F.A.Z., 01.12.2006, Nr. 280 / Seite 37 (Glosse Feuilleton)
30.11.2006, via FAZ.Net
An die Arbeit!
30. November 2006
Vor zwei Tagen nahm das Wunder von Baden Gestalt an: Ein Expertengremium traf sich in Stuttgart zu seiner ersten Arbeitssitzung über ein Thema, in das alle Teilnehmer bestimmt schon bestens eingearbeitet sind. Das Treffen wurde mit dem Schleier eines Staatsgeheimnisses umhüllt; tatsächlich geht es um Aufklärung im Fall der Besitzverhältnisse an Kulturgütern, die zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem markgräflichen Haus Baden umstritten sind. Und darum soll es auch so lange gehen, bis unumstößliche Ergebnisse gefunden sind - wenn man das Wissenschaftsministerium richtig versteht, dem außerdem die Namen der beteiligten Experten ungefähr so schwierig wie einem Geheimbund zu entwinden waren: Neben Peter Michael Ehrle, dem Direktor der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe, steht der Historiker Dieter Mertens, dem das Land schon die Einsparung von geschätzten zehn Millionen Euro verdankt, weil er wertvolle Gemälde durch den Akt schierer Akteneinsicht als dem Land bereits gehörig identifizierte. Hinzu kommen der Historiker Volker Rödel, Direktor des Generallandesarchivs in Karlsruhe, wo gewiß Erkenntnisquellen sprudeln, und Ernst Gottfried Mahrenholz, ehemaliger Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts. Außerdem steht - von juristischer Seite - mindestens noch Dietmar Willoweit zu erwarten, der Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften; der prominente Rechtshistoriker Willoweit ist ein Verfechter jener Ansicht im sogenannten "Kulturgüterstreit", die schon Siegfried Reicke in seinem Gutachten von 1967 vertrat und die zuletzt sein Nachfolger Reinhard Mußgnug in dieser Zeitung formuliert hat. Willoweits Sicht der Lage macht die Sorge gegenstandslos, bei einem etwaigen Rechtsstreit werde das Risiko beim Land liegen. Die genannten Namen nähren keine Hoffnung auf die freundliche Erwägung möglicher Szenarien, wie sie Oettinger in den Sparhaushalt-Kram gepaßt haben mögen. Es mag Oettinger daher nicht leichtgefallen sein, seinem Finanzminister, in dessen Ressort das zu rettende Salem fällt, die Causa abzunehmen, um sie der Federführung des Wissenschaftsministeriums zu unterstellen. Es gibt wahrlich viel zu tun, und anfangen ließe sich bei der 1954 gegründeten "Zähringer-Stiftung" des letzten badischen Großherzogs; denn mancher spricht der Stiftung ihre Rechtskraft ab, ohne sich indessen selbst in Frage zu stellen: So tat das gestern Harald Siebenmorgen, der Direktor des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe. Bloß, Siebenmorgen selbst sitzt im Stiftungsrat ebender "Zähringer-Stiftung", als Vertreter der baden-württembergischen Museen und wird dort ja eine Funktion erfüllen. Die Experten sind pünktlich in Stuttgart eingetroffen; denn Kulturgut ist kein Spielzeug. rmg
30.11.2006, via FAZ.Net
An die Arbeit!
30. November 2006
Vor zwei Tagen nahm das Wunder von Baden Gestalt an: Ein Expertengremium traf sich in Stuttgart zu seiner ersten Arbeitssitzung über ein Thema, in das alle Teilnehmer bestimmt schon bestens eingearbeitet sind. Das Treffen wurde mit dem Schleier eines Staatsgeheimnisses umhüllt; tatsächlich geht es um Aufklärung im Fall der Besitzverhältnisse an Kulturgütern, die zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem markgräflichen Haus Baden umstritten sind. Und darum soll es auch so lange gehen, bis unumstößliche Ergebnisse gefunden sind - wenn man das Wissenschaftsministerium richtig versteht, dem außerdem die Namen der beteiligten Experten ungefähr so schwierig wie einem Geheimbund zu entwinden waren: Neben Peter Michael Ehrle, dem Direktor der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe, steht der Historiker Dieter Mertens, dem das Land schon die Einsparung von geschätzten zehn Millionen Euro verdankt, weil er wertvolle Gemälde durch den Akt schierer Akteneinsicht als dem Land bereits gehörig identifizierte. Hinzu kommen der Historiker Volker Rödel, Direktor des Generallandesarchivs in Karlsruhe, wo gewiß Erkenntnisquellen sprudeln, und Ernst Gottfried Mahrenholz, ehemaliger Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts. Außerdem steht - von juristischer Seite - mindestens noch Dietmar Willoweit zu erwarten, der Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften; der prominente Rechtshistoriker Willoweit ist ein Verfechter jener Ansicht im sogenannten "Kulturgüterstreit", die schon Siegfried Reicke in seinem Gutachten von 1967 vertrat und die zuletzt sein Nachfolger Reinhard Mußgnug in dieser Zeitung formuliert hat. Willoweits Sicht der Lage macht die Sorge gegenstandslos, bei einem etwaigen Rechtsstreit werde das Risiko beim Land liegen. Die genannten Namen nähren keine Hoffnung auf die freundliche Erwägung möglicher Szenarien, wie sie Oettinger in den Sparhaushalt-Kram gepaßt haben mögen. Es mag Oettinger daher nicht leichtgefallen sein, seinem Finanzminister, in dessen Ressort das zu rettende Salem fällt, die Causa abzunehmen, um sie der Federführung des Wissenschaftsministeriums zu unterstellen. Es gibt wahrlich viel zu tun, und anfangen ließe sich bei der 1954 gegründeten "Zähringer-Stiftung" des letzten badischen Großherzogs; denn mancher spricht der Stiftung ihre Rechtskraft ab, ohne sich indessen selbst in Frage zu stellen: So tat das gestern Harald Siebenmorgen, der Direktor des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe. Bloß, Siebenmorgen selbst sitzt im Stiftungsrat ebender "Zähringer-Stiftung", als Vertreter der baden-württembergischen Museen und wird dort ja eine Funktion erfüllen. Die Experten sind pünktlich in Stuttgart eingetroffen; denn Kulturgut ist kein Spielzeug. rmg
BCK - am Donnerstag, 30. November 2006, 21:19 - Rubrik: Kulturgut