Instruktiv schildert Fink (Landeskirchliches Archiv Stuttgart) in seiner Studie, die wir unter
http://archiv.twoday.net/stories/2796972/#3528316
anzeigten, die Problemlage bei der Kirchenbuchdigitalisierung. Die kirchlichen Archive wollen ihre "Datenhoheit" nicht verlieren. Sie können einerseits mit kommerziellen Unternehmen wie ancestry.com oder nicht-gewerblichen Organisationen wie den genealogischen Vereinen oder den Mormonen (GSU) kooperieren.
Dazu passend das Statement im Rundbrief 26/2006 der ev. Kirchenarchive:
http://www.ekd.de/archive/dokumente/Rundbrief_26.pdf
"Neu war der Vorschlag Frau Dr. Stübers, an die Kirchenbuchdigitalisierung gemeinsam mit einer etablierten Firma für Archivsoftware heran zu gehen. Frau Dr. Schwarz griff den Gedanken eines gemeinsamen virtuellen Lesesaals aller interessierten Gliedkirchen auf, die eine „Stabsstelle" beim Kirchenamt der EKD ansiedeln könnten. Dieser virtuelle Lesesaal soll ausdrücklich nicht im Kontext des Open Access stehen. Er muss zur Refinanzierung der nicht unerheblichen Kosten der Digitalisierung der Kirchenbücher beitragen.
Genannt wurden Kosten zwischen 40 €und 120 € pro zu verfilmendes /digitalisierendes Kirchenbuch. Insgesamt wären Investitionen im Umfang von ca. 5 Millionen Euro erforderlich.
Angesichts dieses Betrages erhob sich neuerlich die Diskussion um eine Digitalisierung mit Hilfe der Mormonen oder von MyFamily.com. Jeglichem Zusammenwirken mit den Mormonen erteilten Frau Dr. Göhres und Herr Dr. Wurm angesichts der eindeutigen Ablehnung der VELKD eine Absage. Herr Dr. Krogel und Frau Dr. Raddatz betonten in unterschiedlicher Akzentuierung den Vorrang der Sicherungsverfilmung in ihren Landeskirchen. Beiden erscheinen Digitalisierungen von Kirchenbüchern bzw. deren Filmen ohne die Zustimmung der Kirchgemeinden als Eigentümerinnen nicht möglich. Deshalb ist in der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens kein Interesse an Kirchenbuchdigitalisierungen absehbar.
Die Mehrheit aller Anwesenden wünschte sich ein gemeinsames Vorgehen auf Ebene der EKD."
Die "Datenhoheit" der Kirchenarchive steht bei juristischer Betrachtungsweise aber auf ziemlich wackeligen Füßen:
* Es ist nicht ausgemacht, dass öffentlich-rechtliche Prinzipien für die Nutzung der Kirchenbücher vor 1875, die ja Personenstandsregister sind, ohne weiteres verneint werden können. Das öffentliche Recht hält aber Möglichkeiten bereit, mit der Archivnutzer Beschränkungen der Nutzung von Digitalisaten zurückweisen können.
* Einzelverträge mit Digitalisatnutzern, die z.B. eine Re-Digitalisierung der Ausdrucke verbieten, wären als AGB einer Mißbrauchskontrolle zu unterziehen.
* Die digitalisierten Einzelseiten sind nach meiner Rechtsauffassung nicht geschützte Lichtbilder i.S. von § 72 UrhG (doch selbst dieser Schutz würde in 50 Jahren nach Veröffentlichung erlöschen.)
* Werden von vielen einzelnen dezentral auf dezentralen, aber vernetzten Servern Kirchenbuch-Digitalisate eingestellt, ist es problematisch, den Datenbankschutz des Urheberrechts zu bemühen, denn einzelne Entnahmen gemeinfreier Inhalte sind erlaubt.
Grundsätzlich handelt es sich bei den Kirchenbüchern und ihren Daten um kulturelles Allgemeingut, das allen gehört und nicht den Kirchen. Die Weiternutzung von Daten kann ohnehin nicht unterbunden werden, bei der Weiternutzung von Digitalisaten besteht kein archivrechtlich begründetes Immaterialgüterrecht, das außerhalb vertragrechtlicher Bindung zum Tragen käme.
Gibt es also hinreichend viele Freiwillige, die - womöglich außerhalb der Strukturen der etablierten genealogischen Vereine - Kirchenbuchdigitalisate im Rahmen freier Projekte (anonym) hochladen, so kann die auf ein ungerechtfertigtes Monopol gegründete Kommerzialisierungsstrategie der Kirchen auf Dauer nicht funktionieren. Und das ist gut so.
Siehe auch: http://archiv.twoday.net/stories/2100380/
http://archiv.twoday.net/stories/2796972/#3528316
anzeigten, die Problemlage bei der Kirchenbuchdigitalisierung. Die kirchlichen Archive wollen ihre "Datenhoheit" nicht verlieren. Sie können einerseits mit kommerziellen Unternehmen wie ancestry.com oder nicht-gewerblichen Organisationen wie den genealogischen Vereinen oder den Mormonen (GSU) kooperieren.
Dazu passend das Statement im Rundbrief 26/2006 der ev. Kirchenarchive:
http://www.ekd.de/archive/dokumente/Rundbrief_26.pdf
"Neu war der Vorschlag Frau Dr. Stübers, an die Kirchenbuchdigitalisierung gemeinsam mit einer etablierten Firma für Archivsoftware heran zu gehen. Frau Dr. Schwarz griff den Gedanken eines gemeinsamen virtuellen Lesesaals aller interessierten Gliedkirchen auf, die eine „Stabsstelle" beim Kirchenamt der EKD ansiedeln könnten. Dieser virtuelle Lesesaal soll ausdrücklich nicht im Kontext des Open Access stehen. Er muss zur Refinanzierung der nicht unerheblichen Kosten der Digitalisierung der Kirchenbücher beitragen.
