Resolution der 67. Hauptversammlung der Deutschen UNESCO-Kommission, Dessau, 28. Juni 2007
Beschluss
Die Deutsche UNESCO-Kommission unterstützt das Open-Access-Prinzip. Open Access im Sinne dieser Resolution bezeichnet den freien, für die Nutzer im Regelfall kostenlosen Zugang zu mit öffentlichen Mitteln produziertem Wissen.
Die Deutsche UNESCO-Kommission sieht in Open Access eine neue Chance, allen Menschen einen umfassenden und ungehinderten Zugriff auf das mit öffentlichen Mitteln produzierte Wissen zu ermöglichen.
Sie setzt sich ein für die konstruktive und innovative Weiterentwicklung des Open-Access-Prinzips durch alle Akteure, die in den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Kultur und Medien dafür zuständig sind, Wissen öffentlich zugänglich zu machen.
Die Deutsche UNESCO-Kommission sieht die Chance, dass auf der Grundlage des Open Access-Prinzips innovative, attraktive und elektronischen Umgebungen angemessene Organisations- und Geschäftsmodelle für Publikation und Distribution von Wissen entstehen, die auch Verlagen und der gesamten Informationswirtschaft neue Möglichkeiten zur Erschließung von Publikations- und Distributionsmärkten bieten.
Mit dem von ihr herausgegebenen Handbuch will die Deutsche UNESCO-Kommission ein besseres Verständnis für die Hintergründe und Ziele von Open Access ermöglichen. Die Diskussion zu Open Access berührt zentrale Fragen der Wissensvermittlung in unserer Gesellschaft und sollte daher auf einer möglichst breiten Basis geführt werden.
Hintergrund
Das Open-Access-Prinzip ist in die Abschlusserklärung des UN-Weltgipfels zur Informationsgesellschaft 2003 (Declaration of Principles - Building the Information Society: a global challenge in the new Millennium) aufgenommen worden. Dort heißt es: "Unser Ziel ist die Förderung universellen und gleichberechtigten Zugangs aller Menschen zu wissenschaftlichem Wissen und der Schaffung und Verbreitung von wissenschaftlichen und technischen Informationen, einschließlich Open-Access-Initiativen für wissenschaftliches Publizieren."1) Zu dieser Entwicklung haben die im UNESCO-Weltbericht Towards Knowledge Societies (2005) und die vom Internationalen Verband der bibliothekarischen Vereine und Institutionen (IFLA) formulierten Ziele beigetragen.2)
Auch in der UNESCO-Empfehlung zur Förderung der Mehrsprachigkeit und zum allgemeinen Zugang zum Cyberspace wird zur Förderung von Open-Access-Lösungen aufgerufen.3)
Die Deutsche UNESCO-Kommission schließt sich mit der Unterstützung des Open-Access-Prinzips den großen deutschen Wissenschaftsorganisationen an, die 2003, neben vielen anderen nationalen und internationalen Institutionen, die Berlin Declaration on Open Access to Knowledge in the Sciences and Humanities unterzeichnet und sich so der Förderung des Open-Access-Prinzips verpflichtet haben.4)
Folgende Erwägungen haben die Deutsche UNESCO-Kommission bei ihrem Beschluss geleitet:
Aufrechterhaltung des offenen Zugangs zum Wissen
Die Deutsche UNESCO-Kommission sieht im Open-Access-Prinzip zum einen eine neue Chance, den Zugriff auf das Wissen, das im öffentlichen Raum in den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Kultur und Medien erstellt wurde, für jeden möglich zu machen. Zum anderen sieht sie im Open-Access-Prinzip eine Chance für einen Innovationsschub bei den Organisations- und Geschäftsmodellen für das Öffentlichmachen von Wissen. Beides soll zur Verbesserung des bereits zunehmend eingeschränkten Zugangs zu öffentlichem Wissen beitragen. Diese Einschränkung bedroht die Leistungsfähigkeit des deutschen, aber auch des weltweiten Bildungs- und Wissenschaftssystems und erschwert den Aufbau neuer Bildungs- und Wissenschaftssysteme in Entwicklungsländern.
