Leider enthält der Professorenentwurf für ein reformiertes Bundesarchivgesetz
http://archiv.twoday.net/stories/4838980/
keine Konkordanz zu den bisherigen Regelungen des Bundesarchivgesetzes. Der wichtige § 11 BArchG lautet:
Unterlagen, die anderen als den in den §§ 8 und 10 genannten Rechtsvorschriften des Bundes über Geheimhaltung unterliegen, dürfen von anderen als den in § 2 Abs. 1 genannten Stellen öffentlichen Archiven zur Übernahme und Nutzung angeboten und übergeben werden, wenn die schutzwürdigen Belange Betroffener entsprechend den §§ 2 und 5 dieses Gesetzes berücksichtigt weden.
Dafür gibt es im Professorenentwurf kein Äquivalent. Ich gebe die einschlägigen Auszüge aus § 6 ProfE:
§ 6 Anbietung und Ablieferung von Unterlagen öffentlicher Stellen
(1) Die Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte des Bundes, die bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des Öffentlichen Rechts, die sonstigen Stellen des Bundes, Vereinigungen des Privatrechts von öffentlichen Stellen des Bundes, wenn dem Bund die absolute Mehrheit der Anteile gehört oder die absolute Mehrheit der Stimmen zusteht, haben alle Unterlagen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigt werden oder deren Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist, unverzüglich dem Bundesarchiv oder in den Fällen des Absatzes 4 dem zuständigen Landesarchiv anzubieten. [...]
(3) Anzubieten sind auch Unterlagen, die
1. besonderen Geheimhaltungsvorschriften unterliegen oder
2. personenbezogene Daten enthalten, die nach einer Rechtsvorschrift des Bundesrechts gelöscht werden müssten oder gelöscht werden könnten; sofern die Speicherung der Daten unzulässig war, ist dies besonders zu kennzeichnen.
Werden Unterlagen in elektronischer Form gespeichert und laufend aktualisiert, ist das Bundesarchiv berechtigt, die Anbietung der Unterlagen jährlich zu verlangen.
(4) Unterlagen von nachgeordneten Stellen des Bundes, deren örtliche Zuständigkeit sich nicht auf den gesamten Geltungsbereich dieses Gesetzes erstreckt, sind mit Zustimmung des für das Archivwesen zuständigen Mitglieds der Bundesregierung dem Landesarchiv anzubieten und zu übergeben, wenn die Wahrung schutzwürdiger Belange betroffener Personen und Dritter durch Landesgesetz sichergestellt ist. [...]
(7) Werden dem Bundesarchiv Unterlagen von anderen als den in Absatz 1 genannten öffentlichen Stellen angeboten und übergeben, könenn diese Unterlagen auch Angaben im Sinne von Absatz 3 Satz 1 enthalten. Unterlagen im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 darf das Bundesarchiv nur übernehmen, wenn diese Unterlagen besonders gekennzeichnet sind.
Diese Vorschriften regeln nur die Durchbrechung bundesrechtlicher Gemeinhaltungsvorschriften wie des § 203 StGB für Unterlagen des Bundes, nicht aber für Unterlagen der Länder.
§ 11 BArchG wird zwar in den Erläuterungen (S. 105-119) am Rande mehrfach erwähnt, man erfährt aber nicht, wieso es entbehrlich sein soll, eine Offenbarungsbefugnis für durch Bundesrecht geschützte geheime Unterlagen zu schaffen, die zwingend notwendig ist, damit öffentliche Archive in den Ländern die Unterlagen übernehmen können.
Für Patientenunterlagen hat Schäfer in: Akten betreuter Personen als archivische Aufgabe, 1997, S. 12-19 die Rechtslage unter Einbeziehung kompetenzrechtlicher Erwägungen detailliert erörtert. Ohne § 11 BArchG dürften aufgrund § 203 StGB Patientenunterlagen keinem Staatsarchiv eines Landes oder einem Hochschularchiv übergeben werden.
