Eichstätt (EK) Der Verdacht, dass an der Eichstätter Unibibliothek massenhaft Bücher im Altpapier gelandet sind, beschäftigt nun auch die Staatsanwaltschaft Ingolstadt. Wie der stellvertretende Leiter der Behörde, Wolfram Herrle, bestätigte, wurde Strafanzeige wegen Untreue gestellt.
Die Anzeige stammt von der Erlanger Rechtsanwältin Dr. Ulrike Männlein und richtet sich gegen Mitarbeiter der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, "insbesondere gegen die leitende Bibliotheksdirektorin" Dr. Angelika Reich, (Aktenzeichen 20 JS 3138/07).
Schon im Vorfeld allerdings war die Ingolstädter Behörde selbst tätig geworden und hatte, nachdem der EICHSTÄTTER KURIER darüber berichtet hatte, einen Akt zu der Angelegenheit angelegt. Das sei immer dann der Fall, wenn der Verdacht einer Straftat bestehe, so Herrle.
Den jedenfalls sieht Ulrike Männlein gegeben. Sie führt an, dass, wie berichtet, die Uni-bibliothek die Schallplattensammlung des Musikprofessors Heinrich Sievers für 1100 Euro an ein Antiquariat in Leipzig verkauft habe. Der Wert der Sammlung allerdings habe, wie aus einer bei der Übergabe von der Universität ausgestellten Spendenquittung ersichtlich sei, 30 000 Mark betragen. Zwar habe die Universitätsbibliothek das Recht über fremdes Vermögen, nämlich das Vermögen der Allgemeinheit, zu verfügen.
Das bedeute aber nicht, "dass sie eine Sammlung, die einen Wert von 30 000 Mark hat, für 1100 Euro verscherbeln darf", zumal diese Schenkung für wissenschaftliche Zwecke erfolgt sei und bei einem Verkauf an ein Antiquariat wohl der wissenschaftlich Zweck nicht mehr vorhanden sein.
Hinzu komme, so Männlein , ein "steuerlich relevantes Delikt", da die Schenkerin die Spendenquittung in ihrer Steuererklärung steuermindernd verwendet haben dürfte. Männlein weiter: "Wenn die Zeit der Schallplatte vorbei war, dann war sie das bereits im Jahr 2000, wobei diese Argumentation wirklich jeglicher Intelligenz entbehrt. Dann hat aber die Universitätsbibliothek schon damals eine falsche Spendenbescheinigung ausgestellt und somit Steuerverkürzung betrieben oder Beihilfe dazu geleistet."
Auch im Umgang mit Büchern aus der Bibliothek der bayerischen Kapuziner sieht Männlein den Tatbestand der Untreue gegeben. Denn: "Der Inhalt von Bibliotheken ist Allgemeingut", schreibt sie, und die Bücher der Kapuziner sollten der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. "Eine Bibliotheksdirektorin kann das nicht wie ihr Eigentum behandeln", so Männlein.
Es sei schließlich Aufgabe der Leitung der Universitätsbibliothek, dieses Vermögen zu betreuen und zu erhalten. Es dürfe nicht einfach unbesehen weggeworfen werden. Männlein abschließend: "Im unbesehenen Wegwerfen von 30 000 Bänden aus Kapuzinermönchsbibliotheken meine ich auch einen Treuebruchstatbestand zu sehen."
Die Anzeige wurde, wie Ulrike Männlein gestern ergänzte, nun auch gegen den Kanzler der Universität und Dienstvorgesetzten Reichs, Gottfried Freiherr von der Heydte, und den Provinzial der bayerischen Kapuziner, Pater Josef Mittermaier, ausgedehnt.
Mittermaier hatte laut einem Zeitungsbericht in einem internen Rundschreiben erklärt, das Vorgehen der Bibliotheksleitung sei "von unserer Seite mitgetragen" worden.
(Eichstätter Kurier, 23.02.2007 22:00)
Zu den derzeit eingeleiteten Untersuchungen gegen die leitende Bibliotheksdirektorin, die wegen des Verdachts, Bücher massenhaft vernichtet zu haben, von der Betreuung der Kapuzinerbibliothek entbunden wurde, erklärte Bischof Hanke, der auch Großkanzler der einzigen katholischen Universität im deutschen Sprachraum ist, es müssten jetzt Bestandsaufnahmen und Analysen gemacht und die Ergebnisse der Untersuchung abgewartet werden. (nach: Katholische Uni "braucht ein schärferes Profil" / Hermann Redl, Eichstätter Kurier 23.02.2007)
Update 24.2.2007: Auch die Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt berichtet in ihrer morgigen Ausgabe (Nr. 8 vom 25. Februar 2007) als "Meldung der Woche" über die "Büchervernichtung an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt". (Text liegt uns noch nicht vor.)
