Gern werfen Germanisten die benachbarten Dominikanerinnenklöster Medlingen (heute Obermedlingen) und Maria Medingen (Gemeinde Mödingen) durcheinander.
Vor 1239 wurde Maria Medingen gegründet, über das der Aufsatz von Zoepfl ausführlich unterrichtet, der digitalisiert vorliegt:
http://mdz10.bib-bvb.de/~db/bsb00007616/images/index.html?seite=11
1936 hatte Canisia Jedelhauser eine Monographie zu Medingen vorgelegt, auf die sich Zoepfl stützen konnte. Außerdem digital zu konsultieren: Steichele III zu Medingen:
http://mdz10.bib-bvb.de/~db/0001/bsb00010470/images/
In Maria Medingen wirkte im 14. Jahrhundert die Mystikerin Margareta Ebner.
Um 1260 kam es zur Tochtergründung in Medlingen.
Die Verwechslung liegt auch vor bei der auch sonst fragwürdigen Kompilation von Sigrid Krämer, die als Nationallizenz einsehbar ist.
"Lieberin, Felicitas scriptor 1496/1504
1496/1504
Aus Ulm. Nonne im Dominikanerinnenkloster St. Katharian [sic!] zu Söfflingen [sic!] bei Ulm und im Dominikanerinnenkloster Medingen bei Dillingen.
Handschriften
Berlin, SBPK, Germ. 2°741, fol. 338v (a. 1496).
Berlin, SBPK, Germ. 4°1588, fol. 217v (a. 1504 zu Moedlingen).
Augsburg, UB, Oett.-Wall. III. I. 8°37, fol. 73r-93v (partim), aus Medingen.
Augsburg, UB, Oett.-Wall. III. 1. 8°47 (Schriftvergleich).
Augsburg, UB, Oett.-Wall. I. 3. 8°7.
Literatur
K. Schneider, Katal. Augsburg UB 1, S. 132, 570, 619.
Schmidtke, Gartenallegorie 1, S. 62.
Crous-Kirchner, Tafeln, Abb. 36."
Zu diesem Produkt siehe auch meine Rezension:
http://www-mailman.uni-regensburg.de/pipermail/mediaevistik/2006-December/000014.html
Die groteske Zeile vom Dominikanerinnenkloster St. Katharina zu Söflingen (in Söflingen lebten Klarissen) ist der mißglückten Degering-Beschreibung des mgf 741 entnommen. Auf dem neuesten Stand ist:
http://cgi-host.uni-marburg.de/~mrep/beschreibung.php?id=11347
Hier liest man freilich:
"Geschrieben von Schwester Felicitas Lieberin von Ulm im Jahre 1496; aus dem Dominikanerinnenkloster Medingen bei Dillingen, später Katharinenkloster der Dominikanerinnen in Augsburg"
Ob die Provenienz tatsächlich Medingen statt Medlingen ist?
Das Handschriftendokument in Manuscripta Mediaevalia nennt keinen Schreibort.
"Daß Buech gehört In daz buech Ampt" ist der übliche Besitzvermerk des Augsburger Katharinenklosters OP.
Die Handschrift trägt einen Söflinger Einband.
Alle anderen mir gerade greifbaren Zeugnisse haben Medlingen als Kloster, in dem die Lieberin (zu ihrer Familie siehe Google Book Search s.v. Ulm Lieberin und Google s.v.) wirkte.
Degering Mgq 1588 gibt Moedlingen (also Medlingen) als Namensform, das ManuMed-Dokument aber weiß es besser und behauptet Medingen (weil Krämer in ihrem Handschriftenbesitzer-Band die Handschrift Medingen zugewiesen hatte?)
Zugleich aber liest man im gleichen Dokument:
TEXTAUTOPSIE: 'Tractetli von der Ewigen selikait. Geschr. v. Felicitas Lieberin für die Schwestern zu Medlingen. 1504.).
Die Berliner Sionpilgerin-Handschrift von 1494 (fehlt bei Krämer) ist verschollen (Carls, Sionpilgerin wäre zu überprüfen). Google Book Search liefert die Seitenzahl, Gallica den Volltext von Röhricht/Meisner 1880, S. 278:
http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k102007c/f286.pagination
Es heisst dort: "Soror Felicitas Lieberin zu Medlingen"
Wie sieht es mit den drei Augsburger Handschriften aus? Sie sind offenbar im gleichen Kloster entstanden, der Schriftvergleich mit mgf 741 führte Karin Schneider zu Felicitas Lieberin: "Schreiberin war vermutlich Dominikanerin in Medlingen" (unter Berufung auf Schmidtke zu mgq 1588).