Der ProfE zitiert eine Arbeitsgruppe der Archivreferentenkonferenz, wonach die § 8, 10 und 11 BArchG in ihrer genauen Reichweite unklar seien. Das kann aber kein Grund sein, anderen öffentlichen Archiven die Möglichkeit zu nehmen, z.B. Patientenunterlagen oder Unterlagen, die dem Notargeheimnis unterliegen, zu übernehmen.
Zu Absatz 7 liest man S. 119: "Absatz 7 bezieht die durch Absatz 3 Satz 1 bewirkte Öffnung auch auf anbietungswillige öffentliche Stellen, die nicht der Pflicht gemäß Absatz 1 unterfallen. Absatz 7 ist nicht nur für die Archive des Bundes von Bedeutung, sondern auch für die öffentlichen Archive der Länder. Ihnen dürfen auf Grund der Befreiung von bundesrechtlichen Restriktionen ebenfalls Unterlagen mit personenbezogenen Daten und Unterlagen, die besonderen Geheimhaltungsvorschriften unterliegen, angeboten werden".
Hier liegt offenbar Murks vor, denn nach der vollständig zitierten knappen Begründung zu Absatz 7 sollte dieser Absatz 7 das Äquivalent zu § 11 BArchG darstellen.
Bereits der Sinn des Gesetzesvorschlags wird von der Erläuterung nicht verstanden. Welche öffentlichen Stellen sollten denn bitteschön ein Interesse haben, an das Bundesarchiv abzugeben? Alle öffentlichen Stellen sind entweder - gegebenenfalls über die Rechtsaufsicht - der Bundesverwaltung oder der Landesverwaltung eingeordnet. Mir wäre nicht bekannt, dass Stellen aus dem (Aufsichts-)Bereich einer Landesverwaltung an das Bundesarchiv abliefern.
§ 7 Abs. 3 ProfE (siehe http://archiv.twoday.net/stories/4848784/ ) ermöglicht dem Bundesarchiv die Übernahme von Unterlagen von Privatpersonen, die Angaben gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 enthalten. Würde man Abs. 7 so verstehen, dass andere Stellen (ob öffentlich oder privat) als die in Absatz 1 genannten, übergeben dürfen, wäre dies hinsichtlich der Privatrachive bereits von § 7 Abs. 3 abgedeckt.
Die "anderen Stellen" stammen offensichtlich aus § 11 BArchG, wurden aber als öffentliche Stellen missverstanden.
Ein weiterer grober Schnitzer ist der Widerspruch zwischen Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 "sofern die Speicherung der Daten unzulässig war, ist dies besonders zu vermerken" und Absatz 7 Satz 2: "Unterlagen im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 darf das Bundesarchiv nur übernehmen, wenn diese Unterlagen besonders gekennzeichnet sind". Während Absatz 7 eine Kennzeichnungspflicht für alle löschfähigen personenbezogenen Unterlagen vorsieht, schränkt Absatz 3 dies auf solche Unterlagen ein, bei der die Speicherung der Daten unzulässig war.
Zustimmung verdient die "lückenlose" Öffnung (so S. 116) der Geheimhaltungsvorschriften des Bundes durch Absatz 3, das geltende Recht wird überzeugend "aufgeräumt". Aber eben nur für das Bundesarchiv und das den Landesarchiven anzubietende Bundesarchivgut!
Mit etwas Mühe kommt man auf folgende Alternativ-Formulierung für den mißratenen Absatz 7, die den § 11 BArchG der Begrifflichkeit und den Formulierungen des ProfE anpasst:
"Unterlagen, die Angaben im Sinne von Absatz 3 Satz 1 enthalten, dürfen von anderen als den in Absatz 1 genannten Stellen öffentlichen Archiven angeboten und übergeben werden, wenn die Wahrung schutzwürdiger Belange betroffener Personen und Dritter durch Landesgesetz sichergestellt ist."