Zum Leserbrief "Viel Lärm um Wenig: Eine ostdeutsche Stimme zum Schallplattenstreit" (EK vom 11. Januar 2007):
Mit Befremden lese ich von einem Verkauf der Schallplattensammlung oder des weitaus überwiegenden Teiles derselben aus dem Nachlass des Musikwissenschaftlers Professor Heinrich Sievers, einer Schenkung von dessen Tochter Carola Schneider, durch die Universitätsbibliothek Eichstätt an das Zentralantiquariat Leipzig. Die Schenkung von 3000 historischen Tonträgern war erfolgt, nachdem die Universitätsbibliothek bereits über eine Sammlung von etwa 4500 Schallplatten verfügte, die in etwa 30 Einzelexemplaren sogar bis in die Entstehungszeit der Schallplatte um 1890 zurückreicht. Dass eine solche Sammlung weiter ergänzt werden muss, ist eine Selbstverständlichkeit. Dazu bildete die Schenkung der Sammlung Sievers einen wichtigen Beitrag.
Der Äußerung des Herrn Arnold, dass diese Sammlung "in ihrer Qualität auch nicht mehr in das Profil der Bibliothek passte", ist energisch zu widersprechen.
Wer entscheidet denn über die Qualität? Aufnahmen aus dem zurückliegenden halben Jahrhundert, ganz gleich wie man zu ihnen im einzelnen steht, sind zu bewahrende Dokumente, die gerade für eine Universität, an der die Musikwissenschaft und die Musikpädagogik vertreten sind, von Bedeutung sind, etwa zu Interpretationsvergleichen, zur Untersuchung des Wandels der Aufführungspraxis oder zur Erstellung von Künstlerporträts . Die vom Kanzler der Katholischen Universitätsbibliothek vertretene Meinung (EK vom 10. Januar 2007), die Sammlung habe "sowohl für die Lehre und Forschung als auch für die Bibliothek schlichtweg keine Bedeutung ", ist deshalb nicht nachvollziehbar und zeugt von wenig Sachkenntnis. Nicht selten werden bestimmte Aufnahmen, die nirgends mehr zu finden sind, händeringend für Forschungs- oder Dokumentationszwecke gesucht.
Gerade weil im Zeitalter von CD und DVD die Ära der Schallplatte vorüber ist, ist die Schallplatte zunehmend ein wichtiges Sammelobjekt für eine Bibliothek mit einem Bestand an Tonträgern geworden. Was Dubletten betrifft, so sind erworbene Schallplatten oft schon mehr oder weniger abgespielt beziehungsweise durch unsachgemäße Benützung gefährdet. Zweitexemplare besitzen deshalb durchaus ihre Berechtigung.
Es ist kein Gegenargument, dass Musikfreunde sich heute gute, auch historische Aufnahmen, zu billigen Preisen besorgen können. Es handelt sich bei diesen nur um eine begrenzten Teil des vorhandenen Repertoires, der von den Gesetzen des Marktes bestimmt wird. Die Schallplatte für den Hörgenuss des interessierten Musikfreunds oder als Objekt einer wissenschaftlichen Forschung – für beide gelten ganz verschiedene Zielvorstellungen .
Wenn der seitens der Bibliotheksdirektorin geäußerte Grundsatz "Geschenkt ist geschenkt, und mit Geschenken kann eine Bibliothek machen, was sie will" Gültigkeit bekommt, wird sich mancher potenzielle Schenker reiflich überlegen, einer Bibliothek geschenkweise etwas zu übereignen.
Dr. Dr. h. c. Robert MünsterBibliotheksdirektor a. D., München, ehemaliger Leiter der Musikabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek
(Eichstätter Kurier, 22.01.2007 18:42 Uhr)
vgl. auch den Leserbrief von Dr. Ernst Robert Hauschka, Ltd. Bibliotheksdirektor a.D. Regensburg, EK vom 18.1.2007, http://archiv.twoday.net/stories/3143469/#3213206
"Wegwerfmentalität ist zum Heulen : Zur Büchervernichtung an der Universitätsbibliothek:" (EK, 27.02.2007)
Es ist widerwärtig. Was hätte mit diesen Büchern noch Gutes gemacht werden können. Seit Jahren übernehme ich zum Beispiel ehrenamtlich im Erzbistum Berlin alte Bestände oder Doubletten von Ordensgemeinschaften, Einzelpersonen, Archiven et cetera.