Genannt wurden Kosten zwischen 40 €und 120 € pro zu verfilmendes /digitalisierendes Kirchenbuch. Insgesamt wären Investitionen im Umfang von ca. 5 Millionen Euro erforderlich.
Angesichts dieses Betrages erhob sich neuerlich die Diskussion um eine Digitalisierung mit Hilfe der Mormonen oder von MyFamily.com. Jeglichem Zusammenwirken mit den Mormonen erteilten Frau Dr. Göhres und Herr Dr. Wurm angesichts der eindeutigen Ablehnung der VELKD eine Absage. Herr Dr. Krogel und Frau Dr. Raddatz betonten in unterschiedlicher Akzentuierung den Vorrang der Sicherungsverfilmung in ihren Landeskirchen. Beiden erscheinen Digitalisierungen von Kirchenbüchern bzw. deren Filmen ohne die Zustimmung der Kirchgemeinden als Eigentümerinnen nicht möglich. Deshalb ist in der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens kein Interesse an Kirchenbuchdigitalisierungen absehbar.
Die Mehrheit aller Anwesenden wünschte sich ein gemeinsames Vorgehen auf Ebene der EKD."
Die "Datenhoheit" der Kirchenarchive steht bei juristischer Betrachtungsweise aber auf ziemlich wackeligen Füßen:
* Es ist nicht ausgemacht, dass öffentlich-rechtliche Prinzipien für die Nutzung der Kirchenbücher vor 1875, die ja Personenstandsregister sind, ohne weiteres verneint werden können. Das öffentliche Recht hält aber Möglichkeiten bereit, mit der Archivnutzer Beschränkungen der Nutzung von Digitalisaten zurückweisen können.
* Einzelverträge mit Digitalisatnutzern, die z.B. eine Re-Digitalisierung der Ausdrucke verbieten, wären als AGB einer Mißbrauchskontrolle zu unterziehen.
* Die digitalisierten Einzelseiten sind nach meiner Rechtsauffassung nicht geschützte Lichtbilder i.S. von § 72 UrhG (doch selbst dieser Schutz würde in 50 Jahren nach Veröffentlichung erlöschen.)
* Werden von vielen einzelnen dezentral auf dezentralen, aber vernetzten Servern Kirchenbuch-Digitalisate eingestellt, ist es problematisch, den Datenbankschutz des Urheberrechts zu bemühen, denn einzelne Entnahmen gemeinfreier Inhalte sind erlaubt.
Grundsätzlich handelt es sich bei den Kirchenbüchern und ihren Daten um kulturelles Allgemeingut, das allen gehört und nicht den Kirchen. Die Weiternutzung von Daten kann ohnehin nicht unterbunden werden, bei der Weiternutzung von Digitalisaten besteht kein archivrechtlich begründetes Immaterialgüterrecht, das außerhalb vertragrechtlicher Bindung zum Tragen käme.
Gibt es also hinreichend viele Freiwillige, die - womöglich außerhalb der Strukturen der etablierten genealogischen Vereine - Kirchenbuchdigitalisate im Rahmen freier Projekte (anonym) hochladen, so kann die auf ein ungerechtfertigtes Monopol gegründete Kommerzialisierungsstrategie der Kirchen auf Dauer nicht funktionieren. Und das ist gut so.
Siehe auch: http://archiv.twoday.net/stories/2100380/
KlausGraf - am Donnerstag, 5. April 2007, 01:52 - Rubrik: Kirchenarchive
KlausGraf meinte am 2007/04/05 02:59:
Zugang zu Kulturgut muss für alle Wettbewerber gleich sein
Die Digitalisierung muss bezwahlt werden, sie ist nicht umsonst zu haben.Für das Gemeinwohl brächte eine Kooperation mit den Mormonen, von den Kirchen aus theologischen Gründen perhorresziert, den größten Nutzen. Diese würden die Digitalisate allgemein zugänglich machen.
Grundsätzlich ist auch nichts gegen Verträge mit kommerziellen Anbietern zu sagen, sofern jeder andere ungehinderten Zugang zu den Kirchenbüchern zu Digitalisierungszwecken hat. Aber wie dem Rundbrief 26 zu entnehmen ist, verbieten die meisten Kirchenarchive Benutzerfotos aus Kirchenbüchern bzw. diejenigen, die sie erlauben, erlegen den Benutzern Knebelverträge auf.
Da die Kirchen auf ein ungerechtfertigtes Monopol abzielen, ist Widerstand dagegen keine unerlaubte Handlung. Werden Digitalisate Genealogen oder anderen Nutzern zugänglich gemacht, dann können selbst die restriktivsten Bedingungen (incl. digitale Wasserzeichen) auf Dauer die Verbreitung dieser Dokumente nicht wirksam stoppen.
Gast (Gast) antwortete am 2011/08/19 11:59:
Wenn die kirchlichen Archive das Monopol über ihre Kirchenbücher bzw. Digitalisate behalten möchte, sollte sie diese nicht ins Internet stellen. NICHTS kann die rasante Verbreitung eingescanter Bücher mehr aufhalten wenn sie mal online sind. Und schon gar nicht wenn klar wird, daß diese keinem Urheberrecht unterliegen. Eine Möglichkeit für die Archive wäre vielleicht ein Lesesaal mit Computer-Arbeitsplatz. Aber vielleicht liegt der Sinn der ganzen Aktion auch nur darin einige Archive zu schließen wenn die Kirchenbücher mal online sind, da diese mit Sicherheit nicht kostendeckend arbeiten.