Für bundesrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften unterliegendes Archivgut öffentlicher Archive müssen die gleichen Standards wie für Bundesarchivgut im Landesarchiv gelten (Absatz 4).
Damit ist die Kuh aber nicht komplett vom Eis. Unerörtert bleibt der Fall, dass nicht-öffentliche Archive auf eine Öffnung bundesrechtlicher Geheimhaltungsvorschriften zwingend angewiesen sind. Sofern spezialgesetzliche Regelungen aus dem Gesundheitswesen keine Löschungspflichten statuieren, könnte ja eine Reihe privater Kliniken zu Forschungszwecken ein gemeinsames historisches Patientenunterlagen-Archiv aufziehen wollen, dem aber § 203 StGB im Wege stünde. Sowohl mit Blick auf Art. 5 GG als auch auf die Berufsfreiheit, zu der auch der Betrieb eines Archivs gehört, wird man nicht von vornherein davon ausgehen können, dass überragende öffentliche Interessen es zwingend erforderlich machen, dass eine solche Gemeinschaftseinrichtung verboten ist, zumal, wenn es sich um Unterlagen längst verstorbener Personen handelt. Datenschutzrechtlich gäbe es im letzteren Fall keine Einwände, aber das Patientengeheimnis ist über den Tod hinaus zu wahren, also prinzipiell ewig. "Mit der Archivierung von Patientenunterlagen wird das Patientengeheimnis durchbrochen" (Schäfer aaO S. 12). Es stellt sich die Frage, ob die Privatkliniken gezwungen werden können, bei einem öffentlichen Archiv zu archivieren, wenn sie ihre Unterlagen nicht vernichten möchten.
FAZIT: Durch das Fehlen einer Öffnungsklausel für bundesrechtliche Geheimhaltungsvorschriften und andere öffentliche Archive weist der ProfE einen gravierenden Mangel auf. Die oben vorgeschlagene Alternativformulierung heilt diesen Mangel zwar, es bleibt aber zu erwägen, ob auch private Archive einen Öffnungsanspruch haben.
http://archiv.twoday.net/stories/4838980/
keine Konkordanz zu den bisherigen Regelungen des Bundesarchivgesetzes. Der wichtige § 11 BArchG lautet:
Unterlagen, die anderen als den in den §§ 8 und 10 genannten Rechtsvorschriften des Bundes über Geheimhaltung unterliegen, dürfen von anderen als den in § 2 Abs. 1 genannten Stellen öffentlichen Archiven zur Übernahme und Nutzung angeboten und übergeben werden, wenn die schutzwürdigen Belange Betroffener entsprechend den §§ 2 und 5 dieses Gesetzes berücksichtigt weden.
Dafür gibt es im Professorenentwurf kein Äquivalent. Ich gebe die einschlägigen Auszüge aus § 6 ProfE:
§ 6 Anbietung und Ablieferung von Unterlagen öffentlicher Stellen
(1) Die Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte des Bundes, die bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des Öffentlichen Rechts, die sonstigen Stellen des Bundes, Vereinigungen des Privatrechts von öffentlichen Stellen des Bundes, wenn dem Bund die absolute Mehrheit der Anteile gehört oder die absolute Mehrheit der Stimmen zusteht, haben alle Unterlagen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigt werden oder deren Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist, unverzüglich dem Bundesarchiv oder in den Fällen des Absatzes 4 dem zuständigen Landesarchiv anzubieten. [...]
(3) Anzubieten sind auch Unterlagen, die
1. besonderen Geheimhaltungsvorschriften unterliegen oder
2. personenbezogene Daten enthalten, die nach einer Rechtsvorschrift des Bundesrechts gelöscht werden müssten oder gelöscht werden könnten; sofern die Speicherung der Daten unzulässig war, ist dies besonders zu kennzeichnen.
Werden Unterlagen in elektronischer Form gespeichert und laufend aktualisiert, ist das Bundesarchiv berechtigt, die Anbietung der Unterlagen jährlich zu verlangen.
