Brigitte Pfeil, Katalog der deutschen und niederländischen Handschriften des Mittelalters in der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt in Halle (Saale) (= Schriften zum Bibliotheks- und Büchereiwesen in Sachsen-Anhalt 89/1-2). 2 Bände. Halle (Saale) 2007. 4, XXIV, 545 S. mit 53 farbigen Abbildungen.
Im Rahmen eines DFG-geförderten Projekts erschließt der vorliegende zweibändige Katalog mit über 70 Beschreibungen einen kaum bekannten Bestand deutschsprachiger Handschriften.
Die Einleitung unterrichtet in groben Zügen über die Geschichte der Handschriftensammlung der ULB Halle. Da der zweite Band sich ausschließlich den Resten der traditionsreichen Handschriftensammlung der Grafen/Fürsten von Stolberg-Wernigerode (mit den typischen Z-Signaturen Za-Zl) widmet (22 deutschsprachige Handschriften), ist es nachvollziehbar, dass die Autorin eine kurze Geschichte dieser einst so bedeutenden Adelsbibliothek S. XVII-XXX bietet.
Die Bibliothek geht auf Graf Wolf Ernst zu Stolberg-Wernigerode (1546-1606) zurück, der mit geschätzten 4000 Bänden eine der größten Privatbibliotheken des 16. Jahrhunderts besessen haben könnte. Nach einer Phase der Vernachlässigung begann mit dem Regierungsantritt 1712 von Graf Christian Ernst (1691-1771) eine neue Blütezeit. Am 15. Januar 1746 erklärte er die damals etwa 10.000 Bände umfassende Bibliothek per Aushang zur „Öffentlichen Bibliothek“, die zweimal wöchentlich wissenschaftlichen Interessenten offen stehen sollte. 1615 hatte bereits Graf Heinrich in seinem Testament bestimmt, dass die gräfliche Büchersammlung öffentlich zugänglich sein sollte. Beim Tode von Christian Ernst umfasste die Bibliothek bereits über 30.000 Bände. Im Testament von 1749 wurde sie zum unveräusserlichen Fideikommissgut bestimmt. Dieser Kulturgutschutz (avant la lettre) bestand bis zur Aufhebung der Fideikommisse mit der Weimarer Reichsverfassung 1919.
1841 wurde die Bibliothek des gräflichen Archivars Heinrich Delius (1778-1840) , die rund 13.000 Bände umfasste, 1858 die Büchersammlung des bibliophilen gräflichen Bibliothekars Karl Zeisberg (1804-1850) mit etwa 16.000 Bänden angekauft. 1866 publizierte Ernst Wilhelm Förstemann (1822-1906), seit 1851 für die Bibliothek zuständig, einen Handschriftenkatalog:
http://books.google.de/books?id=kdwrVpVpUREC
Ab 1866 betreute Eduard Jacobs (1833-1919) Bibliothek und Archiv des Grafenhauses, das 1890 in den Fürstenstand erhoben wurde. 1897 zählte man rund 107.700 Bände, darunter 600 Inkunabeln und 1095 Handschriften. Das unrühmliche Ende des berühmten Instituts kam in der Weimarer Republik. Gravierende wirtschaftliche Schwierigkeiten veranlassten den Eigentümer 1926 dazu, die wertvollsten Handschriften und Bücher an die Antiquare Rosenthal (München) und Hiersemann (Leipzig) zu verkaufen. Am 1. August 1929 schloss die Bibliothek offiziell, und von 1930 bis 1933 ließ der „Verein der ruhegehaltsberechtigten Beamten“, der ihre Verwaltung übernommen hatte, die Bestände durch den renommierten Antiquar Martin Breslauer verkaufen. Nach der Machtergreifung 1933 beendete der Verein die Zusammenarbeit mit dem Händler jüdischer Herkunft. Die Restbestände verblieben in Wernigerode, bis 1946 die Drucke von einer Trophäenkommission nach Russland abtransportiert wurden. Seit 1948 befinden sich alle Handschriften in Halle. 1970 publizierte Hildegard Herricht eine Geschichte der Bibliothek mit Liste der in Halle erhaltenen Handschriften, 1993 spürte Ulrich-Dieter Oppitz dem Schicksal der deutschsprachigen Handschriften (Zb-Signaturen) in der Festschrift für Hanno Beck nach.
