutachten aus dem Jahr 1967 kam im Auftrag des baden-württembergischen Finanzministeriums sogar zu dem Schluss, dass sich für die Annahme von Eigentumsrechten dieser Stiftung an den Sammlungen "kein wirklich tragfähiger Gesichtspunkt ergibt". Vor 40 Jahren erklärte der Gutachter der Landesregierung deshalb kurz und bündig: "Mit dem Thronverzicht (des Hauses Baden im Jahr 1918, d. Red) fiel dieses Vermögen an den Staat".
http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/1260959?_suchtag=2006-10-04
Ein anderer Artikel wertet ein anderes Gutachten aus:
Der umstrittene Plan der Landesregierung, wertvolle Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek zu verkaufen, um damit auf Dauer den Erhalt von Schloss Salem zu sichern, wird durch ein Gutachten des Freiburger Professors Thomas Würtenberger untermauert. In der fast 50-seitigen Expertise, die unserer Zeitung vorliegt, warnen Würtenberger und sein Mitautor Peter Wax (Albstadt) die Landesregierung eindringlich vor einem Prozess und den damit verbundenen finanziellen Risiken. "Der Versuch einer Lösung der anstehenden Probleme auf dem Rechtsweg ist nicht sinnvoll", heißt es. Bekanntlich will das Land mehrere wertvolle Handschriften verkaufen und rechnet mit einem Erlös von 70 Millionen Euro. 40 Millionen davon sollen in eine Stiftung fließen, die den Erhalt der Salemer Anlage sichert, die anderen 30 Millionen soll das Haus Baden erhalten, das wegen der Sanierung der Salemer Anlage in finanzieller Bedrängnis ist.
Aus Sicht der Gutachter führt deshalb an einem Vergleich mit dem Haus Baden kein Weg vorbei. Allein die Kosten für einen Rechtsstreit mit dem Adelshaus, um die Eigentumsverhältnisse unzähliger Kulturgüter im Gesamtwert von 300 Millionen Euro zu klären, würden mindestens drei Millionen Euro betragen. Der Grund: Die Gutachter gehen davon aus, dass mehrere Instanzen nötig wären und inklsuive der Aufklärungsarbeiten "mit einer Verfahrensdauer von acht bis zehn Jahren" zu rechnen ist.
Die Alternativen zu einem Vergleich sei der Erhalt von Schloss Salem aus Landesmitteln oder der Kauf der Schlossanlage durch das Land. "Angesichts der Haushaltslage des Landes" seien diese beiden Wege aber "mehr als zweifelhaft".