(4) Unterlagen von nachgeordneten Stellen des Bundes, deren örtliche Zuständigkeit sich nicht auf den gesamten Geltungsbereich dieses Gesetzes erstreckt, sind mit Zustimmung des für das Archivwesen zuständigen Mitglieds der Bundesregierung dem Landesarchiv anzubieten und zu übergeben, wenn die Wahrung schutzwürdiger Belange betroffener Personen und Dritter durch Landesgesetz sichergestellt ist. [...]
(7) Werden dem Bundesarchiv Unterlagen von anderen als den in Absatz 1 genannten öffentlichen Stellen angeboten und übergeben, könenn diese Unterlagen auch Angaben im Sinne von Absatz 3 Satz 1 enthalten. Unterlagen im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 darf das Bundesarchiv nur übernehmen, wenn diese Unterlagen besonders gekennzeichnet sind.
Diese Vorschriften regeln nur die Durchbrechung bundesrechtlicher Gemeinhaltungsvorschriften wie des § 203 StGB für Unterlagen des Bundes, nicht aber für Unterlagen der Länder.
§ 11 BArchG wird zwar in den Erläuterungen (S. 105-119) am Rande mehrfach erwähnt, man erfährt aber nicht, wieso es entbehrlich sein soll, eine Offenbarungsbefugnis für durch Bundesrecht geschützte geheime Unterlagen zu schaffen, die zwingend notwendig ist, damit öffentliche Archive in den Ländern die Unterlagen übernehmen können.
Für Patientenunterlagen hat Schäfer in: Akten betreuter Personen als archivische Aufgabe, 1997, S. 12-19 die Rechtslage unter Einbeziehung kompetenzrechtlicher Erwägungen detailliert erörtert. Ohne § 11 BArchG dürften aufgrund § 203 StGB Patientenunterlagen keinem Staatsarchiv eines Landes oder einem Hochschularchiv übergeben werden.
Der ProfE zitiert eine Arbeitsgruppe der Archivreferentenkonferenz, wonach die § 8, 10 und 11 BArchG in ihrer genauen Reichweite unklar seien. Das kann aber kein Grund sein, anderen öffentlichen Archiven die Möglichkeit zu nehmen, z.B. Patientenunterlagen oder Unterlagen, die dem Notargeheimnis unterliegen, zu übernehmen.
Zu Absatz 7 liest man S. 119: "Absatz 7 bezieht die durch Absatz 3 Satz 1 bewirkte Öffnung auch auf anbietungswillige öffentliche Stellen, die nicht der Pflicht gemäß Absatz 1 unterfallen. Absatz 7 ist nicht nur für die Archive des Bundes von Bedeutung, sondern auch für die öffentlichen Archive der Länder. Ihnen dürfen auf Grund der Befreiung von bundesrechtlichen Restriktionen ebenfalls Unterlagen mit personenbezogenen Daten und Unterlagen, die besonderen Geheimhaltungsvorschriften unterliegen, angeboten werden".
Hier liegt offenbar Murks vor, denn nach der vollständig zitierten knappen Begründung zu Absatz 7 sollte dieser Absatz 7 das Äquivalent zu § 11 BArchG darstellen.
Bereits der Sinn des Gesetzesvorschlags wird von der Erläuterung nicht verstanden. Welche öffentlichen Stellen sollten denn bitteschön ein Interesse haben, an das Bundesarchiv abzugeben? Alle öffentlichen Stellen sind entweder - gegebenenfalls über die Rechtsaufsicht - der Bundesverwaltung oder der Landesverwaltung eingeordnet. Mir wäre nicht bekannt, dass Stellen aus dem (Aufsichts-)Bereich einer Landesverwaltung an das Bundesarchiv abliefern.
§ 7 Abs. 3 ProfE (siehe http://archiv.twoday.net/stories/4848784/ ) ermöglicht dem Bundesarchiv die Übernahme von Unterlagen von Privatpersonen, die Angaben gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 enthalten. Würde man Abs. 7 so verstehen, dass andere Stellen (ob öffentlich oder privat) als die in Absatz 1 genannten, übergeben dürfen, wäre dies hinsichtlich der Privatrachive bereits von § 7 Abs. 3 abgedeckt.