Auch die zu beobachtende Tendenz, kulturelle Gemeingüter, die in Museen, Archiven und Bibliotheken für die Öffentlichkeit bereit gehalten werden, aus finanziellen Erwägungen in Privatbesitz zu verkaufen oder die Rechte für ihre digitale Verwertung an kommerzielle Anbieter zu veräußern, kann zu einer nicht hinnehmbaren Einschränkung des allgemeinen Zugangs zu diesen Gütern führen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn Kultureinrichtungen digitale Verwertungsrechte auf Dauer und exklusiv an kommerzielle Verwerter verkaufen. [Hervorhebung KG]
Offene Räume mit vielfältigen Modellen
Open Access kann das Entstehen offener und freier Räume begünstigen, die als notwendige Ergänzung zu den kommerziellen Räumen verstanden werden und deren Entwicklung durch das Internet mit seinen offenen Netzstrukturen möglich gemacht wird.
Paradigmenwechsel
Open Access vermeidet die Kosten der Wissensaufbereitung und -vermittlung nicht. Das Prinzip kommt aber insofern einem Paradigmenwechsel gleich, als dabei die Nutzung von öffentlich gemachtem und mit öffentlichen Mitteln produziertem Wissen aus Bildung und Wissenschaft für den Nutzer frei - im Sinne von im Regelfall kostenlos - ist: Nicht die Nutzer zahlen für die Nutzung, sondern die Produzenten von Wissen bzw. deren Institutionen oder öffentliche Geldgeber kommen für die Kosten in der Publikations- und Distributionskette auf.
Urheberrechte und Copyrights
Open Access kann in einem Spannungsfeld mit dem Schutz des geistigen Eigentums stehen, obwohl keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Rechte der Urheber gegeben sind - die Rechte an Texten bleiben bestehen, auch wenn der Text frei zugänglich ins Netz gestellt wird. Hingegen hat Open Access Auswirkungen auf Verwertungsrechte: Das Prinzip von Open Access ist, dass Verwertungsrechte nicht dauerhaft exklusiv einem Verwerter (z.B. einem Verlag) eingeräumt werden, sondern stattdessen oder parallel Open-Access-Publikationen möglich sind oder zeitversetzt möglich werden.
Bedeutung gewinnt hierbei auch verstärkt ein dem Urheber verbleibendes und gesetzlich abgesichertes Zweitverwertungsrecht, wie es zurzeit im politischen Raum im Rahmen der Debatten zur Reform des Urheberechts diskutiert wird.
Qualitätssicherung
Das Open-Access-Prinzip kann über spezielle Open-Access-Zeitschriften oder über sogenannte institutionelle Open-Access-Repositories realisiert werden. Vor allem Letztere können beispielsweise von wissenschaftlichen Einrichtungen, Bibliotheken, Museen, Medienarchiven alleine oder in Zusammenarbeit mit der Verlags- und Informationswirtschaft betrieben werden. Diese Open-Access-Repositories, frei zugängliche Speicher des öffentlichen Wissens, belassen den Wissensproduzenten weiterhin die Möglichkeit, ihre Werke zusätzlich in andere Veröffentlichungsformen einzubringen. Welche Organisationsform auch gewählt wird – die Qualität von Open-Access-Arbeiten in Bildung und Wissenschaft soll durch das bewährte Peer-review- oder auch durch neue in elektronischen Räumen möglich werdende Review-Verfahren abgesichert werden.
Die Deutsche UNESCO-Kommission hat in Zusammenarbeit mit zahlreichen Expertinnen und Experten ein Open-Access-Handbuch herausgegeben, welches das Thema umfassend aus vielfältigen Perspektiven behandelt und diese Resolution ergänzt.
_____________
1.) Paragraph 28; Übersetzung: DUK. Ebenso im WSIS Plan of Action (2003) in C3 "Access to Information and Knowledge", 10 i: "Encourage initiatives to facilitate access, including free and affordable access to open access journals and books, and open archives for scientific information."
2.) Statement on Open Access to Scholarly Literature and Research Documentation.
3.) Paragraph 18: "Member States and international organizations should encourage open access solutions including the formulation of technical and methodological standards for information exchange, portability and interoperability, as well as online accessibility of public domain information on global information networks."
4.) Deutsche Version unter http://www.zim.mpg.de/openaccess-berlin/BerlinDeclaration_dt.pdf. Verbindlich ist die englische Version http://www.zim.mpg.de/openaccess-berlin/berlin_declaration.pdf.