Es gibt immer wieder kirchliche Straßenfeste, größere Gemeindefeiern oder auch Termine zum Beispiel bei den evangelischen Theologen an der Humboldt-Uni, wo solche Bestände gegen Spenden abgegeben werden können. Jeder so viel, wie er mag oder kann. Das Geld wandert dann an das Berliner Dominikanerkloster, zum Beispiel für die Obdachlosenküche. Das einzige Problem ist oft das Zwischenlagern. Aber auch hier sortiere ich nicht einmal vor. Bei diesen Gelegenheiten habe ich als Theologe zahllose gute Einzelgespräche über christliche Literatur und Spiritualität führen können.
Es wäre den Dilettanten der Unibibliothek ein Einfaches gewesen, an Tagen der Offenen Tür und bei Terminen für Antiquariate tausende, wenn auch nicht alle von diesen Büchern für durchaus nennenswerte Summen loszuwerden. Und wenn man sie als Kiloware abgibt. Irgendjemand hat immer was davon. Problemlos hätte man mit einem großen Antiquariat einen Pauschaldeal machen können. Aber vielleicht hat man an dieser Uni noch zu viel Geld?
Es ist zum Heulen. Welch Geistes Kind steckt hinter so einer Wegwerfmentalität? Jedenfalls nicht der Geist von Menschen, die sich Bücher als Berufsfeld gewählt haben.
Olaf Lezinsky, BerlinHoffen auf „Holzbauer-Kurs“ (EK, 24./25.2.2007, S. 31)
Zu den Vorgängen der Universitätsbibliothek:
Die Berichte über die „Entsorgung“ wertvoller Bücher an der Katholischen Universität Eichstätt machen mir zweifache Sorge und tun zusätzlich weh.
Sie machen mir Sorge, weil ich die Eichstätter Universitätsbibliothek bislang als eine mustergültige Herberge für wertvolles, wichtiges und notwendiges Schriftgut kennen und schätzen gelernt habe und mir diese Qualität nach den gemeldeten Vorkommnissen nicht mehr ganz garantiert scheint.
Sie bereiten mir Kopfzerbrechen, weil ich mich fragen muss, ob ich etwaige Zueignungen von Büchern auch weiterhin guten Gewissens empfehlen beziehungsweise auch selber ins Auge fassen kann. Bei Dr. Hermann Holzbauer hatte ich nicht nur das sichere Gefühl, dass er sich über jedes der Universitätsbibliothek gestiftete Buch aufrichtig freut, sondern war ich mir auch gewiss, dass es bei ihm in bester Obhut ist.
Wie ich überhaupt aus langjähriger Erfahrung nachdrücklich bestätigen kann, was eine überregionale Zeitung vor Jahren über ihn schrieb: „Hermann Holzbauer, ein wahrer Glücksfall für die Katholische Universität Eichstätt und ihre Bibliothek. Nicht nur, dass er als Direktor ganz für seine Bibliothek lebt, sich weder auf Bürostunden noch Dienstzeiten beschränkt, sondern auch noch spät nach Arbeitsschluss anzutreffen ist; noch mehr, dass er mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln ein Optimum an Neu-Erwerbungen erzielt und zwar nicht allein in der Auswahl wichtiger Erstausgaben, sondern auch durch preiswerte Übernahme bibliophiler Nachlässe und schnäppchenhafte Gelegenheitskäufe in Antiquariaten. Da ist sich der promovierte Bibliothekschef nicht zu gut, selber in den Läden zu stöbern und beim Abtransport höchstpersönlich Hand anzulegen“.
Mit Blick auf die Übernahme der 420 000 Bände der Zentralbibliothek der Bayerischen Kapuziner in Altötting um die Jahrhundertwende (1999/2000) nimmt sich diese Darstellung wie eine „Live-Reportage“ der Tätigkeit Hermann Holzbauers aus.
Dass von diesem „Jahrhundert-Erwerb“ dann nur noch die Hälfte in Eichstätt und der andere Teil „entsorgt“ beziehungsweise verramscht sein soll, tut weh – und muss den ehemaligen Bibliotheksdirektor besonders schmerzen. Man möchte hoffen und der Katholischen Universität Eichstätt wünschen, dass ihre Bibliothek bald wieder auf „Holzbauer-Kurs“ geht.
Dr. Alfred Schickel, Dunsdorf"Bei Uni-Berichterstattung bitte mehr Fairness" (EK, 24./25.2.2007, S. 31)
Zur Aufarbeitung der Kapuzinerbibliothek durch die Universitätsbibliothek möchte ich gerne folgende Anmerkungen erwähnt sehen:
„Skandal: UB Eichstätt verhökert Kapuzinerbücher“ schreibt der inzwischen öfter erwähnte streitbare Archivar Klaus Graf – am 1. 10. 2002 (!), nachzulesen im Internet unter
http://www.ub.uni-dortmund.de/Listenarchive/INETBIB/200210/20021001.html ,
während sich der EK bei der Kritik an der Universitätsbibliothek allein gegen Bibliotheksleiterin Dr. Angelika Reich wendet, was auch in Formulierungen zum Ausdruck kommt wie etwa der, dass sie jetzt „die Hände von der Kapuzinerbibliothek lassen muss“ (EK 16. Februar 2007).