Die "anderen Stellen" stammen offensichtlich aus § 11 BArchG, wurden aber als öffentliche Stellen missverstanden.
Ein weiterer grober Schnitzer ist der Widerspruch zwischen Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 "sofern die Speicherung der Daten unzulässig war, ist dies besonders zu vermerken" und Absatz 7 Satz 2: "Unterlagen im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 darf das Bundesarchiv nur übernehmen, wenn diese Unterlagen besonders gekennzeichnet sind". Während Absatz 7 eine Kennzeichnungspflicht für alle löschfähigen personenbezogenen Unterlagen vorsieht, schränkt Absatz 3 dies auf solche Unterlagen ein, bei der die Speicherung der Daten unzulässig war.
Zustimmung verdient die "lückenlose" Öffnung (so S. 116) der Geheimhaltungsvorschriften des Bundes durch Absatz 3, das geltende Recht wird überzeugend "aufgeräumt". Aber eben nur für das Bundesarchiv und das den Landesarchiven anzubietende Bundesarchivgut!
Mit etwas Mühe kommt man auf folgende Alternativ-Formulierung für den mißratenen Absatz 7, die den § 11 BArchG der Begrifflichkeit und den Formulierungen des ProfE anpasst:
"Unterlagen, die Angaben im Sinne von Absatz 3 Satz 1 enthalten, dürfen von anderen als den in Absatz 1 genannten Stellen öffentlichen Archiven angeboten und übergeben werden, wenn die Wahrung schutzwürdiger Belange betroffener Personen und Dritter durch Landesgesetz sichergestellt ist."
Für bundesrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften unterliegendes Archivgut öffentlicher Archive müssen die gleichen Standards wie für Bundesarchivgut im Landesarchiv gelten (Absatz 4).
Damit ist die Kuh aber nicht komplett vom Eis. Unerörtert bleibt der Fall, dass nicht-öffentliche Archive auf eine Öffnung bundesrechtlicher Geheimhaltungsvorschriften zwingend angewiesen sind. Sofern spezialgesetzliche Regelungen aus dem Gesundheitswesen keine Löschungspflichten statuieren, könnte ja eine Reihe privater Kliniken zu Forschungszwecken ein gemeinsames historisches Patientenunterlagen-Archiv aufziehen wollen, dem aber § 203 StGB im Wege stünde. Sowohl mit Blick auf Art. 5 GG als auch auf die Berufsfreiheit, zu der auch der Betrieb eines Archivs gehört, wird man nicht von vornherein davon ausgehen können, dass überragende öffentliche Interessen es zwingend erforderlich machen, dass eine solche Gemeinschaftseinrichtung verboten ist, zumal, wenn es sich um Unterlagen längst verstorbener Personen handelt. Datenschutzrechtlich gäbe es im letzteren Fall keine Einwände, aber das Patientengeheimnis ist über den Tod hinaus zu wahren, also prinzipiell ewig. "Mit der Archivierung von Patientenunterlagen wird das Patientengeheimnis durchbrochen" (Schäfer aaO S. 12). Es stellt sich die Frage, ob die Privatkliniken gezwungen werden können, bei einem öffentlichen Archiv zu archivieren, wenn sie ihre Unterlagen nicht vernichten möchten.
FAZIT: Durch das Fehlen einer Öffnungsklausel für bundesrechtliche Geheimhaltungsvorschriften und andere öffentliche Archive weist der ProfE einen gravierenden Mangel auf. Die oben vorgeschlagene Alternativformulierung heilt diesen Mangel zwar, es bleibt aber zu erwägen, ob auch private Archive einen Öffnungsanspruch haben.
KlausGraf - am Freitag, 2. Mai 2008, 20:18 - Rubrik: Archivrecht