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Walter Koch: Inschriftenpaläographie des abendländischen Mittelalters und der früheren Neuzeit. Früh- und Hochmittelalter mit CD-ROM. Wien/München: R. Oldenbourg Verlag 2007. 264 S. EUR 39,80. ISBN 978-3-486-58189-8

Niemand anderes als Koch hätte diese (nicht ganz preiswerte) hilfswissenschaftliche Einführung schreiben können. Koch war als führender Epigraphik-Experte bestens gerüstet, die Schriftentwicklung von Antike bis zum 13. Jahrhundert darzustellen. Das aus Lehrveranstaltungen hervorgegangene Buch ist einer gesamteuropäischen Sicht verpflichtet. Behandelt werden vor allem Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien. Der zweite Teilband, den vor allem landgeschichtlich Interessierte mit Spannung erwarten dürfen, wird sich dem Spätmittelalter und der früheren Neuzeit (vermutlich bis 1650) widmen. Einleitende Ausführungen zur Wissenschaftsgeschichte und zur Terminologie sowie die im Anhang enthaltenen Editionsrichtlinien und Musterbeispiele sind epochenunabhängig. Hervorzuheben ist das umfangreiche Literaturverzeichnis, das man gern auch auf der beigegebenen CD-ROM gesehen hätte.

Eine opulente Bebilderung ermöglicht es, die Beschreibungen nachzuvollziehen. Alle Bilder liegen auf der CD-ROM vor, "um eine vertiefte Nutzung" zu ermöglichen. Ärgerlich und im wissenschaftlichen Kontext unangebracht ist, dass weder das Drucken noch das Entnehmen von Inhalten von den PDFs erlaubt wird. Eine Nutzung für akademische Übungen ist so nicht möglich. Nützlich ist die Volltextsuche in den PDFs, denn das Buch enthält keinerlei Register.

Ohne Zweifel handelt es sich um eine wichtige Forschungsleistung mit bewunderungswürdiger Materialkenntnis. Aber da nur der rein schriftkundliche Aspekt thematisiert ist, wirkt das Buch spröde. Wenn es darum gegangen wäre, Studierende und Fachkollegen für die Inschriften zu begeistern, hätten kultur- und funktionsgeschichtliche Aspekte eingebracht werden müssen. Paläographische und kunsthistorische Grundkenntnisse werden vorausgesetzt, nicht vermittelt. Allerdings verweist Koch immer wieder auf die Beziehungen zwischen Inschriften und den in Handschriften fassbaren Auszeichnungsschriften, die freilich viel zu wenig systematisch erforscht sind (S. 158). Ein Resümee, das die detaillierten paläographischen Beobachtungen übergeordneten Fragestellungen nutzbar machen könnte, ist nicht vorhanden. Interessante Zusammenhänge wie die wiederholten bewussten Rückgriffe auf die Inschriftenkultur der Antike kommen nicht systematisch zur Sprache. Dass Schriftgeschichte immer auch ein faszinierendes Stück Kulturgeschichte darstellt und Inschriften eine - von der Geschichtswissenschaft viel zu oft ignorierte - wichtige Denkmal- und Quellengattung mit eigenem Erkenntniswert sind, wird zwischen den Zeilen aber immer deutlich.

Wer sich für Inschriften des Mittelalters und der frühen Neuzeit interessiert, sollte sich dieses Standardwerk zulegen, auch wenn der hoffentlich bald erscheinende zweite Band vermutlich mehr Leser finden dürfte. Früh- und hochmittelalterliche Inschriften sind in Mitteleuropa ja außerordentlich selten, während die (nicht weniger wichtigen) jüngeren Exemplare in fast jedem Ort vertreten sind.

Detaillierter zum Inhalt: http://www.sehepunkte.de/2008/01/12466.html

Foto: Michail Jungierek, Lizenz: CC-BY 2.5

Koch kommentiert S. 160: "Ein ausgewogenes Beispiel einer romanischen Majuskelschrift und zugleich ein Denkmal von hohem künstlerischem Rang ist die bronzene Grabplatte des Gegenkönigs Rudolf von Rheinfelden im Dom zu Merseburg (um 1080, Abb. 158). [...] Das Eckige ist zugunsten des Runden aufgegeben. Das Resultat ist ein kapital-unziales Mischalphabet, in dem die unzialen Formen E, M und U sogar über ihre kapitalen Pendants dominieren. Die Linearität des Schriftstils ist mit noch sehr behutsamen Verstärkungen an den Bogenlinien verbunden - bedingt vor allem durch den Herstellungsprozess. Die Frage von Enge und Streckung bzw. Breite und lockerer Anordnung ergibt sich aus den Platzverhältnissen."



Inschrift aus Vienne (ähnlich den S. 192ff. abgebildeten Beispielen). Quelle: http://www2.cnrs.fr/presse/journal/3126.htm

[Rezension in der ZBLG:
http://www.kbl.badw-muenchen.de/zblg-online/rezension_1026.html ]
 

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