Ein ganz anderer Ton als gegenüber ihrem Vorgänger, den der EK wohlwollend zu Wort kommen lässt und von dem er (17./18. Februar) schreibt: „Der ehemalige Leiter der Universitätsbibliothek, Dr. Hermann Holzbauer, der die Kapuzinersammlung schon vor dem Transport nach Eichstätt in Altötting ,handverlesen' aussortiert hat, und durch dessen Hände so gut wie jeder der mehr als 300 000 Bände gegangen ist (...)“. Was mich doch rechnen lässt: Für die Prüfung pro Buch 30 Sekunden angenommen, macht das, einen 8-Stunden Arbeitstag bei ununterbrochener Sichtung angesetzt, knappe 1000 Bände pro Tag, das sind also für 300 000 handverlesene Bücher...?!
In einer gestrigen dpa-Meldung, unter anderem auch in „Spiegel-online“ wiedergegeben, steht nun zu meiner Überraschung: „Josef Mittermaier, Provinzial der bayerischen Kapuziner, betonte dagegen in einem internen Rundschreiben, dass das Vorgehen der Bibliotheksleitung 'von unserer Seite mitgetragen' wurde. Die Äußerung Holzbauers, dass es sich bei den vernichteten Büchern großteils um völlig unbeschädigte Werke des 17. und 18. Jahrhunderts handelte, sei ,rational nicht nachvollziehbar'. Diese Einschätzung sei wohl im ,Tumult der schon länger andauernden Privatfehde' Holzbauers mit Reich erfolgt.“
Einen anderen Gedanken, den ich leider auch nicht im EICHSTÄTTER KURIER lesen konnte, bringt die katholische „Tagespost“ am 20. Februar ins Spiel, die in ihrem Artikel über die Eichstätter Vorkommnisse folgendes zu bedenken gibt: „Beobachtern zufolge sind die Vorgänge der Katholischen Universität auch vor dem Hintergrund der langen Sedisvakanz in Eichstätt zu sehen: Nach dem Wechsel von Bischof Walter Mixa nach Augsburg hatte es ein gutes Jahr gedauert, ehe Abt Gregor Maria Hanke OSB im Dezember 2006 zum Bischof geweiht wurde. Während der Sedisvakanz wurden an der Katholischen Universität Eichstätt Entscheidungen getroffen, die durchaus nicht den Gepflogenheiten des Hochschulbetriebs entsprechen, etwa die Ernennung des Kanzlers zum Kanzler auf Lebenszeit.“
Da ja für gewöhnlich immer nur das passiert, was in der Zeitung zu lesen steht, wünsche ich mir als Leser des EK weiterhin eine ausführliche Berichterstattung über „unsere“ Universität, aber: bitte mit mehr Fairness!
Christof Cebulla, EichstättHermann Holzbauer legte gestern unabhängig von diesem Leserbrief gegenüber dem EICHSTÄTTER KURIER Wert auf die Feststellung, dass er das hier genannte bundesweit verbreitete Zitat nie gesagt habe.
Die Redaktion"Schlechter Verwalter" (EK, 22.02.2007)
Zu „Stiftung geht gegen Bibliothekschefin vor" (EK vom 16. Februar):
Es schmerzt bibliophile Seelen und sicher auch die ehemaligen Besitzer der Kapuziner-Bibliotheken, wie kulturbarbarisch mit alten Büchern umgegangen wird.
Wenn auch gegen die Leiterin der Unibibliothek lediglich Verdachtgründe für die Vernichtung eines Teils der Kapuziner-Buchbestände vorliegen, stimmt mich ihr Kommentar zur „Schallplattenaffäre“ nicht zuversichtlich: „Geschenkt ist geschenkt, und mit Geschenken kann die Bibliothek machen, was sie will.“
Als Besitzer einiger alter wertvoller Bücher kann ich da nur resümieren: „Von mir würdet ihr nichts kriegen“.
Vertrauensbrüche gegen Mäzene der Unibibliothek sind wirksame Wege, auch potenzielle Mäzene abzuschrecken. Sollte die Büchervernichtung tatsächlich stattgefunden haben, ist es gerade für eine kirchliche Einrichtung angebracht, an den schlechten Verwalter im Evangelium zu erinnern. Dieser wurde ja zur Rechenschaft herangezogen, weil er mit dem ihm anvertrauten Gut seines Herrn unverantwortlich umgegangen ist.