Mit keiner Silbe wird gesagt, ob die Wernigeroder Handschriften Restitutionsansprüchen des alten Eigentümers nach dem EALG unterliegen. Diese Problematik wird nur bei den drei Handschriften aus der Bibliothek des Apel’schen Rittergutes Ermlitz angesprochen, die 2003 an den Alteigentümer rückübertragen und 2004 von der Universitätsbibliothek Leipzig angekauft wurden, aber bis 2014 einem Nießbrauchrecht der ULB Halle unterliegen. Zur Causa Apel siehe ausführlich
http://archiv.twoday.net/stories/529585/
Zum EALG:
http://archiv.twoday.net/stories/4581674/#4582262
Der jetzt erschlossene Bestand birgt nicht wenige Stücke, die bislang unbekannt waren. Ein Schwerpunkt sind juristische, insbesondere Rechtsbücher-Handschriften (ich zähle 17). Einige Codices können auch als Archivgut angesprochen werden:
Yd 2° 31 (1)-(7) 7 Bände Hallische Schöppenbücher 1266-1504 (1542)
Yd 2° 39 Collectanea aus Kleve-Jülich-Berg und Geldern, Handschriften und Drucke des 15. bis 18. Jahrhunderts, unter anderem: Stadtrechte und Privilegien von Kalkar um 1467
Hist. 2° 92 (S. 113-121) Bislang unbekanntes Kopialbuch der Herren von Hoym um 1500 (erschlossen durch 86 Kurzregesten)
Hist. 2° 179 und Hist. 2° 183 (S. 121-131) Von Johann August von Ponickau (1718-1802) zusammengebrachte Sammlung von Faszikeln des 15. bis 18. Jahrhunderts
Hist. 4° 346 (S. 131-133) Statuten und Geschoßbuch der Stadt Treffurt 1514-1515
Jurid. 2° 226 (S. 133-133-137) Statuten und Rechtsweisungen für Laucha an der Unstrut um 1465-85
ThSGV 3111 (S. 139f.) Beschwerdebrief der Stadt Breslau gegen die Fürsten von Oppeln 1406 (?)
23 A 1 (S. 230-236) Kopialbuch der Herren von Eppstein, sog. Ortenberger Buch I um 1462, Gegenstück zum Ortenberger Buch II im Stolberg’schen Archiv in Ortenberg (Wetteraukreis). Sämtliche Urkunden sind regestiert von Friedrich Battenberg, Stolberger Urkunden, 1985.
27 B 19 (S. 237f.) Stadtbuch von Alsleben an der Saale, angelegt nach Mai 1451
Stolb.-Wernig. Zb 44 (S. 333f.) Zwei Urkunden des Rats der Stadt Frankenhausen 1401 und 1453
Stolb.-Wernig. Zl 27m (S. 338f.) Nachlassinventar für die Kinder des Nürnberger Bürgers Konrad Kress aus zweiter Ehe 1430/31
Soweit dies ohne Autopsie der Handschriften gesagt werden kann, machen die Beschreibungen einen sehr gründlichen Eindruck. Die Autorin hat sich offenkundig um akribische Recherche bemüht. Beispielsweise lässt die Erschließung von Stolb.-Wernig. Zb 21 mit einer seit 1870 nicht beachteten Chronik von Speyer und einer Speyerer Bearbeitung der Twinger-Chronik (um 1461, Nachträge bis um 1474) eine sorgfältige Arbeitsweise erkennen. Man wird allerdings zu prüfen haben, ob hinsichtlich des Textes über die Jungfrau von Orléans ein Zusammenhang mit Hamburg Cod. Germ. 6 besteht.
Die Mängel des Bandes liegen vor allem im Bereich der Benutzerfreundlichkeit. Es leuchtet nicht ein, weshalb es für Autoren, Orte und Sachen ein Kreuzregister gibt, für Personen aber ein separates Register. Und wenn man sich im Register ausschließlich auf Signaturen bezieht, sollte man wenigstens eine Liste der Signaturen mit jeweiliger Seitenzahl beigeben, denn im zweiten Teil des ersten Bandes muss mühsam geblättert werden, um eine bestimmte Signatur aufzufinden. Während die Z-Signaturen des zweiten Bandes und die 21 Y-Signaturen des ersten Bandes keine Probleme bereiten, kann die Reihenfolge der anderen 24 Signaturen gut für eine Denksportaufgabe (Erschließe die zugrunde liegende Regel!) verwendet werden:
Fragment 80a, 80b, 82
Hist.
Jurid.
Misc.