Diese eindeutige Zuordnung Schneiders hat Christoph Fasbender in seinem Aufsatz über Thomas Finck (StM OSB 1999) nicht gehindert, ohne Beleg oder Erläuterung eine der drei Augsburger Handschriften Medingen zuzuweisen.
Zoepfl S. 38 zählt die bekannten Medinger Schreiberinnen auf, die Lieberin ist nicht darunter. (Zoepfl dürfte mit dem Berliner Handschriftenkatalog vertraut gewesen sein.)
http://mdz10.bib-bvb.de/~db/bsb00007616/images/index.html?seite=42
Zumindest nach den Münchner Inkunabeln zu urteilen, war Obermedlingen um 1500 geistig regsamer (30+, aus Neuburg).
1513 ist Lucia Lieber, Schwester des Ulmer Bürgers Narciss Lieber, Nonne in Medlingen!
http://www1.ku-eichstaett.de/GGF/Landgesch/elchingen/volltext.htm
Mgq 1588 überliefert Texte von Felix Fabri. Ausdrückliche Beziehungen Fabris zu der Nonne Ursula Schleicher von Obermedlingen sind durch eine Buchschenkung nachgewiesen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Felix_Fabri#_ref-27
Leipzig Ms. 761 und Ms. 763 stammen laut ManuMed ebenfalls von der Schleicherin und aus Medlingen (Mödlingen). Ob Fabri bei den Texten seine Hand im Spiel hatte, kann ich nicht sagen, da der Katalog von Pensel nicht online zur Verfügung steht. Es ist immer misslich nur nach den Indexeinträgen zu urteilen.
Im Augenblick sieht es so aus, dass Medingen statt des richtigen Medlingen einer dieser lästigen unausrottbaren Irrtümer ist, die durch schlampige Arbeitsweise entstehen (und Unkenntnis örtlicher Gegebenheiten).
NACHTRÄGE
Obwohl in seiner Vorlage Medingen und Medlingen unmittelbar nebenienander stehen, wirft Wieland Carls, Felix Fabri, Die Sionspilger, Berlin 1999 die Klöster durcheinander. Medingen und Medlingen erhalten im Register ein gemeinsames Lemma (wenngleich die Klöster dort unterschieden werden), S. 468
In Medingen entstand eine Kurzfassung der Fabri'schen Sionpilger, Innsbruck, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Cod. FB 3172, 82r-102v (Carls S. 43) mit zweifelhafter Datierung 1488 (S. 44). Die engen Beziehungen Fabris zum Medinger Kloster, "namentlich zur dortigen Priorin Margaretha Schleicher" seien bekannt (S. 44). Margaretha Schleicher war aber die Priorin von Medlingen!
Den Fehler konnte Carls von Geldner 1964 übernehmen (FS Benzing, S. 127-131).
S. 56 wird M. Schleicherin dagegen korrekt Medlingen zugewiesen.
Felicitas Lieberin, für Carls nur mgq 1588 und die verschollene Handschrift des Berliner Königlichen Museums nennt, verbindet er zutreffend mit Medlingen (S. 58, 64).
S. 64-66 beschreibt Carls Wien, Schottenstift, Cod. 413, geschrieben 1495 von Susanna von Binzendorf in Medingen.
Marie-Luise Ehrenschwendtner, Die Bildung der Dominikanerinnen in Süddeutschland vom 13. bis 15. Jahrhundert, Stuttgart 2004 (auch sonst nicht frei von vermeidbaren Mängeln) weist die verschollene Berliner Handschrift S. 264 Anm. 1115 bzw. Felizitas Lieberin fälschlich Medingen zu. Laut Quellenverzeichnis hat die Autorin die Archivalien von Obermedlingen im Hauptstaatsarchiv München eingesehen, zitiert werden sie aber, wenn ich recht sehe, nirgendwo. Immerhin teilt sie S. 219f. den wesentlichen Inhalt der Klosterurkunde 137 von Maria Medingen mit, aus der man erfährt, welche Bücher die Pforzheimer Reformschwestern nach Medingen mitgebracht hatten (von 1467). Es waren liturgische Handschriften.