Quelle:
http://www.unesco.de/reshv67-3.html
Beschluss
Die Deutsche UNESCO-Kommission unterstützt das Open-Access-Prinzip. Open Access im Sinne dieser Resolution bezeichnet den freien, für die Nutzer im Regelfall kostenlosen Zugang zu mit öffentlichen Mitteln produziertem Wissen.
Die Deutsche UNESCO-Kommission sieht in Open Access eine neue Chance, allen Menschen einen umfassenden und ungehinderten Zugriff auf das mit öffentlichen Mitteln produzierte Wissen zu ermöglichen.
Sie setzt sich ein für die konstruktive und innovative Weiterentwicklung des Open-Access-Prinzips durch alle Akteure, die in den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Kultur und Medien dafür zuständig sind, Wissen öffentlich zugänglich zu machen.
Die Deutsche UNESCO-Kommission sieht die Chance, dass auf der Grundlage des Open Access-Prinzips innovative, attraktive und elektronischen Umgebungen angemessene Organisations- und Geschäftsmodelle für Publikation und Distribution von Wissen entstehen, die auch Verlagen und der gesamten Informationswirtschaft neue Möglichkeiten zur Erschließung von Publikations- und Distributionsmärkten bieten.
Mit dem von ihr herausgegebenen Handbuch will die Deutsche UNESCO-Kommission ein besseres Verständnis für die Hintergründe und Ziele von Open Access ermöglichen. Die Diskussion zu Open Access berührt zentrale Fragen der Wissensvermittlung in unserer Gesellschaft und sollte daher auf einer möglichst breiten Basis geführt werden.
Hintergrund
Das Open-Access-Prinzip ist in die Abschlusserklärung des UN-Weltgipfels zur Informationsgesellschaft 2003 (Declaration of Principles - Building the Information Society: a global challenge in the new Millennium) aufgenommen worden. Dort heißt es: "Unser Ziel ist die Förderung universellen und gleichberechtigten Zugangs aller Menschen zu wissenschaftlichem Wissen und der Schaffung und Verbreitung von wissenschaftlichen und technischen Informationen, einschließlich Open-Access-Initiativen für wissenschaftliches Publizieren."1) Zu dieser Entwicklung haben die im UNESCO-Weltbericht Towards Knowledge Societies (2005) und die vom Internationalen Verband der bibliothekarischen Vereine und Institutionen (IFLA) formulierten Ziele beigetragen.2)
Auch in der UNESCO-Empfehlung zur Förderung der Mehrsprachigkeit und zum allgemeinen Zugang zum Cyberspace wird zur Förderung von Open-Access-Lösungen aufgerufen.3)
Die Deutsche UNESCO-Kommission schließt sich mit der Unterstützung des Open-Access-Prinzips den großen deutschen Wissenschaftsorganisationen an, die 2003, neben vielen anderen nationalen und internationalen Institutionen, die Berlin Declaration on Open Access to Knowledge in the Sciences and Humanities unterzeichnet und sich so der Förderung des Open-Access-Prinzips verpflichtet haben.4)
Folgende Erwägungen haben die Deutsche UNESCO-Kommission bei ihrem Beschluss geleitet:
Aufrechterhaltung des offenen Zugangs zum Wissen
Die Deutsche UNESCO-Kommission sieht im Open-Access-Prinzip zum einen eine neue Chance, den Zugriff auf das Wissen, das im öffentlichen Raum in den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Kultur und Medien erstellt wurde, für jeden möglich zu machen. Zum anderen sieht sie im Open-Access-Prinzip eine Chance für einen Innovationsschub bei den Organisations- und Geschäftsmodellen für das Öffentlichmachen von Wissen. Beides soll zur Verbesserung des bereits zunehmend eingeschränkten Zugangs zu öffentlichem Wissen beitragen. Diese Einschränkung bedroht die Leistungsfähigkeit des deutschen, aber auch des weltweiten Bildungs- und Wissenschaftssystems und erschwert den Aufbau neuer Bildungs- und Wissenschaftssysteme in Entwicklungsländern.