Wenn einem unqualifizierten Bibliothekar nichts besseres einfällt, als ihm anvertraute, wertvolle Bücher zu vernichten, hat er seine Eignung verspielt. Etwaige Ausreden, dass vom gleichen Exemplar mehrere Ausgaben vorhanden sind, sprechen für sich. In solchen Fällen wäre es selbstverständlich, mit den ehemaligen Besitzern eine Lösung zu suchen, die einen Vertrauensvorschuss erbracht haben.
Desweitern gibt es Möglichkeiten, Versteigerungs- und Flohmarktsverkäufe, Abgaben an Interessierte und Antiquariate zu machen.
Mögen die Vernichtungsaktionen gegen die Kapuzinerbücher doch nicht wahr sein; ansonsten wären die dafür Verantwortlichen angemessen zu behandeln. Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei groß angelegten Büchervernichtungen nur ein Verantwortlicher in Aktion getreten ist.
Günter Erret, Obereichstätt"Kulturschande für Bayern" (DK, 20.02.2007)
Zur Büchervernichtung an der Uni Eichstätt:
Dies empfinde ich als eine Kulturschande höchsten Ausmaßes - vergleichbar mit den Geschehnissen während der Säkularisation 1803. Ich muss im Buchhandel für jedes antiquarische Buch aus diesem Jahrhundert 30 bis 60 Euro bezahlen und in Eichstätt werden 80 Tonnen Bücher als Altpapier vernichtet! Ich frage mich, ob es keine strafrechtlichen Konsequenzen für die Vernichtung fremden Eigentums (Bayerischer Staat) gibt? Oder sind hier vielleicht absichtlich Bücher vernichtet worden, weil sie nicht in eine "katholische" Universität passten? Man darf gespannt sein auf die Ergebnisse der "genauen Untersuchung" des nach meiner Ansicht mitverantwortlichen Kanzlers von der Heydte.
Klaus Lewandowski, MauchingGegen die Verantwortlichen der Universitätsbibliothek Eichstätt,
namentlich die Direktorin, und die Leitung der Katholischen Hochschule
Eichstätt erstatte ich Strafanzeige aufgrund der rechtswidrigen
Vernichtung von Büchern aus historischen Kapuzinerbibliotheken. Ich
beziehe mich dabei auf die Presseberichte und eigene Feststellungen,
die unter
http://archiv.twoday.net/stories/3331906/
http://archiv.twoday.net/stories/3143469/
nachgewiesen sind.
In Betracht kommen vorrangig:
§ 266 StGB (Untreue)
§ 304 StGB (gemeinschädliche Sachbeschädigung)
Da davon auszugehen ist, dass in erheblichem Umfang Bücher aus der
Zeit vor 1802 vernichtet wurden, die, soweit sie aus
"Aussterbeklöstern" des Kapuzinerordens in Bayern stammen, nach der
getroffenen Vereinbarung Eigentum des Freistaats Bayern sind, zu deren
Vernichtung die Bibliotheksleitung nicht befugt war, liegt der
Tatbestand der Untreue vor. Soweit eine Genehmigung seitens des
Freistaats Bayern nicht vorlag, waren auch Veräußerungen solcher Bände
an Antiquariate, die nachweislich erfolgt sind, rechtswidrig.
"§ 304 StGB schützt das Gemeininteresse an der allgemeinen
Benutzbarkeit der dort genannten Sachen und will die Vernichtung oder
die Brauchbarkeitsminderung von Kulturgütern verhindern" (Strauch, Das
Archivalieneigentum, 1998, S. 323).
Bereits bei der Übernahme der in Altötting zentralisierten
Kapuzinerbibliotheken durch den damaligen Eichstätter
Bibliotheksleiter Dr. Holzbauer wurden unbrauchbare Bände
ausgesondert. Die fachlich höchst problematische Veräußerung von
(sogenannten) Dubletten wurde der Universitätsbibliothek Eichstätt vom
Kapuzinerorden zugestanden, nicht aber die ungeprüfte Vernichtung
riesiger Buchbestände.
Soweit Bücher vor 1802 aus Aussterbebibliotheken betroffen waren, die
der Staatlichen Bibliothek Eichstätt gehörten, leuchtet es unmittelbar
ein, dass eine Vernichtung jedenfalls nicht vor einer sorgfältigen
Abstimmung mit der Bayerischen Staatsbibliothek, die die Fachaufsicht
über die Staatliche Bibliothek wahrzunehmen hat, zulässig war.