ThSGV
Ha 1
1/B a/6
1/C a/2
Ib 2362 2°
Ink C 22
10 A 28
12 A 17
12 A 18
14 A 39
23 A 1
27 B 19
32 D 2
23 G 37
23 G 38
Nach welchen Kriterien die Handschriften für den Band ausgewählt wurden, erfährt man nicht. Im Münchner Katalogisat zu Cod. Icon. 308n wird die (in den vorliegenden Bänden fehlende) Wernigeroder Handschrift Zi 33 dem vierten Viertel des 15. Jahrhunderts zugewiesen. Eine Signaturenliste aller in Halle vorhandenen Wernigeroder Handschriften und eine Liste der bekannten Lagerorte ehemals Wernigeroder deutschsprachiger Handschriften wären wünschenswert gewesen, zumal eine Website der Hallenser Handschriftenabteilung mit den zu erwartenden Grundinformationen nicht existiert.
Wenig benutzerfreundlich ist es, im Register die Medinger Stimulus amoris-Handschrift 1/B a/6 unter Maria Medingen zu verzeichnen.
Bei der Wilhelm von Österreich-Handschrift Zb 17 von 1474 ist nicht nachvollziehbar, wieso das Attempto-Motto Eberhard im Bart abgesprochen wird. Auch andere Bücher seiner Bibliothek weisen keine einheitliche Anbringung dieser Devise auf. Ob der Schreiber P.W. identisch ist mit dem 1480 bis 1495 im Tübinger Umkreis bezeugten Rubrikator PW (siehe Detlef Mauss und Peter Amelung im Gutenberg-Jahrbuch, zuletzt 2001, S. 95), wird man womöglich nicht klären können.
S. 273 behauptet die Bearbeiterin, die Arbeit von Otto Franklin über Joh. Klenkok 1884 sei bibliographisch nicht nachweisbar, obwohl im KVK ein Berliner Standort und in WorldCat ein Nachweis in der UB Amsterdam vorliegt.
Die Bearbeiterin hat in großem Umfang von Internetquellen profitiert. Um so unerfreulicher erscheint der Umstand, dass der Band – entgegen den Vorgaben der DFG – nicht „Open Access“ vorliegt und auch keine Katalogisate oder Registereinträge für manuscripta mediaevalia bereitgestellt wurden. Dass im Marburger Handschriftencensus
http://cgi-host.uni-marburg.de/~mrep/liste_census.php?ort=SGFsbGUgKFNhYWxlKQ%3D%3D
unterschiedlich ausführliche Beschreibungen eingestellt wurden, ist dafür kein Ersatz. Wer heute öffentlich gefördert Handschriften erschließt, ohne die Katalogisate im Internet zugänglich zu machen, hat die Zeichen der Zeit gründlich verkannt.
Stolberg-Exlibris
Mandeville-Hs. Zb 25, heute NYPL
Im Rahmen eines DFG-geförderten Projekts erschließt der vorliegende zweibändige Katalog mit über 70 Beschreibungen einen kaum bekannten Bestand deutschsprachiger Handschriften.
Die Einleitung unterrichtet in groben Zügen über die Geschichte der Handschriftensammlung der ULB Halle. Da der zweite Band sich ausschließlich den Resten der traditionsreichen Handschriftensammlung der Grafen/Fürsten von Stolberg-Wernigerode (mit den typischen Z-Signaturen Za-Zl) widmet (22 deutschsprachige Handschriften), ist es nachvollziehbar, dass die Autorin eine kurze Geschichte dieser einst so bedeutenden Adelsbibliothek S. XVII-XXX bietet.
Die Bibliothek geht auf Graf Wolf Ernst zu Stolberg-Wernigerode (1546-1606) zurück, der mit geschätzten 4000 Bänden eine der größten Privatbibliotheken des 16. Jahrhunderts besessen haben könnte. Nach einer Phase der Vernachlässigung begann mit dem Regierungsantritt 1712 von Graf Christian Ernst (1691-1771) eine neue Blütezeit. Am 15. Januar 1746 erklärte er die damals etwa 10.000 Bände umfassende Bibliothek per Aushang zur „Öffentlichen Bibliothek“, die zweimal wöchentlich wissenschaftlichen Interessenten offen stehen sollte. 1615 hatte bereits Graf Heinrich in seinem Testament bestimmt, dass die gräfliche Büchersammlung öffentlich zugänglich sein sollte. Beim Tode von Christian Ernst umfasste die Bibliothek bereits über 30.000 Bände. Im Testament von 1749 wurde sie zum unveräusserlichen Fideikommissgut bestimmt. Dieser Kulturgutschutz (avant la lettre) bestand bis zur Aufhebung der Fideikommisse mit der Weimarer Reichsverfassung 1919.