Unergiebig war ein Blick in Friedrich Herzog, Abriß der Geschichte des ehemaligen Klosters Obermedlingen dessen Pfarrei und deren Kirchen, Dillingen a.D. 1918. Was man dort S. 8f. über Margaretha Schleicherin lesen kann, stammt aus Fabris Tractatus (S. 169).
Hilfreicher waren die Antworten in der Mailingliste Diskus der Handschriftenbearbeiter.
Jacob Klingner teilte das Kolophon von Mgq 1588 mit:
„tusent fierhundert vnd jm fier vnd LXX jar ward das biechlin gemacht von fra vatter felix fabre lessmaister der getlichen geschrifft dem got genedig vnd barmhertzig sy
Dar nach ist es ab geschriben worden tusent Vc vnd jm iiij jar von S(oror) felicitas lieberin z#’ou nutz den andechtigen schwestern z#’ou medlingen orate per me.“
Zusätzlich verwies er Mgq 1121, "die auch
aus Medlingen (bei Lauingen) stammen dürfte. Sie enthält hauptsächlich Fabri-Texte (vgl. meinen Aufsatz von 2002). Einer davon benutzt offenbar dieselbe Vorlage, die auch Felicitas Lieber für den Mgq 1588 vorlag." (Der Aufsatz ist im Fabri-Artikel der Wikipedia zitiert.)
Dietrich Schmidtke, Studien zur dingallegoretischen Erbauungsliteratur des Spätmittelalters. Am Beispiel der Gartenallegorie, Tübingen 1982, S. 62f. hatte bei mgq 1588 das Kolophon ebenfalls mit "Medlingen" zitiert.
Der Leiter der Handschriftenabteilung der ThULB Jena, Joachim Ott, konnte sogar einen Neufund beisteuern, für dessen Mitteilung ihm auch hier gedankt sei:
"Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena
Ms. G.B. f. 3
Papier, 336 Bl., 42 x 29 cm
Inhalt: "Alphabetum divinum" (laut Rubrik 1ra), dt.
Initium 1ra: Qualis est dilectus tuus. In dem lob gesang
aller lobgesang ...
(Vgl. etwa München BSB Cgm 212, 1ra)
Die Hs. stammt aus dem 1883 an die UB Jena gekommenen
Nachlaß des Goethe-Enkels Wolfgang Maximilian von Goethe
(1820-1883). Aus mir nicht bekannten Gründen wurde dieser
Fundus in Pensels "Verzeichnis der altdeutschen und
ausgewählter neuerer deutscher Handschriften in der
Universitätsbibliothek Jena, Berlin 1986" nicht
berücksichtigt, so daß die Hs. bis vor kurzem "unentdeckt"
war und nach wie vor nicht publiziert ist.
Wichtig ist das Kolophon 332va:
"Anno domini M° Vc [c hochgestellt] und im andern iar an
sant Gregorius ... ist das buoch [o hochgestellt] us
geschriben worden von S[oror] Felicitas Lieberin und gehört
in das closter zuo [o hochgestellt] Medlingen predier
[!]ordens.""
[Nachtrag: http://www.handschriftencensus.de/21748 Gisela Kornrumpf, Juli 2009 mit Hinweis auf Archivalia]
Nach diesen Zeugnissen bezieht sich Felicitas Lieberin immer nur auf Medlingen, sie war also dort Nonne, nicht in Medingen.
Krämers Handschriftenerbe ist bei Medingen (1) und Medingen (2) = Medlingen voller Fehler, sie führt Handschriften bei beiden auf, weist Medinger Handschriften Medlingen zu und umgekehrt.
NACHTRAG:
Zu Inkunabeln aus Medlingen/Medingen siehe INCUNABULA-L:
http://www.listserv.dfn.de/cgi-bin/wa?A2=ind0710&L=incunabula-l&P=1043
http://archiv.twoday.net/stories/5799141/ (2009)
Berliner Sionpilgerin-Hs. wiederentdeckt (2009):
http://archiv.twoday.net/stories/6042310/
http://archiv.twoday.net/stories/49624486/ (2011) - es wird munter weiter verwechselt
Scott Husby (siehe http://archiv.twoday.net/stories/285825184/ ) nennt die Schleicherin Priorin von "Obermedingen" (für sie band Johannes Richenband einen Band, von dem nur der Einband erhalten blieb, in der DNB Leipzig)
#forschung
Vor 1239 wurde Maria Medingen gegründet, über das der Aufsatz von Zoepfl ausführlich unterrichtet, der digitalisiert vorliegt:
http://mdz10.bib-bvb.de/~db/bsb00007616/images/index.html?seite=11
1936 hatte Canisia Jedelhauser eine Monographie zu Medingen vorgelegt, auf die sich Zoepfl stützen konnte. Außerdem digital zu konsultieren: Steichele III zu Medingen:
http://mdz10.bib-bvb.de/~db/0001/bsb00010470/images/
In Maria Medingen wirkte im 14. Jahrhundert die Mystikerin Margareta Ebner.