Die grundsätzliche Widmung der Bücher zur öffentlichen Sache bzw.
wissenschaftlichen Sammlung erfolgt aufgrund ihres wissenschaftlichen
Wertes als Zeugnisse für die Geschichte des geistigen Lebens der
frühneuzeitlichen bayerischen Kapuzinerkonvente und für die allgemeine
Geistesgeschichte. Auf die Vornahme oder Nichtvornahme der Widmung
durch die Bibliothekare kommt es nicht an, wenn zur Rede steht, dass
die Widmung pflichtwidrig unterlassen wurde. Bereits die bloße
Aufbewahrung (als Vorstufe durch Widmung) genügt, um in der
Vernichtung der Bücher die rechtswidrige Vernichtung von Gegenständen
der Wissenschaft, die in einer öffentlichen Sammlung aufbewahrt werden
(siehe Benutzungsordnung der Universitätsbibliothek Eichstätt) zu
sehen (§ 304 StGB).
In der Vernichtung der wertvollen Bücher in großem Umfang liegt eine
grobe Pflichtwidrigkeit, was sich auch für das innerkirchliche
Dienstverhältnis der Mitarbeiter der Katholischen Hochschule Eichstätt
begründen lässt. Hinsichtlich staatlichen Eigentums besteht eine
Bindung an die Landesverfassung, die den Denkmälern den Schutz des
Staates zusichert, und an die Grundsätze ordnungsgemäßen
Verwaltungshandelns, die in grober Weise verletzt wurden.
Es kommt auch nicht auf die Eintragung der Kapuzinerbibliotheken in
das Denkmalbuch an, um eine Strafbarkeit nach § 304 StGB wegen
Vernichtung eines öffentlichen Denkmals anzunehmen. Es reicht aus,
wenn nach objektiven Kriterien die Definition von Art. 1
BayDenkmalschutzgesetz erfüllt ist: "Denkmäler sind von Menschen
geschaffene Sachen oder Teile davon aus vergangener Zeit, deren
Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen,
städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im
Interesse der Allgemeinheit liegt." Nach Urteil der Fachwelt stellen
historische Kapuzinerbibliotheken, auch wenn sie in einem
Gesamtbestand vereint wurden, eine aus wissenschaftlichen Gründen
erhaltenswerte wertvolle Geschichtsquelle dar. Dazu kann auf die
Ausführungen von Pater Lehmann verwiesen werden:
http://miami.uni-muenster.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-664/froemmigkeitundwissen.pdf
Wer in großem Stil schützenswertes Kulturgut vernichtet (noch dazu als
Amtsträger), muss damit rechnen, strafrechtlich zur Verantwortung
gezogen zu werden, zumal wenn durch bibliotheksfachliche Standards wie
die Empfehlungen der Kommission für Altbestände in kirchlichem
Eigentum (getragen von beiden großen Kirchen) mehr als deutlich ist,
dass jedenfalls für die Zeit vor 1850 Vernichtungen nicht in Betracht
kommen. Für das Staatseigentum gilt Punkt 2.1 der
Aussonderungsrichtlinien, der historisch gewachsenen Altbestand bis
etwa 1830/50 ausnimmt::
http://www.bib-bvb.de/AuB/richtlin.html
(EK) Die Bibliothek der bayerischen Kapuziner wurde im Jahr 1999 per Überlassungsvertrag zwischen der Provinz der bayerischen Kapuziner und der Stiftung Katholische Universität Eichstätt der Universitätsbibliothek übergeben, da sich die Kapuziner außer Stande sahen, ihre Zentralbibliothek in Altötting weiter zu betreiben. Die Bestände sollten aber gesichert, eine Zersplitterung vermieden werden.
Mehr als 300 000 Bände wurden in einer Großaktion und in mehreren Lastwagenladungen von Altötting nach Eichstätt gebracht. Dort sollten sie formal und sachlich innerhalb des bayerischen EDV-Katalogverbundes werden und so der Öffentlichkeit weltweit nutzbar gemacht werden. Die Bibliothek sicherte die bibliothekarische Aufarbeitung „nach Maßgabe ihrer personellen und sachlichen Kapazitäten innerhalb von circa zehn Jahren zu“ und die sichere Aufbewahrung der Bestände bis zu ihrer Aufarbeitung.