1841 wurde die Bibliothek des gräflichen Archivars Heinrich Delius (1778-1840) , die rund 13.000 Bände umfasste, 1858 die Büchersammlung des bibliophilen gräflichen Bibliothekars Karl Zeisberg (1804-1850) mit etwa 16.000 Bänden angekauft. 1866 publizierte Ernst Wilhelm Förstemann (1822-1906), seit 1851 für die Bibliothek zuständig, einen Handschriftenkatalog:
http://books.google.de/books?id=kdwrVpVpUREC
Ab 1866 betreute Eduard Jacobs (1833-1919) Bibliothek und Archiv des Grafenhauses, das 1890 in den Fürstenstand erhoben wurde. 1897 zählte man rund 107.700 Bände, darunter 600 Inkunabeln und 1095 Handschriften. Das unrühmliche Ende des berühmten Instituts kam in der Weimarer Republik. Gravierende wirtschaftliche Schwierigkeiten veranlassten den Eigentümer 1926 dazu, die wertvollsten Handschriften und Bücher an die Antiquare Rosenthal (München) und Hiersemann (Leipzig) zu verkaufen. Am 1. August 1929 schloss die Bibliothek offiziell, und von 1930 bis 1933 ließ der „Verein der ruhegehaltsberechtigten Beamten“, der ihre Verwaltung übernommen hatte, die Bestände durch den renommierten Antiquar Martin Breslauer verkaufen. Nach der Machtergreifung 1933 beendete der Verein die Zusammenarbeit mit dem Händler jüdischer Herkunft. Die Restbestände verblieben in Wernigerode, bis 1946 die Drucke von einer Trophäenkommission nach Russland abtransportiert wurden. Seit 1948 befinden sich alle Handschriften in Halle. 1970 publizierte Hildegard Herricht eine Geschichte der Bibliothek mit Liste der in Halle erhaltenen Handschriften, 1993 spürte Ulrich-Dieter Oppitz dem Schicksal der deutschsprachigen Handschriften (Zb-Signaturen) in der Festschrift für Hanno Beck nach.
Mit keiner Silbe wird gesagt, ob die Wernigeroder Handschriften Restitutionsansprüchen des alten Eigentümers nach dem EALG unterliegen. Diese Problematik wird nur bei den drei Handschriften aus der Bibliothek des Apel’schen Rittergutes Ermlitz angesprochen, die 2003 an den Alteigentümer rückübertragen und 2004 von der Universitätsbibliothek Leipzig angekauft wurden, aber bis 2014 einem Nießbrauchrecht der ULB Halle unterliegen. Zur Causa Apel siehe ausführlich
http://archiv.twoday.net/stories/529585/
Zum EALG:
http://archiv.twoday.net/stories/4581674/#4582262
Der jetzt erschlossene Bestand birgt nicht wenige Stücke, die bislang unbekannt waren. Ein Schwerpunkt sind juristische, insbesondere Rechtsbücher-Handschriften (ich zähle 17). Einige Codices können auch als Archivgut angesprochen werden:
Yd 2° 31 (1)-(7) 7 Bände Hallische Schöppenbücher 1266-1504 (1542)
Yd 2° 39 Collectanea aus Kleve-Jülich-Berg und Geldern, Handschriften und Drucke des 15. bis 18. Jahrhunderts, unter anderem: Stadtrechte und Privilegien von Kalkar um 1467
Hist. 2° 92 (S. 113-121) Bislang unbekanntes Kopialbuch der Herren von Hoym um 1500 (erschlossen durch 86 Kurzregesten)
Hist. 2° 179 und Hist. 2° 183 (S. 121-131) Von Johann August von Ponickau (1718-1802) zusammengebrachte Sammlung von Faszikeln des 15. bis 18. Jahrhunderts
Hist. 4° 346 (S. 131-133) Statuten und Geschoßbuch der Stadt Treffurt 1514-1515
Jurid. 2° 226 (S. 133-133-137) Statuten und Rechtsweisungen für Laucha an der Unstrut um 1465-85
ThSGV 3111 (S. 139f.) Beschwerdebrief der Stadt Breslau gegen die Fürsten von Oppeln 1406 (?)
23 A 1 (S. 230-236) Kopialbuch der Herren von Eppstein, sog. Ortenberger Buch I um 1462, Gegenstück zum Ortenberger Buch II im Stolberg’schen Archiv in Ortenberg (Wetteraukreis). Sämtliche Urkunden sind regestiert von Friedrich Battenberg, Stolberger Urkunden, 1985.