Um 1260 kam es zur Tochtergründung in Medlingen.
Die Verwechslung liegt auch vor bei der auch sonst fragwürdigen Kompilation von Sigrid Krämer, die als Nationallizenz einsehbar ist.
"Lieberin, Felicitas scriptor 1496/1504
1496/1504
Aus Ulm. Nonne im Dominikanerinnenkloster St. Katharian [sic!] zu Söfflingen [sic!] bei Ulm und im Dominikanerinnenkloster Medingen bei Dillingen.
Handschriften
Berlin, SBPK, Germ. 2°741, fol. 338v (a. 1496).
Berlin, SBPK, Germ. 4°1588, fol. 217v (a. 1504 zu Moedlingen).
Augsburg, UB, Oett.-Wall. III. I. 8°37, fol. 73r-93v (partim), aus Medingen.
Augsburg, UB, Oett.-Wall. III. 1. 8°47 (Schriftvergleich).
Augsburg, UB, Oett.-Wall. I. 3. 8°7.
Literatur
K. Schneider, Katal. Augsburg UB 1, S. 132, 570, 619.
Schmidtke, Gartenallegorie 1, S. 62.
Crous-Kirchner, Tafeln, Abb. 36."
Zu diesem Produkt siehe auch meine Rezension:
http://www-mailman.uni-regensburg.de/pipermail/mediaevistik/2006-December/000014.html
Die groteske Zeile vom Dominikanerinnenkloster St. Katharina zu Söflingen (in Söflingen lebten Klarissen) ist der mißglückten Degering-Beschreibung des mgf 741 entnommen. Auf dem neuesten Stand ist:
http://cgi-host.uni-marburg.de/~mrep/beschreibung.php?id=11347
Hier liest man freilich:
"Geschrieben von Schwester Felicitas Lieberin von Ulm im Jahre 1496; aus dem Dominikanerinnenkloster Medingen bei Dillingen, später Katharinenkloster der Dominikanerinnen in Augsburg"
Ob die Provenienz tatsächlich Medingen statt Medlingen ist?
Das Handschriftendokument in Manuscripta Mediaevalia nennt keinen Schreibort.
"Daß Buech gehört In daz buech Ampt" ist der übliche Besitzvermerk des Augsburger Katharinenklosters OP.
Die Handschrift trägt einen Söflinger Einband.
Alle anderen mir gerade greifbaren Zeugnisse haben Medlingen als Kloster, in dem die Lieberin (zu ihrer Familie siehe Google Book Search s.v. Ulm Lieberin und Google s.v.) wirkte.
Degering Mgq 1588 gibt Moedlingen (also Medlingen) als Namensform, das ManuMed-Dokument aber weiß es besser und behauptet Medingen (weil Krämer in ihrem Handschriftenbesitzer-Band die Handschrift Medingen zugewiesen hatte?)
Zugleich aber liest man im gleichen Dokument:
TEXTAUTOPSIE: 'Tractetli von der Ewigen selikait. Geschr. v. Felicitas Lieberin für die Schwestern zu Medlingen. 1504.).
Die Berliner Sionpilgerin-Handschrift von 1494 (fehlt bei Krämer) ist verschollen (Carls, Sionpilgerin wäre zu überprüfen). Google Book Search liefert die Seitenzahl, Gallica den Volltext von Röhricht/Meisner 1880, S. 278:
http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k102007c/f286.pagination
Es heisst dort: "Soror Felicitas Lieberin zu Medlingen"
Wie sieht es mit den drei Augsburger Handschriften aus? Sie sind offenbar im gleichen Kloster entstanden, der Schriftvergleich mit mgf 741 führte Karin Schneider zu Felicitas Lieberin: "Schreiberin war vermutlich Dominikanerin in Medlingen" (unter Berufung auf Schmidtke zu mgq 1588).