„Erst im Zuge der bibliothekarischen Aufarbeitung der Bestände kann das Eigentum an den Büchern im Einzelfall bestimmt werden“, heißt es in dem Vertrag weiter. „Als staatliches Eigentum haben hierbei in der Regel alle bis zum Jahr 1802 erschienenen Bände zu gelten, die nach 1802 im Besitz eines so genannten Zentralklosters verblieben sind. Diese Bestände „verbleiben im Eigentum des Freistaats Bayern und werden auf der Grundlage der Vereinbarung zwischen dem Freistaat Bayern, der Stiftung Katholische Universität Eichstätt und dem Bischöflichen Seminar St. Willibald vom Oktober vom Oktober 1981 als Dauerleihgabe in die Universitätsbibliothek eingegliedert und entsprechend kenntlich gemacht.“
Die Kapuzinerbibliothek umfasst Werke aus der Zeit des 15. bis 20., Jahrhunderts – darunter auch Inkunabeln, Drucke, die vor 1500 entstanden und vor allem typische Literatur eines so genannten Bettelordens.
darunter eine echte Rarität: Einstein's schmale Dissertation von 1905 (17 S.), die das "annus mirabilis" einleiten sollte. Darauf stießen die Eichstätter aber erst, als sie mit der mühevollen Katalogisierung begannen.
Die Nationalbibliothek wollte 600 000 Dissertationen verschenken. Die Arbeiten waren nicht katalogisiert und erschienen den Norwegern nur unnötiger Ballast zu sein. Wer die Schriften haben wollte, musste sie selbst verpacken und transportieren. Der damalige Leiter der Eichstätter Uni-Bibliothek, Hermann Holzbauer, ließ sich nicht zweimal bitten und reiste sofort nach Oslo. "Ich wurde in einen Kuhstall auf einem alten Gehöft geführt. Dort lagerten die Dissertationen", erinnert sich Holzbauer. Schnell wurden Schachteln und Kisten organisiert, und drei Wochen später hielt in Eichstätt ein ziemlich überladener Lastwagen mit 80 Tonnen Doktorarbeiten auf der Ladefläche. Genug Material für zweieinhalb Regalkilometer. Nun begann die wirklich mühsame Arbeit: das Katalogisieren der Arbeiten in mehr als 20 verschiedenen Sprachen. Dabei stießen die Eichstätter unter anderem auf das Werk Einsteins. Es war offenbar auf dem Wege des Schriftentauschs von der Schweiz nach Norwegen gelangt.
Heute werden laut Holzbauer jeden Monat rund 1000 Dissertationen aus dem reichhaltigen Fundus an Wissenschaftler in der ganzen Welt verliehen. Norweger werden allerdings bevorzugt behandelt. Als nämlich durch Medienberichte in Oslo bekannt wurde, welche Schätze die Nationalbibliothek nach Deutschland verschenkt hatte, gab es im Norweger Parlament eine heftige Debatte.
Nachzulesen in: Wunderwerk auf wundersamen Wegen : Einsteins Doktorarbeit in Eichstätt / Christian Klenk, radio pegasus ONLINE, Sendung vom 14. Juni 2005
Text: http://www1.ku-eichstaett.de/StudGrup/pegasus/online/einstein.htm
Audio: http://www1.ku-eichstaett.de/StudGrup/pegasus/online/data/einstein.mp3
Man kann nur hoffen, dass die Einarbeitung der Dissertationen-Sammlung in Eichstätt weitgehend abgeschlossen ist und die damals von Holzbauer erworbene Sammlung nicht auch gerade in den Altpapiercontainern landet, denn bei Dissertationen grassiert die Wegwerfwut in deutschen Bibliotheken besonders ungehemmt. Nur weil im Zuge zunehmender Bereitstellung von E-Dissertationen die alten Tauschbeziehungen zunehmend obsolet werden, lässt man zu, dass ohne jegliche fachwissenschaftliche Diskussion das 1990 von der Sektion 4 des DBV etablierte System der Regionalen Sammelschwerpunkte für bundesdeutsche Dissertationen zunehmend unterlaufen wird; es gibt Aussonderungen in großem Umfang, auch bei den Sammelschwerpunkten; bestehende Sammelschwerpunkte werden z.T. aufgelöst oder nicht mehr bedient; auf eine Fortschreibung und die Einbeziehung von Bibliotheken in den neuen Bundesländern wurde in den letzten Jahren gänzlich verzichtet.
(Zum 20. Jubiläum der KUE, 2002 ...*) 1980, im Gründungsjahr der KUE, ging der auf 15 Jahre angelegte Grund- und Aufbauetat der Universitätsbibliothek von rund 65 Milllionen Mark bereits ins vierte Jahr. Die Universitätsbibliothek zählte zu diesem Zeitpunkt mehr als 200.000 Bände. Als der Aufbauetat 1991 endete, war der Bestand auf rund 1,15 Millionen Bände angewachsen. Heute ist die Bibliothek mit 1,6 Millionen Bänden, knapp 4.500 Zeitschriftensabonnements und etwa 430.000 weiteren Materialien bestens für umfangreiche Literaturrecherchen gerüstet.