27 B 19 (S. 237f.) Stadtbuch von Alsleben an der Saale, angelegt nach Mai 1451
Stolb.-Wernig. Zb 44 (S. 333f.) Zwei Urkunden des Rats der Stadt Frankenhausen 1401 und 1453
Stolb.-Wernig. Zl 27m (S. 338f.) Nachlassinventar für die Kinder des Nürnberger Bürgers Konrad Kress aus zweiter Ehe 1430/31
Soweit dies ohne Autopsie der Handschriften gesagt werden kann, machen die Beschreibungen einen sehr gründlichen Eindruck. Die Autorin hat sich offenkundig um akribische Recherche bemüht. Beispielsweise lässt die Erschließung von Stolb.-Wernig. Zb 21 mit einer seit 1870 nicht beachteten Chronik von Speyer und einer Speyerer Bearbeitung der Twinger-Chronik (um 1461, Nachträge bis um 1474) eine sorgfältige Arbeitsweise erkennen. Man wird allerdings zu prüfen haben, ob hinsichtlich des Textes über die Jungfrau von Orléans ein Zusammenhang mit Hamburg Cod. Germ. 6 besteht.
Die Mängel des Bandes liegen vor allem im Bereich der Benutzerfreundlichkeit. Es leuchtet nicht ein, weshalb es für Autoren, Orte und Sachen ein Kreuzregister gibt, für Personen aber ein separates Register. Und wenn man sich im Register ausschließlich auf Signaturen bezieht, sollte man wenigstens eine Liste der Signaturen mit jeweiliger Seitenzahl beigeben, denn im zweiten Teil des ersten Bandes muss mühsam geblättert werden, um eine bestimmte Signatur aufzufinden. Während die Z-Signaturen des zweiten Bandes und die 21 Y-Signaturen des ersten Bandes keine Probleme bereiten, kann die Reihenfolge der anderen 24 Signaturen gut für eine Denksportaufgabe (Erschließe die zugrunde liegende Regel!) verwendet werden:
Fragment 80a, 80b, 82
Hist.
Jurid.
Misc.
ThSGV
Ha 1
1/B a/6
1/C a/2
Ib 2362 2°
Ink C 22
10 A 28
12 A 17
12 A 18
14 A 39
23 A 1
27 B 19
32 D 2
23 G 37
23 G 38
Nach welchen Kriterien die Handschriften für den Band ausgewählt wurden, erfährt man nicht. Im Münchner Katalogisat zu Cod. Icon. 308n wird die (in den vorliegenden Bänden fehlende) Wernigeroder Handschrift Zi 33 dem vierten Viertel des 15. Jahrhunderts zugewiesen. Eine Signaturenliste aller in Halle vorhandenen Wernigeroder Handschriften und eine Liste der bekannten Lagerorte ehemals Wernigeroder deutschsprachiger Handschriften wären wünschenswert gewesen, zumal eine Website der Hallenser Handschriftenabteilung mit den zu erwartenden Grundinformationen nicht existiert.
Wenig benutzerfreundlich ist es, im Register die Medinger Stimulus amoris-Handschrift 1/B a/6 unter Maria Medingen zu verzeichnen.
Bei der Wilhelm von Österreich-Handschrift Zb 17 von 1474 ist nicht nachvollziehbar, wieso das Attempto-Motto Eberhard im Bart abgesprochen wird. Auch andere Bücher seiner Bibliothek weisen keine einheitliche Anbringung dieser Devise auf. Ob der Schreiber P.W. identisch ist mit dem 1480 bis 1495 im Tübinger Umkreis bezeugten Rubrikator PW (siehe Detlef Mauss und Peter Amelung im Gutenberg-Jahrbuch, zuletzt 2001, S. 95), wird man womöglich nicht klären können.
S. 273 behauptet die Bearbeiterin, die Arbeit von Otto Franklin über Joh. Klenkok 1884 sei bibliographisch nicht nachweisbar, obwohl im KVK ein Berliner Standort und in WorldCat ein Nachweis in der UB Amsterdam vorliegt.
Die Bearbeiterin hat in großem Umfang von Internetquellen profitiert. Um so unerfreulicher erscheint der Umstand, dass der Band – entgegen den Vorgaben der DFG – nicht „Open Access“ vorliegt und auch keine Katalogisate oder Registereinträge für manuscripta mediaevalia bereitgestellt wurden. Dass im Marburger Handschriftencensus
http://cgi-host.uni-marburg.de/~mrep/liste_census.php?ort=SGFsbGUgKFNhYWxlKQ%3D%3D
unterschiedlich ausführliche Beschreibungen eingestellt wurden, ist dafür kein Ersatz. Wer heute öffentlich gefördert Handschriften erschließt, ohne die Katalogisate im Internet zugänglich zu machen, hat die Zeichen der Zeit gründlich verkannt.
Stolberg-Exlibris
Mandeville-Hs. Zb 25, heute NYPL