Diese eindeutige Zuordnung Schneiders hat Christoph Fasbender in seinem Aufsatz über Thomas Finck (StM OSB 1999) nicht gehindert, ohne Beleg oder Erläuterung eine der drei Augsburger Handschriften Medingen zuzuweisen.
Zoepfl S. 38 zählt die bekannten Medinger Schreiberinnen auf, die Lieberin ist nicht darunter. (Zoepfl dürfte mit dem Berliner Handschriftenkatalog vertraut gewesen sein.)
http://mdz10.bib-bvb.de/~db/bsb00007616/images/index.html?seite=42
Zumindest nach den Münchner Inkunabeln zu urteilen, war Obermedlingen um 1500 geistig regsamer (30+, aus Neuburg).
1513 ist Lucia Lieber, Schwester des Ulmer Bürgers Narciss Lieber, Nonne in Medlingen!
http://www1.ku-eichstaett.de/GGF/Landgesch/elchingen/volltext.htm
Mgq 1588 überliefert Texte von Felix Fabri. Ausdrückliche Beziehungen Fabris zu der Nonne Ursula Schleicher von Obermedlingen sind durch eine Buchschenkung nachgewiesen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Felix_Fabri#_ref-27
Leipzig Ms. 761 und Ms. 763 stammen laut ManuMed ebenfalls von der Schleicherin und aus Medlingen (Mödlingen). Ob Fabri bei den Texten seine Hand im Spiel hatte, kann ich nicht sagen, da der Katalog von Pensel nicht online zur Verfügung steht. Es ist immer misslich nur nach den Indexeinträgen zu urteilen.
Im Augenblick sieht es so aus, dass Medingen statt des richtigen Medlingen einer dieser lästigen unausrottbaren Irrtümer ist, die durch schlampige Arbeitsweise entstehen (und Unkenntnis örtlicher Gegebenheiten).
NACHTRÄGE
Obwohl in seiner Vorlage Medingen und Medlingen unmittelbar nebenienander stehen, wirft Wieland Carls, Felix Fabri, Die Sionspilger, Berlin 1999 die Klöster durcheinander. Medingen und Medlingen erhalten im Register ein gemeinsames Lemma (wenngleich die Klöster dort unterschieden werden), S. 468
In Medingen entstand eine Kurzfassung der Fabri'schen Sionpilger, Innsbruck, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Cod. FB 3172, 82r-102v (Carls S. 43) mit zweifelhafter Datierung 1488 (S. 44). Die engen Beziehungen Fabris zum Medinger Kloster, "namentlich zur dortigen Priorin Margaretha Schleicher" seien bekannt (S. 44). Margaretha Schleicher war aber die Priorin von Medlingen!
Den Fehler konnte Carls von Geldner 1964 übernehmen (FS Benzing, S. 127-131).
S. 56 wird M. Schleicherin dagegen korrekt Medlingen zugewiesen.
Felicitas Lieberin, für Carls nur mgq 1588 und die verschollene Handschrift des Berliner Königlichen Museums nennt, verbindet er zutreffend mit Medlingen (S. 58, 64).
S. 64-66 beschreibt Carls Wien, Schottenstift, Cod. 413, geschrieben 1495 von Susanna von Binzendorf in Medingen.
Marie-Luise Ehrenschwendtner, Die Bildung der Dominikanerinnen in Süddeutschland vom 13. bis 15. Jahrhundert, Stuttgart 2004 (auch sonst nicht frei von vermeidbaren Mängeln) weist die verschollene Berliner Handschrift S. 264 Anm. 1115 bzw. Felizitas Lieberin fälschlich Medingen zu. Laut Quellenverzeichnis hat die Autorin die Archivalien von Obermedlingen im Hauptstaatsarchiv München eingesehen, zitiert werden sie aber, wenn ich recht sehe, nirgendwo. Immerhin teilt sie S. 219f. den wesentlichen Inhalt der Klosterurkunde 137 von Maria Medingen mit, aus der man erfährt, welche Bücher die Pforzheimer Reformschwestern nach Medingen mitgebracht hatten (von 1467). Es waren liturgische Handschriften.