Die größten Zugänge verzeichnete die Universitätsbibliothek in den Jahren 1981 mit der Bibliothek des von der Deutschen Bischofskonferenz getragenen und ein Jahr zuvor aufgelösten Deutschen Instituts für Wissenschaftliche Pädagogik Münster - circa 60.000 Bände, 1986, vermittelt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, mit der Übernahme von 140.000 Dissertationen des 18. bis 20. Jahrhunderts, die die Universitätsbibliothek Oslo im internationalen Schriftentausch gesammelt hatte, und schließlich 1999 mit über 300.000 Bänden der ehemaligen Zentralbibliothek der bayerischen Kapuziner in Altötting. Letztere umfasste Drucke von der Inkunabelzeit bis heute.
(-- Vgl. hierzu auch den farbig bebilderten Report aus der Passauer Neuen Presse Nr. 79, 3. April 2004, Der Schatz der Kapuziner: 400000 Bücher aus dem Bestand der Altöttinger Ordensbrüder werden seit 1999 in Eichstätt katalogisiert und restauriert / Johanna Krauskopf. --*)Eine wesentliche Ergänzung für die Hochschulbibliothek bedeuten besonders die Staatliche Bibliothek Eichstätt und die Bibliothek des Bischöflichen Seminars - eine wichtige Ergänzung auch in personeller Hinsicht. Diesen und einigen anderen Bibliotheken, deren Bestände seit der Aufhebung der Staatlichen Bibliothek 1982 von der Universitätsbibliothek mitverwaltet werden, verdankt die junge Universität, dass sie auch über einen reichhaltigen und vielgestaltigen Altbestand, Bücher, Handschriften und andere Medien, verfügt.
Der katalogisierte Gesamtbestand umfasst heute rund 1,6 Millionen Bände. Hinzu kommen etwa 450.000 unkatalogisierte Bände. Bei 6.350 eingeschriebenen Benutzern sind das über 250 verfügbare Bücher pro Kopf, im Vergleich zu anderen deutschen Hochschulen ein sehr günstiges Verhältnis. Da auch die Fernleihe in der Regel rasch arbeitet, genießt die Universitätsbibliothek bei Dozenten und Studierenden in Eichstätt, aber auch darüber hinaus einen guten Ruf.
(Die Universitätsbibliothek: Streifzug durch ihre Geschichte. In: "KUE - Gestern und heute. 20 Jahre KUE." Agora: Magazin der Katholischen Universität Eichstätt 16. Jg., H. 2/2002, S. 10)(3 Jahre später, unter der Ägide der neuen Direktorin ...*)
Buchdubletten-Verkauf: "Alles muss raus" / von Inka Lezius, Radio Pegasus ONLINE, Sendung vom 24. Mai 2005,
http://www1.ku-eichstaett.de/StudGrup/pegasus/download/data/240505/buch.mp3
Ein 78 cm dicker Stapel mit Büchern für einen Preis von 19.50 € - solche Schnäppchen konnte man bis heute beim Buchdublettenverkauf in den Kellergewölben des Bibliotheksgebäudes Ulmer Hof machen. Bei so manchen Lesebegeisterten traten regelrechte Schatzsucherinstinkte zutage. (Ein Benutzer:) "... Das sind ... Edward Bulwer-Lytten, engl. Schriftsteller, und das sind die deutschen Übersetzungen von 1840 bzw. 1845 ... das andere sind mehrere "Schundromane", zusammengebunden - also der älteste (...) von 1855 (...) das ist so krank, das muß man mitnehmen..." Doch nicht nur alte Schmöker, sondern auch neuere Bücher gab es zu erwerben: doppelte Exemplare, geschenkte Bücher, die nicht ins Sortiment passen und alte Handapparate von emeritierten Professoren wurden den Studenten zum Kauf angeboten.
(... Neue Besen kehren gut? *)Seit Februar ist die neue Direktorin der Universitätsbibliothek, Dr. Angelika Reich, im Amt, und sie hat beschlossen, einiges anders zu machen als zuvor:
Ich horte nicht die alten Bücher, sondern ich werd die Bücher, von denen ich überzeugt bin, dass sie niemals mehr ein Benutzer der Universitätsbibliothek braucht, ganz einfach verkaufen, um 1. Platz zu gewinnen, und b) um bei dieser schlechten Finanzlage, wie sie derzeit ist, ganz einfach zusätzliches Geld einzunehmen, wo wir hier neue aktuelle Bücher damit kaufen können.Diejenigen, die also den diessemestrigen Dublettenverkauf verpasst haben, können getrost sein: es war sicherlich nicht der letzte: Denn die Bib platzt aus allen Nähten.
Angelika Reich:
(Zitat Ende. *Einschübe des Contributors. O-Ton-Transkriptionen, Emphase: Archivalia.)