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Die Direktoren der baden-württembergischen Landes- und
Universitätsbibliotheken protestieren gegen den geplanten Verkauf der Karlsruher Handschriftensammlung

Die Direktoren der baden-württembergischen Universitäts- und Landesbibliotheken
treten den Plänen der Landesregierung, bedeutende Teile der
Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe für 70 Millionen
Euro zu Gunsten des Hauses Baden zu veräußern, mit Unverständnis und
Ablehnung entgegen.
Die einzigartige wissenschaftliche und kulturelle Bedeutung der
Handschriftensammlung steht außer Frage und ist in der öffentlichen Diskussion der
vergangenen Tage mehrfach dargestellt worden. Die rechtliche Fragwürdigkeit des
markgräflichen Anspruchs, den die Landesregierung im Grundsatz anzuerkennen
scheint, hat Professor Reinhard Mußgnug in der FAZ vom 29.09. dargelegt.
Die Bibliotheksdirektoren beunruhigt jedoch vor allem die grundsätzliche politische
Dimension dieses Verkaufsprojektes. Deutschland hat, wenn wir an die Inflation von
1923, die Weltwirtschaftskrise 1929/1930 oder die Zerstörung des Landes im 2.
Weltkrieg denken, in den vergangenen hundert Jahren Zeiten größter wirtschaftlicher
und materieller Not durchlebt. Es ist nicht bekannt, dass die Regierungen in diesen
Krisen die Veräußerung des kulturellen Erbes geplant, betrieben oder durchgeführt
hätten. Heute gibt es im Norden und Osten Deutschlands Bundesländer, deren
Haushaltslage seit Jahren prekär ist. Es ist nicht bekannt, dass die ärmeren
Bundesländer begonnen hätten, die Schätze ihrer Museen oder Bibliotheken zu
liquidieren.
Die Regierung des immer noch wohlhabenden Landes Baden-Württemberg steht
nun vor einem Schritt, der bisher nicht denkbar war. Wir sehen in den Plänen der
Landesregierung das Menetekel an der Wand. Ist das Tabu erst einmal gebrochen,
sind für Kultureinrichtungen Modelle vorstellbar, nach denen sich Museen oder
Bibliotheken durch den Verkauf wertvoller Bestände an ihren Betriebskosten
beteiligen. Ist es etwa ein Zufall, dass es in der aktuellen Denkschrift des
Rechnungshofes Baden-Württemberg bezüglich der Staatsgalerie Stuttgart heißt:
„Ein maßvoller Abbau der Sammlungsbestände ( z.B. ... Objekte außerhalb der
Sammlungsschwerpunkte) könnte räumliche und personelle Ressourcen freisetzen,
außerdem auch (bescheidene) Veräußerungserlöse erbringen.“
Aus Sicht der Bibliotheksdirektoren muss die Devise lauten: Obsta principiis: Wehre
den Anfängen, damit wir nicht morgen, aber vielleicht in einigen Jahren den
Ausverkauf unserer kulturellen Güter auf breiter Front erleben müssen, die bislang
durch große Investitionen von Bund und Ländern gefördert und gepflegt wurden –
denn unbestritten bilden sie einen genuinen Teil unserer kulturellen Identität.
Wir hoffen und erwarten, dass die Regierung Oettinger, die die Interessen der
Öffentlichkeit und der Wissenschaft zu wahren hat, mit den Ansprüchen des Hauses
Baden in politisch kreativerer Form umgeht, als dies bisher der Fall war. So wäre
neben einer juristischen Klärung vor Gericht - wenn denn die Landesregierung einen
solchen Schritt scheut – die Inanspruchnahme der Landesstiftung Baden-
Württemberg vorstellbar. Die Landesstiftung ist aus dem Verkauf von
Landesbeteiligungen hervorgegangen und bei einer milliardenschweren Ausstattung
die zweitgrößte Stiftung privaten Rechts in Deutschland. Ihr Ziel ist es, durch die
Förderung von Wissenschaft und Forschung, Bildung und Kultur die
Zukunftsfähigkeit des Landes Baden-Württemberg zu sichern. Hierfür stehen pro
Jahr 50 Millionen Euro zur Verfügung.
Christian Benz (UB Mannheim), Dr. Peter Michael Ehrle (BLB Karlsruhe), Petra
Hätscher (UB Konstanz), Karl-Wilhelm Horstmann (UB Hohenheim), Dr. Hannsjörg
Kowark (WLB Stuttgart), Dr. Veit Probst (UB Heidelberg), Prof. Dr. Ulrich Schapka
(UB Tübingen), Christoph-Hubert Schütte (UB Karlsruhe), Bärbel Schubel (UB
Freiburg), Werner Stephan (UB Stuttgart)

Quelle:
http://www.blb-karlsruhe.de/blb/images/2006/presse-direktoren-bw.pdf
 

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