Unergiebig war ein Blick in Friedrich Herzog, Abriß der Geschichte des ehemaligen Klosters Obermedlingen dessen Pfarrei und deren Kirchen, Dillingen a.D. 1918. Was man dort S. 8f. über Margaretha Schleicherin lesen kann, stammt aus Fabris Tractatus (S. 169).
Hilfreicher waren die Antworten in der Mailingliste Diskus der Handschriftenbearbeiter.
Jacob Klingner teilte das Kolophon von Mgq 1588 mit:
„tusent fierhundert vnd jm fier vnd LXX jar ward das biechlin gemacht von fra vatter felix fabre lessmaister der getlichen geschrifft dem got genedig vnd barmhertzig sy
Dar nach ist es ab geschriben worden tusent Vc vnd jm iiij jar von S(oror) felicitas lieberin z#’ou nutz den andechtigen schwestern z#’ou medlingen orate per me.“
Zusätzlich verwies er Mgq 1121, "die auch
aus Medlingen (bei Lauingen) stammen dürfte. Sie enthält hauptsächlich Fabri-Texte (vgl. meinen Aufsatz von 2002). Einer davon benutzt offenbar dieselbe Vorlage, die auch Felicitas Lieber für den Mgq 1588 vorlag." (Der Aufsatz ist im Fabri-Artikel der Wikipedia zitiert.)
Dietrich Schmidtke, Studien zur dingallegoretischen Erbauungsliteratur des Spätmittelalters. Am Beispiel der Gartenallegorie, Tübingen 1982, S. 62f. hatte bei mgq 1588 das Kolophon ebenfalls mit "Medlingen" zitiert.
Der Leiter der Handschriftenabteilung der ThULB Jena, Joachim Ott, konnte sogar einen Neufund beisteuern, für dessen Mitteilung ihm auch hier gedankt sei:
"Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena
Ms. G.B. f. 3
Papier, 336 Bl., 42 x 29 cm
Inhalt: "Alphabetum divinum" (laut Rubrik 1ra), dt.
Initium 1ra: Qualis est dilectus tuus. In dem lob gesang
aller lobgesang ...
(Vgl. etwa München BSB Cgm 212, 1ra)
Die Hs. stammt aus dem 1883 an die UB Jena gekommenen
Nachlaß des Goethe-Enkels Wolfgang Maximilian von Goethe
(1820-1883). Aus mir nicht bekannten Gründen wurde dieser
Fundus in Pensels "Verzeichnis der altdeutschen und
ausgewählter neuerer deutscher Handschriften in der
Universitätsbibliothek Jena, Berlin 1986" nicht
berücksichtigt, so daß die Hs. bis vor kurzem "unentdeckt"
war und nach wie vor nicht publiziert ist.
Wichtig ist das Kolophon 332va:
"Anno domini M° Vc [c hochgestellt] und im andern iar an
sant Gregorius ... ist das buoch [o hochgestellt] us
geschriben worden von S[oror] Felicitas Lieberin und gehört
in das closter zuo [o hochgestellt] Medlingen predier
[!]ordens.""
[Nachtrag: http://www.handschriftencensus.de/21748 Gisela Kornrumpf, Juli 2009 mit Hinweis auf Archivalia]
Nach diesen Zeugnissen bezieht sich Felicitas Lieberin immer nur auf Medlingen, sie war also dort Nonne, nicht in Medingen.
Krämers Handschriftenerbe ist bei Medingen (1) und Medingen (2) = Medlingen voller Fehler, sie führt Handschriften bei beiden auf, weist Medinger Handschriften Medlingen zu und umgekehrt.
NACHTRAG:
Zu Inkunabeln aus Medlingen/Medingen siehe INCUNABULA-L:
http://www.listserv.dfn.de/cgi-bin/wa?A2=ind0710&L=incunabula-l&P=1043
http://archiv.twoday.net/stories/5799141/ (2009)
Berliner Sionpilgerin-Hs. wiederentdeckt (2009):
http://archiv.twoday.net/stories/6042310/
http://archiv.twoday.net/stories/49624486/ (2011) - es wird munter weiter verwechselt
Scott Husby (siehe http://archiv.twoday.net/stories/285825184/ ) nennt die Schleicherin Priorin von "Obermedingen" (für sie band Johannes Richenband einen Band, von dem nur der Einband erhalten blieb, in der DNB Leipzig)
#forschung
KlausGraf - am Dienstag, 4. September 2007, 23:36 - Rubrik: Kodikologie