Auch die zu beobachtende Tendenz, kulturelle Gemeingüter, die in Museen, Archiven und Bibliotheken für die Öffentlichkeit bereit gehalten werden, aus finanziellen Erwägungen in Privatbesitz zu verkaufen oder die Rechte für ihre digitale Verwertung an kommerzielle Anbieter zu veräußern, kann zu einer nicht hinnehmbaren Einschränkung des allgemeinen Zugangs zu diesen Gütern führen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn Kultureinrichtungen digitale Verwertungsrechte auf Dauer und exklusiv an kommerzielle Verwerter verkaufen. [Hervorhebung KG]
Offene Räume mit vielfältigen Modellen
Open Access kann das Entstehen offener und freier Räume begünstigen, die als notwendige Ergänzung zu den kommerziellen Räumen verstanden werden und deren Entwicklung durch das Internet mit seinen offenen Netzstrukturen möglich gemacht wird.
Paradigmenwechsel
Open Access vermeidet die Kosten der Wissensaufbereitung und -vermittlung nicht. Das Prinzip kommt aber insofern einem Paradigmenwechsel gleich, als dabei die Nutzung von öffentlich gemachtem und mit öffentlichen Mitteln produziertem Wissen aus Bildung und Wissenschaft für den Nutzer frei - im Sinne von im Regelfall kostenlos - ist: Nicht die Nutzer zahlen für die Nutzung, sondern die Produzenten von Wissen bzw. deren Institutionen oder öffentliche Geldgeber kommen für die Kosten in der Publikations- und Distributionskette auf.
Urheberrechte und Copyrights
Open Access kann in einem Spannungsfeld mit dem Schutz des geistigen Eigentums stehen, obwohl keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Rechte der Urheber gegeben sind - die Rechte an Texten bleiben bestehen, auch wenn der Text frei zugänglich ins Netz gestellt wird. Hingegen hat Open Access Auswirkungen auf Verwertungsrechte: Das Prinzip von Open Access ist, dass Verwertungsrechte nicht dauerhaft exklusiv einem Verwerter (z.B. einem Verlag) eingeräumt werden, sondern stattdessen oder parallel Open-Access-Publikationen möglich sind oder zeitversetzt möglich werden.
Bedeutung gewinnt hierbei auch verstärkt ein dem Urheber verbleibendes und gesetzlich abgesichertes Zweitverwertungsrecht, wie es zurzeit im politischen Raum im Rahmen der Debatten zur Reform des Urheberechts diskutiert wird.
Qualitätssicherung
Das Open-Access-Prinzip kann über spezielle Open-Access-Zeitschriften oder über sogenannte institutionelle Open-Access-Repositories realisiert werden. Vor allem Letztere können beispielsweise von wissenschaftlichen Einrichtungen, Bibliotheken, Museen, Medienarchiven alleine oder in Zusammenarbeit mit der Verlags- und Informationswirtschaft betrieben werden. Diese Open-Access-Repositories, frei zugängliche Speicher des öffentlichen Wissens, belassen den Wissensproduzenten weiterhin die Möglichkeit, ihre Werke zusätzlich in andere Veröffentlichungsformen einzubringen. Welche Organisationsform auch gewählt wird – die Qualität von Open-Access-Arbeiten in Bildung und Wissenschaft soll durch das bewährte Peer-review- oder auch durch neue in elektronischen Räumen möglich werdende Review-Verfahren abgesichert werden.
Die Deutsche UNESCO-Kommission hat in Zusammenarbeit mit zahlreichen Expertinnen und Experten ein Open-Access-Handbuch herausgegeben, welches das Thema umfassend aus vielfältigen Perspektiven behandelt und diese Resolution ergänzt.
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1.) Paragraph 28; Übersetzung: DUK. Ebenso im WSIS Plan of Action (2003) in C3 "Access to Information and Knowledge", 10 i: "Encourage initiatives to facilitate access, including free and affordable access to open access journals and books, and open archives for scientific information."
2.) Statement on Open Access to Scholarly Literature and Research Documentation.
3.) Paragraph 18: "Member States and international organizations should encourage open access solutions including the formulation of technical and methodological standards for information exchange, portability and interoperability, as well as online accessibility of public domain information on global information networks."
4.) Deutsche Version unter http://www.zim.mpg.de/openaccess-berlin/BerlinDeclaration_dt.pdf. Verbindlich ist die englische Version http://www.zim.mpg.de/openaccess-berlin/berlin_declaration.pdf.
Quelle:
http://www.unesco.de/reshv67-3.html
KlausGraf - am Sonntag, 1. Juli 2007, 21:31 - Rubrik: Open Access